Wir haben es kommen sehen

War es wirklich so eine Überraschung, dass der Immobilienmarkt in den USA zusammengebrochen ist? Mal ehrlich: man musste nicht den Wirtschaftsteil einer Zeitung lesen, um zu merken, dass da etwas nicht stimmt. Sitcoms reichen aus:

2004Friends Episode 229: Monica und Chandler kaufen ein luxuriöses Haus. Wenige Folgen zuvor waren die beiden noch pleite und mussten Joey anpumpen, um die Miete für eine Sozialwohnung zu bezahlen.

2005 King Of Queens, Episode 171: Doug and Carry – er: Paketlieferant , sie: ungelernte Rechtsanwaltsgehilfin – versuchen in das Immobilengeschäft einzusteigen und kaufen ein heruntergekommenes Haus, um es mit viel Gewinn abzustoßen.

2007How I Met Your Mother, Episode 51: Marhall und Lily kaufen ein Apartement. Sie ist Kindergärtnerin mit einem riesigen Haufen Kreditkartenschulden, er ein Anwalt mit unbezahlten Studentendarlehen und ein paar Monaten Joberfahrung. Sie kaufen die Wohnung nach einmaliger Besichtigung.

Lehre: Wir sollten alle viel mehr Sitcoms gucken. Und aufpassen!

Wenn die Anwälte erst Mal im Spiel sind

Aprospos PR-Interviews: die Teleschau hat Herrn Albers zu seinem neuen Atze-Schröder-Film befragt. Dabei kommt auch sein Rechtsstreit mit der Wikipedia zur Sprache:

teleschau: Wie kam es zum erbitterten Streit um Ihren Eintrag in der Online-Enzyklopädie ‚Wikipedia‘?

Schröder: Das war eine Geschichte, die sich schnell hochgeschaukelt hat. Da stand von meiner Seite aus kein Plan dahinter. Plötzlich stand bei ‚Wikipedia‘ im Vordergrund, wie mein bürgerlicher Name lautet und wie mein privates Umfeld aussieht. Ich habe auch nichts gegen ‚Wikipedia‘, bin wahrscheinlich sogar einer der eifrigsten Nutzer, doch hätten die mich ja vorher auch mal fragen können. Dann wäre es gar kein Problem gewesen. Dann hat sich die ganze Sache verselbstständigt, und wenn erst einmal die Anwälte im Spiel sind, dann übernehmen die das Ruder. Ich bin aber mit der jetzigen Lösung einverstanden.

Diese Version passt zwar nicht so ganz zu den Fakten – aber verzichten wir mal auf Nachfragen.

Übrigens: Schröder beherzigt die Branchenregeln und lästert nicht über den Film, sondern nur über die letzten drei Staffeln seiner Fernsehserie. RTL wird nicht mehr gebraucht, das Kinopublikum schon.

PS: Ich rechne es ihm hoch an, dass er immer das Autorenteam erwähnt, das die Witze für Atze Schröder schreibt. Andererseits: Ich habe vor Jahren zwei Live-Auftritte von ihm gesehen – ohne Skript ist er einfach nur traurig.

LinkedIn – das Out-Of-Business-Netzwerk

Gestern habe ich im ARD-Weltspiegel einen interessanten Bericht zu den konkreten Auswirkungen der Finanzkrise auf das Leben in New York gesehen. Ein Effekt: Karriereberater boomen, die ehemaligen Börsenstars suchen neue Karrieren. Und die Scheidungsanwälte im Finanzviertel haben einen Boom.

Heute erreicht mich eine Pressemitteilung des Business-Netzwerks LinkedIn:

Die internationale Finanzkrise spitzt sich immer weiter zu und sorgt weltweit für Verunsicherung. Viele Finanzberater und Banker nehmen in dieser wirtschaftlich schwierigen Zeit ihre berufliche Zukunft selbst in die Hand und setzen dabei verstärkt auf die Potenziale des Online-Networking.

[…]

Demnach verdoppelte sich die Zahl der LinkedIn Mitglieder aus der Finanzbranche in den letzten sieben Wochen. Auch die Networking-Aktivitäten der Finanz-Entscheider haben sich auf LinkedIn in den letzten 14 Tagen rasant gesteigert und wuchsen um 50 Prozent.

[…]

Das belegen auch die allgemeinen Wachstumszahlen von LinkedIn in den letzten zwei Wochen. So stieg die Nutzung der persönlichen Empfehlungsfunktion bei LinkedIn um 14 Prozent, die Zahl der verschickten Einladungen wuchs um 10 Prozent und Neuanmeldungen verzeichneten eine Steigerung um 17 Prozent. Zudem stieg die Zahl der Verbindungen unter den LinkedIn Mitgliedern um 21 Prozent.

Auf gut deutsch: Wer gut im Sattel sitzt und Erfolg im Job hat, sieht offenbar weniger Bedarf für Karrierenetzwerke als Arbeitslose in spe.

Lustig durch die Krise

Heute abend Tagesschau, Tagesthemen, n-tv gucken. Wenn das Wort „Bankenkrise“ fällt, ein Bier trinken, bei „sub prime“ zwei Biere. Erscheint darauf noch Sarah Palin auf dem Schirm, muss es schon ein Schnaps sein.

Integrität an der Kinokasse abgeben

Skandal! In der Online-Talkshow clixoom hat die Schauspielerin Natalie Avelon verraten, dass sie eine Rolle angenommen hat, nur des Geldes wegen angenommen hat, um ihre Miete zu bezahlen.

Drehbuchautor und Wortvogel Torsten Dewi schäumt:

Grundsätzlich finde ich es nicht legitim, einem Film bei der Promotion in die Kniekehlen zu treten. Natalia hat die Rolle freiwillig angenommen, und ist dafür bezahlt worden, ihr Gesicht hinzuhalten – und das gilt nicht nur für das belichtete Zelluloid, sondern auch für die Vermarktung. Es steht ihr schlicht nicht zu, dem Arbeitgeber in den Rücken zu fallen. “Offene Worte” und “ehrliche Meinung” hin oder her – wenn es ihr so am Herzen liegt, sich zu distanzieren, soll sie das nach der Kinoauswertung machen.

Dewi selbst schreibt über den Film dies:

Um es einfach zu sagen: Es ist nicht schlimm, einen kleinen Dödel zu haben. Aber wenn ich mich mit offener Hose auf den Marktplatz stelle und schreie: “Meiner ist der Größte!”, und dabei debil lachend vier Zentimeter wedele, dann muss ich damit rechnen, einen gewissen Ruf zu erlangen. Boll filmt seine vier Zentimeter – man kann sie in jeder Videothek ausleihen. Es gibt keinen Filmemacher, bei dem die Schere zwischen behauptetem und tatsächlichem Talent so weit auseinander geht wie Boll.

Wie solche Interviews korrekt laufen müssen, zeigt zum Beispiel die Bunte: Im Starstyle-TV wird der Hauptdarsteller Til Schweiger zwar vor dem Far-Cry-Logo gefilmt, die Redaktion spart sich aber gleich jede Frage dazu und lässt den Schauspieler ein paar Sätze zu einem ganz anderen Film sagen – zwischendurch gibts dann einen Mini-Trailer des Boll-Films. Auch bei gala.de wird der Filmtitel beim Interview mit Schauspieler Udo Kier zwar mehrmals prominent erwähnt – aber zum Film selbst kommt keine einzige Frage. So wird unbotmäßige Kritik vermieden.

Spekulationswirtschaft

Aus dem WDR-Studio in Washington kam jetzt ein merkwürdiger Kommentar:

Amerikas Volksvertreter führen einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung, der in seinen finanziellen Auswirkungen noch verheerender ist als die Terroranschläge des 11. September 2001.

[…]

Natürlich weiß niemand, ob dieses Care-Paket Amerikas Banken – und Versicherungskonzerne dauerhaft gerettet hätte. Aber jedem musste klar sein: ohne ein Signal der Hoffnung ist die Katastrophe programmiert. Jetzt ist sie da. Kaum ein amerikanisches Unternehmen bekommt noch Kredite. Geschweige denn ein amerikanischer Verbraucher. Der Geldmarkt trocknet aus. Täglich werden Arbeitsplätze vernichtet.

Hoffnungssignale wirken nicht mehr, wenn sie zulange auf sich warten lassen. Selbst wenn es irgendwann ein Hilfspaket gibt, wird es nur noch wenig helfen.

Fassen wir es zusammen: Das „Rettungspaket“ ist ohne Alternative und muss schnell, schnell, schnell verabschiedet werden. 700 Milliarden sind für ein Symbol nicht zu teuer. Jede andere Meinung muss mit martialischster Wortwahl bekämpft werden.

Eine Ökonomie, die auf alleine auf Hoffnungsschimmern beruht, ist schon verloren. Sie ist allein Spekulationsobjekt. Man muss nicht mehr produzieren, sondern nur den Eindruck erwecken, dass man handelt. Irgendwie. Der Rest ist egal.

Gerade wir in Deutschland sollten wissen, dass symbolisch richtige Entscheidungen sich nachträglich als sehr falsch herausstellen können. Bei der Wiedervereinigung gab es eine ganze Reihe solcher Symbole. Die Suppe löffeln wir noch in 30 Jahren aus.

Was ich in den letzten Tagen nicht gelesen habe: Wenn die USA 700 Milliarden Staatsschulden aufbauen, wer soll dann Unternehmen noch Kredite geben? Das verfügbare Geld wird ja vom Staat beansprucht, der die besseren Kreditratings hat und höhere Zinsen zahlen kann oder will.