Twitterfreiheit

Viel ist über den Twitter-Nutzer geschrieben worden, der illegal den Polizeifunk abgehört und Nachrichten über eine Geiselnahme gleich getwittert hat. Und sich unverschämt auf die Pressefreiheit berufen wollte.

Nun kann man lange über Bürgerjournalismus und Ethikfragen debattieren – aber in meinen Augen ist das hier nicht der Skandal. Das Problem ist viel mehr, dass die Polizei heute immer noch unverschlüsselt sensible Informationen in die Gegend sendet. Dass der Täter die Informationen mit einem kleinen Funkscanner direkt mithört war in diesem Fall wahrscheinlicher als dass er es über Twitter mitliest. Unter der Ägide von Herrn Schäuble und seinen Vorgängern wurden Milliarden Euro verjubelt ohne bis heute zu einem vorzeigbaren Ergebnis zu kommen. Dass der Twitter-Nutzer mitgeschrieben hat, macht nur deutlich wie viele andere heimlich und unbehelligt mithören konnten.

Das Problem: Wenn Polizeireporter und Funkamateure nicht mehr mithören können, geht ein Stück Transparenz und Kontrolle verloren. Hier wäre es an der Zeit, dass Deutschland einführt, was woanders selbst verständlich ist: Einsatzberichte und Alarme so offen und frei wie möglich zu machen. Als in Amsterdam ein Flugzeug abstürzte, ging die offizielle Alarmmeldung der Feuerwehr ganz legal über Twitter, in den USA kann man in öffentlichen Registern nachschlagen, wann und wo denn ein Polizist im Einsatz war.

Über Linkkürzer

Gerade dank Twitter & Co sind Linkverkürzer grade sehr in Mode. Ein paar Fakten.

Solche Dienste sind ein Sicherheitsrisiko. Dank der Verkürzung erkennt der Internet-Surfer vorher meist nicht, wo er denn landet, und er weiß nicht ob die Daten nicht an anderer Stelle verändert wurden wie vor kurzem geschehen.

Welche Linkverkürzer in fünf Jahren noch online sind, ist höchst fraglich – gute und nachhaltige Geschäftsmodelle habe ich bisher nicht gesehen. Im besten Fall gehen die Links irgendwann ins Leere. Die Sage, dass das Internet nichts vergisst, ist bekanntlich Blödsinn – wie wir Menschen behält das Internet nur das, was ihm grade besonders interessant vorkommt – und auch davon nur die Hälfte. Wenn das große Tiny-Sterben einsetzt, helfen aber nicht einmal Google-Cache oder Archive.org, das Ergebnis wird eine rapide Internet-Demenz sein.

Auch Kurz-URLs brauchen Platz. Die Links, die TinyURL grade ausspuckt sind 25 Zeichen lang, das sind 17,8 Prozent eines Tweets. Bit.Ly kommt derzeit mit vergleichsweise schlanken 19 Zeichen aus.

Dabei lassen sich ellenlange URLs oft sehr einfach verkürzen. Zum hat zum Beispiel der oben erwähnte Link

http://www.heise.de/security/2-2-Millionen-URLs-bei-URL-Verkuerzerdienst-manipuliert–/news/meldung/140557

ganze 106 Zeichen. Ohne Zauberei wird aus der langen, sprechenden URL eine relativ kurze:

http://www.heise.de/security/news/meldung/140557

hat nur noch 48 Zeichen, führt zum gleichen Ziel und zeigt dem Nutzer auf den ersten Blick, wohin er denn klickt. Bei vielen langen URLs geht das ganz ähnlich. Session-IDs sollte man eh vor der Weitergabe an Dritte streichen.

Deshalb: Wer sinnlos Linkverkürzer einsetzt, denkt auch kürzer.

Generation Twitter

Holger Kreitling hat sich für Welt.de hat Twitter, SMS und so als Generationenstreit vorgestellt:

„Lol“, sagte der Ältere mit jenem Tonfall, den er für cool und überlegen hält. „Lol“ ist ein bekannter Netzjargon und die Abkürzung für „Laughing out loud“, also lautes Lachen.

Der Analyse als solche kann ich kaum zustimmen, da sie doch etwas zu sehr auf dem Niveau einer Bill-Cosby-Folge über telefonierende Teenager verharrt und die Weiterentwicklung der Kommunikationswege gänzlich ignoriert. Aber der Text ist sehr amüsant geschrieben.

Hashtag-Spam

Sie sind unvermeidlich: Kaum ist eine Funktion etabliert, schon sind die Spammer vor Ort. Bei Twitter fangen sie nun an mit Tags wie #winnenden oder #rp09 für eine Pokerseite zu werben…


hashtag-spammer

Twittern aus Hilflosigkeit

Vor ein paar Tagen machte der Twitter-User „nipp“ Medienkarriere als erster twitternder Augenzeuge. Er hat nun seine Erfahrungen kurz zusammengefasst:

I could not get to the airplane. Not knowing exactly how to act I went online put the news of the crash on the internet a website called Twitter. I was the only one near the crash site who had access to the internet. I kept updating on the situation through Twitter not knowing what else to do. Within minutes my messages where picked up by the worlds media. I got phone calls from CNN, BBC, Al Jazeera and more major network stations asking to describe what I was seeing.

Das war freilich nicht viel: ein Flugzeugwrack in der Ferne, Rettungskräfte eilen hin, ein paar freihändige und uninformierte Spekulationen.

Above all, I am amazed by the power of internet reporting, and the speed by which is was picked up by the (old) but very powerful medium that television still is – how various stations got my mobile number within minutes remains a mystery to me.

Aprospos: Nip mag der erste menschliche Augenzeuge auf Twitter gewesen sein, insgesamt war aber doch nur zweiter.

You saw it first on Twitter

Ein Flugzeug ist in Amsterdam abgestürzt und ich als Newsjunkie habe mal CNN eingeschaltet. Die ersten Wörter die ich höre:

…you see pictures from Twitter, the website…

cnn-twitter

Hat also Twitter mal wieder die Massenmedien geschlagen? Bürger mit Handies sind Journalisten überlegen?

Ganz einfach: Nein.

In meinem eigenen Twitter-Horizont kann ich sehen, dass der Flugzeugabsturz im Nachbarland als erstes durch die Massenmedien wahrgenommen wird. Wenn jemand tatsächlich Bilder vom Unglücksort getwittert hat, dann wurden die von einigen Followern gesehen, die sie weitergetwittert haben mögen und vielleicht auch in ein paar Stunden bei mir ankommen. Oder auch nicht.

Es scheint wohl mehr eine Schwäche von CNN zu handeln. Denn grade berichten die Reporter, dass die „local media“ Berichte vom Unglücksort bringen. Der Twitter-Twist ist für CNN lediglich eine Möglichkeit, schnell an Bilder zu kommen, die sie wohl nicht bezahlen.