Das Internet und die Konsequenzen

Bundesanwältin Monika Harms hat dem Spiegel ein Interview gegeben und sich dabei argumentativ relativ gut geschlagen. Allerdings haben die Argumentationsketten durchaus große Löcher.

Islamistische Terroristen kommunizieren über das Internet, und deshalb sollten wir in bestimmten Fällen heimlich in die Computer schauen dürfen.

Also für mich bedeutet es zunächst einmal, dass man Beamte braucht, die erstens mit Computern umgehen können und zweitens die entsprechende Ausstattung haben. Als ich das letzte Mal ein Polizeirevier betreten habe, wurde die Anzeige noch mit Schreibmaschine aufgenommen, weil der historisch durchaus interessante Rechner mal wieder den Dienst versagte.

Auch eine andere Stelle weckt Bedenken:

Deshalb bin ich überzeugt davon, dass die Online-Durchsuchung notwendig ist – nicht, um etwa Wirtschaftsstraftaten aufzuklären, sondern in einem engumgrenzten Deliktfeld wie beispielsweise dem islamistischen Terrorismus.

Klingt beruhigend – aber wie soll man das denn gesetzlich beschränken? Weiter oben hat Harms noch ausgeführt, dass die Brandstifter und Farbbeutelwerfer von Hamburg und Berlin gesetzlich nicht so einfach von den Mördern der Al Quaida zu trennen sind. Hofft Frau Harms etwa auf eine freiwillige Selbstbeschränkung der Ermittlungsbehörden und Innenpolitiker?

Oh, Kalkutta

Das habe ich grade auf den Seiten des Pizza-Lieferservice Joeys entdeckt.

oh-kalkutta

Was soll man dazu sagen? Im Sinne des aktuellen Spiegel-Titels ist sowas natürlich abzulehnen – oder zu begrüßen?

Vielleicht sollten wir die nächsten Aktionswochen auch überdenken: Das Ramadan-Mittagsmenü mit Schweinefleisch süß-sauer, die Pizza Hindu mit saftigem argentinischem Rinderfleisch und das Oster-Tiramisu, das auf einer echten Hostie serviert wird.

Sandkasten mit .htaccess

Ich hatte mich schon mal vor einigen Wochen über Fixmbr gewundert. Heute bin ich durch Zufall auf eine andere Episode des akuten Bloggerwahns gestoßen.

Olaf bemerkt dass Fixmbr einen kleinen Werbebanner für ihren Provider platzieren, während sie Werbung bei anderen Bloggern schärfstens verurteilen. Daraus entwickelt sich ein kleiner Flame, bei dem Olaf vornehmlich Links und Zitate beisteuert und Chris von Fixmbr vor allem Beleidigungen. Kommentator Alexander bemerkt plötzlich, dass der Link von Olaf ins Leere führt – nicht weil sich die URL geändert hätte, sondern weil der neue Server von Fixmbr die Anfrage blockt.

fixmbr

Zauberei? Nein, offenbar hat Fixmbr mit der .htaccess-Datei herumgespielt. Klickt man auf den Link man bei Olaf, wird man abgewiesen, drückt man auf Reload, wird die Seite hingegen anstandslos ausgeliefert. Oder für Konsolenfans:

# wget http://www.fixmbr.de –referer=http://fx3.org

führt zum Abweisen des Besuchers und ein einfaches

# wget http://www.fixmbr.de

kommt anstandslos durch den Filter.

Technisch gesehen ist die Erklärung einfach, rein menschlich und sozial erschließt sich mir diese Reaktion nicht – hatte sich Sven doch jovial für das „Ping-Pong-Spielen“ bedankt. Ich muss daher den eingangs erwähnte Bloggerwahn als Arbeitshypothese wählen.

PS:Franztoo hat übrigens die gleiche Strafe ereilt – auch hier ist offenbar unmäßige Kritik der Grund.

Jux-Antworten

Im Quiz auf tagesschau.de ist folgende (Jux-)Antwort zu finden.

Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier über die Inititative Bayerns, Studierende aus Hessen als einzige bundesdeutsche Bewerber ohne Gentest an bayerischen Hochschulen studieren zu lassen.

Wie lange werden wir noch lachen?

Im gleichen Quiz muss man übrigens raten, ob ein Zitat von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad, Bundesinnnenminister Wolfgang Schäuble oder Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber stammt.

Trojaner im Grundgesetz?

Mal ehrlich: wer verschickt nch Briefe? Emails sind doch viel einfacher. Über die gute alte Post werden doch nur noch Behörden-Schreiben, Rechnungen und Werbung verschickt. Und trotzdem steht im Grundgesetz immer noch das verbriefte Grundrecht auf das Briefgeheimnis, aber kein Wort vom Email-Geheimnis.

Ein unhaltbarer Zustand, so befanden die Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz von der SPD und Ralf Göbel von der CDU. Wir alle leben immer mehr im Internet: Wir chatten mit unseren Freunden, wenn sie grade nicht da sind, wir verkaufen unseren Plunder bei Ebay und so mancher hat schon den Partner fürs Leben zuerst Online getroffen. Wiefelspütz nennt das eine „vierte Dimension“. Das ist vielleicht intelligenter, als andauernd das unsägliche Schlagwort vom zweiten Leben – „Second Life“ – zu bemühen. Denn das Internet gehört zu unserem ganz normalem ersten Leben. Und so ist es nur logisch, wenn sich diese eine Realität auch im Grundgesetz wiederfindet. Gute Idee, weiter so.

Doch der großkoalitionäre Vorstoß dient nicht wirklich der Sicherung unserer aller Online-Freiheit, wie Ralf Göbel dem Tagesspiegel verrät: die Innenpolitiker sind nämlich erst auf die Idee des Internet-Grundrechts gekommen, weil sie gerade an einem Gesetz basteln, dass eben nicht die Online-Freiheit zum Ziel hat, sondern das Gegenteil. In Zukunft soll die Polizei auch per Internet auf die Festplatten der Computer schauen können.

Im Gegensatz zur normalen Wohnungsdurchsuchung sollen die elektronischen Durchsuchungen ganz geheim ablaufen – der Durchsuchte erfährt zunächst nichts davon. Eine verfassungsrechtlich höchst bedenklicher Akt: denn er zielt direkt auf den Privatbereich, der durch das Briefgeheimnis, Schutz der Wohnung und Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt werden soll. Das Kalkül der Innenpolitiker ist offenbar: Wenn die Online-Freiheit getrennt von den alten Grundrechten definiert würde, kann man sie auch viel bequemer wieder einschränken.

Und so nimmt ein Stück Online-Erfahrung auch von unserem normalen Leben Besitz. Im Internet haben wir uns nämlich längst daran gewöhnt, dass in vermeintlich harmlosen Emails Schadprogramme, so genannte Trojanische Pferde stecken, die unseren Computer übernehmen wollen. Nun müssen wir nicht nur unsere Festplatte, sondern unsere Verfassung vor den Trojanischen Pferden bewahren.

Redaktionspost abgefangen

Gestern machte ein taz-Bericht die Runde, wonach die Polizei in Briefzentren systematisch die Post von Globalisierungskritikern durchstöbert. Die Rheinische Post ergänzt dies durch eine andere Variante:

Nach den Anschlägen der vergangenen Tage waren Staatsschützer nach Informationen der Zeitung beim Entleeren von Postkästen in den Szenevierteln Ottensen, St. Pauli und Schanzenviertel dabei. Im Briefzentrum Kaltenkircher Platz habe die Polizisten dann in der eingesammelten Post nach möglichen Bekennerbriefen von militanten G-8-Gegnern gesucht, die an Hamburger Zeitungsredaktionen adressiert waren, berichtet das Blatt.

Auf Antrag der Bundesanwaltschaft ist laut „Morgenpost“ ein richterlicher Beschluss ergangen, auf die Redaktionspost zuzugreifen. Die Beamten wollen demnach durch das eigenhändige Sortieren der Briefe frühzeitig herausfinden, in welche Briefkästen die Schreiben eingeworfen wurden und diese dann künftig nach Anschlägen rund um die Uhr observieren.

Weiter beim NDR:

Die „Hamburger Morgenpost“ berichtet, auf der Suche nach Post an Hamburger Zeitungsredaktionen seien mutmaßlich zehntausende Briefe gefilzt worden. Ziel der Aktion sei es gewesen, nach den jüngsten Brandanschlägen von G8-Gegnern die Urheber von Bekennerschreiben ausfindig zu machen. Die Zeitung vermutet sogar, dass Polizisten die Touren der Mitarbeiter, die Briefkästen leeren, begleiten. Die „Morgenpost“ hatte ebenfalls ein Bekennerschreiben zum Anschlag auf das Auto des „Bild“-Chefredakteurs Kai Diekmann erhalten – jedoch einen Tag später als die Deutsche Presse Agentur. Die Redaktion vermutet deshalb, dass der Brief vom Staatsschutz zuvor geöffnet wurde. Wie NDR 90,3 berichtet, hat Hamburgs Datenschutzbeauftragter Hartmut Lubomierski bereits Zweifel geäußert, ob diese Maßnahmen eine rechtliche Grundlage haben.

Tätige Reue

Der Oberste Sportfunktionär äußert sich zur Doping-Geständnis-Welle:

Die Geständnisse sind menschlich bewegend, aber sachlich nicht ausreichend. Der Schritt ist als Zeichen der Offenheit zu begrüßen, um den Bann des Schweigens weiter zu brechen, aber eine tätige Reue wäre wichtig. Vielleicht wäre ein finanzieller Beitrag im Anti-Doping-Kampf angebracht.

Muss es Bargeld sein oder nehmen Sie auch Blutspenden?

Von wimmelnden Verschwörern

Ich lese Terry Pratchett ja sehr gerne. Nicht nur wegen der Figuren, der Geschichten, der Scheibenwelt, sondern wegen der Sätze. Zwischendurch nämlich bringt Pratchett immer wieder Sätze, die einfach wahr sind. So heißt es im Buch Die Nachtwächter:

Während er wach war, glaubte er, dass sich überall Verschwörer und Spione herumtrieben, und er wies seine Männer an sie aufzustöbern. Und wenn man versucht Verschwörer und Spione aufzustöbern, die sich überall herumtreiben, wimmelt es bald von ihnen, selbst wenn es zu Anfang keine Verschwörer und Spione gab.

PS: Wenn ihr glaubt, dies ist nur auf eine bestimmte Person oder Gruppe gemünzt – überlegt mal: auf die Gegenseite trifft es genau so zu.
PS 2: Auch ein schöner Satz: „Stasi sind immer die anderen„. Nicht von Pratchett, sondern von Mathias

Fasst die Bildblog-Terroristen!

Irgendjemand hat den Luxuswagen des BILD-Chefredakteurs Klaus Diekmann angezündet. Direkt nach dem Anschlag wussten die Kollegen in den Agenturen: Das hat mit G8 zu tun. Der Staatsschutz ermittelt, geht von einem politischen Hintergrund aus.

Im Zuge eines schnellen Ermittlungserfolges sollten die Behörden bei den Bildbloggern vorbeischauen. Ich bin mir fast sicher, dass sich auf den Computern von Stefan Niggemeier und den Kollegen sehr viele Hinweise auf Herrn Diekmann finden werden. Geht man nach diesem Telepolis-Artikel, reicht das ja als ganz heißer Verdachtsmoment aus. Mehr noch: die Bildblogger haben konspirativ öffentlich Diekmann hinterhergeschnüffelt. Ob sich da auch das Foto eines Autos findet? Das wäre fast ein Schuldeingeständnis.

Und so ist es auch nicht merkwürdig, dass ausgerechnet auf bild.de dieser Anschlag noch nicht zu finden ist – stattdessen wurde die aktuelle Wasserstandsmeldung von Seehofers Affäre zum Titel aufgeblasen: In vier Wochen ist der Geburtstermin. Wahrscheinlich eine ermittlungstaktische Maßnahme. Steigen die Bildblogger auf diese Vorlage ein, könnten sie sich verraten.

Zwei weitere Verdächtige will ich aber nicht verschweigen. Nummer Eins ist Steffi, das Girl von Seite 1. Provokativ hat sie dem BILD-Reporter ausgerechnet an diesem Tag das Statement „Ich bin Feuer und Flamme“ in den Steno-Block diktiert. Und natürlich darf man die Leute von Business News nicht vergessen. Die verkünden enttäuscht „Diekmann lebt!“ Wollten Sie ihm wegen der geklauten Idee des Berlin-Umzugs ans Leben?

PS: Knapp zwei Stunden nach meinem Eintrag erschien doch eine sehr kurze Kurzmeldung in dem bild.de-Newsticker. Keine Fotos, keine weiteren Infos. Schön, wenn selbst das Boulevard die Privatsphäre der Opfer schützt…