Я не говорю по-русски

Toller Trick: man veröffentlicht rechtsradikale Hetze auf Russisch – und bekommt sogar Geld vom Bundesintegrationsbeauftragten. Westpol berichtet:

Der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt darf sich dort genauso auslassen wie die NPD-Fraktionsvorsitzenden aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Der NPD-Politiker Triller behauptet in der Zeitschrift, dass die Bundesregierung auf die Zersetzung und Vernichtung des deutschen Volkes aus sei. Und Chefredakteur Daub verbreitet, eine Weltjudenschaft habe 1933 Deutschland den Heiligen Krieg erklärt.

Niemand in der CDU hat genau hingeguckt beim Ost-West-Panorama und auch in der Bundesregierung nicht. Unglaublich, aber wahr: In der März-Ausgabe der rechtsextremen Zeitschrift schaltete die Bundesintegrationsbeauftragte eine Anzeige. In russischer Sprache. Gelesen hat das Blatt vorher wohl niemand.

Sperrfristen FTW

Ich bin wirklich beeindruckt: Obwohl heute inzwischen jeder vom Eklat bei der Verleihung des Deutschen Fersnehpreises berichtet, rückt niemand damit heraus, mit wem der große Marcel Raich-Radetzky nicht in einer Reihe stehen wollte.

Auswahl gibt es ja genug: Vom unsäglichen Kerner über den leider zur Räuberpistole abgedrifteten Kriminaldauerdienst bis zu vielen Leuten und Sendungen, von denen ich nie gehört habe – und falls ich davon gehört habe, würde ich sie nicht einschalten.

Ist das Ganze ein Debakel? Kaum. Mehr Berichterstattung hat dieser Preis wohl nie gehabt, selbst ZDF-Verweigerer wollen heute abend einschalten.

Die Mainzer planen übrigens schon eifrig an der versprochenen Sendung. Ob die parallel zu Schmidt und Pocher auf Sendung geht? Falls ja: im Anschluss könnte das ZDF doch bitte diesen Film zeigen.

PS: Eine wollte dann doch Spielverderberin sein. Elke Heidenreich verrät auf FAZ.Net, zum Beispiel, dass „Deutschland sucht den Superstar“ zur besten Unterhaltungssendung gekürt wurde und wo ihre Prioritäten liegen, in dem sie von sich selbst nicht nur ersten, sondern auch in der zweiten Person spricht:

12. Oktober 2008 Ich kann mich auf meinen Sechsten Sinn verlassen. Er sagte mir: geh’ hin zum Deutschen Fernsehpreis, schließlich kriegt den Marcel Reich-Ranicki, dem hast du viel zu verdanken, zeig’ und sag’ ihm das, aber geh’ nicht zu früh, es ist immer grässlich da, und du bist selbst fernsehberühmt, und sie setzen dich in Reihe vier und filmen ununterbrochen deine Reaktionen.

Ich kam also schön zu spät, nachdem das Stehpalaver vorbei war, meine Plätze (ja! Reihe vier!) zum Glück vergeben waren, und ich konnte mit meinem Mann ganz friedlich und von Kameras unbelästigt irgendwo hinten sitzen. So.

PPS: Auf Spiegel Online erinnert Christian Buß daran, dass Reich-Ranicki mit seinem literarischen Quartett selbst der Unterhaltungsmaschinerie zuzurechnen ist, der er sich so mutig medienwirksam widersetzt hat. Zurecht. (Der Gag mit Atze Schröders Schamhaarperücke ist aber unnötig.)

Ob der Auftritt des erzünten Kritikers tatsächlich so kalkuliert war wie Buß nahe legt – ich weiß es nicht. Es interessiert mich aber auch nicht wirklich. Wer in der Inszenierung das Wahre sucht, findet halt oft nur den besseren Schauspieler.

Regiogeld rettet uns vor Spekulanten!!!

In den letzten Jahren machen immer wieder die Anhänger der Freiwirtschaftslehre von sich reden. Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Unternehmer Silvio Gsell erdacht, war diese Ideenschule zuerst revolutionär und richtungsweisend, verharrte sie in den folgenden 100 Jahren beharrlich auf einer Außenseiterposition.

Ihr Credo ist – vereinfacht ausgedrückt: Wenn man das Geld durch ein sich selbst entwertendes „Freigeld“ ersetzt, kann man so ziemlich alle Probleme lösen: Die Leute werden zu Investitionen animiert, niemand hortet mehr Geld und entzieht es dem gesunden Geldkreislauf. Einmal eingeführt, setzt das Freigeld eine Kettenreaktion in Gang, die quasi alle wirtschaftlichen Probleme wie von selbst lösen kann.

Grade sehe ich wieder einen Telepolis-Artikel zum Thema. Und verheißungsvoll heißt es im Vorspann: „Und ein derartiges Geld sollte bereits einmal – in der Weltwirtschaftskrise von 1929 – die Rettung vor dem Finanzkollaps bringen“.

Der Autor Rudolf Stumberger erläutert das:

Erfolgreich ausprobiert wurde dieses Prinzip bei der Weltwirtschaftskrise 1929. So ließ der Bürgermeister der österreichischen Stadt Wörgl 1932 eine Parallelwährung zum damaligen Schilling drucken, das nur im Gemeindegebiet galt. Das Schwundgeld verlor monatlich einen Prozent an Wert und bewirkte wahre Wunder: Der Wirtschaftskreislauf kam in Gang, die lokale Wirtschaft blühte auf und die Arbeitslosigkeit ging innerhalb eines Jahres um 25 Prozent zurück. Das erfolgreiche Experiment, das weltweit Aufsehen erregte, wurde allerdings aus politischen Gründen verboten, als sich 200 andere Gemeinden für das Alternativgeld interessierten.

Und damit sind wir schon beim Punkt: Es gab ein einziges Experiment, in der die Freigeld-Theorie ausprobiert wurde. Und scheinbar sehr erfolgreich. Ein Jahr lang konnte sich eine kleine Gemeinde scheinbar dem Abwärtstrudel der Weltwirtschaft entziehen. Das Ende des Experiments: eine Verschwörung, Befehl von oben. Könnte uns das Freigeld also heute auch gegen die Schäden helfen, die die gewissenlosen Spekulanten angerichtet haben?

Die enttäuschende Antwort: Nein, kann es nicht. Wenn die Krise im Gang ist, ist es für Systemwechsel eh zu spät. Wichtiger ist aber: das Experiment von Wörgl funktionierte nicht trotz der Weltwirtschaftskrise, es funktionierte alleine nur in der Weltwirtschaftskrise. Die Währungen – damals gab es noch keine reinen Papierwährungen – wahren im Tiefflug, Hyperinflation entwertete die Verdienste quasi sofort. Die Lohntüte musste ganz schnell in die Geschäfte getragen werden – am nächsten Tag war die Butter vielleicht doppelt so teuer.

Und genau das ist der Punkt von Wörgl: Dieses Experiment bestätigt nicht die Wirksamkeit des Freigeldes – es spricht eher gegen sie. Mit purer Gedankenkraft kann ich einen Amboss zum Schweben bringen – vorausgesetzt ich befinde mich in einem Fahrstuhl, der sich zufällig grade im freien Fall befindet. Ist der Fahrstuhl hingegen im normalen Betrieb – oder beschleunigt ein wenig langsamer als die Erdbeschleunigung, bleibt der Amboss auf dem Boden liegen. Was ich denke, ist ihm dabei ziemlich egal.

Anders ausgedrückt: in Wörgl hätte man Geldscheine durch Nüsse oder Lebkuchen ersetzen können, die Effekte wären wahrscheinlich die selben gewesen – eine entsprechende Überzeugungskraft der Initiatoren vorausgesetzt.

In Wahrheit würde eine konsequente Freigeld-Währung nämlich nicht die Spekulation eindämmen, sondern ihr Tür und Tor öffnen. Wenn das Geld automatisch verfällt, dann muss ja jeder selbst sehen wo er bleibt. Und wo investiert man dann? In Sparkonten oder in die lukrativen Immobilen-Anleihen, deren Wert auf ewig zu steigen scheint?

Die Telekom und die kriminelle Energie

Transkripte sind unfair. Was frei formuliert im persönlichen Gespräch – oder in einer audiovisuellen Aufzeichnung – sehr vernünftig und nachvollziehbar herüberkommt, wird plötzlich zum Lacher, wenn man das Ganze aufschreibt.

So zum Beispiel der Auftritt des Telekom-Sprechers Phillipp Schindera, der sich in der Tagesschau zum neusten Datenschutzskandal seines Brötchengebers äußert:

Sprecher: Die Telekom räumt die Sicherheitslücke ein, hält die Gefahr aber für gering.

Schindera: Das Szenario, was hier vorgestellt wird, ist ein sehr theoretisches und ein sehr schwieriges. Man braucht dafür ein hohes Maß an krimineller Energie. Wir haben unser schon hohes Niveau durch eine zusätzliche Maßnahme noch mal erhöht...

Abgesehen davon: Wenn die grade gesund geschrumpften Callcenter immer auf eine SMS-Bestätigung warten müssen, sehe ich schwarz für den Kundendienst. Immer wenn ich den Kundenservice angerufen habe, musste der fachkundige Sachbearbeiter immer mit seinem Computer kämpfen, um die Basisdaten auf den Schirm zu bekommen.

Wir backen eine Verschwörungstheorie

Kaum ist Jörg Haider einige Stunden tot, schon sprießen die Verschwörungstheorien.

Einige Beispiele aus den Leserkommentaren auf focus.de:

blueskyIII | 756 Kommentare (11.10.2008 12:00)
Um Verschwörungstheorien vorzubeugen
sollte die Staatsanwaltschaft genau das Auto, Bremsen, Stossdämpfer genau untersuchen – ein Luxus-VW hat zwar sicher die besten Überlebens-Chancen z.B. im Vergleich zum einfachen Golf – aber auch die viel größere Knautschzone, die da durch maximale Verformung die meiste Energie aufnehmen soll, um den Fahrgastraum zu schützen, sollte bei 50km/h in der Ortschaft nicht so aussehen – da müsste der Wagen ja wohl 100 m die Böschung heruntergefallen sein. Feinde hatte er zweifellos im In- und Ausland und auch in seiner eigenen Partei – Motive für eine Manipulation gibt es also genug. Natürlich wäre auch zu prüfen, ob bei der Wahlveranstaltung Alkohol getrunken wurde, ich weiß nicht, ob Haider als Politiker es sich leisten konnte, Alkohol zu trinken und dann noch Auto zu fahren – unwahrscheinlich.

dev38 (11.10.2008 11:57)
Unfall?
War es wirklich einUnfall? Wir sollten nichts alles glauben, was man uns erzählt. Wir sollten die wahren Gründe hinterfragen. Wer profitiert von diesem Tod? Wer hat die Möglichkeiten, diese „Aktion“ zu organisieren? Was werden die Konsequenzen sein? Es gab viele solcher „Unfälle“ oder „Selbstmorde“ von Personen, die in irgend einer Form unliebsam wurden, z.B. Möllemann, Lady Di, Kennedy usw.

mrowold | 333 Kommentare (11.10.2008 11:52)
Spekulationen
sind hier Tür und Angel weit geöffnet. Sollte es sich hier tatsächlich um einen „normalen“ Verkehrsunfall gehandelt haben, oder …?! Bei der Erstarkung der Partei von Herrn Haider würde mich eine solche Variante nicht verwundern, doch die Wahrheit wird vermutlich nie ans Tageslicht kommen. Jetzt haben die Österreicher auch eine „Barschel-Affäre“.

SD (11.10.2008 11:49)
Zufälliger Todeszeitpunkt?
31 Jahre war er als Politiker unfallfrei unterwegs. Doch nach der Erdrutschwahl gelingt ihm ein Überholvorgang im Dienstfahrzeug nicht? Das er sich auf den Weg zum 90. Geburtstag seiner Mutter machen würde, wusste man wohl. Das er an diesem Tage alleine machen würde, wohl auch. Seltsam, dieses Fahrzeug Fahrzeug gehört von unabhängigen Fachleuten untersucht. Doch dazu wird es wohl nicht kommen.

Das Muster ist immer das gleiche: Man kombiniert einige freihändige Tatsachenbehauptungen über Fahrphysik und Sozialverhalten mit vagen politischen Motiven und verlangt eine Überprüfung – behält sich aber ausdrücklich vor, das Ergebnis der Prüfung nicht anzuerkennen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf.

Botschaften aus dem Jahr 2004

Wer sich der Vergangenheit nicht erinnert, ist verflucht, sie zu wiederholen. Ein schreckliches Klischee Aber es ist etwas wahres dran. Und manchmal ist die Vergangenheit gar nicht so weit entfernt. Einige Botschaften aus dem Jahr 2004:

Wie ist es möglich, dass sich ein ganzes Land besinnungslos verschuldet? Antworten hier.

Wieso stimmen Leute für Politiker, die eigentlich das Gegenteil dessen vertreten, was sie wollen? Glaubt jemand Wahlwerbespots? Antworten hier.

Warum ist Afghanistan noch immer nicht befriedet? Antworten hier.

Es sind keine schnellen Antworten, es sind keine vollständige Antworten. Aber wer neugierig ist, sollte mal reinhören.

Huch ist kein Unbekannter (Update)

Tobias Huch macht grade mal wieder Furore, da er zwei Jahre lang völlig uneigennützig gestohlene Telekom-Daten seinem Rechner verwahrt haben will. In der Golem-Meldung kommt dieser schöne Satz vor:

Huch ist kein Unbekannter

Das stimmt. Aber leider wird nur auf den jüngsten PR-Stunt aufmerksam gemacht. Bei Huch und Datzenschutz fällt mir zuerst diese Episode ein.

PS: Tobias Huch war über seine Firma Erodata Anteilseigner von My Channel, die ungesicherten Kreditkartendaten lagen auf seinem Server und er war mit verantwortlich für den Datenverlust und die anschließende Anzeigenwelle.

Der kleine Grenzverkehr

In der guten alten Zeit, als der 17. Juni noch Nationalfeiertag war, habe ich eine Komödie über das innerdeutsche Verhältnis gesehen:

Am Grenzübergang , Chausseestraße begeht Meier einen folgenschweren Fehler, der ihn fortan zu einem Doppelleben nötigt: Statt sich als West-Berliner auf Touristenbesuch in die „Hauptstadt der DDR“ zu begeben, füllt er aus Unkenntnis die Einreisekarte falsch aus. Er tauscht einen Verwandtenbesuch vor und gibt als Besuchsziel seine eigene Ost-Berliner Adresse an. Jetzt wissen die „Organe“, wo er sich aufhält, Meier, der vorgebliche West-Berliner, muß bis nachts zwei Uhr die Hauptstadt verlassen haben, „sonst holen wir Sie“. Meier, der eine Malerbrigade fideler, schaffens- und trinksüchtiger Jungmänner anführt, muß Nacht für Nacht pendeln zwischen den beiden Hälften der Stadt: über die Demarkationslinie und gleich wieder zurück.

Lustiges Filmchen. Sympathisch, nicht denunzierend und nahe an der Realität – bis heute. Wie nahe an der Realität ahnte ich bisher noch gar nicht.

Netzparanoia

Wenn man zu lange im Internet unterwegs ist, wird man mit der Zeit paranoid. Da geht kein Weg dran vorbei. Wo immer man einen Kommentar oder einen Link sieht, fragt man sich unwillkürlich: Da hat doch jemand dran gedreht? Wer hat dafür bezahlt, dass der Rasierapparat / der Film / das perpetuum mobile so über den grünen Klee gelobt wird?

Eine Möglichkeit: patentwürdige Anreizsysteme. Eine andere Möglichkeit: Transparenz. So bietet zum Beispiel die International Movie Data Base eine ausführliche Aufschlüsselung der Bewertungen:

Hier haben wir also einen Film, den 753 Leute sehr, sehr schlecht fanden (also schlechter als diesen), für 33 Leute war der Film aber das beste überhaupt – kein Film könnte eine bessere Wertung kassieren. Das ist eine auffällige Abweichung vom sonstigen Bewertungsmuster. Wie kommt das? Und dann fragt man sich wie viele Leute wohl an der Produktion beteiligt waren und IMDB-Accounts haben.

Und das ist die Paranoia. Denn hinter solchen Extremwertungen stecken nicht etwa Schauspieler, Drehbuchautoren und Produktionsassistenten – es sind die Kinder von Tim Robbins und Jon Stewart.