Jason Calacanis hatte Mal wieder den richtigen Riecher. Mitte Mai schrieb er:
Bitcoin is a P2P currency that could topple governments, destabilize economies and create uncontrollable global bazaars for contraband.
Oder etwas schmissiger:
Bitcoin P2P Currency: The Most Dangerous Project We’ve Ever Seen
Richtig lag Calacanis, weil er mit dieser Aussage einen richtigen Hype um diese Hacker-Währung auslöste oder zumindest verstärkte. Selbst deutsche Medien schreiben jetzt begeisterte Berichte, Spiegel Online hat sich in einen regelrechten Goldrausch hineingesteigert und Dradio Breitband übernahm die Behauptungen von Calacanis als Fakt ohne auf die Quelle hinzuweisen.
Also hat Calacanis wieder alles richtig gemacht. Falsch lag er nur mit einer Kleinigkeit: der Realität. Lassen wir also Mal ein wenig die Luft aus dem Hype:
- Kein Staat hat je irgendein Interesse an der Währung Bitcoin gezeigt, ein Verbot steht weder kurzfristig noch mittelfristig zur Debatte, ebenso wenig wie bei den zahlreichen anderen virtuellen Währungen, von CyberCoins bis Lindendollars, von Vielflieger-Meilen bis hin zu Payback-Punkten. In der Anti-Terror-Hysterie mag irgendjemand ein Verbot fordern, aber das ist Teil des Hypes. Die Zentralbanker zucken nicht einmal mit der Wimper.
- Bitcoin macht Banken nicht überflüssig. Schon heute gibt es im Bitcoin-Netz „Wechselstuben“, also Banken. Geldanlage und andere Dienstleistungen der Banken sind unberührt.
- Bitcoin wird in der jetzigen Form niemals eine echte Währung ablösen können, da wichtige Funktionen fehlen. Die Pseudo-Geldschöpfung zu Beginn ist niedlich, aber ohne Belang. Da es eine Höchstgrenze von 21 Millionen Bitcoins geben soll, muss es danach zu einer Deflation kommen, wenn der Umlauf wachsen soll. Anders als Christian Stöcker behauptet, reicht es nicht Bitcoins in beliebig viele Stücke zu teilen, um den Effekt zu bekämpfen. Denn wenn eine Währung dauerhaft im Wert steigt, ist es irrational, das Geld auszugeben. Man legt es unter das Kopfkissen und wartet ab, der Geldfluss versiegt und die Währung ist nur noch ein Haufen kryptografischer Schnippsel. Von weitergehenden Effekten auf Investitionen verzichte ich an dieser Stelle. Um Schwankungen in der Realwelt auszugleichen benötigt das Bitcoin-System immer die Ankopplung an „echte“ Währungen. Wenn der Umlauf nicht wachsen soll, muss es keine Deflation geben, Bitcoins hätten aber die währungspolitische Relevanz von Spielgeld.
- Kein kryptografisches System ist auf Dauer sicher. So wie die Laufzeit des elektronischen Personalausweises mit 10 Jahren für den Geschmack des CCC viel zu lange ist, ist auch die Bitcoin-Architektur ohne regelmäßige Updates letztlich dazu verdammt geknackt zu werden.
- Wer jetzt per Bitcoin auf dem Papier zum Dollar-Millionär geworden ist, sollte versuchen davon ein Auto zu kaufen. Oder einen Joint.
PS: Leute, die ernsthaft Bitcoins als Wertanlage in Betracht ziehen, sind Spekulanten unterster Klasse, die auf Nicht-Leistung und Voodoo Gewinne aufbauen wollen. Sind sie schlau, wollen sie von dem Hype profitieren und die nachfolgenden Bitcoin-Käufer abzocken, fallen sie auf den Hype rein, sind sie einfach nur ignorant. Die Kurssteigerungen bei Bitcoin haben kein realwirtschaftliches Äquivalent. Wohin solche Blasen führen, sollten wir inzwischen alle wissen.
Nachtrag: : Der bvdw ist jetzt auch auf den Hype aufgesprungen und veröffentlicht eine hochtrabende Warnung:
Wir gehen davon aus, dass ‚Ersatzwährungen‘ wie Bitcoins über kurz oder lang auch durch den Gesetzgeber verboten werden, weil er sich in der Verantwortung sieht, seine Bürger und die Gesellschaft weitreichend zu schützen. Für die Sicherheit und das Wohl der Verbraucher, aber auch im Sinne der Interessen von Händlern und Betreibern von Online-Shops muss ein Regulativ für die Zahlungsmittel existieren.
Wie oben ausgeführt ist, taugt Bitcoin nicht als Ersatzwährung. Der Gesetzgeber müsste also ein PR-Märchen bzw ein wildes Gerücht oder Cyberpunkt-Träumereien verbieten. Wie das auch immer gehen soll.