Better Call Saul, Season 3

Gestern hab ich das Season Finale von Better Call Saul gesehen. Vielleicht ist es Zeit, Bilanz zu ziehen. Falls ihr vor Spoilern Angst habt, lest nicht weiter.

Ich mag die Serie. Es ist eine der wenigen, die ich in den letzten Wochen gesehen haben. Und sie zeigt: Binge watching ist nicht immer gut. Wer eine Staffel Better Call Saul in zwei Tagen runterrattert, kann die Serie nicht wirklich aufnehmen. Denn einer der Haupt-Charakteristiken der Serie ist die Entdeckung einer Langsamkeit, die nur manchmal enervierend ist. Besonders wenn man es mit dem Serien-Piloten vergleicht, ist der Kontrast mehr als greifbar. An seinem ersten Tag hetzt Jimmy geradezu von Katastrophe zu Katastrophe. Jetzt hat er Zeit.

Auch hat sich das Jimmy-Universum beträchtlich ausgeweitet. Es sind nicht unbedingt mehr Figuren auf dem Schirm, aber sie bekommen endlich ein eigenes Leben. Mike wird endlich dieses Job als Parkwächter los, der ohnehin nur als Witz taugte. Wie sollte die Schwiegertochter glauben, das viele Geld käme von einem Menschen, der eine Schranke bedient? Die Sache mit dem Turnschuh? Herrlich! Wen er jedoch in der Wüste ausgebuddelt hat, erfahren wir nicht.

Ich mag auch Nachos Geschichte. Auch er kann seine Existenz als Vollzeit-Sohn und Vollzeit-Gangster endlich hängen lassen und zur eigenen Figur werden. Kim Wechsler, die getriebene Anwältin mit der ungesunden Liebesbeziehung ist nun endlich auf eigenen Füßen — und Jimmy nicht mehr der Klotz am Bein. War Chuck in der ersten Staffel ein Kuriosum, spüren wir nun seinen Schmerz.

Gus Fring hingegen bleibt schemenhaft. Wir sehen ihn immer nur bei seiner Arbeit, Arbeit, Arbeit. Was macht er mit dem ganzen Geld, das er doch verdient? Da ist noch viel Stoff, den wir hoffentlich in Season 4 erfahren sollen. Auch Nachos Antriebsmoment ist noch offen, sein Ende hingegen ziemlich klar. Was hat Don VitoHéctor so verbittert, dass er sich selbst sabotiert?

Das große Problem mit Season 3: Einerseits ist Bob Odenkirk sehr viel besser geworden — er schneidet kaum noch Grimassen, sondern lässt Jimmy Jimmy sein. Aber Jimmy selbst ist immer weiter davon entfernt, zu Saul zu werden. Ja, wir haben nun den Namen gehört — das war aber schon alles. Der Saul aus Breaking Bad ist nicht nur ein sleazebag, er ist auch misogyn bis ins Mark. Jimmy jedoch ist nun seit über einem Jahr in einer stabilen Beziehung mit einer starken Frau, die ihn mehr als genug vorbereitet hätte auf die Begegnung mit Skyler White. Saul schlägt auch immer wieder vor, andere Leute umbringen zu lassen. Jimmy hingegen wirft sich immer zuerst selbst in die Schusslinie, oder erfindet mal eben einen Kuchen-Sex-Fetisch. Ich glaube nicht, dass Vince Gilligan und Peter Gould das Kunststück dieser Verwandlung noch vollbringen können. Jimmy und Saul — das sind zwei gänzlich andere Personen.