Die Ökonomie der Überwachung

Die britische Regierung hat ein kreatives neues Geschäftsmodell vorerst gestoppt, wie die BBC berichtet:

The private company scheme intended to stream live footage to subscribers‘ home computers from CCTV cameras installed in shops and other businesses.

Nunja – warum sollte man den Überwachern auch die Heimarbeit verbieten? Das Ganze sollte natürlich dazu dienen, die Kosten für die teure Überwachung zu drücken. Und da kommt der spannende Teil:

The company had initially offered to pay out up to £1,000 if registered viewers spotted shoplifting or other crimes in progress.

Da war die BBC möglicherweise nicht ganz korrekt, denn bei den wenigsten Straftaten, die von Überwachungskameras festgestellt werden können, entsteht ein Schaden von 1000 Pfund.

Auf der Webseite des Anbieters findet sich heute eine etwas andere Formulierung:

Feedback is converted into points and credited to the Viewer’s account on a monthly basis. The user name of Viewer’s who have made the best contribution to the prevention of crime or to securing evidence of crime will be published in a“Thank You List“ at the end of each month unless the Viewer has elected to remain anonymous. The highest scoring Viewer will also receive an award to the value of £1000, which will be paid into the Viewer’s bank account in Europe on verification of identity and age. This fee will be split in the event of a tie.

Der Normal-User bekommt also gar nichts, nur einen feuchten Händedruck, der nicht mal physische Gestalt bekommt. Alleine der Beste der Besten bekommt tatsächlich so viel Geld, dass er damit einen Billig-Job substituieren könnte.

Die Firma weiß sehr genau, welche Art von Usern sie mit diesem (Nicht-)Bezahlmodell anziehen wird: unzuverlässige.

Each Viewer receives 5 alerts per month.
[…]
Use of alerts may be monitored and the numbers of free alerts is limited to prevent system abuse.

Die Zukunft ist closed

Abobe vergießt im Firmenblog bittere Tränen darüber, dass Apples neuster Kreation Mal wieder etwas fehlt – etwas ganz substantielles:

And without Flash support, iPad users will not be able to access the full range of web content, including over 70% of games and 75% of video on the web. If I want to use the iPad to connect to Disney, Hulu, Miniclip, Farmville, ESPN, Kongregate, or JibJab — not to mention the millions of other sites on the web — I’ll be out of luck.

Nun – ich bin kein gewaltiger Fan von Flash. Zwar hat Adobe mit seinem Flash-Player Video im Web revolutioniert, Angebote wie YouTube erst möglich gemacht und dabei nicht einmal Linux-User ausgeschlossen. Aber in den letzten Jahren wurde Flash zunehmend lästig: immer neue Sicherheitslücken und immer neue Kopierschutzmechanismen zeigen die Nachteile einer proprietären, geschlossenen Technik. Stand vor Jahren noch das Bemühen an erster Stelle, Inhalte möglichst einfach abzurufen, ist Flash heute zum beliebten Mittel geworden, die neuen Möglichkeiten zu beschneiden. Ein Radiokonzert online mitschneiden, wie es im analogen Zeitalter Alltag war? Da sei Flash vor! Die lästigen Werbespots in der TV-Serie einfach überspielen wie am heimischen Videorekorder? Wiederum: nicht mit Flash.

Insofern wäre Apples Unterstützung für ein flash-ärmeres Web sicher unterstützenswert – alleine: hier wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben. Selbst die Apple-Fanboys von TUAW haben es kapiert. Nicht etwa die mangelnde Performance von Flash unter MacOS (die kaum schlechter sein kann als die von iTunes-Umsetzung unter Windows) ist der erste Grund eine Flash-Adaptierung zu verhindern:

As for Hulu and a few of the other specific sites mentioned in Adobe’s rant, now that Apple is in the business of selling content, exactly how is it in the company’s best interest to provide access to that same content, through another company’s platform, for free?

Der Traum der Content-Industrie: ein Gerät, dass die lästige Konstenlos-Konkurrenz ausschließt. Das den Wettbewerb effektiv beschränkt. Und trotzdem millionenfach gekauft wird. Bei Flash-Streams konnten findige User immer noch den Output der Soundkarte und der Grafikkarte mitschneiden und über Tauschbörsen verbreiten. Bei iPad ist das nicht möglich – im App Store wird niemals eine Filesharing-Software erscheinen. Zudem ist das Gerät so verdongelt, dass Apple dem Gerät nicht mal einen HDMI-Anschluss spendiert hat. So viel Dreistigkeit kann doch keinen Erfolg haben, oder? Apple muss doch dem Freiheitswillen des Webs nachgeben? Auch sie können dem freien Internet auf Dauer keine Fesseln anlegen – egal wie schick sie nun aussehen mögen!

Oder vielleicht doch? Heute hat auch Amazon seine Quartalszahlen bekannt gegeben

„Millionen Menschen besitzen jetzt Kindles“, kommentierte aber Gründer und Unternehmenschef Jeff Bezos die Geschäftszahlen. „Und Kindle-Besitzer lesen viel.“ Mittlerweile seien 410.000 (meist englischsprachige) Titel zu haben. Amazons Medien-Verkäufe insgesamt stiegen weltweit im abgelaufenen vierten Quartal um 29 Prozent auf 4,68 Milliarden US-Dollar.

Der Kindle ist das mit Abstand meist verdongelte Device, was derzeit zu haben ist. Zwar stellt sich die Unterstützung für Flash wegen der ungeeigneten Hardware gar nicht, aber dass E-Books anderer Anbieter auf dem Kindle gelesen werden, hat Amazon effektiv verhindert. Nicht mal ungeschützte ePub-Bücher lassen sich auf dem Gerät lesen. Und trotzdem verkauft es sich wie warme Semmeln.

Auch auf dem Buchmarkt mischen Apple und Adobe jetzt mit. So beschwert sich Adobe-Mitarbeiter Adrian Ludwig weiter:

Unlike many other ebook readers using the ePub file format, consumers will not be able to access ePub content with Apple’s DRM technology on devices made by other manufacturers.

Auf Deutsch: die Kopierverhinderer von Adobe kabbeln sich mit den Kopierverhinderern von Apple und mit denen von Amazon. Dass der harte Wettbewerb zu einem echten Standard führt, der den Kunden wieder eine echte Wahl zwischen Geräten, Verkäufern und Titeln lässt, ist nicht zu erwarten. Und offenbar von den Kunden auch nicht gewünscht. Nein, es wird nur einer gewinnen und der darf dann schließlich auch Harry Potter als E-Book verkaufen. Und schon schießen die Verkaufszahlen wieder in die Höhe.

Der Computer als Universalmaschine? Nicht mehr lange.