Du proprietärer A*

Adobe-Gründer Charles Geschke hat heute einen langen Brief geschrieben, was ihm an der Geschäftspolitik seines alten Freundes Steve Jobs stinkt:

Apple’s products are 100% proprietary. They are only available from Apple, and Apple has sole authority as to their future enhancement, pricing, etc. While Apple’s iPhone products are widely available, this does not mean they are open, since they are controlled entirely by Apple and available only from Apple. By almost any definition, the iPod, the iPhone and the iPad are parts of a closed system.

Stimmt nicht. Ich hab da etwas verwechselt.

P.S.: Einen guten Punkt hat Steve Jobs: Flash ist ressourcenhungrig und für Mausbedienung entwickelt, nicht für Finger. Dass Android 2.1 noch keinen Flash-Support eingebaut hat, zeigt, dass es mehr Probleme gibt als eine Verweigerungshaltung von Apple. Aber dass Jobs Adobe an erster Stelle das vorwirft, was er selbst mit viel mehr Inbrunst betreibt, ist verlogen und peinlich.

Panoramafreiheit fürs Web?

Der Bundesgerichtshof hat entschieden: die Bildervorschau in Googles Bildersuche ist nicht rechtswidrig:

In Übereinstimmung mit den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass die Klägerin zwar nicht durch eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Erklärung Google ein Recht zur Nutzung ihrer Werke als Vorschaubilder im Rahmen der Bildersuche eingeräumt hat. Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen § 19a UrhG, ist jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig, weil die Beklagte dem Verhalten der Klägerin auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden. Denn die Klägerin hat den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.

Der alte Streit ist: muss ich mir erst mühsam die Bedienungsanleitung jedes wild gewordenen Bots durchlesen, um das Recht an meinen Inhalten kontrollieren zu können? Warum grast Google einfach meine Seiten ab ohne mich zu fragen? Warum ist der Content-Lieferant in der Bringschuld, warum muss er aktiv werden, wenn Google oder irgendein anderer Suchmaschinenbetreiber über das Ziel hinaus schießt – zumindest aus der Sicht des Urhebers?

Ich sehe da eine Parallele zur Panoramafreiheit. Verkürzt ausgedrückt: so lange ich auf öffentlichem Grund stehe, kann ich jedes Gebäude von außen fotografieren ohne gegen die Rechte des Eigentümers zu verstoßen. Der Eigentümer kann dies verhindern – muss dazu dann aber zum Beispiel eine hohe Mauer um sein Grundstück bauen. Übertragen auf das Web wäre die Mauer dann ein Eintrag in die robots.txt oder eine der JavaScript-Spielereien, die schlechte Webdesigner so lieben.

Zurück in die Realwelt: Die Panoramafreiheit deckt natürlich nicht ab, dass ich durch das Fenster den Hauseigentümer beim Duschen fotografiere. Ich darf auch nicht auf eine hohe Leiter steigen, um ungefragt den Garten hinter dem Haus fotografieren. Ich darf auch nicht eine Webcam auf das Haus richten, um das Kommen und Gehen der Hauseigentümer zu dokumentieren. Sie erstreckt sich nur auf das, was jeder quasi im Vorbeigehen von der Straße aus sehen kann. Wovon der Normalmensch auch ausgehen kann. Kurz: ein minder schwerer Eingriff in die Rechte des Hauseigentümers.

Wo zieht man im Web diese Grenze? Sollte Google statt Einzelbildern – entsprechend der Fassade eines Hauses – immer nur Screenshots der gesamten Webseite zeigen dürfen? Der BGH hat entschieden, die Bilddateien dürfen einzeln behandelt werden. Damit tragen die Richter in meinen Augen der dynamischen Natur des Netzes Rechnung: ein und die selbe Bilddatei kann in Hunderten verschiedenen Zusammenhängen stehen, was bei Hausfassaden ausgeschlossen ist.

Gleichzeitig sind aber auch die Grenzen klar: bei der Vorschau darf es sich nicht um eine 1-zu-1-Abbildung handeln und das Thumbnail muss immer im Kontext der Seite stehen. Nur so kann der Eingriff in die Rechte des Urhebers in meinen Augen so minimal gehalten werden, dass er keiner besonderen Genehmigung bedarf.

Berliner Hardware-Träume

Ich habe nie wirklich an der Existenz des WePad-Prototypen gezweifelt. Nur stellen die meisten Kollegen die falschen Frage: es geht nicht darum, ob das Pad mit dem iPad konkurrieren kann. Die eigentliche Frage ist, ob die ach so tolle Hardware noch vor dem Txtr Reader erscheint.

Dass ein absoluter Neuling in Sachen Hardware Apple den Rang abläuft, ist schlichtweg nicht zu erwarten. Wie wir beim Txtr Reader gesehen haben – den es ein halbes Jahr nach dem verschobenen Erscheinungstermin immer noch nicht zu kaufen gibt – sind Verzögerungen zu erwarten – und die erste Revision einer solchen Hardware hat in der Regel eine Menge Kinderkrankheiten. Bis das WePad tatsächlich marktreif ist, wird das iPad vielleicht schon ein Jahr zu kaufen sein. Der Markt für diese Halb-Computer könnte dann bereits gesättigt sein, auf alle Fälle werden sich aber schon weitere Hardware-Produzenten dem Pad-Konzept gewidmet haben. Als ein Angebot von vielen wird das WePad dann wohl kaum als Grundlage für eine völlig neue Allianz der Content-Anbieter taugen.

Die eigentlich spannende Frage ist, ob ein etablierter Anbieter wie Google ein Konkurrenzangebot zum iTunes Store schaffen wird. Die deutschen Verleger warten ja bereits darauf.

P.S. Datenbrief

Hal Faber hat meinen Vorschlag eines Datenbrief-Kompromisses aufgegriffen:

Noch steckt der Text des CCC-Mitgliedes Frank Rieger hinter einer Paywall, doch das Konzept des Datenbriefes, das er im Blatt noch einmal erläutert, soll einen Weg ins Bundesinnenministerium gefunden haben. Natürlich gibt es Spötter, die diesen Brief für ausgemachten Schwachsinn halten. Wenn der Datenbrief dabei hilft, dass sich Firmen Gedanken darüber machen, ob man nicht mit ein „bisschen weniger Suchgenauigkeit oder etwas wilderen Buchempfehlungen“ leben kann, ob man auf Daten verzichten kann, weil die Auskunftskosten und das Drumherum die Sache nicht wert sind, dann hat er sich schon gelohnt und war das Nachdenken über eine solche Konstruktion, sein Porto wert.

Nun, eigentlich zielte mein Spott eher auf Gremien, Kompromisse und der Kreativität der werbetreibenden Wirtschaft. Aber mal im Ernst: Ich halte den Datenbrief in der Realität für nicht durchsetzbar und – sofern man sie denn wirklich umsetzen wollte – eine schlechte Idee dazu.

Richtig gut ist der Datenbrief als Kampagnenidee: plakativ, sofort einsichtig und er jagt der Industrie einen gehörigen Schrecken ein. Wenn am Verhandlungstisch nicht mehr nur in dreißig Jahren Behördeneinsatz zerschlissene Datenschützer und die Funktionäre des Geschäftsbetriebs sitzen, ist das zu begrüßen. Neue Ideen sind gefragt.

In der Realität jedoch wäre ein Datenbrief, wie er bisher vom CCC skizziert wurde, in meinen Augen verheerend. Denn die oben skizzierten Ziele würden nicht erreicht, eher im Gegenteil.

  • Die Bösewichter der Branche, die sich hinter Briefkästen in Liechtenstein verstecken oder alle halbe Jahre einen neuen Namen haben, wären durch den neuen Datenbrief nicht zu erreichen. Ich habe in den Vorschlägen bisher nichts gesehen, was über die bestehenden Gesetze hinaus ginge, um diesen Kreis der Datenschleudern zu erfassen.
  • Für den Kleinhändler ist es aber sehr wohl ein Problem. Gesetzlich ist er zur mehrjährigen Speicherung von Rechnungsdaten verpflichtet, die Laufkundschaft des Internets belästigt er in der Regel nicht weiter. Wenn man einem Kunden einmal eine Druckerpatrone für zehn Euro verkauft hat, fällt das Porto für einen Datenbrief schwer ins Gewicht. E-Mail ist da leider keine Lösung – denn um eine Software zu installieren, die diese Aufgabe allein erledigt, werden wohl ein paar Hundert bis Tausende Euro fällig. Noch kann man ohne Lexware und SAP Dinge verkaufen, mit dem Datenbrief wäre das schon erheblich schwerer.
  • Folge: statt selbst zu kaufen, bedient man sich der Plattform-Anbieter wie Amazon oder Ebay, die zentralisiert die Daten der kleinen Händler erfassen und dann auch zentralisiert die Datenbriefe versenden könnten. Folge: Statt auf Suchgenauigkeit zu verzichten, hätten Amazon und Ebay plötzlich viel mehr Kundendaten in ihren Datenbanken. Und das ganz legal.
  • Der Gesetzgeber hat ein geübtes Händchen dafür, einfache Sachverhalte in furchtbar komplizierte Gesetze zu gießen. Hier eine Ausnahme für Kleinhändler mit bis zu 149 Datensätzen, dort das Medien-Privileg, das auch die GEZ nutzt, dort der Katalog mit den zu übermittelnden Daten, die so gar nicht zur Praxis der Händler passt – und schon haben wir ein Ungetüm, das in erster Linie Arbeitsbeschaffung für die Abmahnindustrie ist.
  • Datenschutzbewusstsein mit Dutzenden, Hunderten oder gar Tausenden standardisierten Nachrichten fördern zu wollen ist ein Ansatz, der sich ebenfalls ins Gegenteil verkehren kann. Heute schon bekomme ich pro Online-Kauf in einem neuen Shop drei bis vier E-Mails. Eine fünfte, sechste und siebte E-Mail werde ich schlichtweg nicht lesen. Datenschutz wird damit so lästig wie das Kleingedruckte in den Verträgen. Datenschutz? Ach, lass mich damit doch in Ruhe!

Lange Rede, kurzer Sinn: der Datenbrief ist ein prima Mittel, um sich an den Verhandlungstisch zu begeben. Wenn man vom Verhandlungstisch aufsteht, sollte aber alles andere als ein Datenbrief das Ergebnis sein.

Datenbrief-Kompromissvorschlag

Einzug in die Realpolitik: Die Datenbrief-Idee des Chaos Computer Clubs wird ernsthaft beraten:

Noch gibt es keine konkreten Pläne, das vorweg. Gleichzeitig aber wirkt es, als sei man auf dem Weg zu einem Kompromiss, mit dem viele leben können.

Wie könnte so ein Kompromiss aussehen? Ich habe da so eine Idee:

Sehr geehrter Herr Mustermann,

nach dem NzDBDA-Verordnung vom 11.11.2010 sind wir verpflichtet Ihnen folgende Mitteilung zu machen.

Zum Stichtag 1.1. 2012 haben wir folgende Daten von Ihnen gespeichert:

Max Mustermann
Musterstraße 33
12345 Musterhausen

Geburtsdatum: 13.5.1975
Facebook-Profil: Pervertsexboy55
Käuferprofil: enthusiastischer Technik-Fan

Ihre Käufe im Kalenderjahr 2011:

ACHTUNG ACHTUNG: DATENRABATT

  • Eine DESIGNER-USB-Taschenlampe für 32,95nur 14,95 Euro (Bestellnummer DD1313)
  • Der Super-Duper-Briefkasten XXL mit Platz für alle Datenbriefe für nur 132,95 328,95 (Bestellnummer HH1337)
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Und wer in geistiger Umnachtung bei der auf bild.de beworbenen „Volks-Umfrage“ mitmacht, bekommt diese Briefe ganze 62 Mal. Jedes Jahr.

Herr Medienrath, wohin mit den Millionen?

Sehr geehrter GeheimMedienrath von Beckedahl,

Sie sind nun bei der mabb, sitzen in den gläsernen Palästen der Medienbürokratie. Sie mögen es noch nicht bemerkt haben – aber Sie, sehr geehrter Medienrath von Beckedahl, Sie sitzen auf Millionen.

So haben kürzlich der Verband Bayerischer Lokalrundfunk VBL und die Vereinigung Bayerischer Rundfunkanbieter VBRA einen sachgerechten Anteil der Versteigerungserlöse der Digitalen Dividende gefordert? Wozu? Um die Einführung des DAB+-Standards zu finanzieren. Geld, das gut angelegt wäre, wenn man den beeindruckenden Erfolg von DAB in Deutschland betrachtet. Zugegeben – die Investition erscheint nicht ganz so nützlich wie das Geld zum Sonntagabend-Tatort im Kamin zu verfeuern, aber es ist doch irgendwie nützlich.

Sehr geehrter Herr Medienrath, mein Geschäftsmodell ist nicht vorhanden, mein Idealismus ist aufgebraucht. Und 250 Millionen Euro sind eine Menge Geld. Selbst wenn Wikipedia Jimmy Wales wilde Träume hat, dann fantasiert er lediglich von 100 Millionen. Dollar! Mit dem dreifachen Betrag müsste doch etwas zu machen.

Robert Lemke 24 Stunden lang? Das muss kein Traum bleiben! Eine Schule, die den Menschen beibringt, warum sie Fefe mit Wattebäuschchen bewerfen sollte? Immer her damit! Eine Flasche Whiskey für jeden Tweet, der nicht an dem Verstand des Twitterers zweifeln lässt? 500 Mal das überaus großzügige Jahresbudget von Wikileaks, da steckt doch Musik drin.

Sehr geehrter Medienrath von Beckedahl, Sie sitzen auf Millionen. Bitte stehen Sie auf, dass wir Sie besser sehen können!

Rape a dead horse

Ich kann die Story um das verlorene iPhone nicht mehr hören. Nach Tagen des Wahnsinns dachte ich, jetzt ist es endlich vorbei. Die in meinen Augen gar nicht interessanten technischen Daten sind längst ausgeweidet, das Gerät ist auf dem Weg zu Apple und die arme Sau, die den Prototypen verloren hat, wurde maximal bloß gestellt – was soll man da noch berichten schreiben? Endlich Frieden!

Falsch gedacht:

The father of Gray Powell, the Apple engineer who reportedly lost a prototype of the iPhone 4G, says his son was reeling following the incident.

"Of course he was devastated," Robert Powell told CNET in a phone interview Wednesday. "He loves the company."

Gray Powell, 27, finds himself in the middle of media frenzy after losing a handset that appears to be a next-generation iPhone, a device that has yet to be released or even acknowledged by Apple. We’ve been trying to reach him directly, including a request passed on through his father.

Hallo CNet: der Mann will mit Euch nicht reden. Er hat Angst um seinen Job. Und Ihr belästigt seinen Vater? Und wenn der auch nichts weiter weiß, bringt Ihr das als Story? Witwenschüttler, elende!

Schlecht ist gut – ein kleines Anmach-Quiz

Ich weiß es eigentlich besser: Klickstrecken werden zum Klicken gemacht und müssen keinerlei Aussage haben. Wenn Bild.de aber gleich zwei Klickstrecken zu guten und schlechten Anmachsprüchen zusammenstellt, fragt man sich wirklich, was in den entsprechenden Köpfen vorgegangen sein mag.

Wie sieht es mit Euren Köpfen aus? Welche der folgenden Sprüche findet bild.de gut und welche finden die zwischenmenschlich hoch trainierten Porno-Experten wirklich schlecht?

P.S. Ich möchte niemanden auffordern, aber ich habe Verständnis dafür, wenn jeder Mann, der zu einem dieser Sprüche greift, eine Prise Pfeffer-Spray abbekommt.

Gewöhnt Euch dran!

Am Rande der re:publica hatte ich ein sehr interessantes Gespräch mit Edward Hasbrouck, der mir einen beunruhigenden Ausblick in die Zukunft gab. Grundthese: Es gibt keine Flugzeuge, die mit alternativen Energien fliegen. Wenn die Erdöl-Preise steigen, wenn eine angemessene CO2-Steuer durchkommt, wird nicht nur die Zeit der Billigflieger vorbei sein – das Reisen per Flugzeug wird zum absoluten Luxusgut.

Wir erleben grade, wie ein paar Tage Flugausfall wie der Untergang des Abendlandes gefeiert werden: eine Kanzlerin im Bus, Kondensstreifen, Milliardenschäden nicht nur für die Luftfahrtunternehmen. Stellt Euch vor, das wird zum Dauerzustand. Was wird aus Hawaii, wenn der Massentourismus nicht mehr ein paar Tausend Meilen überbrücken kann? Was wird aus philipinischen Gastarbeitern, die sich keinen Heimflug mehr leisten können? Wann wird das Wort „Fernbeziehung“ zu einem beschönigenden Wort für „Zölibat“?

Auf der anderen Seite: Flughafen-Hopping wird unbezahlbar. Wenn wir also in die USA reisen, dann fliegen wir nicht zurück bevor der Jetlag abgeklungen ist, sondern bleiben mindestens drei Wochen da. Und die Schiffsreise wird zur Norm, das leicht wogende Unterdeck zum neuen Lebensraum, die Reise zum nächsten Kontinent wird selbst zum achten Kontinent.