Weltpremiere: Sunshine

Unerwartet war ich heute in der Weltpremiere des Films Sunshine. Unerwartet, weil der Film ursprünglich schon vorher aufgeführt werden sollte. Wurde er aber nicht. Und so empfingen uns vor dem Kino-Eingang einige Men in Black und sammelten alle Handies ein. Weil: man soll den Film ja nicht mit dem Handy abkopieren. Movie-Paranoia: Selbst auf einer 15-Meter Kinoleinwand hat man Schwierigkeiten dem Film zu folgen. Als Film-Verantwortlicher würde ich eher einen Wettbewerb ansetzen, wer mit einem Handy den Film am besten raubkopieren kann. Umsatzverluste wären dadurch kaum zu erwarten.

Nun – zum Film selbst: Eine interessante Rahmenhandlung. Ein Raumschiff wird zur Sonne entsandt, um dem sterbenden Stern neues Leben einzuhauchen. Es ist die zweite Mission dieser Art, weil das erste Schiff vor sieben Jahren spurlos verschwand. Doch es kommt, wie es kommen muss: unterwegs geht einiges schief und die Crew sieht sich mit dem einen oder anderen Tod und existentiellen Fragen konfrontiert. Und dem grellen Sonnenlicht.

Die Optik des Films ist einerseits mitreißend. Der riesige Sonnenschirm von der Größe Mahattans wird immer mal wieder in grelles Sonnenlicht und in Szene gesetzt. Sehr nett sind auch die neuen Ideen für eine Sonnen-Mission. Die Raumanzüge sind etwas dicker als man sie von anderen Filmen kennt, das Raumschiff versorgt sich über einen eingebauten Garten mit Sauerstoff und Nahrung – und ein weiblicher Computer ist auch mit an Bord. Allerdings nur in einer kleinen Nebenrolle, HAL lässt nicht grüßen. Der Sonnenbeobachtungsraum bietet immer wieder Gelegenheit für spektakuläre Ausblicke, was weidlich ausgenutzt wird.

Kommen wir zum andererseits. Die Optik verliert sich zu oft – gefühlte 20 Prozent des Films sind gar nicht erkennbar, weil die Kamera zu dicht dran ist, weil das Sonnenlicht alles überstrahlt oder weil das Licht ganz ausgefallen ist. Ausgleichen sollen das offenbar die Soundeffekte, die allerdings manchmal viel zu dick aufgetragen sind. Kleiner Spoiler: Wenn man sich nur mit glibbernden glitschigen Geräuschen fortbewegen kann, taugt man einfach nicht zum lautlosen Killer.

Und das ist auch schon der wesentliche Mangel: das Drehbuch. Der Film gibt den Figuren viel zu wenig Zeit sich zu entwickeln oder auch nur zu präsentieren. Weil so viel Zeit für die spektakulären Raum-Aufnahmen gebraucht wird, bleiben die Charaktere notgedrungen auf der Strecke. Und leider auch die Story. Warum es letztendlich zu der dramatischen Entwicklung kam, bleibt unbeantwortet. Motive der Personen? Egal. Besonders eindringliche schauspielerische Leistungen: kaum vorhanden. Die Sonne überstrahlt eben alles.