Manifest oder besser nicht?

Sie hatten mich neugierig gemacht: eine bisher unbekannte Gruppe hat eine spektakuläre Aktion im und um den Bundestag durchgeführt und dabei unter anderem den Schriftzug „Dem deutschen Volke“ mit dem Banner „Der Deutschen Wirtschaft“ verdeckt. Wer die Leute sind und was sie wollen, war lange unklar. Auf einem neu eröffneten Weblog wird eine Proklamation unter dem Titel „Der Bundestag ist gescheitert” verbreitet, die von der Gruppe stammen soll.

Erster Gedanke dazu: Mit dieser Erklärung könnte Thomas Gottschalk zum Kanzler kandidieren. Und er könnte sie sogar selbst geschrieben haben.

Schade drum.

Studieren zahlt sich aus

Spon gossips:

10.000 bis 15.000 Telefonnummern sollen auf der Kundenliste von Deborah Jeane Palfrey stehen, die derzeit als „DC Madame“ Schlagzeilen macht. Sie organisierte für ihre Kunden laut der „Washington Post“, Frauen „mit College-Ausbildung“, die von zahlungskräftigen Männern für 90-minütige „legale, sexuelle Spiele“ im Hotel oder beim Kunden zu Hause jeweils 275 Dollar bekamen.

Jetzt weiß ich endlich, welche Qualifikationen der Studienabschluss Bachelor vermittelt.

Prozentuale Panorama-Polemik

Die Spieler haben es immer noch nicht aufgegeben, ihrem Ärger über die unsäglichen Panorama-Beiträge Luft zu machen. Eine erneute Beschwerde beim Rundfunkrat erreicht einen beeindruckenden Detailgrad.

Setzen wir nun also die Gesamtzeit von 6:15 = 375 Sekunden = 100 % der tatsächlichen Berichtszeit von 3:14 = 194 Sekunden gegenüber, so stellt man fest, dass sich 51,73 % des Berichtes um die Diskussion über den §131 drehen, 48,27 % des Berichtes eindeutig und klar ersichtlich nicht – diese Zeit wurde benutzt, um alle Spieler von solchen Spielen in diffamierender Art und Weise darzustellen, und einem „Experten“ zur Verfügung gestellt (Sprechzeit: Zeitindex 01:44 bis 2:05 – ergibt 21 Sekunden und Zeitindex 02:22 bis 02:39 – ergibt 17 Sekunden – insgesamt eine Zeit von 38 Sekunden, das sind 10,13 % der gesamten Berichtszeit), der aufgrund seines wirtschaftlichen Betätigungsfeldes von der Verschärfung des § 131 eindeutig profitieren würde.

Online-Durchsuchungen erfolglos?

Ich halte Online-Durchsuchungen durch die Polizei in dem jetzigen rechtlichen Rahmen für nicht erfolgversprechend – Ziel der Ermittlungen sollen nämlich Personen sein, die ihre Daten vor normalen Durchsuchungen effektiv schützen können, aber blöd genug sind, einen Bundestrojaner gewähren zu lassen.

Um so jemandem einigermaßen aussichtsreich ein Programm unterzujubeln braucht man mehr als die Genehmigung zum Ausschnüffeln. Zum Beispiel einen jemanden, der auf den Computer direkt Zugriff hat oder jemand der den Datenfluss von Providerseite aus manipuliert. Beides ist sehr aufwändig und rechtsstaatlich höchst bedenklich.

Für die Geheimdienste sieht die Lage schon etwas besser aus – schließlich sind Viren und Trojaner schon lange bei Wirtschaftsspionen im Einsatz. Doch nicht mal bei ihnen scheint der Trojaner-Einsatz geklappt zu haben, wenn man dem Innenpolitik-Experten der Grünen Wolfgang Wieland glaubt. Den hat die Tagesschau interviewt:

tagesschau.de: Können Sie sich eine Regelung vorstellen, bei der die Grünen Online-Durchsuchungen zustimmen?

Wieland: Nein. Man braucht das nicht. Wir sehen auch keine Sicherheitslücke. Wir gehen auch davon aus, dass das noch nie richtig geklappt hat. Es gab technische Schwierigkeiten. Das Einschleusen hat nicht geklappt und gerade die gefährliche Szene wird Wege finden, sich vor Bundestrojanern zu schützen.

Der mächtige Blogger

Da hat sich mal wieder ein Web 2.0-Startup großartig blamiert. In einem Wiki stellten sie ihre Viral-Marketing-Pläne öffentlich und ungeschützt ins Internet – was natürlich von der gesammelten Blogosphäre ausführlich goutiert wird. Chris von F!XMBR ist mitten im Geschehen und zieht daraus weitgehende Schlüsse über die Macht des Bloggers:

Ihr habt noch Glück gehabt, mit diesen teils gemäßigten Reaktionen. Teilweise dadurch geschuldet, dass ich die Screenshots gelöscht habe – doch dazu später mehr. Die ganze Story, mit all ihren Feinheiten, hätte durchaus das Potential gehabt, Yumondo noch vor Start zu begraben – wenn überhaupt, dann wäre nur noch ein Start unter neuem Namen möglich gewesen.

Ich finde das übertrieben. Sicher ist diese Nummer extrem peinlich für die Firma – aber bedeutet so etwas automatisch das Todesurteil, wenn denn ein Blogger seine Screenshots nicht löscht? Naiv wie ich bin, schrieb ich das in die Kommentare und erhielt bald merkwürdiges Feedback.

Besonders irritiert bin ich wegen der Antwort von Chris:

Herr wirf Hirn vom Himmel, am besten auf die Luftnummer Torsten hier. Wird zwar nicht viel nützen, aber man soll die Hoffnung nie aufgeben.
Was für eine Pfeife…

Für jemand, der oben lang und breit einen offenen Diskurs empfiehlt, ist das IMHO eine merkwürdige Reaktion.

Hier! Gesundheits Check!

Liebe Management- und Personalberatung Vissers,

ich kann mich nicht erinnern, dass ich in Ihren Mailverteiler aufgenommen werden wollte, noch habe ich Ihnen die Mailadresse mitgeteilt, an die Sie beziehungsweise ihr PR-Berater heute eine Pressemitteilung geschickt hat. Von daher schon mal ein ganz schlechter Einstieg.

Angesichts des Inhalts ist das aber zu vernachlässigen. Denn hier wird nicht mit einer interessanten Story gelockt, sondern mit einem Gratis-Angebot für Jounalisten. Die Überschrift ist schon die Nachbildung eines schmierigen Marktschreiers.

TAG der Wirtschaft in Düsseldorf
Journalisten – Einladung! Kostenfreier Gesundheitscheck

TAG? Warum kein normaler Tag? Aber auch der erste Satz offenbart ein ernsthaftes Problem mit der deutschen Sprache:

Hier möchte die Firma Vissers Management und Personalberatung Düsseldorf, alle Journalisten die auf dem Tag der Wirtschaft in Düsseldorf sind, einladen, einen kostenfreien Gesundheitscheck durch führen zu lassen.

Danke, aber auf so eine plumpe Anmache kann ein einigermaßen seriöser Journalist nicht ernsthaft eingehen. Wenn Ihr schon keine Story zu bieten habt, dann ködert wenigstens zielgruppenspezifisch: Die Überschrift „Freibier für Journalisten“ wäre wesentlich erfolgversprechender. Aber da das Ganze in Düsseldorf stattfindet, wäre das wahrscheinlich eh Alt.

P.S: Ich sollte Ralf List vielleicht meine Blogstatistiken schicken, da er seine oben vorgestellte Qualitätsarbeit nach Tausenderkontaktpreisen abrechnet.

Nicht zur Verfügung

Wenn etwas nicht zur Verfügung steht, gibt es im Internet gewöhnlich den Fehler 404. Oder 503. Service not available. Danke, kommen Sie wieder.

Bei Managern ist es nicht so. So zum Beispiel bei Herrn Kleinfeld, der laut Siemens auch nicht mehr zur Verfügung steht. Nun, warum? Manager stehen gewöhnlich dann nicht zur Verfügung, wenn sie ein anderes sagenhaftes Angebot haben – daher müssen deutsche Manager wie in den USA bezahlt werden! – oder weil man sie eh feuern wollte. Wenn Kleinfeld in ein paar Monaten an der spitze von Disney oder Haliburton steht, werden wir es sehen.

Open-Source-Journalismus

Eine interessante Form des OpenSource-Journalismus: Man pinnt den Rechercheplan einer Wired.com-Story ins Internet und verteilt Aufträge an jedermann. So sind noch Interviews mit zu führen, Artikel und Essays nach Schlüsselzitaten durchzuflöhen und überhaupt gute Vorschläge zu machen.

Erst wenn die Recherchearbeit getan ist, beginnt die Schreibarbeit – in den USA trennt man Recherche und Schreib-Arbeit nunmal sehr viel mehr als hierzulande.

WE HAVE 6 DAYS LEFT TO REPORT THIS STORY BFORE WE START WRITING. THE COUNTDOWN STARTED MONDAY… AND THE CLOCK IS TICKING!

Die Recherchen sind in zwei Kategorien eingeteilt: billige Aufträge, die die „crowd“ – also jeder – übernehmen kann und etwas spezifischere tasks, für die man sich bewerben kann.

Alles getan

Die politische Diskussion um den Abbau der Bürgerrechte für in meinen Augen untaugliche Anti-Terror-Maßnahmen kann Leute in die Depression treiben.

Laut Netzeitung sagt Günther Beckstein

Ich fürchte, dass wir uns mit der SPD erst nach einem hoffentlich nie kommenden Terroranschlag einigen können. Wenn es dazu kommt, werden wir in jedem Falle auch eine Diskussion über die Mitschuld bekommen.

Ja, in der Tat. Eine Frage, die man Schäuble und Beckstein stellen könnte: Warum habt ihr mit viel Brimborium Maßnahmen verabschiedet, die keinen einzigen Terroranschlag der letzten Jahre verhindert hätten?

Aber auch die Genossen der SPD sollten sich Fragen gefallen lassen:

«Für mich ist klar, dass wir diese Ermittlungsmaßnahme brauchen. Ebenso klar ist aber, dass sie nur mit sehr hohen Hürden und in extremen Ausnahmefällen zum Einsatz kommen kann», sagte Wiefelspütz. Er rechne mit einer Größenordnung von etwa zehn bis 20 Fällen pro Jahr.

[…] was Wiefelspütz als «unfair» zurückwies. «Die Arbeit an den Details dieser rechtlich heiklen Maßnahme hat gerade erst begonnen. Da ist es nur logisch, dass es im Moment noch mehr Fragen als Antworten gibt.»

Man stelle sich vor, der Mann kauft ein Auto. Er weiß zwar nicht, was ein Turbo-Differential-Matrix-Kompensator ist, aber er braucht unbedingt einen. Dass er die Erklärung des Verkäufers nicht versteht, zeigt nur, wie toll der Turbo-Diff ist. Dafür kann man dann ruhig eine hohe Hypothek aufnehmen.

Denn diese Hypothek zahlen ja erst diejenigen ab, die ihre Emails nicht im Sekretariat ausdrucken lassen.

Die dümmsten Meldungen finden die meisten Leser

In meiner Studienzeit hab ich gleich mehrfach gelernt, wie man Statistiken schönt, zurechtstutzt oder sogar fälscht. Welch vergebliche Lebensmüh, wenn denn simpelste Zusammenhänge eh nicht zum Leser transportiert werden. So habe ich bei Spiegel Online zufällig diese Meldung entdeckt.

Das Sprichwort, wonach die dümmsten Bauern die dicksten Kartoffeln ernten, hat nun seine wissenschaftliche Bestätigung gefunden.

Aha. Dümmere Menschen verdienen also mehr? Sie werden reicher als die Intelligenten?

„Menschen werden nicht reich, weil sie klug sind“, fasst Jay Zagorsky von der Ohio State University das Ergebnis einer breit angelegten Untersuchung zusammen.

Hmmm – das sagt doch nichts über die dummen Bauern aus? Lesen wir weiter.

Ein hoher IQ steht demnach in keinem Zusammenhang zum Wohlstand eines Menschen.

Also ernten die dümmsten Bauern gar keine dickere Kartoffeln.

Die Studie bestätigt frühere Ergebnisse, denen zufolge Menschen mit einer überdurchschnittlichen Intelligenz zwar tendenziell höhere Gehälter bekommen.

Fassen wir zusammen: Intelligente Menschen verdienen mehr, aber sie häufen nicht mehr Wohlstand an. Warum Spiegel Online dieses relativ simple Untersuchungsergebnis mit genau der gegenteiligen Behauptung aufmacht, bleibt ein Geheimnis.