Wie man Informationen in der Wikipedia unterdrückt

Die New York Times berichtet über einen interessanten Präzedenzfall: Als der Reporter David Rohde von den Taliban entführt wurde, bemühten sich Kollegen und Arbeitgeber, die online erhältlichen Informationen so zu manipulieren, dass er einerseits als möglichst islam-freundlich und andererseits als relativ unwichtig erscheinen sollte.

Damit die Entführung nicht an die große Öffentlichkeit dringt, wurde Wikipedia-Gründer Jimmy Wales eingeschaltet: Er sollte vermeiden dass die Entführung in der Online-Enzyklopädie auftaucht und einen von Rohdes Kollegen decken, der den Wikipedia-Artikel über Rohde unter Pseudonym editierte.

“We were really helped by the fact that it hadn’t appeared in a place we would regard as a reliable source,” he said. “I would have had a really hard time with it if it had.”

The Wikipedia page history shows that the next day, Nov. 13, someone without a user name edited the entry on Mr. Rohde for the first time to include the kidnapping. Mr. Moss deleted the addition, and the same unidentified user promptly restored it, adding a note protesting the removal. The unnamed editor cited an Afghan news agency report. In the first few days, at least two small news agencies and a handful of blogs reported the kidnapping.

Dies ist ein interessanter Präzedenzfall. Hätte es schlichtweg keine verlässlichen Quellen für die Entführung gegeben, hätte die New York Times die Mitarbeit von Jimmy Wales nicht gebraucht. Dass Verweise auf Nachrichtenagenturen unterdrückt werden, wirft die Frage auf, wie hoch der – menschliche – Preis ist, um Wikipedia zu manipulieren.

PS: Die Behauptung, dass es keine verlässliche Quellen für die Entführung gab, ist übrigens falsch. Gleich zu Beginn wurde ein Artikel der Pajhwok Afghan News verlinkt. Und diese Quelle wird in der Wikipedia ansonsten ohne Probleme akzeptiert.

PS2: Auf meine Nachfrage hat Jimmy Wales das Zitat nochmal erläutert:

I would not consider a single report of an incident of that nature, not confirmed anywhere else, to be a reliable source.

Natürlich beißt sich die Katze in den Schwanz – exceptional claims require exceptional sources. Wenn diese exceptional sources aber nicht berichten, dann ist auch die Erwähnung Wikipedia hinfällig. Schwierigkeiten hätte Wales also nur gehabt, wenn beispielsweise CNN das Embargo gebrochen hätte – aber der Damm wäre damit überall gebrochen gewesen.