Gerade wird in Berlin vorgestellt, wie sich die Bundesregierung einen digitalen Radiergummi vorstellt. Wie Kristian Köhntopp beschreibt ist das Ganze eine Art DRM, das jedes Mal beim Keyserver anfragt, ob es denn eine Datei anzeigen kann. Ein aus meiner Sicht nicht sehr praktikables Konzept.
Und es ist nicht Mal neu: Bereits 2002 war das Problem mit zunehmendem Alter peinlich oder gar schädlich werdenden Inhalten bekannt. Allerdings konzentrierte man sich damals noch auf e-Mails wie zum Beispiel dieser AP-Bericht zeigt:
In addition to Authentica, Atabok Inc., SafeMessage Americans Inc. and Omniva Policy Systems have systems designed to keep embarrassing or incriminating messages from surfacing years later. In essence, they allow e-mail to self-destruct.
Many of these services can also restrict what recipients do with messages – such as bar them from forwarding, copying or printing email. These digital-rights management tools work much like copy-protection systems being developed for music, movies and e-books.
Der Schwachpunkt des Ganzen:
Even if the self-shredding software disables printing, copying and screen-capture functions, nothing will stop a determined person from photographing the screen or jotting down the information by hand.
Und vor allem: dies waren alles proprietäre Techniken, die voraussetzten, dass Sender und Empfänger das gleiche Produkt zur Ver- und Entschlüsselung benutzten. Es wurde dann auch nichts aus der Idee der selbstkompostierenden E-Mail. Statt E-Mails zu shreddern, shredderten sich die Anbieter selbst — in Rekordzeit.
Aber wartet Mal: eine unpraktische proprietäre Lösung mit staatlichem Stempel? Die Technik könnte doch einfach bei De-Mail eingebaut werden und so die notwendige Marktpenetration erreichen. (Anmerkung: die Prämisse dieses Arguments ist rein hypothetisch. Dass De-Mail jemals eine Marktpenetration erreicht, die irgendwas bewirken könnte, glaube ich vorerst nicht.)
Aber nein, nicht Mal das klappt, wie man bereits 2002 wusste:
Though a 2000 federal law gives electronically signed documents the same legal standing as paper documents, electronic documents can’t be considered equal to paper if senders can shred them by remote control.
Senders get unprecedented powers over decisions normally left to the recipients. So it becomes up to the recipient to go back to the sender to request a paper or permanent electronic copy – and count on the sender’s cooperation.
Wenn man elektronische Botschaften Rechtssicherheit verleihen will, können Selbstvernichtungsmechanismen nicht angewandt werden.
Was bleibt also: eine uraltes Konzept, das sich aus guten Gründen nicht durchgesetzt hat und jetzt auf in einem neuen Bereich angewendet werden soll, der sich noch weniger für die Idee eignet als das vorangegangene Szenario. Denn seien wir ehrlich: wer peinliche Bilder auf Facebook hochlädt, wird nicht gerade viel Energie in Verfallsmechanismen investieren.