Olympische Werte

Endlich zeigt das IOC China die Grenzen auf:

Heiberg kritisierte die große Präsenz von Polizei und Militär während der Spiele. Die hohe Zahl von Sicherheitskräften „beunruhige die Sponsoren“, sagte er der Tageszeitung „Die Welt“. Die Geldgeber fürchten laut Heiberg, dass wegen der scharfen Sicherheitsvorkehrungen rund um das Olympiastadion nicht genügend Besucher auf das sogenannte Olympic Green vorgelassen würden. Dort präsentieren die Sponsoren ihre Produkte. „Wenn niemand hereingelassen wird, um die Produkte anzusehen, ist das herausgeworfenes Geld“, sagte Heiberg. Er kündigte an, in diesem Falle die chinesischen Behörden zu verklagen.

Mail von VistaPrint

Mein Vater hatte vor etwas über einem Jahr Gratis-Visitenkarten bei VistaPrint bestellt. Und bekam seitdem fast täglich eine neue Mail mit tollen Produkthinweisen, Sonderangeboten, Gewinnspielen. Dass das viel zu viel ist, weiß VistaPrint offenbar selbst. Wer sich abmelden will, bekommt folgenden Kompromiss angeboten:

Wir sind dem Link „Abmelden“ gefolgt, haben eine kleine Umfrage zu den Gründen beantwortet und konnten dem Lockangebot eines pauschalen 25-Prozent-Rabatts auf VistaPrint-Produkte widerstehen. Und was bekommt mein Vater am nächsten Tag? Eine weitere Mail von VistaPrint:

Wir möchten uns für Ihr Vertrauen in VistaPrint bedanken! Da wir großen Wert auf Ihre Meinung legen und stets darum bemüht sind unser Service für Sie zu verbessern, bitten wir Sie um Ihr Feedback und laden Sie dazu ein an unserer Umfrage teilzunehmen.

Um an unserer Umfrage teilzunehmen klicken Sie bitte hier.

Als Dankeschön für Ihr Vertrauen und Ihre Zeit möchten wir Ihnen, einige unserer beliebtesten Produkte zu einem großartigen Preis anbieten.

Offenbar haben wir meinen Vater nur von der Mailingliste für Sonderangebote und Sonderverkäufe abgemeldet, nicht aber von dem Verteiler für Vertrauensdank und Umfragen in Verbindung mit großartigen Preisen.

Ob diese merkbefreite Kamikazekommunikation auch patentiert ist?

Personalisierte Werbung oder werbonalisierte Personen?

Grade habe ich Jan Schmidt im ZDF-Interview zu Selbstdarstellung im Internet gehört. In einem Nebensatz ging er kurz auf personalisierte Werbung ein und erklärte, dass die Werbung an die Bedürfnisse des Nutzers angepasst wird.

Ist nicht schon der Begriff „personalisierte Werbung“ eine ganz große Lüge? Denn in Wahrheit läuft es ja genau andersherum. Die werbenden Unternehmen suchen sich die Beworbenen aus, nicht umgekehrt. Wenn ich einen Werbevermarkter einschalte, kann ich auswählen, ob sie akademisch gebildete Menschen zwischen 23 und 30 Jahren im Großraum Köln ansprechen will. Wenn ich als Kunde hingegen ein starkes Interesse am nächsten Ipod-Update habe, muss ich mich schon selbst bei Apple informieren. Oder die Fachpresse studieren.

Lange Rede, kurzer Sinn: der Begriff personalisierte Werbung ist eine Marketing-Lüge, es existiert bisher allenfalls Mikrotargeting. Wir Konsumenten sind Zielscheiben, keine Geschäftspartner.

Echte personalisierte Werbung wäre doch mal ein Geschäftsmodell. Aber das verlangt Arbeit. Und solche Werbungen wie „Sie wurden auserwählt!!!!11!!!“ kann man dann nicht mehr verkaufen.

Keine Angst vor Craigslist

Seit zwei Wochen gibt es Craigslist auf Deutsch. Mit hohen Erwartungen.

Grund genug, sich das Angebot für Köln mal genauer anzusehen. Fast eine Million Einwohner, Zigtausende von Studenten, viele Medien-Menschen, da muss Craigslist doch brummen. In Nullkommanichts.

Was haben wir denn da? In der ersten Rubrik Communities Allgemein finde ich tatsächlich vier Anzeigen. Zwei Mal Spam eines Medikamentenvertriebs, einmal Werbung für eine wahnsinnig tolle Community, und eine Bitte, an einer Online-Umfrage der Jacobs-University in Bremen teilzunehmen. Sicher. Gerne.

Okay, vielleicht ist diese Rubrik wenig ansprechend, weil sie zu allgemein gestaltet ist. Schauen wir mal bei den Immobilien rein. Büro/Handel: nichts. Nada.
Ferienwohnungen fünf Angebote seit dem Deutschland-Start, davon nur eines mit Kölner Ferienwohnungen – aber ohne konkrete Angebote. Bei den Wohnungsangeboten gibt es drei Anzeigen: zwei Wohnungen und ein Vermittlungsservice, der als ersten Schritt die Erstellung eines Kredit-Profils empfiehlt.

Okay, das war wieder nichts. Sind die Subprimes schuld? Vielleicht hat Craigslist bei menschlicheren Bedürfnissen seine Stärken? In der Rubrik Sie sucht ihn wartet seit einem Monat eine 59jährige Kalifornierin auf einen Deutschen, der zu ihr nach Südkalifornien zieht. Und eine 45jährige Amerikanerin, die temporär in Köln wohnt, sucht sozialen Anschluss samt Sprachnachhilfe. Niedlich: Statt Sülz, schreibt sie „Solz“. Eine amouröse und orthografische Herausforderung.

Bei der in Köln sicher klischeehaft beliebten Rubrik Er sucht ihn sieht es nicht besser aus: Ein Kanadier möchte einen „german bottom boyfriend“, ein Athletic Bi Student sucht „nsa fun“. Ob er gemeinsam Telefone abhören will?

Lange Rede, kurzer Sinn: die deutschen Medien haben nicht allzu viel zu befürchten. Bis die Anzahl der echten Anzeigen den nutzlosen Spam überwiegt, dauert es wohl noch eine ganze Weile. Es reicht halt doch nicht lieblos eine deutsche Sprachversion zusammenzustoppeln, um den Markt aufzurollen.

Der Kolumbus-Betrug!

Dass BILD-Werbung das Prädikat dumm-dreist verdient, wissen wir ja schon lange. Dieses Exemplar erscheint aber ungelenk:

„Das ist nicht Indien!“ – Okay, das sind vier einfache Worte und dazu kommt ein Ausrufezeichen. Die Überschrift kommt zwar ideellen Analphabeten entgegen, aber als BILD-Schlagzeile ist sei dennoch nicht ganz glaubhaft. Wo bleiben Sex, Crime und Niedertracht? Ich schlage diese Alternativen vor, die es wirklich auf die BILD-Titelseite schaffen könnten:

Wie wäre es mit der ethnologischen Variante?

Nackte Brüste, wilde Tänze – So treibt es die Neue Welt!

Oder Verbraucheraufklärung? Die Exklusiv-Enthüllung!

Der Amerika-Betrug – Ist es doch nur Indien?

Gerne genommen: die menschliche Tragödie:

Die See ist seine Braut – Ehe-Aus für Kolumbus!

PS: Die Bebilderung ist bemerkenswert authentisch, sie passt zu den Standards des beworbenen Mediums: Denn das Bild wurde 400 Jahre nach dem Ereignis aufgenommen, ist romantische Fantasie und keine Dokumentation. Aber da niemand wirklich weiß, wie dieser Kolumbus eigentlich aussah, ist die nicht gekennzeichnete Verwendung eines Symbolfotos ja mehr als legitim.

Schmuddliger gehts immer

Dass die BILD und die Roche nicht das beste Verhältnis haben, ist wohl bekannt. Kurios mutet ein Artikel heute auf der Titelseite von Bild Online an. „Wie viel Porno steckt in Charlotte Roche?“ fragt die Redaktion und untertit(t)elt: „Schmuddel-Buch in der Kritik“.

Das ganze Stück besteht aus scheinbar wahllos zusammengesuchten Kommentaren ungenannter Internet-Nutzer. Kein Neuigkeitswert – nichts. Weiter unten wird es kurios:

Bild.de über das Schmuddel-Buch

Ich kann mich nicht entscheiden. Will da jemand Charlotte Roche niederschreiben? Oder ist das Werbung – auf Porno steht die Bild.de-Kundschaft ja erwiesenermaßen. Oder soll der Button „Mehr Erotik“ unten die Botschaft verbreiten: „Diese Roche mag noch so schmuddelig sein – wir können noch viel, viel schmuddliger„? Oder brauchte die Redaktion nur Platz, um die vertraglich zugesicherten Erotik-Anzeigen in der rechten Spalte günstig zu platzieren?

PS: Das Buch werde ich wohl nicht lesen.

Die Zeugen Iustitias

Heute bin ich am Schwarzen Brett bei den Briefkästen auf etwas Neues gestoßen. Zwischen kaum gebrauchten Matratzen und Kellerplatzgesuchen fand sich eine professionell gestaltete Karte. Der Titel: „Anwalt gut, alles gut.“ Eine kleine Werbung von vier Anwälten in der Nachbarschaft.Nette Idee, eigentlich. Man will ja nicht erst einen Anwalt suchen, wenn man im Verhörraum sitzt. Das System juristische Nachbarschaftswerbung ist aber sicher ausbaufähig.

Anwaltswerbung am Schwarzen Brett

Ich seh es schon vor mir: Wenn es in Zukunft an der Tür klingelt, steht da wohl auch manchmal ein gut gekleideter Herr, eine Broschüre in der Hand. Titel: „Der Schuldturm“. Er stellt sich kurz vor, kommt dann aber schnell zur Sache: „Glauben Sie eigentlich an das UWG? Ich würde gerne mit Ihnen über Ebay sprechen…

Taz-Leser sind Helden!

Frustration. Entfremdung. Gewalt in U-Bahnen. Die Zeit ruft nach neuen Superhelden!

Wir präsentieren… den Taz-Leser:


taz-Leser in Aktion

Klar, der Film ist garantiert gestellt. Aber es wäre ein toller neuer Werbefilm für die taz. Was meint ihr Genossen, ist dafür Geld in der Kasse?