Frage nach Berlin, der Schäuble im Badezimmer.

Nach den YouTube-Präsidentschaftsdebatten kennen die TV-Sender kein Halten mehr: Videobotschaften und Zuschauerbeteiligung sind die neuen Kinderreporter. Statt dem Volk aufs Maul zu schauen, lässt man das Volk direkt ran.

So auch im Dezember in der ARD. Dort heißt es dann Ihre Frage nach Berlin: Zuschauer können ihre Frage direkt an prominente Bundespolitiker richten. Das Procedere ist einfach:

Sie nehmen ihre Frage auf Video auf. Dazu brauchen Sie eine Videokamera oder eine Webcam. Nehmen Sie Ihre Frage auf und laden Sie das Video hier hoch. Wenn Sie keine Kamera besitzen, aber trotzdem ihre Frage an die Politiker stellen möchten, können Sie die Frage auch persönlich bei uns abgeben: Am 30. November in Berlin im ARD-Infocenter (im ARD-Hauptstadtstudio) oder in München im BR-Hochhaus/Foyer, jeweils von 14 bis 18 Uhr sowie in Köln im WDR-Besucherzentrum von 16 bis 20 Uhr.

Ausnahme: am 12. 12. ist Wolfgang Schäuble der Interviewpartner im Morgenmagazin. Da braucht man weder Kamera noch Besucherzentrum – es genügt die Frage laut und deutlich in seinen Badezimmerspiegel zu sprechen.

Prominenz erzeugt Prominenz

Viele Leute fragen sich, warum Mitarbeiter von dieser oder jene Firma immer wieder als IT-Experten zitiert werden. Bei Stefan Niggemeier habe ich die Antwort gefunden – in einem Antwortschreiben des NDR-Intendanten Jobst Plog, in der er auf Kritik an einem Interview mit Bert Weingarten eingeht:

Herrn Bert Weingarten im Zusammenhang mit dem „Killerspiel“ CoD zu interviewen, halte ich für völlig legitim. Er ist als Fachreferent zu zahlreichen internationalen und nationalen Kongressen zum Thema Internetsicherheit geladen, in Deutschland u. a. beim „Bund deutscher Kriminalbeamter“ (BdK). Zu den Zuhörern gehörten u. a. Kriminalisten, Innenminister und zahlreiche Journalisten. Zudem wird er auch von zahlreichen anderen öffentlichrechtlichen wie auch kommerziellen Sendern interviewt, u. a. ZDF oder WDR. Auch zahlreiche Printmedien zitieren Weingarten als IT-Experten (u. a. „Süddeutsche Ztg.“ vom 11. Januar 2007, „Berliner Ztg.“ vom 13. Februar 2007 oder „die tageszeitung“ (TAZ) vom 25. November 2006 oder „Die Welt“ vom 14. August 2006).

Wer interviewt wird, ist Experte. Und Experten werden interviewt.

PS: Eine Alternativformulierung: Fools rush in where fools have been before.

google news übernimmt militante gewohnheiten

Aus der taz habe ich von den pyromanischen und grammatikalischen Vorlieben der „militanten gruppe“ erfahren:

Das wahllose Abfackeln von vermeintlichen Nobelautos lehnt die mg ab. Dafür bevorzugt sie die revolutionäre Kleinschreibung

Nun hat offenbar der revolutionäre Geist auch Google News erfasst. Denn viele Ergebnisse erscheinen plötzlich in Kleinschreibung. Das sieht zum Beispiel so aus:

revolutionäre kleinschreibung bei google news

Neu! Sozial! Für alle Zielgruppen! Austauschbar!

Grade habe ich eine Pressemitteilung zu einem neuen aufregenden social network bekommen.

Neues Social Networking Portal startet:

Nette Leute finden bei XXX

Karlsruhe, 29. November 2007. Mit einem neuartigen Konzept startet jetzt das Social Networking Portal XXX. Das besondere bei XXX ist, dass erstmals ein Community-Portal seine Mitglieder unter dem Gesichtspunkt privater Interessen und Hobbys in virtuellen Diskussionsgruppen automatisch vernetzt. Nutzer, die unter XXX ihr persönliches Profil anlegen, können sich direkt nach ihrer Registrierung vorhandenen Interessensgruppen anschließen oder neue Gruppen bilden. Wer offen ist für neue Leute, erweitert so schnell seinen Freundeskreis.

Schon während der Startphase von XXX führten mehrere Tausend Nutzer rege Diskussionen zu den unterschiedlichsten Themen. Jedes Community-Mitglied hat dabei die Möglichkeit, eigene Themen anzustoßen und innerhalb der Foren zu diskutieren oder auch Fragen an die Community zu stellen. Wer statt virtuellem Networking die Realität bevorzugt, kann unter dem Stichwort Locations schnell sehen, wer sich in welchen Clubs oder Restaurants innerhalb einer bestimmten Region aufhält. So können sich Menschen mit ähnlichen Interessen schnell auch im echten Leben auf Konzerten oder Veranstaltungen verabreden und kennen lernen.

XXX ist eine vertrauenswürdige und sichere Community für alle Zielgruppen. Nutzer lernen hier durch die einzigartige Verknüpfung von persönlichem Profil und Diskussionsräumen spielend leicht neue Leute mit gleichen Interessen kennen. Anders als bei vielen bestehenden Netzwerken muss das Kennenlernen nicht mehr aktiv initiiert werden, sondern geschieht automatisch.

Wie viele Portale erfüllen wohl diese exklusiven und originellen Alleinstellungsmerkmale?

Symbolfoto – fast vollständig

Manager sind in Deutschland doch unbekannte Wesen. Deshalb entschied sich die Internet-Redaktion des SWR, einer Meldung über den Freispruch des ehemaligen EnBW-Chefs Utz Claassen nicht einfach mit einem Portraitfoto zu ergänzen – es musste auch noch Symbolik mit hinein.

Symbolfoto SWR EnBW-Chef Utz Claassen

Mit Hilfe von Fotoarchiv und Photoshop ist schon fast die ganze Geschichte erzählt: Ein Mann vor Gericht – und es geht um Fußball. Vielleicht hätte man Claasen auch ein EnBW-Fußballtrikot anziehen können, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

Schonbezahlt.de und Kommentar-Spam

In den letzten Wochen wurde ich mehrmals auf „Reputationsmanagement“ im Internet angesprochen. Mein Ratschlag: Wenn man für seine Firma oder sein Produkt spricht, dann am besten mit offenem Visier: Firmenmitarbeiter sollen klar machen, dass sie Mitarbeiter der Firma sind und eben diese Sichtweise vertreten. In den meisten sozialen Kontexten wird eine solche Offenheit honoriert.

Diesen Ratschlag möchte ich aus aktuellem Anlass wiederholen. Heute morgen schlug bei mir ein Kommentar aus dem Netz der Firma Tobit auf, der sich unter dem fiktiven Namen Frasier Crane recht enthusiastisch zur Seite schonbezahlt.de äußert. Schonbezahlt.de ist eine Seite der Tobit Software AG, die für das Programm ClipInc wirbt und von Tobit schon mal euphemistisch als Aufklärungsinitiative bezeichnet wird.

Nun gut, keine große Sache: ich lösche die Links und schicke eine ermahnende Email an den Kommentar-Autoren. Der bestreitet rundheraus ein Tobit-Mitarbeiter auf Werbe-Mission zu sein liefert dann eine ganz tolle Erklärung, warum er von Tobit-Rechnern für eine Tobit-Seite wirbt:

Tatsächlich bin ich Journalist, der soeben ein Gespräch mit einem Tobit-Mitarbeiter hatte. Der zeigt mir an seinem Rechner das Thema dieses Blogs. Fand ich witzig. Wollte kurz (private Meinung) einen Kommentar abschicken. Hab ich gemacht. Sehe kurz darauf, dass der Kommentar gelöscht/verändert wurde (s.o.). Lasse direkt Dampf ab :-). Fahre zurück zu meinem Arbeitsplatz nach Hause. Sehe die “Erklärung” Host=Tobit. Muss jetzt nochmal schreiben: Bin kein Mitarbeiter von Tobit!

Diese unglaubwürdige Erklärung kann man erst so richtig würdigen, wenn man die lange Reihe von werbenden Kommentaren von Frasier Crane betrachtet.

Ach ja: In der Wikipedia war Tobit auch tätig.

Kann man Coolness abonnieren?

Golem schreibt:

Amazon hat in den USA für manche Produkte einen „Subscribe & Save“-Dienst vorgestellt. Damit lassen sich z.B. Haushaltsprodukte nicht nur einmalig ordern – sie kommen vielmehr auf Wunsch in regelmäßigen Abständen automatisch per Post ins Haus.

Ob man auch den neusten iPod abonnieren kann?

Pingts noch?

Was ist eigentlich ein Ping? Die Frage beantwortet Mathias Kremp bei Spiegel Online so:

Für den Komfort bei Surfen noch wichtiger, dürfte freilich die mit HSUPA einhergehende Verkürzung der Ping-Zeiten sein. Dieser Wert legt fest, wie lange die Daten vom Handy zum Webserver und umgekehrt unterwegs sind. Das Resultat dürfte sein, dass etwa die Zeitspanne zwischen der Eingabe einer Internetadresse in den Browser und dem Aufbau jener Seite drastisch verkürzt wird.

Die Musikindustrie zeigt den Finger

Eben erreicht mich eine Pressemitteilung:

Der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) präsentiert sich ab sofort in neuem Gewand. Zentrale Elemente des komplett überarbeiteten Corporate Designs sind das neu entwickelte Logo und die runderneuerte Website unter www.musikindustrie.de. Übersichtlich gegliedert in die Bereiche Politik, Recht, Kultur, Statistik, Verbraucher, Publikationen, Presse und Über Uns liefert das neue Internetangebot themen- und zielgruppenorientiert eine Fülle von Informationen rund um den deutschen Musikmarkt.

Aha, denke ich und klicke doch schnell einmal dahin. In der Tat: die neue Seite sieht wesentlich besser aus als die alte. Modernes Design, ein animiertes aber nicht zu aufdringliches Logo, dezente Farbgestaltung. Sogar eine kleine Tag-Wolke ist am Fuß der Seite zu finden.

IFPI-Redesign

Und oben der Dauerbrenner des Bundes der Steuerzahler: die Schäm-Dich-Uhr. Ein kleiner Flash-Zähler zeigt an, wie viele illegale Downloads seit Anfang des Jahres 2007 nach Verbandsberechnung über den Internet-Äther gingen. Natürlich nach Verbandsberechnungen. Jede Sekunde springt er um 12 bis 13 Zähler nach oben.

Da HTML auch in Zeiten von Web 2.0 noch nicht verdongelt und verDRMt ist, kann man sich das den Zähler auch separat anzeigen lassen. Dank Flash passt er sich immer optimal der Fenstergröße an:

IFPI- Dowloadzähler

Moment mal, was ist denn das links oben? Auf der Webseite war das doch eben nicht zu sehen? Zoomen wir etwas näher heran.

IFPI- Dowloadzähler

Die Botschaft ist klar: Die Musikindustrie zeigt uns den Finger. Und das nicht mal offen, sondern versteckt.

PS: Der Stinkefinger ist am Dienstag wieder verschwunden.