Gute und böse DDOS-Attacken?

Jörg-Olaf Schäfers hat drüben bei Netzpolitik schön die Probleme mit DDOS-Attacken als Form des Protests erklärt:

Wenn die gleichen User allerdings per Mausklick ein Tool starten, das den gleichen Webserver immer und immer wieder automatisiert mit Anfragen überschwemmt, die manuell in dieser Masse und Form “nicht möglich” wären, wird es problematisch.

[…]

Es ist, um bei der schiefen Analogie von oben zu bleiben, als ob Demonstranten nicht mehr selber demonstrieren, sondern stellvertretend ein paar Dutzend oder gar hunderte Roboter auf die Straße schicken.

via Damals: DDos als Aktionsform für Netzaktivisten? : netzpolitik.org.

Oder anders ausgedrückt: wenn beim Online-Protest nicht mit Füßen, sondern mit möglich dicken Internetleitungen abgestimmt wird, sind die weißen, wohlhabenden Studenten plötzlich in der Rolle der Revolutionäre. Die Rolle steht ihnen jedoch kaum.

Wikileaks hat dazu eine eigene Meinung:

Wikileaks spokesman Kristinn Hrafnsson said: “We neither condemn nor applaud these attacks. We believe they are a reflection of public opinion on the actions of the targets.”

Was Hrafnsson vergisst zu erwähnen: Wikileaks selbst ist Ziel massiver DDOS-Attacken. Sind die auch Ausdruck der öffentlichen Meinung?

Eine andere schöne Analogie zu DDOS-Attacken: es ist so als ob Gewerkschafter nicht selbst für höheren Lohn und mehr Freizeit demonstrieren, sondern dazu Billiglohnkräfte engagieren.

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P.S.: Ich muss leider noch eine Seifenblase platzen lassen. PayPal hat sich keinesfalls dem Druck von Anonymous gebeugt. Das Unternehmen hatte nämlich nie vor, die Spendengelder einzubehalten. Kurz nach der Kündigung des Accounts hatte die Wau-Holland-Stiftung nämlich schon 50000 Euro erhalten, die letzten 10000 Euro kamen jetzt nach. Hätte PayPal einen kleinen Spendenraub geplant, wäre die erste Überweisung wohl nicht so schnell eingetroffen.

Wikileaks – Substanz und Inszenierung

Mittlerweile ist es ein mediales Dauerfeuer – Wikileaks hier, Wikileaks da, hier, da, hier, da, hier, da und dort sowieso. Doch leider geht unter dem Aktualitätsdruck das Gefühl dafür verloren, was eine relevante Entwicklung ist und was nur Theaterdonner. Alle Seiten in dem Konflikt inszenieren, was das Zeug hält — doch gleichzeitig geht es auch um höchst wichtige Fragen zur Informationsfreiheit, zur internationalen Politik und auch zum digitalen Zusammenleben.

Ein Beispiel: Julian Assange hat sein Schweizer Bankkonto verloren. Skandal oder Anekdote? Ich meine: letzteres. Wikileaks und Julian Assange haben manchmal einen bemerkenswert hohen Verpeilungsfaktor. Schon mehrmals musste Wikileaks Nachteile in Kauf nehmen, weil sich Assange und seine Mitarbeiter sich nicht um Formalien scherten.

MasterCard, PayPal und VISA sperren Wikileaks die Konten? Sehr relevant. Denn hier geht es um das finanzielle Äquivalent zur Netzneutralität. Dass PayPal dauernd Konten sperrt, gehört zwar seit Jahren zum Alltag — in diesem Fall wird jedoch klar der illegale Charakter von Wikileaks angeführt. Dafür liegt aber nichts weiter vor außer ein paar vagen Behauptungen der US-Regierung. Wenn eine Anklage vorläge, könnten die Dienstleister zumindest ihre Rechtsgutachter prüfen lassen, wie sich die Rechtsvorschriften auf sie als vermeintliche Mitstörer auswirkt. Da die amerikanische Regierung dies jedoch bisher vermieden hat, ist klar: Hier wird mit politischem Druck wird hier ein unbequemer Kritiker behindert – ein Armutszeugnis für jeden Rechtsstaat. Man muss jedoch auch fragen, ob tatsächlich die derzeitige amerikanische Regierung die treibende Kraft ist oder gerade das andere politische Lager.

Wikileaks.org ist down? Absolut irrelevant – den Domainnamen hat Wikileaks entweder mutwillig oder grob fahrlässig selbst riskiert. Theaterdonner, um die Unterstützer zu mobilisieren. Die gerichtliche Auseinandersetzung zur Abschaltung von Wikileaks.org gab es schon Anfang 2008 im Streit mit dem Bankhaus Julius Baer. Ergebnis: Wikileaks bekam den Domainnamen zurück. Auch die Aktion Wikileaks auf über 1000 Servern zu verteilen ist vorrangig Fassade – Backups sind einfach gemacht, Ausweichquartiere schnell gefunden.

Das führte aber zur Debatte deutscher Provider, ob das Spiegeln von Wikileaks-Akten gemäß den AGB erlaubt ist. Dies sollte eigentlich nicht relevant sein, weil die Rechtslage eigentlich relativ klar ist. Hier gilt die gleiche Situation wie bei den Finanzdienstleistern — die Haftung der Provider für vermeintlich illegale Inhalte ist wieder in der politischen Diskussion. Solange nirgendwo ein Referenzfall, eine Anzeige oder gar ein Urteil existiert, können Hosting-Provider nicht zu den Richtern über legal oder illegal gemacht werden. Sie haben aber freilich die Möglichkeit eine eigene Entscheidung zu treffen.

Eine der Frauen, die Assange angezeigt hatte, hat um drei Ecken irgendwie mit bösen Ex-CIA-Extremisten zu tun? Derzeit absolut irrelevant. Diese guilt-by-association-Methode wird gewöhnlich gezückt, wenn man nichts Substantielles in der Hand hat und man den Gegner anschwärzen will. Doch bei jedem politisch aktiven Menschen kann man solche Verbindungen aufbauen, wenn man böswillig genug sucht.

Ein britisches Gericht lehnt Kautionszahlungen für Assange ab? Spannend im Moment, aber substanziell absolut irrelevant. Denn der Promi-Auflauf zur Unterstützung von Assange machte eine Kaution eigentlich unmöglich: Die ach so großzügigen Spender riskierten ja nicht einmal die Einschränkung ihres Lebensstils, wenn die Kaution denn verfallen wäre. Wichtig ist vor allem eins: das britische Gericht muss zügig entscheiden, ob die Vorwürfe, die auch von zwei schwedischen Gerichts-Instanzen validiert werden, für eine Auslieferung reichen. Der Prozess um die Auslieferung des „UFO-Hackers“ Gary McKinnon zeigt die vielen Fallstricke in solchen Verfahren. Wichtiger ist hingegen wie zügig die Auslieferung läuft. Wenn Assange seinen Prozess in Schweden hinter sich gebracht hat, bevor die US-Staatsanwälte eine Anklage formuliert haben, ist das Verfahren in erster Linie sein persönliches Problem.

Die australische Regierung prüft, ob man Assange den Prozess machen kann? Auf den ersten Blick Theaterdonner, auf den zweiten Blick aber durchaus im Interesse von Assange, wenn er denn je in sein Geburtsland zurückkehren will. Daniel Elsberg, der die pentagon papers veröffentlicht hatte, stellte sich damals dem Prozess in den USA und konnte auch nur so langfristig die Gesetzgebung beeinflussen.

Die Untiefen des schwedischen Sexualrechts? Spannend für die gesellschaftliche Debatte, nicht wirklich für Wikileaks. Wenn ein Mann mit einer schlafenden(!) Frau, die er kaum kennt, gegen ihren erklärten Willen ungeschützten Geschlechtsverkehr beginnt, kann (und sollte) er in allen westlichen Ländern Ärger bekommen. Ob es denn tatsächlich so war, müssen aber nun Richter entscheiden.

Mastercard.com ist down? Auf den ersten Blick eine weitere Aktion des niemals endenden shitstorms, ohne den sich netizens wohl nicht mehr zu einer Teilhabe entscheiden können. Man attackiert ein paar Stunden MasterCard und sonnt sich im vermeintlichen Erfolg. Doch: das haben die Leute wahrscheinlich auch gedacht, die Wikileaks.org seit zwei Wochen massiv attackieren. Statt dem Cyber-War der Nationalstaaten könnte es schon längst um einen digitalen Bürgerkrieg der Onliner gehen, die mit 4Chan und Co die digitale Lynchjustiz zum Spiel erhoben haben und nun als Machtmittel entdeckt haben.

Ach ja — eine relevante Sache bekommt zur Zeit relativ wenig Aufmerksamkeit: die Inhalte, die auf Wikileaks veröffentlicht wurden.

Der Tiefpunkt

Dass die Berichterstattung nach dem Wetten-dass-Unfall journalistische Grenzen überschreitet, konnte sich jeder schon am Samstagabend denken. Den absolute Tiefpunkt der Berichterstattung liefert aber wieder Bild.de. Während die Konkurrenz mit ausführlichen Bildergalerien dem Voyeurismus reichlich Nahrung bot, überlegte man wohl bei bild.de, wie man die Geschichte noch interessanter, skandalträchtiger, abgefeimter machen könnte.

Und das Ergebnis verschlug mir fast die Sprache:

Die Mutter wird groß zum Aufhänger gemacht, sie wird mit der Schlagzeile zum Mitwisser, zum Mitverursacher erhoben. Denn an die scheinheilige Frage „Hat sie etwas geahnt?“ schließt dann natürlich der Gedanke an: „Wie konnte sie es dann geschehen lassen?“ Dass Bild.de den Schmerz der Eltern dann noch in Details via Liveticker in die Welt herausjagt – hier verschlägt es mir wirklich die Sprache.

Wikileaks muss nicht gerettet werden, Amerika schon

Es ist wahr, Wikileaks sieht sich herben Attacken ausgesetzt: DDOS-Angriffe, gekündigte Accounts und Geschäftsbeziehungen, sogar merkwürdige Kollateralschäden bei anderen Organisationen werden berichtet. Aber muss Wikileaks jetzt unbedingt gerettet werden? Derzeit wohl eher nicht.

Auch wenn es schwer fällt — analysieren wir die Lage nüchtern: Amazons Cloud war nie der Haupt-Provider von Wikileaks. PayPal hatte den Wikileaks-Account schon vor knapp einem Jahr gekündigt. Der Bezahlservice, der einerseits für Einfachheit und andererseits für willkürliche Kündigungen berühmt ist, war zuletzt auf Platz 5 der Wikileaks-Spendenseite. Selbst wenn dieses Konto die Haupt-Einnahmequelle von Wikileaks gewesen sein sollte, ist der Einfluss aufs operative Geschäft von Wikileaks nicht unmittelbar spürbar. Wie bereits vor ein paar Monaten berichtet, rief Wikileaks die Spenden, die bei der Wau-Holland-Stiftung eingingen über lange Zeit nicht ab, da die gemeinnützig anerkannte Stiftung auf steuerlich verwertbare Belege bestand. Auch die Drohungen mit Gerichtsverfahren und Anklagen gegen Julian Assange scheinen vorerst leeres Geschwätz zu sein, wie die neue (untaugliche) Gesetzesinitiative zeigt.

Der unmittelbare Eindruck einer Attacke, eines Informationskriegs um Wikileaks entsteht daher, dass die Haupt-Domain wikileaks.org derzeit nicht erreichbar ist. EveryDNS soll die Domain blockiert haben, berichten viele. Das Unternehmen selbst besteht darauf, dass es lediglich die grassierenden DDOS-Angriffe nicht im kostenlosen Service bewältigen kann. Bleibt die Frage: Warum hat Wikileaks überhaupt die Dienste eines Kostenlos-Providers mit Sitz in den USA in Anspruch genommen? Und: warum zieht man den Domainnamen nicht einfach um, wie es ja bei wikileaks.ch problemlos möglich war?

Dies erinnert an das Pseudo-Drama um die Domain wikileaks.de, die sich im Frühjahr 2009 abgespielt hatte. Wikileaks gerierte sich hier als Opfer des deutschen Bundesnachrichtendienstes, der die Sperre der deutschen Domain erwirkt haben sollte. Die Wahrheit jedoch war anders: ein Wikileaks-Enthusiast hatte die Domain registriert und danach versucht illegal die Domain des Bundesnachrichtendienstes zu übernehmen. Daraufhin kündigte ihm sein Provider fristgerecht die Verträge und stellte die Domain nach mehreren Monaten Wartezeit ab. Die Domain konnte anschließend problemlos an einen anderen Anbieter übertragen werden, trotzdem ging Wikileaks mit einer Revolverstory über den vermeintlichen BND-Angriff an die Presse.

Hilfe wird aber derzeit wirklich gebraucht, in meinen Augen aber vor allem jenseits des Atlantiks. Dass die Library Of Congress Wikileaks sperrt, hat eher anekdotischen Charakter — besonders wenn man die Diskussionen um Sperren an Bibliotheks-Computern des letzten Jahrzehnts kennt. Wenn aber tatsächlich Studenten der Columbia University gewarnt werden, dass alleine man seine Jobchancen riskiert, wenn man sich die Wikileaks-Inhalte ansieht oder gar über Wikileaks spricht, dann ist etwas faul im land of the free. Und wenn man im Kontrast dazu sieht, dass die Washington Times einen unverhohlenen Mordaufruf ohne Kontext oder Distanzierung abdruckt, dann stimmt es nicht nur mit der Meinungsfreiheit nicht, dann ist auch die Ethik schwer verrutscht.

Meinungsfreiheit, Kinderpornographie und Konsequenz

In höchstem Maße ärgerlich sind Politiker, die jeden Widerstand gegen untaugliche Gesetze gegen Kindesmissbrauch als Versuch abzuqualifizieren, Kinderpornografie als Meinungsäußerung zu legalisieren. Wie absurd diese Argumente werden, fasst die österreichischen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner im Gespräch mit „Die Presse“ sehr schön zusammen:

„die Worte Meinungsfreiheit und Kinderpornografie in einem Satz zu verwenden, das ist für mich einfach unmöglich“.

Offenbar war es ihr doch möglich.

Ohhh man Justin singt nicht für uns!

Jugendliche sitzen nicht mehr nur vor dem Bildschirm und konsumieren passiv. Sie sind aktiv, nutzen das Internet um ihre Gedanken und Gefühle zu teilen. Sie wollen teilhaben, sich ausprobieren. Aktiv sein.

Und so sieht das aus. Nur wenige Minuten nachdem es bei der Sendung „Wetten dass…?“ zu einem schweren Unfall gekommen ist, postet „TheAfghangirl2“ dies auf YouTube:

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Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Julia hingegen hat auf Twitlonger ihrer Chronistenpflicht genüge getan:

Lilly hingegen vertraut ihre Gedanken lieber der Facebook-Pinnwand von „Wetten dass…?“ an:

P.S. Mehrere Hundert Videos sind gestern bei YouTube hochgeladen worden, die im wesentlichen alle die selben Szenen zeigen, die gestern über den Bildschirm geflimmert sind. Die meisten haben zwei- bis dreistellige Zuschauerzahlen — eines hingegen sticht heraus:

Wikileaks und das Geld und die Folgen

Die Empörung über den gesperrten PayPal-Account von Wikileaks ist wieder riesig — und wie üblich führt die Empörung in die Irre.

Denn nach allen mir vorliegenden Informationen wurde nicht etwa ein wikileaks-eigener Account gekündigt, sondern ein Konto, das von Wikileaks laut Paypal „genutzt“ wurde. Und das ist aller Wahrscheinlichkeit nach der Account der in Deutschland als gemeinnützig anerkannten Wau-Holland-Stiftung. Der Wikileaks-eigene Account wurde schon im Januar gesperrt.

Das hat interessante Implikationen:

  • Übertrumpfen die AGB von PayPal deutsches Steuerrecht? Ein gewisses Maß an Willkür ist unvermeidliche Nebenwirkung von Zahlungsmitteln, die ohne sichere Identifikation genutzt werden können. Aber wenn man nicht Mal auf solche Fundamente wie die Entscheidungen deutscher Finanzämter bauen kann — worauf kann man sich verlassen? Wenn sich ein paar US-Firmen wie Facebook, Amazon, Ebay und Google zu einem Boykott einer Sache oder eines Menschen entschließen, ist die gesellschaftliche Teilhabe nicht mehr möglich oder wesentlich erschwert. Und dazu braucht es noch nicht einmal einen Richter: Bis heute wurde in den USA gegen Julian Assange keine Anklage erhoben. Ob die Plattform gegen geltende US-Gesetze verstößt ist keinesfalls sicher. Der Begriff „transnationale Bedrohung“ könnte eine völlig neue Bedeutung bekommen.
  • Wie ist es überhaupt möglich, dass Wikileaks hierzulande steuerlich gefördert wird? Das ist keine moralische Frage — mich interessiert: Wie kann das steuertechnisch funktionieren? Schon bei Wikimedia Deutschland war es ein bürokratischer Kraftakt, Spenden zur Finanzierung der vergleichsweise wenig umstrittenen Plattform Wikipedia ins Ausland zu leiten. Welche Konstruktion Wikileaks und die Wau-Holland-Stiftung gewählt haben — wahrscheinlich wird sie in dem nächsten Wochen einem Stresstest unterzogen werden. Lautsprecher aus Politik und Medien werden fordern, Wikileaks in Deutschland den Geldhahn abzudrehen — sofern sie noch in der Lage sind, einfache Sachverhalte zu verarbeiten.
  • Gibt es eine Chance für ein zahmeres, berechenbareres Wikileaks Marke Deutschland? Daniel Domscheit-Berg hat neben seinem Insider-Buch über seine Zeit bei Wikileaks auch eine Konkurrenz-Plattform vorangetrieben. Sollte dem großen Wikileaks der deutsche Geldhahn abgedreht werden, könnte dieses Projekt profitieren.

Gesetz gegen Wikileaks (und alle anderen?)

Joe Lieberman, der sogar Glückwünsch-Telegramme in Form eines Gesetzes packt, hat den „Shield Act“ vorgestellt, mit dem er dem finsteren Dr. Leaks Wikileaks den Garaus machen will.

Doch was steht drin im Gesetz? Es soll eine Erweiterung des § 798 des Band 18 des United States Code werden. Ich versuche mich mal an einer Begradigung. Die vorgeschlagenen Neuerungen sind fett, Streichungen gestrichen.

Disclosure of classified information

(a) Whoever knowingly and willfully communicates, furnishes, transmits, or otherwise makes available to an unauthorized person, or publishes, or uses in any manner prejudicial to the safety or interest of the United States or for the benefit of any foreign government or transnational threat to the detriment of the United States any classified information—
(1) concerning the nature, preparation, or use of any code, cipher, or cryptographic system of the United States or any foreign government; or
(2) concerning the design, construction, use, maintenance, or repair of any device, apparatus, or appliance used or prepared or planned for use by the United States or any foreign government for cryptographic or communication intelligence purposes; or
(3) concerning the communication intelligence activities of the United States or any foreign government; or
(4) concerning the human intelligence activities of the United States or any foreign government;
(5) concerning the identity of a classified source or informant of an element of the intelligence community of the United States; or.

(46) obtained by the processes of communication intelligence from the communications of any foreign government, knowing the same to have been obtained by such processes—

Shall be fined under this title or imprisoned not more than ten years, or both.

Eine wesentliche Neuerung in Liebermans Entwurf ist der Begriff „transnational threat“. Es ist nicht mehr nur der ein Verräter, der gegnerischen Regierungen zuarbeitet, auch wer „transnationalen Bedrohungen“ Staatsgeheimnisse jeder Art enthüllt, muss bestraft werden. Statt der „communication intelligence“ werden auch die „human intelligence activities“ geschützt, ebenso jede Quelle, die den US-Geheimdiensten zuarbeitet.

Der Term „transnational threat“ scheint — soweit ich es beurteilen kann — in der US-Gesetzgebung neu zu sein. Zwar wurde er in Anhörungen und Debatten öfters gebraucht, um insbesondere Terrorgruppen zu bezeichnen, aber was sollen Gerichte darunter verstehen?

Zum Glück liefert der „Shield Act“ Definitionen mit.

TRANSNATIONAL THREAT.—The term ‘transnational threat’ means—
(A) any transnational activity (including international terrorism, narcotics trafficking, the proliferation of weapons of mass destruction and the delivery systems for such weapons, and organized crime) that threatens the national security of the United States; or
(B) any individual or group that engages in an activity referred to in subparagraph (A).

Diese Defnition ist ein kleines Kunststück. Zwar werden hier sehr verwerfliche Dinge wie Terrorismus, Drogenschmuggel, Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und organisierte Kriminalität aufgezählt, aber man muss keiner dieser Tätigkeiten nachgehen, um als „internationale Bedrohung“ zu gelten. Kein Zufall: denn das Wikileaks Terrorismus betreibt oder Massenvernichtungswaffen verschickt, hat bisher noch niemand behauptet.

Um als „transnationale Bedrohung“ zu gelten, reicht es also aus, dass die Aktivität über nationale Grenzen hinaus geht und die nationale Sicherheit der USA gefährdet. Unter diese sehr breite Definition fällt freilich nicht nur Wikileaks, sondern zum Beispiel auch internationale Konzerne. Mir fällt da zum Beispiel der Name Rupert Murdoch ein, der wie Julian Assange (gebürtiger) Australier ist und Medienunternehmen auf aller Welt in seinen Händen bündelt. Doch während der sich wahrscheinlich auf die Pressefreiheit berufen kann, sieht es für andere transnationale Organisationen wie Amnesty international oder das Rote Kreuz schon anders aus.

Dr. Leaks – oder: Julian auf der Flucht

Bild.de hat einen neuen Spitznamen für Julian Assange:

Entkommt Dr. Leaks den britischen Behörden?

Das könnte natürlich eine ungelenke Kimble-Anspielung sein. Mich erinnert das jedoch eher an eine Szene aus „The Big Bang Theory“.

Sheldon: Leonard is upstairs right now with my archenemy.
Penny: Your archenemy?
Sheldon: Yes: the Dr. Doom to my Mr. Fantastic, the Dr. Octopus to my Spiderman, the Dr. Sivana to my Captain Marvel…
Penny: OK, I get it, I get it…
Sheldon: You know, it’s amazing how many supervillains have advanced degrees. Graduate schools should do a better job of screening those people out.

Dr. Leaks ist zweifellos der Name eines Super-Schurken aus dem Reich von Batman und Superman. Das Wikileaks-Drama in den Medien kann eigentlich nur noch absurde Züge annehmen.

Or is he…?

Gestern hatte ich mich darüber aufgeregt, dass alle Welt berichtete, Schauspieler Mark Ruffalo sei auf einer terror watch list gelandet. Das war falsch. Nun rollt die zweite Welle durch die Unterhaltungs-Redaktionen. In den Worten von E!Online:

So, are Ruffalo’s boyish good looks and effortless charm simply the world’s greatest terrorist cover-up? Is he really on a watch list? Brace yourselves for the inevitable pat-downs, this rumor is…

So false! If you believe The Man, that is.

Which clearly Ruffalo doesn’t. Either that, or nobody’s bothered to set him straight.

Ja, die Behauptung war Blödsinn. Bin ich durch die Kehrtwende in der Berichterstattung zufrieden? Nein.

Denn zum einen behaupten Redaktionen wie die des Guardian weiterhin dieses moderne Märchen, dass sie aus einem Interview-Fitzel der Zeitschrift GQ zusammengeklaubt haben.

Zum zweiten: auch die gegenteiligen Nachrichten sind weit entfernt von der Wahrheit. Denn Obwohl Mark Ruffalo auf keiner terror watch list und auch in keinem security bulletin verzeichnet ist, gab es in Pennsylvania einen echten politischen Skandal: Mit Staatsgeldern wurde eine Privatfirma beauftragt politische Aktivisten jeder Couleur auszuforschen und als Sicherheitsrisiko zu behandeln. Ein hochrangiger Beamter musste zurücktreten, der Gouverneur wurde gerade auch durch den Einsatz hartnäckiger Reporter in die Defensive gedrängt. Soweit ich es von hier beurteilen kann: eine hervorragende journalistische Arbeit.

Und was macht der Medienzirkus heute daraus? Statt diesen Skandal zumindest zu erwähnen transportieren sie nun einen Drei-Zeilen-Dementi aus dem Philadelphia Inquirer, dass an den Vorwürfen überhaupt nichts dran sei: Ruffalo steht nicht auf der Liste. Es gibt nicht Mal eine Liste. Wir haben keine Ahnung, wo das her kommt, sagt das Department of Homeland Security. Die ersten beiden Aussagen sind soweit korrekt, die dritte in meinen Augen dreist gelogen. Und trotzdem wird das Dementi als unreflektiert weiter verbreitet – zumindest von einem Teil der Medien.

Das Ergebnis: wer die amerikanische Regierung und die Homeland Security nicht leiden kann, kann weiterhin an die top-geheime Terror-Liste glauben, auf der Mark Ruffalo steht. Wer hingegen diese linken Hollywood-Typen nicht leiden kann, glaubt daran, dass Ruffalo sich etwas ausgedacht hat um seinen neuen Film zu bewerben. Die wirklichen Zusammenhänge aber — die mit viel Arbeit transparent gemacht wurden — scheinen hingegen niemanden zu interessieren.