Yigg – das News-Prekariat?

Ich gebe zu: ich verstehe den Sinn der Dutzenden von ach so sozialen News-Portalen nicht. Im Idealfall kann durch eine Community ein interessanter redaktioneller Prozess erzeugt werden – die meisten Anbieter scheinen sich aber nicht darum zu bemühen.

Nehmen wir nur einmal Yigg.de, eine deutsche Adaption von digg.com, die vor zwei Monaten professionell wurde. Was erwartet uns auf der Startseite des News-Portals? Zuerst einmal: erstaunlich wenig neues. Ein Google-Video einer ARD-Reportage über Humor im Dritten Reich, die ich schon vor Monaten gesehen habe oder ein Hinweis auf einen mäßig originellen Carlsberg-Werbespot, der schon vor zwei Monaten auf Youtube zu finden war.

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Wenn es schon mit der Aktualität nicht klappt – wie sieht es aus mit der Aufbereitung der Inhalte? Kurz zusammengefasst: Schrecklich. Der Carlsberg-Werbespot wird angeteasert ohne jeden Hinweis auf Werbung oder den Inhalt – der Leser wird im Glauben gelassen, dass es sich um ein weiteres unterhaltsames Experiment handelt.

Auch bei ernsteren Themen scheinen die Yigg-Autoren kein wirkliches Interesse daran zu haben, Nachrichten korrekt zusammenzufassen. Stattdessen werden Meldungen noch einmal künstlich skandalisiert. Ein Focus-Online-Artikel zur Diskussion um eine Hartz-IV-Erhöhung wird mit der Schlagzeile „Werden Arbeitslose hungern?“ ergänzt – BILD lässt grüßen. Den zugegebenermaßen lächerlich wirkenden Gesetzvorschlag zur Verschärfung des Copyrights in den USA kommentiert der Einreicher mit einer Frage: „Lebenslang ins Gefängnis weil man den Content anderer kopiert hat? Sei wann gibt es für Diebstahl lebenslänglich?“ Hätte er den verlinkten Artikel gelesen, wüsste er, dass die lebenlängliche Strafe nur für Mordversuche oder Verstöße mit Todesfolge vorgesehen ist.

Überhaupt scheint es sehr schwer von der Yigg-Meldung auf den Inhalt zu schließen. Was hinter der Überschrift „Der Versuch Social-Networks auszutricksen scheint nicht immer zu funktionieren“ stecken mag, kann man nur herausfinden, wenn man den Link anklickt. Man könnte einwenden, dass dies der Sinn solcher Newsportale ist – aber in dem Fall könnte man die Links auch mit undifferenzierten Grunzlauten anteasern.

Lange Rede, kurzer Sinn: Zur Information taugt Yigg derzeit noch weniger als eine Boulevardzeitung.