Vorratsdatenspeicherung auf halber Last

Es quillt gerade aus den Tickern:
Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung teilweise ausgesetzt. Oder kurz zusammengefasst: Es wird weiter gespeichert, die Polizei darf aber die Daten nur bei schweren Straftaten nutzen.

Merkwürdig finde ich diesen Satz der DPA-Meldung:

Sie dürfen allerdings dann nicht an Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden, wenn ihre Herausgabe zur Aufklärung weniger gravierender Delikte beantragt wird.

Sollen also die Provider entscheiden, was eine schwere Straftat ist und was nicht? Wäre der umgekehrte Weg nicht logischer: die Polizei darf die Daten erst gar nicht anfordern, wenn es sich nicht um schwere Straftaten handelt? Mal sehen, wie die Entscheidung im Volltext aussehen wird.

Produktberichterstattung: Edelprostituierte

Produktberichterstattung ist immer eine Gratwanderung: Wann informiert man den Leser, wann rührt man schlicht die Werbetrommel? Die übliche Antwort: Man darf negative Seiten nicht verschweigen, muss das Produkt in einen Kontext setzen.

Julia Jüttner vom Spiegel hat sich dem Produkt Edelprostituierte angenommen. Nach einer sehr knappen Einleitung zum Prostitutionsskandal um den US-Gouverneur Elliot Spitzer kommt sie schnell zur Sache. Ganz im Dienste des Lesers listet Jüttner alle relevanten Informationen auf: die makellose Haut des Models, die Preise, die Zahlungsmodalitäten und die Legende(*), dass die Edelprostituierte nur aus Spaß einmal pro Monat – vielleicht auch zwei Mal – anschaffen geht. Es fehlt nur der Direktlink zur Bestellseite – den findet der solvente Kunde mit Google aber sofort.

Die negativen Seiten verschweigt Jüttner auch nicht. Hier sind sie in voller Länge:

Eine Selbstwahrnehmung, die Experten nicht teilen. „Frauen, die sich von Begleitagenturen vermitteln lassen, machen nichts anderes als andere Prostituierte auch: Sexarbeit“, sagt Veronica Munk von Amnesty for Women. „Egal, wie viel Geld die Callgirls nehmen.“

(*) Ausnahmen mag es geben. Aber solche Stories kann man ebensowenig glauben, wie die angebliche Bisexualität der Prostituierten. Illusion gehört nun mal zum Geschäft.

Spammer nutzen GoogleAd-Links

Grade frisch durch den Spamfilter gerutscht.

Dear xxx@example.com, be clever, purchase your pharmaceuticals from the best shop since 1992.
http://www.google.com/pagead/iclk?sa=l&ai=xxxxx&num=1234567&adurl=http://www.example.com

Das klappt ganz hervorragend: der Google-Link wird aufgerufen und schickt einen auf die Seite des Spammers rüber. Ist das neu? Da sollte Google wohl dringend nachbessern.

Medienrealität

Wenn ich die vierte Zusammenfassung von Associated Press zum Brand im Chemiepark Dormagen lese, könnte ich annehmen, das Feuer sei gelöscht.

Der Gastank wurde mit Wasser gekühlt, angrenzende Gebäude evakuiert. Die Gasflamme sei am Abend gelöscht worden, berichtete Sprecher Hochweller. Über dem brennenden Tank sei schwerer, schwarzer Qualm entstanden, der weiterhin zu starker Rauchentwicklung geführt habe.

Es mag eine Gasflamme gelöscht worden sein – aber wenn ich durch das Fenster sehe, sind da immer noch die „haushohen Flammen“ von heute Nachmittag. Das Ganze spielt sich zwar 20 Kilometer entfernt ab, aber das Feuer ist sehr gut sichtbar.

Bei Spiegel Online brennt es zwar noch, dafür herrscht in der ganzen Region der Ausnahmezustand. Warum hat mir niemand Bescheid gesagt, dann hätte ich im Supermarkt noch ein paar Panikkäufe machen können. Aber auch im Ausnahmezustand herrscht in der Region Köln halt der ganz normale Ladenschluss. Nicht mal das Verkehrsinformationssystem NRW weiß von der akuten Notlage, die durch die Umleitung ausgelöst wurde.

Oddly

Bei Pippi Langstrumpf heißt es „Ich mache mir die Welt, wi-di-wi-di-wie sie mir gefällt“. Das muss wohl umgedichtet werden in „Ich mache mir die Welt wi-di-valley-wag-sie mir gefällt.“

In einem neuen Artikel präsentiert das Klatschblatt den jüngsten Skandal. Jimmy Wales hat nun auch die Wikimedia-Chefin Sue Gardner verführt. Die Indizien sind einfach überwältigend.

Gardner has always been swift to rush to Jimmy Wales’s defense — oddly so, since he’s just one of many board members she reports to.

Ja, sehr merkwürdig. Die Wikimedia-Geschäftsführerin hat kein Interesse daran, den Gründer der Wikimedia und die Haupt-Werbefigur abzusägen, um einen ehemaligen Angestellten und gescheiterten Vorstandsanwärter zu stützen. Das kann ja nur sexuelle Motive haben.

Aber das ist ja nicht das einzige Indiz. Es gibt Fotos! Valleywag hat sie zwar nicht gesehen, aber sie haben eine Email-Adresse, an die man sie schicken kann.

Wir danken

Markus Müller ist nicht mehr Beisitzer im Vorstand von Wikimedia Deutschland. Der Verein bedankt sich sehr wortkarg für geleistete Arbeit. Gründe werden nicht angegeben – das wirft Fragen natürlich auf.

Aber derzeit werden noch viele Wikipedia-Konflikte in der Öffentlichkeit ausgetragen – zumindest für Teile der Öffentlichket, die mit Diff-Links umgehen kann. Einige Hintergründe kann man wohl hier nachlesen. Und hier.

YouPorn mit Botschaft?

Ich sichte grade, was denn so in der Presse über YouPorn geschrieben wurde. In dem FAZ-Archiv ist tatsächlich nur eine Erwähnung der Seite zu finden. In einem Artikel über die Begnadigung von Christian Klar schreibt Maxim Biller:

Seitdem diskutierte das Land Klars Gnadengesuch. Manche meinten, Klar hätte sich früher überlegen sollen, was wichtiger sei: regelmäßiger Sex oder die Stadtguerilla. Andere sagten, Klar habe als politischer Gefangener das Recht, einmal in der Woche mit anderen Häftlingen zu duschen. Und dann gab es die Romantischen Zellen Karlsruhe, die auf „Youporn“ mit einem Gangbang für die Begnadigung Klars demonstrierten.