Terroristen haben kein Facebook Connect

dpa meldet:

Passagiere auf deutschen Flughäfen sollen nach einem Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière die umstrittenen Körperscanner freiwillig benutzen. […] Jeder Fluggast sollte die Wahl haben, ob er bei Kontrollen in den Scanner gehe oder sich vom Personal abtasten lasse. De Maizière rechnet damit, dass die Geräte vom Sommer an eingesetzt werden können.

Irgendwie fehlt mir da die dritte Alternative. Wie wäre das: wer die Privatsphäreeinstellungen bei StudiVZ auf Null schraubt oder die HomelandSecurity-App auf seinem Facebook-Profil installiert, darf einfach durch die Sicherheitsschleuse gehen. Denn diese Leute laufen eh die ganze Zeit nackt herum – datennackt.

Im Internet sind alle Surfer grau

Die Empörung ist wieder groß:

Unbekannte Internet-Surfer haben die Opfer des Amoklaufs von Winnenden und Wendlingen verhöhnt.

Und ja: es war mal wieder krautchan, die mehr oder weniger gelungene Kopie von 4Chan. Interessanterweise sieht sich keiner der Kollegen in der Lage seinen Lesern zu vermitteln, was krautchan denn nun ist. Würde man die Seite als „Forum für meist geschmacklose Witze“ bezeichnen, wäre die Luft aus der Meldung raus. Der Neuigkeitswert wäre so groß wie die Schlagzeile „Franz-Josef Wagner hat wieder was unglaublich Borniertes geschrieben“. Nach der rudimentären Beschreibung des Bildes gehe ich zudem davon aus, dass nicht die Opfer von Winnenden, als vielmehr bild.de und Angela Merkel Ziele der „Verhöhnung“ waren.

Interessant ist der Kontext. So schließen die Stuttgarter Nachrichten die Meldung mit einem Absatz über die 60 Beschwerden, die beim Presserat eingegangen sind. Wohlgemerkt: nicht über „das Internet“, sondern über die besten Adressen des deutschen Journalismus.

Die Süddeutsche schließt auch mit einem ganz anderen Thema:

Unterdessen hat EU-Kommissarin Viviane Reding den Umgang einiger Medien mit dem Amoklauf in Winnenden scharf kritisiert und mehr Datenschutz im Internet gefordert. „Ich glaube, dass zumindest die Online-Profile von Minderjährigen unbedingt standardmäßig als ‚privat‘ eingestuft und für Internet-Suchmaschinen unzugänglich sein müssen“ […]

Auch hier wird der Eindruck vermittelt, dass „das Internet“ irgendwie Schuld wäre. Das Gegenteil ist hier der Fall: StudiVZ-Bilder sind zum Beispiel schon immer für Internet-Suchmaschinen unzugänglich, einige Medien dringen aber gezielt in diesen privaten Bereich ein.

RTL und ich

Die Überschrift ist irreführend – denn eigentlich wohnen RTL und ich in unterschiedlichen Sphären. So lese ich bei heise:

Mit einem ähnlich hohen Beliebtheitsgrad können die Multimedia-Plattformen YouTube und Clipfish aufwarten 87 % respektive 78 %. YouTube konnte seit der letzten Untersuchung um fast 30 Prozent zulegen.

78 Prozent kennen Clipfish? Ich wohne quasi im Internet und mir ist die Seite bis auf ihre Existenz fast unbekannt. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich da mal einen Clip angesehen habe oder auch dass mir irgendjemand mal einen Link darauf gezeigt hätte.

Gleiches Phänomen bei Wer-kennt-wen – fünf Millionen Nutzer und ich kenne keinen einzigen davon. Ich habe schon oft von StudiVZ und Facebook reden gehört, aber nie von Wer-kennt-wen. Keine Einladung, kein zufällig mitgehörtes Gespräch im Fitnessstudio – nichts.

Der gemeinsame Faktor: Beide Portale gehören RTL. Ich besitze zwar noch einen Fernseher – wann bei mir das letzte Mal RTL lief, ist mir aber unbekannt. Auf welchem Programmplatz ich den Sender abgespeichert habe – keine Ahnung. Und so bekomme ich die zahlreichen Werbespots nicht mit, die RTL in eigener Sache so schaltet.

Aber reicht das schon? Kann das ach so tot gesagte Fernsehen ohne Probleme durch repetetive Werbespots die Web 2.0-Erfolge aus dem Boden stampfen? Oder sind viele Menschen von Natur aus RTL-Zuschauer und leben glücklich in einer Welt, die mir fremd ist? Verpasse ich da vielleicht etwas?

clipfish

Ähm, ja. Offenbar nicht.

Der Non-Impact von Facebook & Co

Stern.de hat zu Weihnachten eine gute Idee und bringt etwas über die karitative Seite von Facebook, StudiVZ und Co: Soziale Netzwerke – Communitys als Lebensretter.

Das Problem: die Überschrift stimmt nicht. Im ersten geschilderten Fall stirbt das Baby trotz einer per Facebook vermittelten Knochenmarkspende. StudiVZ kann nur berichten, dass man gerne karitativen Organisationen unterstützen würde – es aber bisher nicht tut. Die Community-Suche nach einer vermissten Studentin in Trier war wie zu erwarten erfolglos. Und bei der abschließend genannten Knochenmarkspenden-Suche ist auch kein Erfolg zu verbuchen.

Haben die sozialen Netzwerke wirklich so wenig greifbare Erfolge zu bieten?

Was hat Dich nur so ru-PI-niert?

StudiVZ-Pressemitteilung vom 20. August 2007

Im Mai 2007 wurden die Nutzungsdaten von studiVZ erstmals durch die IVW gemessen und die Community schaffte es auf Anhieb auf Platz 1 aller deutschen Internetmedien mit 2,6 Milliarden Page Impressions. „Michael Brehm, COO: „In den nächsten Monaten wollen wir weiter stark zulegen, sowohl bei der Zahl der Mitglieder als auch bei der Vermarktung an Werbekunden. Ich bin sicher, dass Marcus Riecke uns hierbei die perfekte Unterstützung liefern wird.““

StudiVZ-Pressemiteilung vom 8. Februar 2008:

Die unglaubliche Erfolgsstory von studiVZ und schülerVZ geht in die nächste Runde: Laut aktuellen IVW-Zahlen sind die beiden Onlinenetzwerke weiter die mit Abstand erfolgreichsten Webangebote in Deutschland. studiVZ erreicht demnach im Januar 2008 ein erneutes IVW-Rekordergebnis von mehr als 173 Millionen Visits und knapp 6,3 Milliarden Page Impresssions (PIs). Damit belegt Europas größtes Studentennetzwerk bereits zum neunten Mal in Folge Platz 1 unter den deutschen Websites.

StudiVZ-Pressemitteilung vom 10. März 2008:

studiVZ und schülerVZ führen weiter mit deutlichem Abstand die IVW-Rangliste an: Mit über 168 Millionen Visits und mehr als 5,8 Milliarden Page Impressions (PIs) ist Europas größtes Studentennetzwerk studiVZ laut aktuellen IVW-Zahlen bereits zum zehnten Mal in Folge das erfolgreichste Webangebot in Deutschland.

StudiVZ-Pressemitteilung vom 8. April 2008:

„Die aktuellen IVW- und AGOF-Zahlen bestätigen den ungebremsten Erfolg unserer Netzwerke“, so Marcus Riecke, CEO studiVZ. „In diesem Monat hat es schülerVZ durch ein beeindruckendes überproportionales Wachstum sogar bis auf Platz eins der IVW-Rangliste geschafft.

StudiVZ-Pressemitteilung vom 9. Mai 2008

„Dieser fünfte IVW-Doppelerfolg spiegelt die hohe und beständige Zufriedenheit unserer Mitglieder wider“, so Marcus Riecke, CEO studiVZ. „Mit inzwischen über neun Millionen registrierten Mitgliedern verfügen wir nicht nur über die größte, sondern auch über die aktivste Community in Deutschland. Keine anderen Websites werden so häufig und regelmäßig genutzt wie schülerVZ und studiVZ. Das zeigen die aktuellen IVW-Zahlen deutlich.“

StudiVZ-Pressemitteilung vom 8. August 2008:

Die Erfolgsstory der VZ-Gruppe geht in die nächste Runde: Erstmals von der IVW ausgewiesen belegt meinVZ Platz 6 der deutschen Klickrangliste. Nur 5 Monate nach dem Start erreicht meinVZ über 35 Millionen Visits und 1,3 Milliarden Page Impressions. Kein anderes deutsches Netzwerk ist bisher so erfolgreich gestartet. Schon jetzt liegt meinVZ vor den Lokalisten und Yahoo.

StudiVZ-Pressemitteilung vom 8. September 2008:

„Darüber hinaus ist die hohe Anzahl der Page Impressions, die insbesondere Communities generieren, zwar ein relevanter, aber dennoch nur ein Erfolgsfaktor. Mindestens ebenso wichtig sind uns beispielsweise Unique Users, Verweildauer, Mitgliederzahlen – und vor allem die einfache Bedienbarkeit unserer Seiten und die daraus resultierende Nutzerzufriedenheit.““

StudiVZ-Pressemitteilung vom 8. Dezember 2008:

Die VZ-Gruppe untermauert als Marktführer mit dieser Strategie den Bedeutungsverlust der Kontaktgröße Page Impressions – insbesondere für Social Communities. Gleichzeitig unterstützt die VZ-Gruppe das im September angekündigte Vorhaben der AGOF, die Messgröße Page Impression grundsätzlich zu überarbeiten.

Was hat die Page Impressions nur so so ruiniert, was hat ihnen so plötzlich ihre große Bedeutung geraubt?

Ach so.

Lancieren und dementieren (Update)

Mit reichlich Verspätung dementiert der aktuelle StudiVZ-Chef Clemens Riedl Verkaufsgerüchte. Nun – es ist kein starkes Dementi. Riedl sagt, seine Gesellschafter hätten ihm „versichert“, dass es keine solchen Pläne gebe. Eine Wortwahl, die nicht viel Vertrauen weckt.

Aktueller – wenn auch nicht einziger – Anlass der Verkaufsgerüchte war eine Vorabmeldung der Wirtschaftswoche. Darin heißt es:

Ein Zusammengehen von StudiVZ mit dem amerikanischen Portal Facebook, das einen eigenen Ableger in Deutschland betreibt, könnte nach Verlagsangaben sinnvoll sein.

Wow. Holtzbrinck spekuliert offen über den Verkauf an Facebook, obwohl die Unternehmen sich grade gegenseitig verklagen? In einer konzerneigenen Zeitschrift? Ich konnte das nicht ganz glauben und habe mir die Print-Ausgabe der Wirtschaftswoche gekauft. Dort heißt es:

Ein Zusammengehen von StudiVZ mit dem amerikanischen Portal Facebook, das einen eigenen Ableger in Deutschland betreibt, könnte sinnvoll sein. Gespräche darüber gab es – doch seit dem Sommer herrsche Funkstille, heißt es aus Stuttgart. Doch StudiVZ scheint zum Verkauf zu stehen – wenn der Preis stimmt.

Also eine Ente? Vielleicht. Dass hier jemand einfach etwas falsch zusammengefasst und zwei nebeneinander stehende Aussagen irrtümlich einer Quelle zugeordnet hat, scheint naheliegend. Aber wieso korrigieren weder Wirtschaftswoche noch Holtzbrinck diese simple Schludrigkeit?

Update: Im Gegensatz zu meiner Anfrage an Holtzbrinck wurde die von netzwertig.com beantwortet. Dort heißt es:

Sowohl studiVZ-CEO Dr. Clemens Riedl als auch Holtzbrincks stellvertretender Vorstandsvorsitzender Dr. Jochen Gutbrod dementierten auf Anfrage von netzwertig.com Gerüchte über einen anstehenden Verkauf. Die WiWo sei falsch informiert gewesen, so Gutbrod.

Update 2: Meine Mail an die Wirtschaftswoche blieb leider unbeantwortet, aber wohl nicht ungehört. Stillschweigend wurden die Wörtchen „nach Verlagsangaben“ aus dem Text entfernt. Stattdessen prangt nun ein Update daneben:

Die Verlagsgruppe Holtzbrinck hält an ihrer Internet-Tochter StudiVZ fest. „Unser Gesellschafter hat versichert, dass er voll und ganz hinter StudiVZ steht, und es keine Pläne für einen Verkauf von StudiVZ gibt“, sagte Clemens Riedel, StudiVZ-Chef zur FAZ.

Seit Wochen hielten sich Gerüchte im Markt, das größte deutsche Social Network im Web würde an den US-Konkurrenten Facebook verkauft. Gespräche darüber hat es bereits gegeben. Sie wurden jedoch laut WirtschaftsWoche im Sommer beendet.

Laut WirtschaftsWoche? Laut Verlagsangaben!

Transatlantisches Recht

Die StudiVZ-PR ist aufgewacht und beschert uns diese Stellungnahme, die auf der Presseseite von StudiVZ bisher fehlt. Natürlich sind die Vorwürfe aus Sicht von StudiVZ haltlos. Wirklich interessant ist der juristische Teil:

Im Vorfeld von amerikanischen Anwälten von Facebook erhobene Vorwürfe haben studiVZ veranlasst, bereits am Freitag Feststellungsklage beim Landgericht Stuttgart einzureichen. Diese hat das Ziel, von den zuständigen deutschen Gerichten feststellen zu lassen, dass die von Facebook erhobenen Vorwürfe nicht zutreffend sind.

Beide Unternehmen haben einen Punkt. Natürlich war StudiVZ eine Eins-zu-Eins-Kopie von Facebook. Und natürlich ist die Klage von Facebook durch die Konkurrenzsituation im deutschsprachigen Raum motiviert. Jetzt streiten sich beide Parteien darum, vor welchem Gericht sie streiten dürfen. Im Zweifel vor beiden.

Spannend – falls es denn soweit kommt: von welcher Seite werden die Samwer-Brüder und Ehssan Dariani als Zeugen geladen werden?

PS: Es kursiert schon wieder, dass Facebook mit 15 Milliarden Dollar bewertet worden sei. Ob PR-Lüge oder Milchmädchenrechnung – das ist schlichtweg falsch. Microsoft hat einen umfangreichen Deal mit Facebook abgeschlossen, nur ein geringer Teil der 240 Milliardonen Dollar flossen für die winzige Beteiligung am Unternehmen.

Wenn die soziale Revolution kommt

Irgendwie hat mir bei Facebook bisher die Killer-Applikation gefehlt. Toll, wir können Scrabble spielen. Wow. Super. *gäääähn* Kann man mit diesem ach so mächtigen Werkzeug eigentlich etwas anderes tun? Etwas bewegen? Gar verändern?

Nun – es scheint sich etwas zu tun:

Nach einem Aufruf im Internet-Forum Facebook hatten sich Hunderte der Demonstration der Arbeiter angeschlossen, Dutzende Organisatoren wurden anschließend verhaftet. Doch wenige Tage später war schon der nächste Aufruf da: Am Geburtstag des Präsidenten sollen die Leute zu Hause bleiben oder, wenn sie zur Arbeit müssen, schwarz tragen. „Wenn wir nicht rausgehen, können sie uns auch nicht verhaften“, sagt Ahmad Maher, einer der Initiatoren der Aktion. Ahmad ist 27 Jahre alt und kennt keinen anderen Präsidenten als Mubarak. Bislang war es schwierig für seine Generation, sich politisch zu engagieren. Natürlich gebe es viele, die schon lange eine Rolle bei der Reform des Landes spielen wollten, erzählt Ahmad. „Aber unglücklicherweise hat das Regime mit seinen Unterdrückungsmethoden die Jugendlichen eingeschüchtert. Facebook ist da eine gute Alternative, die Webseite bringt die Menschen zusammen.“

In Deutschland soll es eine StudiVZ-Gruppe immerhin zu einem Kissenschlacht-Flashmob gebracht haben. Allerdings wusste die Presse schon vorher Bescheid – also gilt’s nicht.

Wer zählt die Millionen?

Ich habe kürzlich mit einem Facebook-Manager gesprochen. Er wollte mir nicht viel mehr sagen – außer dass Facebook über eine Million aktiver(!) Mitglieder im deutschsprachigen Raum hat. Das ist eine beeindruckende Zahl – wenn man bedenkt, dass Facebook bisher vor kurzem nur auf Englisch verfügbar war und auch keine Campus Captains an deutschen Universitäten einsetzt.

Man kann die Zahl aber auch in eine andere Relation setzen. Die Gruppe, die gegen nervtötende Einladungen für Facebook-Applikationen protestiert, hat derzeit 895.734 Mitglieder.

StudiVZ – Mal was positives

Um nicht in den Ruf eines Mecker-Bloggers zu geraten: ich sehe durchaus auch positive Entwicklungen.

So hat StudiVZ seine Privatsphären-Optionen überarbeitet. Um personalisierte Werbung abzuschalten, muss man nur noch die Privatsphären-Einstellungen aufrufen, dort auf den Kartenreiter ganz rechts klicken, sich das Kleingedruckte sehr genau durchlesen, den untersten Link klicken und anschließend gegen den subtil formulierten Ratschlag von StudiVZ handeln. (Wenn man auf den vorletzten Link klickt, kann man auch den Emails mit den Botschaften der StudiVZ-Werbepartner widersprechen.)

Neue Werbeeinstellungen bei StudiVZ

Das klingt nicht besonders positiv, meint Ihr? Nun, vorher sah es so aus.