Big Bauhaus is watching you

Heise schreibt:

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und Politiker der Union haben sich anlässlich des Jahrestages der misslungenen Kofferbomben-Anschläge am morgigen Dienstag derweil laut ddp besorgt über die Terrorgefahr in Deutschland geäußert. Der stellvertretende GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut betonte, der zunehmende Reiseverkehr verdächtiger islamischer Extremisten zwischen dem Irak und der Bundesrepublik sei „alarmierend“. Die gescheiterten Anschläge hätten gezeigt, dass die Terroristen „nicht mehr nur auf groß angelegte Operationen setzen müssen.“ Vielmehr würden „eine Handvoll verblendeter und überzeugter Anhänger“ ausreichen, „die sich die Zutaten für eine Bombe im Baumarkt zusammenkaufen können“.

Die Marschrichtung ist klar: Zusätzlich zur Online-Durchsuchung muss die Live-Kundenüberwachung eingeführt werden. Die Infrastruktur von Payback & Co könnte genutzt werden, um bei verdächtigen Einkäufen sofort Alarm zu schlagen. Will zum Beispiel jemand Nägel oder Schrauben kaufen, die in Splitterbomben platziert werden können werden seine Kundendanten sofort an das BKA übermittelt. Falls der Betreffende bar zahlt, wird ihm schnell und unauffällig eine DNA-Probe entnommen.

Skeptisch? Nicht anwendbar? Bei Fletchers Visionen hat ein ähnliches System durchschlagenden Erfolg gehabt. Aprospos: die schwarzen lautlosen Hubschrauber müssen unbedingt auch ins BKA-Gesetz.

Gute Begründungen

Normalerweise werden Überwachungsmaßnahmen ja mit Kinderpornos und lauernden Terroristen begründet. In New York hat man laut Telepolis eine originellere Begründung gefunden.

Die New York Taxi Workers Alliance (NYTWA) kündigte an, im September zu streiken, um ein GPS-System zu verhindern, das ab Oktober für alle New Yorker Taxis verpflichtend sein soll. Von Seiten der Taxi and Limousine Commission (TLC) wird die Einführung des Systems vor allem damit begründet, dass Fahrgäste vergessene Gegenstände auf diese Weise leichter wiederbekommen könnten, wenn die Behörde jederzeit nachsehen kann, welches Taxi wann wo war.

Liebe TLC, das könnt ihr doch besser. Baut doch zusätzlich in jedes Taxi einen Temperatursensor ein und behauptet, dass ihr das Mikro-Klima im Big Apple erforscht. Oder sponsort eine Folge von „24“, in der ein Terrorist online im Taxi verfolgt wird. Besser: 300 Terroristen in 500 Taxis.

PS: Telepolis schafft es sogar das verwendete Taxi-Bild von Wikimedia Commons korrekt mit Quelle, Lizenz und Autorenangabe zu versehen. Das habe ich so noch nicht in freier Wildbahn gesehen.

Karambolage online

Deutsche und Franzosen, Franzosen und Deutsche – arte will sie einander näher bringen. Ein sehr gelungenes Format dazu ist die Sendung Karambolage, die über Alltäglichkeiten und Grundsätzliches im eigenen und im anderen Land berichtet. Zum Beispiel über Currywurst oder die hohe Kunst der Wangenküsse.

Karambolage

Eben habe ich gesehen: die Sendung gibt es jetzt auch online. Leider nur als Real-Stream. Aber immerhin.

Bild: ARTE

PS: Ist es vermessen, Karambolage zum legitimen Nachfolger der Sendung mit der Maus für Erwachsene zu ernennen?

Jugendschutz per VNC?

Ab und zu sind Leserkommentare doch interessant. Zu einem Stern.de-Artikel über jugendgefährdende Gruppen bei Schülervz fand ich diesen Kommentar eines Elternteils:

Kleine Schritte, große Wirkung…

auf dem Rechner meiner Tochter ist die Schutzsoftware „KISI“ mit entsprechenden Filterschutz für Online-Unrat am laufen und bei Bedarf gehe ich via „VNC“ und schau stichprobenmäßig was sie da online treibt. Fällt mir irgend etwas auf, lade ich sie zum Gespräch ein… es ist schön, ruhig schlafen zu können!!.

PS: Weitere denkwürdige Leserkommentare im gleichen Thread:

Freiheit bedeutet doch nicht, dass man Hitler gut finden kann. Ich bin auch frei und finde Hitler nicht gut… Das liegt allgemein an der Erziehung, am Mangel jeglicher Intelligenz, an der schlechten Aufklärung, an den Lehrern usw.

von ca 900´000 (!!) usern meinen, (nehmen wir an) 100 das sie sich aus der Masse abheben müssen… Soll ich ihnen noch ausrechnen wie viel das in Prozent ist? Das sind 0,0001 Prozent,

IVW-Orden am Bande

Online-Journalismus ist gar nicht so einfach. Immer und zu jeder Zeit wollen die Leser etwas neues haben. Diesem Bedürfnis können Redaktionen nicht immer alleine beikommen – erst recht nicht am Wochenende. Es gibt zwar ein paar Tricks: man kann die Startseite alle paar Minuten dynamisch umgruppieren – aber irgendwann will der Leser doch neuen Content haben.

Zum Glück gibt es Agenturen. Heute hat die ddp zum Beispiel eine Meldung herausgebracht, wie man einen Trickfilm dreht. Das ist ein lustiges Thema, wenn auch nicht ganz frisch: die Meldung ist eine Kurzzusammenfassung eines c’t-Workshops. Aber immer noch ein spannend genug, um das Sommerloch etwas zu füllen.

Wenn man meint, damit seit die Arbeit getan und man könne die Meldung einfach auf seine Webseite stellen, arbeitet für kein Qualitätsmedium. Die Kollegen von Focus Online haben immerhin einen eigenen Vorspann gebastelt und den Link zum c’t-Artikel und einige weitere Links herausgesucht.

Deutlich kreativer und erfolgsorientierter ist Spiegel Online: Statt den Artikel einfach am Stück abzunudeln, hat ihn der Wochenend-Dienst auf sechs verschiedene Seiten verteilt. Warum? Nicht um das Ganze übersichtlicher zu machen: So wird die Planung des Filmprojekts wie das Schreiben des Drehbuchs erst an vierter Stelle abgehandelt, gleich nach dem Probelauf mit sämtlichen Trickfilmfiguren. Könnte es sein, dass hier der Wunsch im Vordergrund stand mit einer Agenturmeldung einfach gleich sechs statt nur einem Klick zu generieren?

Powernapping war gestern

Zumindest beim Providerverband ECO ist man schon viel weiter. Bei der Veranstaltung Wag the Long Tail gibt es diesen Programmpunkt:

12:30 Uhr – 90 Minutes Active Lunch Break™

Ist das wirklich ein Trademark oder soll das nur stylish wirken?

Der wahre Bias von Wikipedia und Brockhaus

Es wird ja viel über den Bias der Wikipedia spekuliert und geschrieben. Ich habe ihn gefunden. Man vergleiche nur die Einträge zu dem Wort „Dilettant“ in beiden Enzyklopädien.

Den Brockhaus-Fachleuten ist das Wort zwar bekannt – es ist aber so unwichtig, dass der Verlag nicht mal einen Xipolis-Punkt für die Definition verlangt.

Brockhaus Dilettant

Die Wikipedia-Dilettanten nehmen den Begriff etwas wichtiger: Nach einer halbwegs ausführlichen 240-Wörter-Einleitung zählt der Artikel ein paar typische Dilettanten auf. Niemand besonderes: nur Leute die einem bei dem Begriff sofort einfallen: Goethe, Mendel, Schliemann, etc pp. Dann kommt noch etwas Wortgeschichte, ein Musikfestival mit fast 1000 Zuschauern – und dann erfährt der Leser, dass „Dilettant“ in der Alltagssprache kein wirklich großes Kompliment ist.