Schuldbekenntnis des Journalisten

Ich bekenne Wolf, dem Sprachmächtigen,
dem seligen, allzeit reinen Reporteur Egon-Erwin,
dem heiligen Schmidt, dem Kanzler,
den heiligen Aposteln Rudolf und Jakob,
allen taz-Redakteuren,
und Euch, Brüder und Schwestern,

dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe.
Ich habe gesündigt in Worten, Worten und noch mehr Worten,
durch meine Schuld, durch meine Schuld,
durch meine große Schuld.

Ich habe gespeist vom Tisch der Sponsoren,
habe mich vom goldenen Kalb der page impressions leiten lassen,
und nicht genug getan, das Licht zu bringen
zu den Menschen der Erde,

Ich habe gelauscht den Verlockungen
der öffentlichen Meinung,
geschrieben, was jeder lesen wollte,
und gehuldigt der Zielgruppe.

Ich habe wichtige Themen versinken lassen,
weil sie zu kompliziert,
zu schwer und
schlichtweg zu viel Arbeit waren.

Ich habe Meinung transportiert,
wo Aufklärung Not tat,
habe Euch gesagt,
was ihr hören wolltet.

Ich habe Voyeurismus als Information verkauft,
in einer Person
angeklagt, verurteilt und gerichtet.

Ich habe Pauschalhonorare akzeptiert,
und aus der New York Times abgeschrieben,
was ich selbst nicht glauben wollte.

Habe Freunde zitiert,
in Hoffnung
sie wären Experten.

Habe Stimmung gemacht,
überzeugt,
das sei Aufklärung.

Habe getan,
als wüsste ich
was ein Potentiometer ist.
und warum Nieten besser als Kleber sind.

Darum bitte ich den seligen Egon-Erwin,
alle Redakteure und Heiligen,
und Euch, Brüder und Schwestern,
für mich zu beten bei Gott, unserem Herrn.