Die Legende von mythischen Datenschätzen

Gestern bin ich auf Twitter in eine interessante Diskussion geraten: Soll man Geschäftsmodelle wie Uber und AirBnB erlauben, wenn diese Unternehmen dafür versprechen, ihre Daten öffentlich freizugeben? Schließlich kann man so vieles mit öffentlichen Daten machen. Denn Daten sind Wissen. Und Wissen ist Macht. Und all die innovativen deutschen Startups, die niemals an Google und Facebook verkauft werden, könnten so die Wertschöpfung vom Silicon Valley zurückholen.

Obwohl ich offene Daten, bzw Open Data prinzipiell sehr unterstütze, muss ich hier sagen: Nein!

Erstens: Man gibt Unternehmen keinen Bonus, wenn sie Transparenzpflichten erfüllen. Man sorgt für vernünftige Regulierungen und dann haben sich die Unternehmen dran zu halten. Punktum.

Regulieren, aber richtig

Neulich habe ich mal die AirBnB-Hilfsseiten durchstöbert, wie denn Gastgeber dabei unterstützt werden, sich an örtliche Regulierungen zu halten. Und das Ergebnis war: fast gar nicht. Es gibt ein paar schwer auffindbare und kaum verständliche Hilfstexte und den ultimativen Hinweis, dass das der Gastgeber doch bitte selbst mit den Behörden zu klären habe.

Nein, AirBnB — wenn ihr Provision kassiert, solltet ihr hier eine aktive Rolle übernehmen. Zumindest eine kostenlose Hotline, wo juristisch gebildete Mitarbeiter Einzelfälle kompetent bewerten können und auch im Zweifelsfall eine Haftung von AirBnB auslösen. Das ist meine persönliche Meinung, die konkrete Umsetzung wäre eine Sache der Politik. Denn mein Anspruch kollidiert natürlich mit solchen Dingen wie dem Rechtsberatungsgesetz.

Der zweite Punkt ist aber: Ich möchte AirBnBs Daten nicht. Ich will auch nicht wirklich dringend die Daten von Uber haben. Denn: Diese Daten mögen höchst praktisch für die Marktaufsicht sein, um eben diese Unternehmen zu überprüfen und nachzufragen, ob auch jeder Teilnehmer seine Steuern brav bezahlt. Ansonsten sind sie weitgehend nutzlos für die Allgemeinheit.

Marketing, nicht Daten!

Denn diese Unternehmen sind nicht so groß geworden, weil sie Datenanalyse auf einen neuen Gipfel gehoben hätten. Uber zum Beispiel hat es geschafft, sich als billige und gastfreundliche Alternative zum Taxi zu etablieren — mit Marketing. (Und mit den verbrannten Milliarden von Investoren, die diese beim baldigen Börsengang zurückhaben wollen.) AirBnB hat auch keinen geheimen Algorithmus, der neue Wohnungen generiert – Leute melden sich freiwillig auf der Plattform an, weil mittlerweile keine US-Sitcom mehr ohne eine Folge über die erstaunlichen Verdienstmöglichkeiten auskommt.

Wenn ihr Ubers Daten haben wollt, um mehr über den Verkehr in Eurer Stadt zu erfahren, kann ich nur sagen: Ihr seid auf dieses Marketing reingefallen. Denn Uber ist nur ein vergleichsweise kleiner Over-the-top-Player, der einen winzigen Ausschnitt des Verkehrsgeschehens wahrnimmt und sich auf Daten von anderen verlässt. Wisst ihr, wer sehr viel mehr Daten über innerstädtischen Verkehr erfasst? Busse. Denn sie müssen fast überall hin und sind nicht bevorzugt unterwegs um Millennials vom Club nach Hause zu bringen.

Die Daten liegen näher als das Silicon Valley

Aber selbst die Busse sind eine unterlegene Datenquelle. Wenn ihr heute zum Beispiel das WDR-Radio einschaltet, werdet ihr alle halbe Stunde die Verkehrsnachrichten überhören. Falls ihr aber mal wirklich zuhört, wird Euch auffallen, dass dort nicht mehr nur die physische Länge eines Staus durchgegeben wird, sondern auch wie lange die Verzögerung voraussichtlich dauern wird. Diese Daten werden aus den Bewegungsdaten errechnet, die notwendigerweise in Mobilfunknetzen anfallen. Denn fast jeder Autofahrer hat ein Handy dabei, das konstant seinen Standpunkt an die umliegenden Funkmasten sendet.

Oder anders formuliert: Alle Daten, die bei Uber anfallen, fallen auch bei Apple, Google und den Mobilfunkherstellern an. Also: Wozu soll Uber zur Verfügung stellen, was sie eh nur nachnutzen? Sicher: Wenn man sie bekommen kann und ihre systematischen Mängel berücksichtigt – warum nicht? Aber: Wollen wir wirklich, das all unsere Bewegungsdaten öffentlich werden? Zwar kann man Daten aggregieren und verschleiern, aber gerade in Randbereichen ist die nachträgliche Identifikation nicht hundertprozentig zu vermeiden.

Unterirdische Datenqualität

Eine weitere These: Die Datenqualität von kommerziellen Unternehmen ist oft unterirdisch. Schaut mal in Eure Werbeprofile bei Facebook und Google. Darunter wird vieles sein, was erstaunlich korrekt sind: Alter, Geschlecht, Interessen. Doch wann immer ich in solche Profile gucke, sind lächerliche Fehlannahmen darunter. Facebook meinte zum Beispiel, ich höre als liebstes Blues-Musik. Was nicht stimmt. Facebook ist das jedoch ziemlich egal. Aufgrund meiner vermeintlichen Vorlieben wird mir Werbung gezeigt. Wenn mir eine Werbung angezeigt wird, die mich nicht wirklich interessiert, muss sie dennoch bezahlt werden. Und selbst wenn nicht: Ab einem gewissen Punkt rechnet sich die Optimierung auf meine tatsächlichen Interessen nicht mehr.

Es ist aber nicht nur das Desinteresse von kommerziellen Entitäten an durchweg korrekten Daten – der profitorientierte Ansatz produziert andere Daten als Entitäten, die das Gemeinwohl im Blick haben. Beispielsweise veröffentlichte Forbes neulich einen Artikel darüber, wie Fodoora entdeckt hat, das Fahrräder das effizientere Verkehrsmittel sind, weil sie im Stadtverkehr Autos und sogar Motorroller hinter sich lassen.

Dabei darf man jedoch nicht vergessen, worum es hier geht. Die Lieferfahrer haben ein sehr spezielles Bewegungsprofil. Zum einen: Sie fahren immer nur wenige Kilometer. Wenn jemand vom anderen Ende der Stadt eine Pizza bestellt, wird sie auch von dort geliefert. Für mich als Radfahrer in Köln sind diese Daten nur beschränkt übertragbar. Denn ich kann mich nicht in die nächste Lieferpizzeria teleportieren lassen, um von dort meinen Weg zu meinem Ziel fortzusetzen.

Gut genug ist nicht genug

Doch die Daten, die ein Unternehmen produziert, sind auch auf andere Weise verzerrt. Wenn ich in den Straßenverkehr schaue, wird recht deutlich, dass sich Lieferfahrer deutlich anders verhalten als andere Verkehrsteilnehmer. So sind sie ökonomisch motiviert, jede Art von Abkürzung zu nehmen, sie wissen besser als andere, wo sie was können. Dadurch werden die Daten sozusagen verseucht: Nur weil ein Lieferfahrer eine Straße langgefahren ist, ist es noch lange kein Beweis dafür, dass es sich um keine Einbahnstraße in anderer Richtung handelt — nicht einmal, wenn es 100 Lieferfahrer machen. Eine Navigation, die auf solchen Daten aufzusetzen versucht, wird notwendigerweise Probleme bekommen.

Kurzum: Für Privatunternehmen ist die Maxime: Es reicht, wenn Daten gut genug für meinen Zweck sind. Öffentliche Daten sollten jedoch einem höheren Anspruch genügen.

Kasse machen mit Khashoggi

Zugegeben: Ich bin ein wenig sauer. Aber durchaus aus Gründen.

Am Sonntagabend spülte mir Twitter den Hashtag #WeHearYouKhashoggi in den Aufmerksamkeitshorizont – verbunden mit einer merkwürdigen Story: Die New York Times hatte eine Anzeige abgelehnt, die Solidarität mit dem ermordeten Kolumnisten der Washington Post ausdrücken sollte. Mein Interesse war geweckt, ich klickte auf den Link.

Er führt zum Marketing-Blog einer Firma, die VPN-Zugänge verkauft.

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Die Anzeige zeigt eine stilisierte Hand, deren Finger abgetrennt wurden – blutüberströmt. Darüber steht #WeHearYouKhashoggi – und direkt darunter das Logo des Anbieters. Ganz unten nochmal die Internetadresse des Anbieters — eingebettet in den furchtbar entstellten Arm.

Und dazu kann ich nur sagen: #FuckYouPrivateInternetAccess #FuckYou #SeriouslyFuckYou.

Ich habe von der Firma noch nie gehört. Es mag sein, dass sie sonst gute Arbeit leistet und vielleicht in diesem Fall sogar aus guter Absicht gehandelt hat. Was diese Anzeige jedoch ist: Eine Beleidigung. Sie ist schamlos, sie ist sensationalistisch und sie dient augenscheinlich nur einem Zweck: VPN-Pakete zu verhökern. Der Journalist, den sie vermeintlich ehren soll, kommt hier nur als entstelltes Gliedmaß vor.

Dass die Washington Post die Anzeige abgelehnt hat, hätte den Verantwortlichen zu denken geben sollen. Tat es aber nicht. Sie gingen stattdessen zum nächsten Medium. Und erwischten dabei irgendjemanden beim Verlag der New York Times, der die nächsten Monate mit einer anderen Aufgabe betraut werden sollte.

Als der Anruf oder die E-Mail der New York Times kam, dass sie den Auftrag stornieren müssen, obwohl schon 80000 Exemplare mit der Anzeige gedruckt und ausgeliefert worden waren — das wäre ein erstklassiger Anlass gewesen nochmal nachzudenken. Es ist nun schon das zweite Medium, das uns sagt, dass unsere Anzeige unzumutbar ist — und dieser Verlag hat sich deshalb sogar in beträchtliche Unkosten gestürzt. Haben wir einen Fehler gemacht?

Aber nein.

Stattdessen versuchte die Firma die Absage der Anzeige zu skandalisieren. Sie setzten einen Blogpost auf, indem sie nicht nur totale Unkenntnis vortäuschten, warum denn die Anzeige abgesagt wurde. Sie setzten auch die Statements von Leuten darunter, die bereits von der Firma ab und an bezahlt werden, für das Marketing-Blog zu schreiben, darunter der Ur-Pirat Rick Falkvinge und der IT-Journalist Glyn Moody. Die werden damit zu Charakterzeugen der Anzeige, die sie vermutlich im Vorhinein nicht gesehen haben — und der Blogbeitrag wird zu einer Attacke auf die New York Times. Wie konnte die Grey Old Lady nur zu diesem bedauerlichen Fehlschluss kommen?

Auch wenn irgendjemand in der Firma gedacht hat, es wäre toll sich solidarisch mit ermordeten Journalisten zu zeigen — das Ergebnis ist das Gegenteil. Jeder unbefangene Leser muss meinen, wenn er die Anzeige sieht: Die tollen Produkte dieser Firma hätten verhindert, dass Menschenrechte auf diese entsetzliche Weise verletzt werden. Das ist jedoch lächerlich. Ich glaube es ist nicht zu vermessen zu sagen: Jeder in der arabischen Welt, der Dissenz ausdrücken will, kennt VPNs bereits. Khashoggi kannte sie ganz sicher. Das Ergebnis: Er wurde ermordet. Ein anderer Aktivist ging grade an die Presse, dass sein Handy gehackt wurde und seine Brüder verhaftet wurden. Was hilft ein VPN da? Gar nichts. Ein dritter wurde verhaftet? Private Internet Access? Macht Euch nicht lächerlich.

Als ich mich auf Twitter beschwerte, antwortete die PR-Abteilung, dass lediglich das Timing etwas aus dem Ruder gelaufen sei. Man habe nur vorgehabt, Khashoggi unter dem Hashtag zu ehren. Und wieder muss ich sagen: Bullshit! Hätte man tatsächlich Wert darauf gelegt Khashoggi zu ehren, wäre nicht als einziges die Homepage der Firma prominent gefeatured. Es gibt keine vorbereiteten Inhalte, es gibt keine Zusammenarbeit mit irgendeiner Journalistenorganisation, keinen Link zu den gesammelten Werken Khashoggis. Die Washington Post, die tatsächlich grade die gesammelten Werke von Khashoggi veröffentlicht, hat der Marketing-Abteilung eine Absage erteilt. Sich tatsächlich mit Khashoggi zu solidarisieren — das hätten alles die Social-Media-Wichtel erledigen müssen. Sponsored By Your Fucking VPN-Dealer.

#FuckYou #SeriouslyFuckYou

Den Datenschutz mit dem Klingelschild ausschütten

Es gibt viel an der Datenschutz-Grundverordnung zu kritisieren. Mit gutem Recht. Zum einen: Wir sind mit der Umsetzung ein bis zwei Jahre im Rückstand. Viele Chancen wurden verschenkt. So hätte ich mir gewünscht, dass ich meine Datenschutzerklärung nicht auf der Seite einer Anwaltskanzlei zusammenklicken musste, so etwas hätten nun wirklich die Datenschutzbehörden anbieten können. Und dann hätten sie diese Datenschutzerklärung maschinenlesbar machen können, so dass Nutzer ihre Daten tatsächlich verwalten können, statt nur stumpf sechs Seiten Text wegzuklicken. Ich wünschte die Datenschutzbehörden hätten Dark Patterns vorhergesagt und Richtlinien gegeben.

Diese ganze Aufregung um Klingelschilder zusammengefasst: ES GIBT KEIN VERDAMMTES PROBLEM MIT DEN VERDAMMTEN KLINGELSCHILDERN! Natürlich kann jeder seinen Briefkasten beschriften. Und natürlich kann dies auch von Hausmeistern übernommen werden, damit das Ganze sauber aussieht. Wir lieben saubere Klingelschilder. Wenn eine Wohnungsgesellschaft 15000 Wohnungen quer durch die Stadt automatisch beschriften will, kann man sich mal Gedanken machen. Zum Beispiel: Die Mieter fragen, was denn draufstehen soll. Erscheint Euch das zu kompliziert?

Was für persönlich mich eher ein Problem ist: Ich wohne in einem Haus mit verdammt vielen Wohnungen. Wie zunehmend viele Menschen. Trotzdem haben sich Versender bis heute nicht angewöhnt, ihre Adressformulare so einzurichten, dass man seine Wohnungsnummer eingeben kann. Ein Elektroversender hat mir tatsächlich geraten, ich soll die Wohnungsnummer doch in irgendein anderes Feld schreiben. Hallo ich bin Torsten Wohnungsnummer Kleinz 2718. Nur wurde das andere Feld auf dem Formular für den Lieferfahrer abgeschnitten. Are you kidding me??? Hättet ihr das nicht fixen können, als ihr die DSGVO umgesetzt habt?

Dass sich BILD und Co unqualifiziert und polemisch über die DSGVO mokieren — geschenkt. Ich bin jedoch verwundert, wie schnell auch andere Leute quasi alles vergessen, was sie zu Datenschutz mal gehört haben und flugs im Ton der vermeintlichen Vernunft in die Ecke der Ignoranz abschweifen, weil es eben grade günstig scheint.

Dieser Kommentar auf FAZ.Net gehört dazu.

Ein unbehebbarer Fehler ist die Konstruktion des Datenschutzrechts: Es verbietet praktisch sämtliches Hantieren mit persönlichen Daten. […]Aus dieser Strenge spricht der Geist des Volkszählungsurteils: Das Bundesverfassungsgericht erblickte in jeder Information des Staates über die Bürger ein Risiko. Dieses Konzept ungefiltert auf die Wirtschaft auszudehnen war ein Fehler.

Nein, das ist kein Konstruktionsfehler. Denn ist der verdammte Sinn des Ganzen. Ein Datenschutzrecht, das sich nicht auf Konzerne erstreckt, wäre schlichtweg kein Datenschutzrecht. Und es würde auch die Schutzrechte gegen den Staat abschaffen. „Ach, wir können nicht die Wohnung von X abhören? Kein Problem — fordern wir das Protokoll beim Google, Facebook oder dem intelligenten Stromzähler an.“

Und:

Allein Deutschland hat 18 Datenschutzbehörden und mindestens so viele Rechtsauffassungen. Das ist unzumutbar.

Das wäre unzumutbar… und ist falsch. In den meisten Fragen liegen die Datenschützer ganz eng beisammen – wenn es in einzelnen Fragen einen Ausreißer gibt, dann ist das frustrierend, aber halt immer noch ein Ausreißer. Eine Reduzierung der Zahl der Datenschutzbehörden würde hier leider auch gar nichts helfen — denn die Regeln müssen nun auch durch Gerichte interpretiert werden. Und wer sich mal mit deutschen Landgerichten beschäftigt hat, weiß: Das wird noch um einiges frustrierender und zeitraubender.

Richtig ist: Viele kritische Fragen wurden verschleppt. Dass in letzter Minute erst ein Konsens zum Nutzerkonsens gefunden wurde – unzumutbar. Aber bisher ist das große Problem ausgeblieben.

Es bleibt die Verwirrung der Bevölkerung. Eltern bestehen plötzlich darauf, dass Bilder ihrer Kinder bloß nicht erscheinen sollen. Oder im Gegenteil: Sie bestehen auf Fotos. Das wirkt lächerlich — ist aber auf gewisse Weise notwendig. Denn dass Privatfotos plötzlich in eine bereite Öffentlichkeit dringen und damit nicht mehr kontrolliert werden können, ist für viele ein neues Phänomen. Ich sehe alltäglich auf sozialen Medien, wie ein Konsens gesucht wird, damit umzugehen. So haben mittlerweile viele Eltern für ihre Kinder eine Art Codenamen ersonnen: „Der Große“, „Kind 2“ oder „der Schnuppel“. Dabei ist es nicht notwendig, dass diese Leute Angst haben, dass ihr Kind entführt wird, nur weil jemand den vollen Namen weiß. Es ist schlichtweg eine Linie im Sand. Ich weiß, dass es da Probleme geben könnte. Ich überblicke nicht, welche Konsequenzen mein Handeln haben kann. Also bin ich lieber vorsichtig.

Die Datenschutz-Grundverordnung wird uns in den kommenden Jahren noch viel Frust bescheren. Was jedoch fehlt: Eine grundsätzliche Alternative. Jetzt einfach die Augen zu schließen und die ignorantesten Standpunkte aufzuhübschen, ist nicht hilfreich. Den Datenschutz mit dem Klingelschild auszuschütten – das wäre einfach dämlich. Verdammt dämlich.

Der wütende Radfahrer

HALT! STOP! BIST DU DENN BLIND???“

Ich bin ja eigentlich ein relativ entspannter Verkehrsteilnehmer. Egal ob zu Fuß, im Auto oder auf dem Fahrrad — mir eilt es in der Regel nicht besonders. Ich muss niemanden die Vorfahrt nehmen und solange jemand blinkt oder seine Absicht sonst kundtut, lasse ich ihn gerne vor.

Heute morgen wurde ich ganz plötzlich sehr unentspannt. Ich hatte einen Termin am Mediapark und fuhr per Rad dahin. Es war ein wenig frisch, aber sonnig — haufenweise Radfahrer waren unterwegs. Am Mediaparkt dann nahm uns ein LKW beim Rechtsabbiegen in die Spichernstraße die Vorfahrt — soweit normal. Es gibt keinen besonderen Grund sich aufzuregen. Mir wird als Radler andauernd die Vorfahrt genommen. Es dauert dann halt zehn Sekunden länger. Wir müssen halt um den LKW herumfahren. Der war mittlerweile auf Geh- und Radweg zum Stehen gekommen. Wir haben uns dran gewöhnt. Doch dann legte der LKW den Rückwärtsgang ein und setzte unvermittelt zurück — direkt auf die zwei Radfahrerinnen zu, die vor mir fuhren und denen der LKW wenige Sekunden zuvor die Vorfahrt genommen hatte.

Vor dem inneren Auge sah ich schon, was in Zeitungen wie dem Tagesspiegel in letzter Zeit immer wieder geschildert wird: Ein gestürztes Rad, ein Mensch am Boden, Verletzungen, gegen die kein Radhelm hilft. Doch zum Glück hat mich der LKW-Fahrer gehört und stoppte grade noch rechtzeitig. Wenige Zentimeter bevor er die erste Frau erwischt hätte.

„BIST DU DENN VOLLKOMMEN BESCHEUERT???“

So ein Adrenalinstoß am Morgen ist wirksamer als Kaffee. Und er ist bewusstseinsbildend. Früher habe ich mich nie als Radfahrer definiert. Als ich nach Köln kam, war ich Student. Studenten fahren Fahrrad. Später war ich Kölner. Kölner fahren Fahrrad. Und jetzt: Hat mich der LKW-Fahrer zum Radfahrer gemacht?

Seit einigen Jahren gibt es in Köln die Aktion Critical Mass. Einmal pro Monat treffen sich hunderte oder gar tausende Leute mit ihren Rädern und radeln in einer riesigen Kolonne durch die Stadt. Über die Ringe, durch den Rheinufertunnel, über die Brücken. Auf der Straße und nicht auf engen, schlecht ausgebesserten Radwegen. Es ist einerseits eine Kundgebung, eine Demonstration einer Gruppe, die bisher einfach kaum wahrgenommen wurde. Leute, die bisher halt um den LKW herumgefahren sind und glücklich sein mussten, wenn er denn rechtzeitig bremste. Sie fordern nun ihr Recht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer ein.

Sammelt Euch

Gleichzeitig wirkt das Event auch als interne Sammlungsbewegung. Leute definieren sich selbst als Radfahrer. Die meisten radeln aus Spaß mit, aber ein kleiner Teil geht den Weg, den viele Aktivisten gegangen sind. Sie suchen den Dialog mit der Verwaltung, sie veranstalten Konferenzen, sie planen kleine Aktionen, um wild parkende Autos sichtbar zu machen. Sie dokumentieren mit einer Helmkamera, wie die vermeintlich sicheren Radwege durch scheinbar nichtige Verkehrsverstöße zu Gefahrenzonen werden.

Mit dieser Identitätsfindung gibt es aber auch noch einen Effekt: Ich fühle mich nicht mehr ganz so wohl auf dem Rad. Die vielen Kleinigkeiten, an die ich mich gewöhnt hatte, erscheinen mir nicht mehr selbstverständlich. Eben zum Beispiel kam ich an einer Ampel vorbei, ich hatte grün. Ein Fußgänger will augenscheinlich bei Rot gehen, schaut die Straße lang und sieht, dass kein Auto kommt. Er sieht auch mich. Er wägt kurz ab und läuft mir genau vor das Rad. An einer Stelle, an der ich wegen neben mir verlaufender Straßenbahngeleise nicht gut ausweichen kann. Früher hätte ich „Idiot“ gedacht. Heute denke ich: Der Mann ist der festen Überzeugung, dass Radfahrer keinerlei Rechte im Straßenverkehr habe und nur Autos zählen. Immerhin — auf Zuruf und Klingeln sprang er dann doch wieder zurück.

Zu der Gruppenfindung gehört auch ein Konsens: Radfahrer sind eben doch die besseren Menschen. Denn wer mehr Rücksichtnahme fordert, kann nicht gleichzeitig das Augenmerk darauf lenken, wie viele Radfahrer leichtsinnig ohne Licht auf Bürgersteigen fahren. Und natürlich haben sie einige Argumente auf der Seite: Radfahrer sind bei einer Kollision strukturell benachteiligt. (Und das nicht nur gegenüber Autofahrern. Ich hab tatsächlich eine kleine Narbe am Arm, weil mich eine Fußgängerin von der Seite touchiert hat, weil sie schnell zum Bus rennen wollte.) Radfahrer büßen für die Fehler anderer. Und die eigenen Fehler erscheinen angesichts solcher Konsequenzen zu vernachlässigen. Wer zurecht wütend ist, kann nicht immer nach Gründen suchen.

Datenschutz-Basishygiene

Ein neuer Facebook-Hack macht die Runde. Der Clou dabei: Da die unbekannten Angreifer Zugriffs-Tokens erbeutet haben, könnten sie sich prinzipiell bei allen Diensten einloggen, bei denen sich ein Nutzer per Facebook-Login angemeldet hat. Das reicht von Facebook-eigenen Diensten wie Instagram bis zu der Website der Lokalzeitung. Online-Shops, Dating-Apps, Messenger.

In meinem Fall sind das Null Dienste — zumindest wenn ich nicht grob irregeführt wurde. Denn ich habe mir vor vielen Jahren eine Standard-Routine angewöhnt. Wann immer ich einen neuen Dienst ausprobieren will, ignoriere ich die bequemen Buttons „Log in with Facebook“, „Log in with Google“, „Log in with Twitter“.

So viele E-Mail-Adressen

Stattdessen nutze ich das Einloggen per E-Mail-Adresse. Eigentlich jeder Dienst bietet die Option an — manchmal muss man etwas weiterscrollen, um den alternativen Login-Modus zu finden. Meist reicht es aus, eine E-Mail-Adresse und ein Passwort einzugeben — und man ist drin. Oft muss man seinen Account per Linkklick noch bestätigen, aber so viel Arbeit ist das nun auch nicht.

Meine Basis-Hygiene geht jedoch ein wenig weiter. Ich habe ein Webhosting-Paket, das mir erlaubt quasi unbegrenzt E-Mail-Adressen anzulegen. Wann immer ich einen neuen Dienst brauche, kann ich mir in einer bis zwei Minuten eine neue E-Mail-Adresse anlegen, die dann automatisch zu einer meiner anderen Adressen umgeleitet wird. Ich brauche dazu nicht mal ein neues Passwort.

Warum mache ich das? Nun — eine der beliebtesten Angriffsvarianten ist: Man sucht sich eine bereits gehackte Kundendatenbank und versucht dann mit den Zugangsdaten Zugriff auf andere Dienste zu nehmen. Menschen sind faul und sie können sich nicht unbegrenzt Passworte merken. Zudem ist es eine simple Anti-Phishing-Massnahme. Wenn ich die Nachricht bekomme, dass ich doch dringend mein Passwort für Dienst XYZ ändern soll, dann weiß ich direkt, dass die Nachricht an die falsche Adresse ging.

No Match

Zum Zweiten: Neben dem Geburtsdatum dient die E-Mail-Adresse als Match-Kriterium, um Daten zwischen unterschiedlichen Diensten auszutauschen. Wenn ich zum Beispiel etwas bei einem Versandhändler bestelle, kann er meine Adresse nehmen, um mir auf mich personalisierte Werbung bei Facebook auszuspielen.

Gleichzeitig kann aber auch ein Angreifer diese Daten nutzen. Stellt euch vor, dass alle Dienste, die ihr in den vergangen 15 Jahren genutzt habt und die gehackt wurden, Eure Daten in eine kollektive Datenbank zusammengeworfen haben, die unentwegt von 17jährigen durchforstet wird. Ziemlich beunruhigend, nicht?

Wozu denn anders?

Ich bin nicht paranoid. Glaube ich. Ich schreibe seit über 15 Jahren zu IT-Themen und mache mir nicht allzu viele Illusionen darüber, wie sicher meine Daten sind. Die oben beschriebene Routine habe ich mir nicht angewöhnt, weil ich Facebook und Google für die absolut bösesten Konzerne aller Zeiten halte. Sondern weil ich schlicht keinen Sinn daran sah, meine Login-Daten zu kombinieren.

Wenn ich mir ansehe, welche Dinge mir Google empfiehlt, trotz extensiver Daten aus meinem Google-Account – no, thanks. Netflix wird auch nicht besser, wenn man es mit Facebook kombiniert. Weniger Personalisierung ist zuweilen doch mehr. Und will ich wirklich jedem dauernd mitteilen, welche Musik ich höre?

Die oben beschriebenen Maßnahmen sind auch keine Anti-Hack-Garantie. Mit genug Hirnschmalz kann man wahrscheinlich ein enormes Datenprofil über mich zusammenführen. Aber wer macht sich schon die Arbeit?

Der Preis auf meiner Seite ist gering, aber er existiert. Zum einen ist es ein wenig lästig. Statt den neusten Bilder-/Musik-/Messenger-Service direkt auszuprobieren, sitze ich viele Trends einfach aus. Facebook hat mein Geburtsdatum nicht, also gratulieren mir jedes Jahr sehr wenige Leute zum Geburtstag. Ich bin nicht auf Tinder. Ich kann damit leben.

Radfahrer sind keine besseren Menschen

Dass soziale Medien zu Teilen toxisch sind, ist wahrlich keine neue Erkenntnis. In letzter Zeit ist mir aber immer wieder aufgefallen, wie sehr selbst trivialste Gruppenunterschiede zu giftigsten Kommentaren führen. Ein Beispiel ist die Dauerfehde zwischen „Radfahrern“ und „Autofahrern“. So finden es einige Leute auf Facebook mittlerweile in Ordnung, den Tod von Radfahrern zu belachen, weil die sich ja schließlich alles erlaubten. In Radfahrergruppen wird hingegen der Autofahrer als Feind und alleinige Ursache allen Übels gesehen, dem man einfach alle Straßen und Parkplätze wegnehmen muss, damit die Mobilität wieder klappt.

Dabei sollte es doch an sich die Wahl des Verkehrsmittels doch nicht direkt in eine Identität umwandeln: Ich fahre oft Rad, also bin ich Radfahrer. Doch wenn ich vom Rad absteige, bin ich Fußgänger. Und wenn ich dann sogar in ein Auto steige, bin ich Autofahrer.

Drei Herzen in einer Brust? Nicht nötig.

Diese drei Identitäten stehen nicht wirklich im Widerspruch. Sie informieren sich sogar gegenseitig. Als Autofahrer überhole ich Radfahrer mit Abstand — und falls das nicht möglich ist, raste ich nicht aus. Ich hab einen siebten Sinn dafür entwickelt, wann jemand ohne auf den Verkehr zu achten auf die Straße tritt oder von einem Parkplatz ohne zu blinken in den Verkehr einbiegt. Als Fußgänger achte ich darauf, nicht blind auf die Radwege zu treten. Als Radfahrer weiß ich, wann ich in einem toten Winkel fahre oder den quer kommenden radverkehr blockiere. (Natürlich bin ich kein perfekter Fahrer oder Fußgänger, aber ich bemühe mich.)

Im Stadtverkehr sehe ich dann natürlich die vielen Mängel im Verhalten der anderen — wie könnte man auch nicht? Mal ganz pauschal nach Gruppen sortiert:

  • Radfahrer behandeln Ampeln als Vorschläge.
  • Autofahrer blinken nicht mehr.
  • Fußgänger sind überfordert selbständig in Gruppen von mehr als zwei Personen eine Straße gefahrlos zu überqueren.
  • Segways und E-Skateboards sind…eine lächerliche Art sich fortzubewegen.

Menschen sind ein Problem. Infrastrukturen auch.

Gleichzeitig sehe ich aber auch, warum sich die Leute neben ihrer individuellen Verschlunztheit solche Verhaltensmuster angewöhnen. Das Fundament der Probleme ist die autozentrierte Infrastruktur. Natürlich glaubt der Autofahrer, die Fahrbahn sei für ihn gebaut. Sie ist es schließlich auch. Die Fahrbahnbreite ist auf das Auto abgestimmt, das Tempolimit, die Beschilderung. Ein Radfahrer, der halb so schnell auf einer halben Spur fährt, ist da ein Fremdkörper. Dass mehr Radverkehr weniger Stau auf den Autospur bedeutet, ist eine Abstraktion, die man nicht mal eben hinbekommt. Zumal es ja trotz Radfahrern immer noch eine Unmenge Autofahrer gibt — hallo Kölner Ringe.

Radfahrer hingegen sehen sich zu oft als immun gegenüber Verkehrsvorschriften. Ein Grund dafür: Auch Verkehrs- und Städteplaner sind über Jahrzehnte dieser Auffassung gewesen. Wenn Radwege im Nichts enden oder sich unbeachtet in Holperpfade verwandeln, dann ist das nur damit zu erklären, dass man Fußwege und Straßen als alternative Radwege anzusehen sind. Wenn vor jeder Baustelle ein prophylaktisch ein „Radfahrer absteigen“-Schild steht — egal ob es Sinn ergibt oder nicht — dann weiß der Radfahrer: Das ist nicht wirklich als Lösung gemeint, sondern nur als Haftungsausschluss für Stadt und Baustellenbetreiber. Die in Beton und Blech gefasste Botschaft lautet: Fahrt doch wie ihr wollt, ist nicht unser Problem. Und das tun sie dann auch.

Gewohnheiten: Lang erprobt und plötzlich tödlich

Nun könnte man das als Status Quo akzeptieren und einfach weiter machen. Ver Verkehr ist ein Nullsummenspiel und wer sich nicht anpasst, geht halt unter. Das funktioniert aber nicht. Die Verstädterung schreitet rapide fort, wir müssen uns dran gewöhnen, dass der Verkehr auf den Straßen sich umbildet.

Das tückische an solchen Entwicklungen: Lange erprobte Gewohnheiten können ganz plötzlich zur tödlichen Gefahr werden. Dabei hat sich nicht wirklich was verändert als das jedes Jahr ein paar mehr Radfahrer auf der Straße fahren, dass die SUVs vor dem Bioladen und der Grundschule jede Generation einen Zentimeter breiter geworden sin, dass drei Mal am Tag ein Lieferwagen Zalando-Pakete und Getränkekisten vorbeibringt, dass das 80jährige Ehepaar von gegenüber seine Lebensqualität per E-Bike erhöht. Und plötzlich ist die Frau, die seit 30 Jahren aus dem Supermarkt nach Gehör auf die Straße tritt, ein weitere Nummer in unserer Verkehrsunfallstatistik.

Die Sache mit dem Kopfhörer

Apropos Gehör: Gestern las ich einen Artikel, wonach ein FDP-Politiker ein radikales Kopfhörerverbot für Radfahrer gefordert hat. Das ist nicht nur ein schönes Beispiel, wie Radfahrer als Verkehrsteilnehmer zweiter Klasse gesehen werden — denn niemand träumt auch nur davon, Autofahrern oder Joggern laute Musik zu verbieten. Ein Kopfhörer in der Öffentlichkeit zu tragen ist eigentlich einer der unmittelbarsten Akte von Freiheit, den wir in unserem Alltag erleben. Wer das nur für eine Klasse von Verkehrsteilnehmern abschaffen will, will wohl nicht mehr zu den „Liberalen“, sondern zu der „Autofahrerpartei Deutschlands“ gehören.

Mehr noch: Der Vorschlag ist bemerkenswert zukunftsblind. Denn Elektroautos machen keinen Motorenlärm. Mahr Radfahrer und mehr Elektro-Autos bedeuten, dass wir uns immer weniger auf unser Gehör verlassen können. Ich hatte schon im Alltag diverse Aha-Erlebnisse, wo ich ein Elektro-Auto schlicht übersehen habe, weil ich mir angewöhnt habe, einen teil meiner Periphärsicht den Ohren zu übertragen. Nun könnte man kleine Lautsprecher an Elektroautos montieren. Oder jemanden mit einer roten Fahne und einer kleinen Hupe voranschicken. Weniger Lärm ist ein Fortschritt.

Schulterblick für alle!

Was passieren muss: Wir müssen zu einer neuen Kultur des Miteinander im Verkehr einstellen. Dazu gehört einerseits, dass Verkehrswege neu geplant werden, so dass sich Radfahrer tatsächlich an Verkehrsregeln halten können. Sie müssen dies dann aber auch nutzen. Und sie müssen sich selbst drauf einstellen, dass sie nicht mehr die Sonderlinge im Straßenverkehr sind.

Jeder, der am Straßenverkehr teilnimmt, sollte ein wenig mehr Rücksicht nehmen. Zum einen meine ich das physisch: Ein Schulterblick kann auch Fußgängern das Leben retten. Denn selbst der Zusammenstoß mit einem Jogger kann tödlich enden. Hier finde ich auch Veranstaltungen wie die Radfahrdemo Critical Mass wichtig, da hier Radfahrer lernen können, wie es ist unter lauter Radfahrern unterwegs zu sein. Denn ganz von alleine lernt man das nicht. Wir müssen neue Gewohnheiten entwickeln.

Eine Chance für alle

Als Gesellschaft müssen wir uns von der Vorstellung lösen, dass sich die Verkehrssituation für den einen Bürger nur bessert, wenn man dem anderen Bürger etwas wegnimmt. Hier sind auch die Stadtplaner gefragt: Kein Radweg darf mehr im Nichts enden, aber genau so müssen die Bürger eine Möglichkeit haben, legal zu parken – zumindest solange der öffentliche Nahverkehr nicht einen gewaltigen Sprung nach vorne macht. Hier in Köln zum Beispiel wäre die Einrichtung von Quartierparkhäusern in einigen Vierteln dringend notwendig. In dem Gebäude können dann halt keine fußbodenbeiheizten Quader-Wohnungen für 5000 Euro pro Quadratmeter entstehen — aber irgendwie muss die Stadt ja auch noch funktionieren.

Dazu gehören auch Ladezonen für Lieferverkehr und Packstationen, die den Lieferverkehr reduzieren. Flugtaxis hingegen, die kann man ruhig privaten Investoren überlassen. Und vielleicht finde ich ja auch irgendwann einen Platz in meinem Herzen für Segway-Fahrer und E-Skateboards. Die Welt wandelt sich. Und wir bewegen uns besser mit ihr als gegen sie.

Elementary

Als ich vor einigen Jahren „Elementary“ entdeckte, war ich fasziniert. Eine Adaption von Sherlock Holmes in New York ist heute nur folgerichtig. Denn New York ist heute das, was Ende des 19. Jahrhunderts London war. Und: Anders als so viele New York-Serien ist diese nicht in Los Angeles gedreht worden. Andererseits: Wenn US-Sender sich europäischen Stoffen widmen, dann wird das Ergebnis schnell banal.

Und dennoch: Was ich sah, gefiel mir. Lucy Liu als Watson war eine interessante Wahl. Sherlocks Neuerfindung als Junkie ist gerade heute sehr relevant. Die ersten Fälle waren spannend erzählt, gekonnt verwoben und die Regisseure geizten nicht mit Ausblicken auf diese faszinierende Stadt. Ich war hooked: Ich freute mich nach einer Folge schon auf die nächste. Nach zirka zwei Staffeln hatte sich mein Verhältnis zu der Serie wieder deutlich abgekühlt. Ich sah keinen Sinn mehr, die nächste Folge einzuschalten. Und tat es deshalb auch nicht mehr.

In letzter Zeit habe die Serie auf Netflix entdeckt und wieder reingeschaut. Und wieder war ich fasziniert. Diesmal nicht von der Serie an sich, sondern weil ich herausfinden wollte, was mich stört. Ich bin ein Anhänger der These, dass Fiktionen auf viele Weise unsere Realität widerspiegeln – und in der Masse verändern die Fiktionen wiederum unsere Realität. Und dass in der Realität einiges schiefgelaufen ist, steht nicht wirklich zur Debatte. Was also hat mich von der Serie abgeschreckt, obwohl sie nach kommerziellen Kriterien ein gewaltiger Erfolg ist und bald in die sechste Staffel geht?

Eine gelungene Kombination?

Fangen wir zuerst nochmal mit den positiven Aspekten an: Obwohl eine Staffel aus 24 Fällen besteht, ist Elementary clever geschrieben und schafft es immer wieder, aktuelle Themen mit den alten Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle zu verknüpfen. Drohnen. Mrs Hudson. Das Bienensterben. Lestrade. Anonymous. Drogensucht. Dabei steht die Serie Konkurrenten wie The Good Wife, Castle oder White Collar in nichts nach. Dass Holmes nun auf Verkleidungen verzichtet und stattdessen ein unglaubliches Sprachtalent mitbekommen hat, ist nur folgerichtig. Dass die Red Headed League sich nicht mehr nach zu einem Tresor durchbuddelt, sondern zu einem Transatlantik-Datenkabel – Kudos. Dass Moriarty nun mit Irene Adler kombiniert wurde – nun, das ist zumindest wagemutig.

Doch die anfänglich Kreativität ist nach 40, oder 50 Folgen in Stagnation und Lethargie umgeschlagen. Beispielsweise war das Hacker-Kollektiv „Everyone“ mal eine anregende Idee. Zwischenzeitlich wird es aber zum Joker, der in fast jeder Folge gezückt wird, wo ein kleines Plot-Loch besteht: Sherlock müsste etwas ermitteln, was eigentlich nicht zu ermitteln ist? Keine Sorge: „Everyone“ ist unfehlbar und immer verfügbar.

Ein Grund-Defekt vieler Serien mit dem Schauplatz New York ist, dass die gezeigten Apartments immer zu groß sind. Bei Elementary fiel das zunächst nicht so auf. Mit seinem Brownstone in Williamsburg/Harlem hat sich Holmes eine extraterritoriale Oase geschaffen, seine Ermittlungen führen ihn meist an den Arbeitsplatz von Zeugen, selten mal in eine Wohnung. Doch wenn man die Serie länger schaut, erkennt man schnell: So lebt man nicht wirklich in New York. Weite Strecken sehen mittlerweile wie ein Werbespot für Luxus-Immobilien aus. Das wirkt sich irgendwann auch auf den Plot aus. In unwirklichen Wohnungen leben unwirkliche Menschen. Auf der einen Seite die besserverdienenden Abziehbilder: Anwälte, CEOs, Unternehmensberater. Auf der anderen Seite die untere Klasse, die in geradezu Dickins’scher Armut gezeigt wird. Werden sie in Apartments ermordet, fällt die Farbe von den Wänden.

The other half

Dass etwas nicht stimmt, dass das nicht reicht, haben die Autoren in Staffel 3 selbst gemerkt. Joan Watson ist hier schon kein Gegenpart mehr, die den vermeintlichen Übermenschen Sherlock auf den Boden zurückholt. Stattdessen mutiert sie immer mehr selbst zur Überfliegerin, die Wissen aus reiner Luft bezieht und jahrealte Mysterien im Handumdrehen löst.

Man kann es an der Flut neuer Figuren bemerken, die schnell eingeführt werden und wieder verschwinden. Der London-Import Kitty bleibt merkwürdig unvollständig. Grade als man in den Versuch kommen könnte, sie zu verstehen, verschwindet sie wieder. Gleiches passiert mit dem Sponsor und Autoknacker Alfredo. Mit dem Bruder von Sherlock. Mit dem Vater von Sherlock. Irene. Storybögen werden gespannt — und verschwinden im Nichts. Immer wieder verliert sich Elementary in kreativen Sackgassen. Joan zieht aus, Joan zieht wieder ein. Der Job beim NYPD ist vorbei, der Job beim NYPD ist wieder da. Sherlock wird empathisch und Sherlock kehrt wieder zu seinem rüden Selbst zurück. Sherlock beginnt eine Liebesbeziehung. Und sie verfliegt.

Gleichzeitig flüchten sich die Autoren in Narrative, die man seit Jahrzehnten erfolgreich einem nicht-denkenden Publikum verkaufen kann: Der absolut einzige Weg aus Abhängigkeit sind Selbsthilfegruppen mit dem 12-Punkte-Programm. Es gibt das absolut Böse. Braune Menschen sind kriminell oder mit Kriminellen verwandt. Folter wirkt. Wenn wir nur überall Kameras aufhängen, ist quasi jedes Problem lösbar. Der Rechtsstaat hindert nur. Superhelden stehen über dem Gesetz.

No Law, But Order

Gerade diese tiefe Verachtung für den Rechtsstaat irritiert mich zunehmend. Holmes muss nie in einem Strafprozess aussagen, er zerstört immer wieder jegliche Beweiskette, erpresst Zeugen, bricht ein. Am Anfang konnte man das noch mit seinem Außenseitertum begründen — auf die Dauer wird es jedoch ermüdend. Richtig skurril wird es, wenn Detective Bell eine Romanze mit einer anderen Polizistin entwickelt. Als er erfährt, dass seine Freundin für die Internen Ermittlungen — the rat squad — arbeitet, versteigert er sich in moralische Tiraden über Spitzel, die echte Polizisten verraten, mit voller Unterstützung von Holmes und Watson. Da stand wohl die Serie Blue Bloods Pate. Denn das Department, der ehrliche Cop hat letztlich immer recht.

Auch die Konstruktion der Fälle wird zunehmend nachlässig und simpel. Egal ob es um Diebstahl, Betrug oder Entführung geht: Es muss immer jemand ermordet werden. Echte Gründe braucht dazu kaum ein Täter. Es ist egal wie komplex die Pläne sind, die zum Erfolg führen. Wachmänner, Zeugen, Geschäftspartner und Ehepartner werden ohne Skrupel oder Reue beseitigt. Was ist das nur für ein Menschenbild?

Und hier bin ich wohl am Punkt angelangt, der mich bei Elementary zunächst unbewusst gestört hat. Aus einem intellektuell anregenden Spiel ist durch bloße Wiederholung und dem Beharren auf simplen Denkmustern etwas geworden, was nur noch dazu eignet, sein Gehirn abzuschalten. Und wenn wir unser Gehirn abschalten und uns dauernd mit Zynismus berieseln lassen, dann verschwindet dieser Zynismus nicht so einfach wieder aus unseren Köpfen. Sondern setzt sich fest. Fiktionen spiegeln auf viele Weise unsere Realität wider – und in der Masse verändern sie unsere Realität.

Regulierung muss moderne Geschäftsmodelle verhindern

Der Satz wird so oft gesagt, dass man ihn schon nicht mehr wahrnimmt. „Regulierung darf moderne Geschäftsmodelle nicht verhindern“, heißt es immer wieder. Und jeder nickt.

 

Dabei ist der Satz grundfalsch. Denn es ist gerade die Aufgabe von Regulierung moderne Geschäftsmodelle zu verhindern. Früher verhinderte die Regulierung den Verkauf äußerst preisgünstiger und immens arbeitplätzeschaffender Dampfkessel, die dann beim Kunden irgendwann explodierten. Das war ein äußerst modernes Geschäftsmodell. Heute muss Regulierung Geschäftsmodelle verhindern, die rücksichtlos und dauerhaft schädigend mit Daten umgehen. Auch Crypto-Trojaner, die ganze Unternehmensnetzwerke lahmlegen, bis denn eine Zahlung geleistet wurde, sind ein sehr modernes und lukratives Geschäftsmodell.

Nun kann man drüber streiten, welches Geschäftsmodell genau mit welchen Mitteln verhindert oder eingeschränkt werden darf. Die Modernität ist jedenfalls kein Kriterium, das einen Regulierungs-Freibrief begründen könnte. Oder kurz gesagt: Regulierung muss moderne Geschäftsmodelle verhindern. Sonst kann man sie sich auch sparen.

Missverständnisse zu #efail

Heute morgen hat uns die Electronic Frontier Foundation ganz schön erschreckt, als sie plötzlich verkündete, dass man PGP-Plugins deinstallieren solle. Nachdem ich das zugrunde liegende Papier gelesen habe, das aufgrund der übereilten EFF-Veröffentlichung einen Tag früher als geplant online gestellt wurde, kann ich diese Empfehlung nach wie vor nicht nachvollziehen.

Ja, es sind gravierende Sicherheitslücken. Was die Forscher in ihrem Paper beschreiben, ist ein Aushängeschild für den schlechten Zustand der Verschlüsselungslösungen für Endnutzer. Was mir bei der Berichterstattung allerdings etwas übel aufgefallen ist: Einige Kollegen erzählten eine Geschichte, wonach nun plötzlich ein super-sicheres System zum ersten Mal geknackt worden sei.

Der übliche Einwand darauf ist: Die Verschlüsselung wurde nicht geknackt, sondern nur umgangen. Das trifft auch hier zu. Für den Anwender mag das im Ernstfall wenig tröstlich sein. Aber treten wir mal einen Schritt zurück und sehen, worum es wirklich geht. Eine der Voraussetzungen des heute veröffentlichten Angriffs-Szenarios ist es, dass der Angreifer bereits die E-Mails des Opfers erfolgreich abfangen konnte, und nun dringend noch den Schlüssel braucht. Und sich überhaupt nicht drum schert, dass der Angriff morgen einfachst nachvollzogen werden kann.

Auf deutsch: Edward Snowden sollte heute morgen wirklich nicht Thunderbird mit den untersuchten PlugIns verwenden. Was er wohl eh nicht tat. Die meisten(!) anderen Nutzer sollten sich aber eher Gedanken drum machen, dass sie ihre E-Mail- und Verschlüsselungs-Software updaten und die Voreinstellungen überprüfen.

Eine der wichtigen Lektionen von heute ist: Verschlüsselte Daten sind nur so sicher, wie das System, auf dem sie gespeichert sind und verarbeitet werden. Es hat immer hunderte Wege gegeben und es wird immer hunderte Wege geben, an PGP-verschlüsselte E-Mails zu gelangen, wenn denn der Empfänger seine IT-Systeme nicht wirklich unter Kontrolle hat. Man kann versuchen, auf dem Rechner einen Trojaner zu installieren. Man kann Backup-Daten klauen und drauf hoffen, dass der betreffende seine wichtigen E-Mails, Passworte oder Cache-Daten im Klartext abgespeichert hat. Man kann den Bildschirminhalt und Prozessorenaktivitäten über erstaunliche Entfernungen abhören. Oder schlicht drauf warten, dass irgendjemand den falschen Knopf drückt und einen langen E-Mail-Thread im Klartext versendet. Und, und, und… Die Möglichkeiten der Gegenwehr sind vorhanden, aber nicht unerschöpflich. Um IT-Systeme sinnvoll absichern zu können, muss man einschätzen können, wie sehr und von wem man denn bedroht ist.

Die konkretere Lektion ist: E-Mail-Programme sind nicht so sicher, wie wir es gerne hätten oder bis heute angenommen haben. Jeder sicherheitsbewusste Nutzer sollte mittlerweile gehört haben, dass man E-Mails nicht Daten aus dem Internet nachladen lässt. Denn so fängt man sich nicht nur finstere Verschlüsselungsknacker ein, sondern auch Spammer und Möchtegern-Hacker. Nun haben die Forscher einige Wege gefunden, wie E-Mail-Programme ungewollt nach außen kommunizieren. Einige sind nicht ganz so neu — aber dennoch nicht abgeschafft. Andere waren zumindest weniger bekannt und müssen nun ganz gezielt ausgemerzt werden.

Was mich auch etwas nervt, wie wenig Kontext durch die Skandalisierung transportiert werden konnte. Wenn man ganz laut ALARM!!!! schreit, bleibt halt wenig Platz für Erklärungen. Wenn E-Mail-Programme Informationen nach außen leaken lassen, können Angreifer dies nicht nur dazu nutzen, um verschlüsselte E-Mails zu entschlüsseln. Man kann die gleiche Technik verwenden, um jemanden zu enttarnen, der sich hinter einer vermeintlich anonymen E-Mail-Adresse verbirgt. Man schickt dem Betreffenden eine präparierte E-Mail und wenn er sie öffnet, hat man die IP-Adresse und vielleicht noch zwei bis drei andere Datenpunkte, mit dem man ihn identifizieren kann. Das ist gängige Praxis. Selbst abgefeimteste Profis fliegen so auf. Und wenn weder Gesetzeshüter, noch Geheimdienste die Lücke nutzen: Spammer und Abobetrüger greifen sicher gerne zu.

Ein weiterer Kontext, der mir deutlich zu kurz kam: Die in Großunternehmen verwendete Verschlüsselung S/MIME schneidet im Papier wesentlich schlechter ab als die OpenSource-Lösung PGP. Und das ist ein großes Problem. Updates für Thunderbird sind schon veröffentlicht, weitere folgen in Kürze und können von Einzel-Nutzern schnell installiert werden. Ein Update der E-Mail-Software und Verschlüsselungslösungen etwa für 100000 Angestellte weltweit auszurollen, ist jedoch etwas, was nicht ganz so schnell passiert.

Auch Kontext: Die Veröffentlichungsstrategie. Der Hashtag #efail — muss das wirklich sein? Er ist zwar schön griffig, aber er transportiert vor allem Häme. Und das ist einfach #facepalm.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich wünschte, wir könnten etwas abgeklärter, und informativer über solche Probleme reden.

„Bevor Sie fortfahren…“ – Googles GDPR-Fragen

Derzeit bereiten sich ungefähr alle Firmen auf die Datenschutz-Grundverordnung vor, die in vier Wochen gültig wird. Für uns Nutzer heißt das: An allen Ecken und Enden des Internets werden wir aufgefordert, neue Nutzungsbedingungen abzusegnen, E-Mail-Abos zu bestätigen oder unsere Einstellungen zu überprüfen.

Grade eben hatte ich die neuen Bedingungen von Google auf dem Schirm. Und es ist wirklich ein Vorzeigebeispiel dafür, wie einen Firmen dazu drängen, genau die Option auszuwählen, die in ihrem Interesse ist.

Zunächst mal: Die Aufforderung erschien, als ich mal eben etwas auf Google Maps nachschlagen wollte. Es gab keine Option zum Wegklicken — anders als bei anderen AGB-Änderungen. Also bin ich sehr motiviert, diesen Prozess schnell hinter mich zu bringen, weil ich doch schnell etwas auf Google Maps nachschlagen will.

Der Leerraum in diesem Dialog ist wirklich beachtlich. Warum wird hier so viel Platz verschenkt? Auf der zweiten Seite werde ich dann etwas näher aufgeklärt, worum es geht. Es sind grade so viele Details, dass ich auf meinem HD-Bildschirm scrollen muss, um alles zu lesen. Aber will ich das wirklich alles lesen? Ich will doch nur mal eben etwas auf Google Maps nachschlagen… Und dazu müsste ich nur auf den bereits blau markierten Button „Ich stimme zu“ klicken.

Doch halt. Da gibt es ja noch „Weitere Optionen“. Was dahinter wohl stecken mag?

Bingo. Eine wahre Schatzkiste an Sachen, mit denen Google Geld verdient. Zunächst einmal die Sucheinstellungen.

Hier geht es im wesentlichen um meine eigene Bequemlichkeit – also lässt mich Google gewähren.

Bei der Frage zur personalisierten Werbung hingegen wird klar, dass Google wirklich, wirklich nicht will, dass ich diese abschalte. Zunächst mal werde ich zu einer Einstellungs-Webseite geleitet, die ein ganz anderes Design hat. Dann werden mir zwei Fragen gestellt, wo eigentlich eine genügt hätte. Wenn ich Personalisierung abschalten will, will ich sie vermutlich überall abschalten. Google hingegen teilt dies in zwei Fragen auf, die verschiedene Optionen haben, „Nein“ zu sagen: Bei der ersten Frage muss man einen Schalter betätigen, bei der zweiten einen Button anklicken. Man beachte auch: War der „Zustimmen“-Button anfangs rechts, ist er nun links angesiedelt. die wahrscheinlichkeit, dass man zumindest einen Ausschalter übersieht, ist also ziemlich hoch.

Nicht genug. Falls man tatsächlich die Option „Deaktivieren“ wählt, warnt einen Google ausdrücklich davor, einen schweren Fehler zu begehen. „Werbetreibende können Ihre früheren Besuche ihrer Website nicht bei der angezeigten Werbung berücksichtigen.“ Das heißt: Keine Retargeting-Werbung mehr. Wie könnte ich nur so etwas wollen?? Die subtile Androhung, es könne mehr Werbung eingeblendet werden, halte ich derzeit für wenig realistisch.

Die Warnmeldung kommt gleich zwei Mal. Besonders lachen musste ich jedoch, als ich die zweite Warnung wegklickte, und dann dies angezeigt bekam:

Ich kann mir nicht helfen — aber ich sehe vor meinem inneren Auge einen kleinen Google-Manager verzweifelt-wütend mit dem Fuß aufstampfen. „Wenn du schon unsere kostbar-lukrative Werbung nicht willst, dann sperr wenigstens auch die der Konkurrenz!!!“

Was natürlich bei privatsphäre-orientierten Nutzern eh nicht klappt, weil sie in ihrem Browser Third-Party-Cookies gesperrt haben.

Als dritter Punkt kommen die YouTube-bezogenen Einstellungen, die nicht weiter interessant sind. Der vierte Punkt ist aber nochmal lustig: die „browserbezogenen Einstellungen“:

Statt einfach einen Link zu den Cookie-Einstellungen zu setzen, bekommt man eine 5 Punkte umfassende IKEA-Bauanleitung. Und um Google Analytics abzuschalten, muss man ein eigenes Add-On installieren.

Nachdem man das alles erledigt hat, muss man dann noch zwei Mal auf „Zurück“ klicken und dann auf „Ich stimme zu“. Erst dann ist Google GDPR-AGB-Parcour erfolgreich absolviert.

Wer bereits allzu eilig den Dialog weggeklickt hat, kann die Einstellungen auf dieser Seite wieder ändern.