Der Bundesgerichtshof hat entschieden: die Bildervorschau in Googles Bildersuche ist nicht rechtswidrig:
In Übereinstimmung mit den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass die Klägerin zwar nicht durch eine ausdrückliche oder stillschweigende rechtsgeschäftliche Erklärung Google ein Recht zur Nutzung ihrer Werke als Vorschaubilder im Rahmen der Bildersuche eingeräumt hat. Der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin, ihre Werke öffentlich zugänglich zu machen § 19a UrhG, ist jedoch gleichwohl nicht rechtswidrig, weil die Beklagte dem Verhalten der Klägerin auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung entnehmen durfte, diese sei mit der Anzeige ihrer Werke im Rahmen der Bildersuche der Suchmaschine einverstanden. Denn die Klägerin hat den Inhalt ihrer Internetseite für den Zugriff durch Suchmaschinen zugänglich gemacht, ohne von technischen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, um die Abbildungen ihrer Werke von der Suche und der Anzeige durch Bildersuchmaschinen in Form von Vorschaubildern auszunehmen.
Der alte Streit ist: muss ich mir erst mühsam die Bedienungsanleitung jedes wild gewordenen Bots durchlesen, um das Recht an meinen Inhalten kontrollieren zu können? Warum grast Google einfach meine Seiten ab ohne mich zu fragen? Warum ist der Content-Lieferant in der Bringschuld, warum muss er aktiv werden, wenn Google oder irgendein anderer Suchmaschinenbetreiber über das Ziel hinaus schießt – zumindest aus der Sicht des Urhebers?
Ich sehe da eine Parallele zur Panoramafreiheit. Verkürzt ausgedrückt: so lange ich auf öffentlichem Grund stehe, kann ich jedes Gebäude von außen fotografieren ohne gegen die Rechte des Eigentümers zu verstoßen. Der Eigentümer kann dies verhindern – muss dazu dann aber zum Beispiel eine hohe Mauer um sein Grundstück bauen. Übertragen auf das Web wäre die Mauer dann ein Eintrag in die robots.txt oder eine der JavaScript-Spielereien, die schlechte Webdesigner so lieben.
Zurück in die Realwelt: Die Panoramafreiheit deckt natürlich nicht ab, dass ich durch das Fenster den Hauseigentümer beim Duschen fotografiere. Ich darf auch nicht auf eine hohe Leiter steigen, um ungefragt den Garten hinter dem Haus fotografieren. Ich darf auch nicht eine Webcam auf das Haus richten, um das Kommen und Gehen der Hauseigentümer zu dokumentieren. Sie erstreckt sich nur auf das, was jeder quasi im Vorbeigehen von der Straße aus sehen kann. Wovon der Normalmensch auch ausgehen kann. Kurz: ein minder schwerer Eingriff in die Rechte des Hauseigentümers.
Wo zieht man im Web diese Grenze? Sollte Google statt Einzelbildern – entsprechend der Fassade eines Hauses – immer nur Screenshots der gesamten Webseite zeigen dürfen? Der BGH hat entschieden, die Bilddateien dürfen einzeln behandelt werden. Damit tragen die Richter in meinen Augen der dynamischen Natur des Netzes Rechnung: ein und die selbe Bilddatei kann in Hunderten verschiedenen Zusammenhängen stehen, was bei Hausfassaden ausgeschlossen ist.
Gleichzeitig sind aber auch die Grenzen klar: bei der Vorschau darf es sich nicht um eine 1-zu-1-Abbildung handeln und das Thumbnail muss immer im Kontext der Seite stehen. Nur so kann der Eingriff in die Rechte des Urhebers in meinen Augen so minimal gehalten werden, dass er keiner besonderen Genehmigung bedarf.