Mail von VistaPrint

Mein Vater hatte vor etwas über einem Jahr Gratis-Visitenkarten bei VistaPrint bestellt. Und bekam seitdem fast täglich eine neue Mail mit tollen Produkthinweisen, Sonderangeboten, Gewinnspielen. Dass das viel zu viel ist, weiß VistaPrint offenbar selbst. Wer sich abmelden will, bekommt folgenden Kompromiss angeboten:

Wir sind dem Link „Abmelden“ gefolgt, haben eine kleine Umfrage zu den Gründen beantwortet und konnten dem Lockangebot eines pauschalen 25-Prozent-Rabatts auf VistaPrint-Produkte widerstehen. Und was bekommt mein Vater am nächsten Tag? Eine weitere Mail von VistaPrint:

Wir möchten uns für Ihr Vertrauen in VistaPrint bedanken! Da wir großen Wert auf Ihre Meinung legen und stets darum bemüht sind unser Service für Sie zu verbessern, bitten wir Sie um Ihr Feedback und laden Sie dazu ein an unserer Umfrage teilzunehmen.

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Als Dankeschön für Ihr Vertrauen und Ihre Zeit möchten wir Ihnen, einige unserer beliebtesten Produkte zu einem großartigen Preis anbieten.

Offenbar haben wir meinen Vater nur von der Mailingliste für Sonderangebote und Sonderverkäufe abgemeldet, nicht aber von dem Verteiler für Vertrauensdank und Umfragen in Verbindung mit großartigen Preisen.

Ob diese merkbefreite Kamikazekommunikation auch patentiert ist?

Personalisierte Werbung oder werbonalisierte Personen?

Grade habe ich Jan Schmidt im ZDF-Interview zu Selbstdarstellung im Internet gehört. In einem Nebensatz ging er kurz auf personalisierte Werbung ein und erklärte, dass die Werbung an die Bedürfnisse des Nutzers angepasst wird.

Ist nicht schon der Begriff „personalisierte Werbung“ eine ganz große Lüge? Denn in Wahrheit läuft es ja genau andersherum. Die werbenden Unternehmen suchen sich die Beworbenen aus, nicht umgekehrt. Wenn ich einen Werbevermarkter einschalte, kann ich auswählen, ob sie akademisch gebildete Menschen zwischen 23 und 30 Jahren im Großraum Köln ansprechen will. Wenn ich als Kunde hingegen ein starkes Interesse am nächsten Ipod-Update habe, muss ich mich schon selbst bei Apple informieren. Oder die Fachpresse studieren.

Lange Rede, kurzer Sinn: der Begriff personalisierte Werbung ist eine Marketing-Lüge, es existiert bisher allenfalls Mikrotargeting. Wir Konsumenten sind Zielscheiben, keine Geschäftspartner.

Echte personalisierte Werbung wäre doch mal ein Geschäftsmodell. Aber das verlangt Arbeit. Und solche Werbungen wie „Sie wurden auserwählt!!!!11!!!“ kann man dann nicht mehr verkaufen.

Keine Angst vor Craigslist

Seit zwei Wochen gibt es Craigslist auf Deutsch. Mit hohen Erwartungen.

Grund genug, sich das Angebot für Köln mal genauer anzusehen. Fast eine Million Einwohner, Zigtausende von Studenten, viele Medien-Menschen, da muss Craigslist doch brummen. In Nullkommanichts.

Was haben wir denn da? In der ersten Rubrik Communities Allgemein finde ich tatsächlich vier Anzeigen. Zwei Mal Spam eines Medikamentenvertriebs, einmal Werbung für eine wahnsinnig tolle Community, und eine Bitte, an einer Online-Umfrage der Jacobs-University in Bremen teilzunehmen. Sicher. Gerne.

Okay, vielleicht ist diese Rubrik wenig ansprechend, weil sie zu allgemein gestaltet ist. Schauen wir mal bei den Immobilien rein. Büro/Handel: nichts. Nada.
Ferienwohnungen fünf Angebote seit dem Deutschland-Start, davon nur eines mit Kölner Ferienwohnungen – aber ohne konkrete Angebote. Bei den Wohnungsangeboten gibt es drei Anzeigen: zwei Wohnungen und ein Vermittlungsservice, der als ersten Schritt die Erstellung eines Kredit-Profils empfiehlt.

Okay, das war wieder nichts. Sind die Subprimes schuld? Vielleicht hat Craigslist bei menschlicheren Bedürfnissen seine Stärken? In der Rubrik Sie sucht ihn wartet seit einem Monat eine 59jährige Kalifornierin auf einen Deutschen, der zu ihr nach Südkalifornien zieht. Und eine 45jährige Amerikanerin, die temporär in Köln wohnt, sucht sozialen Anschluss samt Sprachnachhilfe. Niedlich: Statt Sülz, schreibt sie „Solz“. Eine amouröse und orthografische Herausforderung.

Bei der in Köln sicher klischeehaft beliebten Rubrik Er sucht ihn sieht es nicht besser aus: Ein Kanadier möchte einen „german bottom boyfriend“, ein Athletic Bi Student sucht „nsa fun“. Ob er gemeinsam Telefone abhören will?

Lange Rede, kurzer Sinn: die deutschen Medien haben nicht allzu viel zu befürchten. Bis die Anzahl der echten Anzeigen den nutzlosen Spam überwiegt, dauert es wohl noch eine ganze Weile. Es reicht halt doch nicht lieblos eine deutsche Sprachversion zusammenzustoppeln, um den Markt aufzurollen.

Den Bürger über’s Knie gelegt

Ein sehr lesenswertes Interview Ex-Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem über Medien, Internet und die innere Sicherheit:

Hoffmann-Riem: Da habe ich überhaupt nicht den Eindruck, dass der Staat stärker geworden ist. Stärke heißt für mich, dass er in der Lage ist, die Probleme mit geringst möglichen Nachteilen zu bewältigen. Er hat viele neue Instrumente, aber noch nicht gelernt, sie so einzusetzen, dass mit geringster Beeinträchtigung der Bürger ein größtmöglicher Erfolg eintritt. Wenn ein Vater seinen Sohn schlägt oder ein Staat seine Bürger übermäßig beeinträchtigt, ist das für mich Machtausübung und keine Stärke.

Bekennt es endlich!

Es macht grade in vielen Blogs die Runde: Das Kommando Tito von Hardenberg behauptet, der Sendung Polylux einen falschen Interviewpartner untergeschoben zu haben. Der war zwar nicht besonders wichtig, sagte auch nichts wirklich Originelles, aber er war falsch. Das sagt zumindest das „Kommando“.

Big deal, ihr Anfänger!

Ich warte schon seit Jahren auf ein Bekennervideo der wirklich großen Medienhacker. Die, die es geschafft haben, über Jahre die TV-Landschaft und die politische Kultur zu beeinflussen. Ich habe nämlich Grund zur Annahme, dass sämtliche Gäste bei Sabine Christiansen Fakes waren. Bis auf Oskar Lafontaine natürlich – der ist so.

Liebes Kommando Sabine Christiansen, bitte steht endlich zu euren Taten. Mir fiele wirklich ein Stein vom Herzen!

0900 1000431 gesperrt – es lebe die 0900 1000432

Fast einen Monat nach meiner Beschwerde über einen Spam-Anruf bekam ich heute eine Antwort der Bundesnetzagentur:

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir können Ihnen mitteilen, dass die Rufnummer 0900 1 000 431, die im Netz der Firma XXX, XXXX Str. 1X, XXXX Frankfurt, geschaltet war, bereits am 20.03.08 abgeschaltet worden ist.

Dem Netzbetreiber wurde ebenfalls untersagt, für Verbindungen über die o.a. Rufnummer, vom 06.02.08 ab, eine Rechnungslegung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen sowie diesbezügliche Gelder zu inkassieren.

Bitte melden Sie sich, wenn nach dem o.a. Zeitpunkt diese Gespräche trotzdem auf Ihrer nächsten Telefonrechnung erscheinen sollten und schicken Sie uns eine Kopie der betreffenden Rechnung mit, aus der der Zeitpunkt des Anrufs und die Rufnummer erkennbar sind.

Rufnummerninhaber und Nutzer der Rufnummer ist die Firma XXXX GmbH, XXXX 6-18, XXXX XXXX, Bulgarien.

Wir hoffen, Ihnen damit weitergeholfen zu haben.

PS: Laut dem Kommentar eines Bloglesers hat er zwei Tage nach der Abschaltung der 0900 1 000 431 einen ganz ähnlichen Anruf bekommen. Und zwar mit der Rückruf-Nummer 0900 1 000 432.

Der Kolumbus-Betrug!

Dass BILD-Werbung das Prädikat dumm-dreist verdient, wissen wir ja schon lange. Dieses Exemplar erscheint aber ungelenk:

„Das ist nicht Indien!“ – Okay, das sind vier einfache Worte und dazu kommt ein Ausrufezeichen. Die Überschrift kommt zwar ideellen Analphabeten entgegen, aber als BILD-Schlagzeile ist sei dennoch nicht ganz glaubhaft. Wo bleiben Sex, Crime und Niedertracht? Ich schlage diese Alternativen vor, die es wirklich auf die BILD-Titelseite schaffen könnten:

Wie wäre es mit der ethnologischen Variante?

Nackte Brüste, wilde Tänze – So treibt es die Neue Welt!

Oder Verbraucheraufklärung? Die Exklusiv-Enthüllung!

Der Amerika-Betrug – Ist es doch nur Indien?

Gerne genommen: die menschliche Tragödie:

Die See ist seine Braut – Ehe-Aus für Kolumbus!

PS: Die Bebilderung ist bemerkenswert authentisch, sie passt zu den Standards des beworbenen Mediums: Denn das Bild wurde 400 Jahre nach dem Ereignis aufgenommen, ist romantische Fantasie und keine Dokumentation. Aber da niemand wirklich weiß, wie dieser Kolumbus eigentlich aussah, ist die nicht gekennzeichnete Verwendung eines Symbolfotos ja mehr als legitim.