Kurzfassung: FAQs sind fast niemals das, was sie zu sein vorgeben. Es sind nicht die Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen. Denn meist werden die FAQs von Leuten geschrieben, die keine einzige Frage der Zielgruppe gehört oder zu Gesicht bekommen haben. Meist werden sie publiziert, bevor irgendjemand eine Frage stellen konnte. Auch ich habe schon FAQs geschrieben und habe mich bemüht, für den Leser die wichtigsten Verständnisprobleme zu beseitigen.
Das gilt jedoch nicht für die corporate FAQs — eine Kategorie, die ich soeben erfunden habe. Was sind corporate FAQs? Eine Darstellungsform der PR, die vorgibt, die drängendsten Fragen der Kunden, der Öffentlichkeit oder der Politik beantworten zu können. Was tut sie stattdessen? Bullshitten. Gibt es dafür ein schönes Beispiel? Die FAQ des Nestlé-Konzerns zu dem Film „Bottled Water“.
Es fängt an mit der Darstellungsform. Statt alle vermeintlichen Fragen vermeintlich in einem Rutsch zu beantworten, muss der Konsument jede Frage einzeln anklicken, wenn er die vermeintliche Antwort sehen will. Dies ist eine Standard-Technik, die man auch bei vielen Firmen findet, die Kleingedrucktes wirklich sehr, sehr klein oder in Dunkelgrau auf Hellgrau publizieren.
Frage 1 ist schon ein sehr schönes Beispiel kalkulierten Frage-Antwortens:
Wer würde eine solche Frage stellen? Ein sehr enger Personenkreis. Hauptsächlich Leute, die für die PR von Nestle arbeiten. Warum verlinkt Nestlé ein „Op-Ed“? Weil es kein Opinion editorial ist, sondern ein Statement. Wie bitte? Es ist eine Stellungnahme, die diese FAQ unnötig machen würde, weil dort alle Antworten vorweg genommen werden. Warum also nochmal Medien zitieren, die das Statement mehr oder weniger zitieren? Weil Medien wie SF TV oder Le Temps mehr Objektivität unterstellt wird als Nestlé. Sind sie denn objektiver? Zumindest nicht in den verlinkten Artikeln, sonst hätten wir sie kaum verlinkt.
Frage 2:
Was ist das Paradoxon an dieser Frage? Es ist eine argumentative Schleife. Wir haben an der Dokumentation nicht teilgenommen, also ist sie einseitig. Weil sie einseitig ist, haben wir nicht an ihr teilgenommen. Also ein Möbiusschess Band? Ja, so ungefähr. Bullshit? Nicht unbedingt. Wenn mir jemand eine Kamera ins Gesicht hält und mir klar ist, dass er mich verächtlich machen will, werde ich nicht viel tun um zu kooperieren.
Frage 3:
Was wäre der richtige Film zu dieser Zeit? Erlauben Sie mir eine Antwort in Frageform: Möchten Sie diese FAQ verfilmen? Wir haben ein Budget dafür!
Frage 6:
Was sind 0.003% der globalen Frischwasserentnahme konkret? 28432 Fußballfelder, ein Dreizehntel des Bodensees und eine Orange auf dem Mond, 13 Milliarden Badewannen und ein Swimmingpool für jeden Vegetarier im Saarland. Häh? Genau!
Frage 7:
Ihre Kostenaufstellung sagt überhaupt nichts über den Gewinn aus, wenn sie nicht verraten, wie viel der Verkaufspreis über den Kosten liegt? Genau! Also wie viel Gewinn machen Sie? Das sagen wir doch ganz klar: Das sagen wir nicht!
Frage 12:
Stimmt es also? Wen juckt’s? Wir haben gewonnen.
Wann wurde Marketing erfunden? Am 18. April 1985. Vor diesem Datum haben Leute immer nur die Wahrheit gesagt. Nicht nur das, was sie ehrlich glaubten, sondern die objektive Wahrheit! Besonders, wenn sie etwas verkaufen wollten. Gab es 1863 schon Leitungswasser heutiger Qualität? Psst!
Sie profitieren von schwachen Gesetzen? Ja. Wiederholen sie da nicht, was sie oben schon gesagt haben? Wir haben uns schon so oft wiederholt, was in dem vermeintlichen Op-Ed-PDF steht, warum fragen Sie noch? Ähm…keine Fragen mehr.
Nur noch eine Frage: Is it true, I mean really true? Wir mögen den Film wirklich nicht. Das stimmt. Hoch und heilig.