NPOV und die Anti-Islamisten

Da ist er nun: der Anti-Islam-Film, für den sogar Domain-Namen gesperrt werden, hat nach langen, langen Ankündigungen seinen Weg ins Netz gefunden.

Nach einem kurzen Drüberschauen kann ich mit Gewissheit sagen: billigste Polemik. Geert Wilders hat für seinen „Kurzfilm“ nicht mal eine Kamera in die Hand genommen – das Ganze ist ein Zusammenschnitt von Videos, der rein technisch und ästhetisch auf dem Niveau eines Hobby-Amiganers von 1998 liegt – vom Inhalt wollen wir mal schweigen.

Am Schluss hat Wilders aber einen kleinen Knalleffekt eingebaut: als Quasi-Impressum gibt er einen Wikipedia-Link an.

Liveleak Fitna

Das Kalkül ist eindeutig: Die Wikipedia kann man nicht so einfach sperren ohne für einen allgemeinen Aufschrei zu sorgen. Und mit seinem medialen Bohei hat sich Wilders ja einen Platz in der Wikipedia erkämpft. Falls Wilders für seine Polemik wieder einen Provider gefunden hat, müsste er zwangsläufig bei Wikipedia verlinkt werden – schließlich hat die Information der Leser hier höchste Priorität.

Der schwarze Peter liegt nun bei der Wikipedia: Die Seite wird offensichtlich instrumentalisiert. Was bedeutet das nun in Verbindung mit einem der Grundpfeiler der Wikipedia, dem neutralen Standpunkt? Ist es nun neutral, auf die Provokation nicht zu reagieren oder würde der NPOV gerade das verbieten? Muss die Wikipedia gegen den Film Stellung beziehen, um die eigene Neutralität zu betonen?

Das Ganze könnte ein Schuß ins Kontor sein. Kurzfristig hat die Wikipedia-Community aber eine harte Nuss zu knacken. Etwas entschärft wird das Problem dadurch, dass der angegebene Link nur auf eine Begriffklärungsseite verlinkt.

Sonder-Newsletter! Stimmt nicht! Oder doch?

Der Stern berichtet über Schikanen gegen LIDL-Mitarbeitern und landet dabei sogar in der Tagesschau. Was macht die professionellen Kommunikateure des Handelskonzerns? Sie gehen in die Offensive und schicken einen Sonder-Newsletter an ihre Kunden los.

Wir pflegen einen fairen Umgang mit unseren Mitarbeitern

Neckarsulm, 26.03.2008. „Die im Stern skizzierten Vorwürfe und Feststellungen haben uns sehr betroffen gemacht. Insbesondere der damit vermittelte Eindruck, wir würden unsere Mitarbeiter „bespitzeln“, entspricht in gar keinem Fall unseren Führungsgrundsätzen und dem praktizierten fairen Umgang mit unseren Mitarbeitern“, sagt Jürgen Kisseberth, Geschäftsleitungsmitglied Mitarbeiter und Soziales der Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG.

Hmm – also eine Ente? Hat der Stern das Ganze erfunden?

Um durch Diebstahl verursachte Inventurverluste zu vermeiden, arbeitet auch Lidl – wie im gesamten Handel üblich – mit Kameraanlagen, um Diebstähle aufzuklären. Im Jahr 2007 gab es in 8 Prozent der deutschen Filialen aber besonders auffällige Inventurdifferenzen. Deshalb wurde in diesen Filialen zusätzlich für einen begrenzten Zeitraum mit Detekteien zusammengearbeitet.
Die Aufgabe der Detekteien war es, in den Filialen zusätzliche Erkenntnisse zur Aufklärung von Diebstählen zu gewinnen. Die in diesem Zusammenhang über diesen Aufgabenbereich hinaus festgehaltenen weiteren Informationen wurden zu keiner Zeit in irgendeiner Weise weiterverwertet.

Ah,, also das ganz normale Geschäft. Ich will ja auch nicht beklaut werden!

Die Hinweise und Beobachtungen, die vom Stern veröffentlicht wurden, entsprechen weder im Umgangston noch im Stil unserem Verständnis von einem fairen Umgang mit unseren Mitarbeitern. Deshalb hat Lidl die Zusammenarbeit mit einem der betroffenen Dienstleister schon vor längerer Zeit beendet. Wir haben uns zudem entschieden, unser Eigentum zukünftig ausschließlich mit sichtbar angebrachten Kamerasystemen und gemeinsam mit unseren Mitarbeitern zu schützen.

Hmm – also stimmt der Stern-Bericht also doch? Was ist eigentlich eine „längere Zeit“? Drei Tage oder drei Jahre? Kann man Unternehmenskommunikation eigentlich auch beim Discounter kaufen?

Kostenloses WLAN in Köln

Na, dieser Link sieht doch interessant aus. Die Karte ist AFAIK zwar nicht vollständig, aber sie zeigt immerhin ein Dutzend Cafes mit kostenlosem WLAN. Diese Karte hat zwar viel mehr Fähnchen – man muss aber oft auf der Straße vor einem Wohnhaus sitzen, um dort online zu gehen.

Für Zäune in den Köpfen

Ich wollte grade in einer Bäckerei gemütlich frühstücken, da plärrte es aus dem obligatorischen Fernseher in der Ecke. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses Sebastian Edathy (SPD) will Autobahnbrücken per Videokamera überwachen lassen, um zu verhindern, dass Täter Gegenstände auf die Autofahrer darunter werfen. Die Idee ist so hinreißend dämlich, dass sich sogar der N24-Moderator zu einer kritischen Nachfrage hinreißen ließ.

Da kann ich nur sagen: Herr, wirf Hirn vom Himmel. Wenn es Autobahnbrücken geben sollte, wo so etwas tatsächlich häufig passiert – was ich bezweifle – was sollte man tun: Eine sündhaft teure Videoüberwachungsanlage zu montieren, die im Zweifel eh nur unscharfe und viel zu dunkle Bilder eines Täters liefern kann, der zu dämlich war die Kamera zu sehen. Oder: Einen Zaun anbringen, der viel billiger ist und verhindert, dass überhaupt so ein Mordanschlag geschieht?

Wäre Herr Edathy ein Hinterbänkler, könnte man die Sache abhaken. Ich fürchte aber, wir haben es mit einem ernsten Problem zu tun. Führende Innenpolitiker sind offenbar nicht mehr in der Lage Problemlösungen ohne Biometrie und Videoüberwachung auch nur in Erwägung zu ziehen. Warten wir zwei Jahre und Zigarettenautomaten werden videoüberwacht um den Jugendschutz zu gewährleisten.

Schmuddliger gehts immer

Dass die BILD und die Roche nicht das beste Verhältnis haben, ist wohl bekannt. Kurios mutet ein Artikel heute auf der Titelseite von Bild Online an. „Wie viel Porno steckt in Charlotte Roche?“ fragt die Redaktion und untertit(t)elt: „Schmuddel-Buch in der Kritik“.

Das ganze Stück besteht aus scheinbar wahllos zusammengesuchten Kommentaren ungenannter Internet-Nutzer. Kein Neuigkeitswert – nichts. Weiter unten wird es kurios:

Bild.de über das Schmuddel-Buch

Ich kann mich nicht entscheiden. Will da jemand Charlotte Roche niederschreiben? Oder ist das Werbung – auf Porno steht die Bild.de-Kundschaft ja erwiesenermaßen. Oder soll der Button „Mehr Erotik“ unten die Botschaft verbreiten: „Diese Roche mag noch so schmuddelig sein – wir können noch viel, viel schmuddliger„? Oder brauchte die Redaktion nur Platz, um die vertraglich zugesicherten Erotik-Anzeigen in der rechten Spalte günstig zu platzieren?

PS: Das Buch werde ich wohl nicht lesen.

Miro: die Revolution muss mobil werden

Miro wurde gerade in der neuen Version 1.2 veröffentlicht. Das Announcement liest sich soweit ganz gut – doch mir fehlt ein wesentliches Feature: die Unterstützung mobiler Geräte.

Obwohl sie oft verkündet wurde: die Internet-TV-Revolution ist noch nicht gekommen. Joost dümpelt vor sich hin, Youtube wird wie wild geklickt – aber Fernseher und PC sind nicht richtig verschmolzen. Das Problem ist: der Fernseher ist nicht das richtige Angriffs-Ziel. In meinen Augen gibt es eine viel interessantere Bastion zu erobern: die Mobil-Player. Da draußen gibt es hunderte Millionen iPods, immer mehr MP3-Player können auch Videos abspielen – sogar mein Handy kann es. Theoretisch – denn praktisch nutze ich die Möglichkeit nicht.

Dabei wäre es so praktisch. Ich höre heute auch keine Audio-Podcasts am PC. Hier werde ich viel zu schnell von neuen Emails, Chat-Fenstern abgelenkt – zudem ist lineares Zuhören so verdammt ineffektiv, wenn ich vor einer Maschine sitze, die auf Interaktion getrimmt ist. 106 Tasten auf einem Standard-Keyboard und ich soll nur zuhören? Forget it. Wo ich Podcasts sehr gerne höre: in der Bahn, im Fitness-Studio, in der Schlange vor der Supermarkt-Kasse. Da, wo ich bisher von enervierendem uninteressanten Gewäsch genervt wurde. Und es ist so einfach: ich stöpsel den Player in den USB-Port und Amarok schaufelt meine Podcasts auf den Speicher.

Das gleiche hätte ich gerne für Video-Podcasts. Und ich will nicht iTunes installieren, um dann festzustellen, dass ich da die Daily Show kaufen könnte, wäre ich US-Amerikaner. Ich möchte ein offenes System, das mir meine liebsten Podcasts ohne Patentansprüche von Apple auf den MP3Medien-Player kopiert.

Die Umsetzung ist natürlich nicht ganz einfach. Zwar gibt es schon einige Podcasts in mobil-tauglichen Formaten – wozu soll aber der Broadcaster die ganze Arbeit machen? Ein RSS-Feed für MP4, ein weiterer für AAC, noch ein anderer in FLV? Und nachher sieht das Ergebnis auf dem Medien-Player doch bescheiden aus, weil es nicht genau auf die richtige Auflösung optimiert wurde – oder die Datei mit 13 statt 12,5 Frames pro Sekunde kodiert wurde. Deshalb sollte der Umwandlungsprozess lieber auf dem PC stattfinden. Mit transcode oder ffmepg ist die Umwandlung auf dem Desktop in das geeignete Medienformat kein Problem – man muss nur ein paar Parameter herausfinden. Die stehen aber nicht in der Anleitung des Players.

Falls ihr die Idee gut findet: hier gehts zum Forumeintrag und hier zum Bugtracker.

Papst verdammt Wetterfrösche

ARD-Korrespondent Gregor Hoppe berichtet von einer Predigt des Papstes:

„Das Innere der Menschen sei von „Halbwahrheiten“ oder „offener Falschheit“ bedroht. „All dies trübt und befleckt unsere Seele, bedroht uns mit der Unfähigkeit zur Wahrheit und zum Guten“, sagte Benedikt weiter.

Der nächste Absatz fängt so an:

Die schlechten Wettervorhersagen haben sich bislang nur zum Teil bewahrheitet: Es ist zwar im Lauf dieses Gründonnerstags fast winterlich kalt geworden, und in ganz Italien regnete es. Über Rom aber hatte der Himmel am Abend aufgeklart,…

Werden die Wetterfrösche nun exkommuniziert?

Die Ruhr funkt noch nicht

Im September gab die Initiative Hot Spot Ruhr ein ehrgeiziges Ziel bekannt: mit nur 20000 Funk-Router wollte man die 4400 Quadratkilometer Ruhrgebiet flächendeckend mit Internet per Funk versorgen. Dafür wollte Fon-Geschäftsführer Robert 1000 Foneras kostenlos zur Verfügung stellen.

Eingeschlagen hat die Aktion nicht. Obwohl der Zeitraum bis Ende Februar verlängert wurde, wurden bis heute ganze 300 Gratis-Foneras an den Mann gebracht, wie mir ein Vertreter der Initiative gestern mitteilte. Die stünden in Privatwohnungen – eine nennenswerte Abdeckung sei nicht erreicht worden.

Unterdessen hat sich Fon etwas geöffnet: Von nun an können Gäste an Foneras kostenlos auf die Angebote des Fon-Investors Google zugreifen. Besonders für Nicht-Zahler hat die Idee Potential.