Grade verkündet die Tagesschau, dass Bundesverteidigungsminister zu Guttenberg dauerhaft auf das Führen des Doktorgrades verzichten will. Damit erinnert er mich immer mehr an die Öffentlichkeitsarbeit von BP nach der Explosion von Deepwater Horizon. Vertuschen, kleinreden, andere beschuldigen. Über Tage hat der CSU-Politiker seine Partei und Koalitionspartner in Geiselhaft gehalten: Unterstützt mich. Ihr braucht mich! 21,9 Prozent! Afghanistan!
Das Problem ist nur: Mit einem Verzicht ist es nicht getan. Nun muss die Universität Bayreuth prüfen und – ohne vorverurteilen zu wollen – ich vermute, das Ergebnis sieht nicht gut aus. Die Frage ist: hat er betrogen? Zwar hat laut Guttenberg-fanclub.de Bild.de zu Guttenberg bei einer Wahlkampfveranstaltung seine eigene mühevolle Arbeit als „Blödsinn“ bezeichnet und Reue gezeigt. Aber wieder einmal schreckt er vor dem Schritt zurück, der mir unvermeidlich scheint: eigene Verantwortung zu übernehmen.
„Ich habe Fehler gemacht, ich habe sie nicht bewusst gemacht”, sagte er.
Genau das erscheint mir nach dem derzeitigen Informationsstand ausgeschlossen. Sieben Druckseiten aus einem Zeit-Artikel kopieren, über 20 Prozent der Textmasse plagiieren — das passiert nicht einfach. Guttenberg schützt Unkenntnis vor, um die eigene Ehre zu retten. Vielleicht sogar mit Erfolg: denn seine Gefolgschaft weiß es ja auch nicht oder will es nicht besser wissen.
Man könnte es nun auf sich beruhen lassen, so zumindest die Pro-Guttenberg-Fans. Er hat sich ja entschuldigt. Doch leider ist durch die anhaltende Nicht-Übernahme der Verantwortung dieser Weg versperrt. Er hat sich immer nur für die Light-Version des Geschehenen entschuldigt, immer nur die Hälfte von dem zugegeben, was eigentlich nicht mehr zu Leugnen war.
Journalisten werden weiter bohren, weiter bohren müssen. Denn der Klärungsbedarf ist groß: wie konnte die renommierten Prüfer so offenkundige Mängel übersehen? Wie tief ist der Sumpf, in dem solcher Blödsinn nicht nur durchgewunken, sondern mit Auszeichnungen belegt werden? Welche politischen Deals werden geschlossen, um Oberfranken vor der Bedeutungslosigkeit zu retten?
P.S.: In der öffentlichen Diskussion kommt die tätige Reue etwas zu kurz. Nach wie vor entschuldigt sich Minister Guttenberg für eine lässliche Sünde, die er aus vermeintlicher persönlicher Größe als schwere Verfehlungen bezeichnet. Das ist natürlich nur ein persönlicher Eindruck.
Was mir aber eindeutig fehlt: Bevor man eine Entschuldigung akzeptieren kann, muss der Entschuldigende reinen Tisch machen. Doch das hat er bis heute nicht. Er hat nicht erklärt, wie viel er geschummelt hat, er hat nicht erklärt, wieso er geschummelt hat und seine Professoren haben nicht erklärt, wie sie die Arbeit mit summa cum laude bewerten konnten, obwohl der Prüfling selbst die Arbeit nun als „Blödsinn“ bezeichnet.