Skandal! Ich weiß, was Du in der Wikipedia getan hast!

Die taz bringt die Story über die BND-IP-Adressen und die Wikipedia-Edits:

Vorwürfe gegen BND
Wikipedia-Artikel angeblich geändert

Im Internet ist eine Liste mit IP-Adressen aufgetaucht, die vom BND stammen sollen. Von ihnen aus wurden Einträge im Online-Lexikon Wikipedia verändert.

Allein – wo sind die Vorwürfe? Ein Geheimdienst, der die Wissensgewinnung als Aufgabe hat, für den Tausende Leute am Computer arbeiten, nutzt tatsächlich eine der bekanntesten Webseiten der Welt. Wenn der BND Quellen wie Wikipedia ignoriert, wäre ihm das meiner Meinung nach eher vorzuwerfen.

Aber halt – da hat doch tatsächlich ein Schlapphut den Artikel über den BND geändert. Und zwar wurde eine offenes Geheimnis unbelegtes Gerücht ins Gegenteil verkehrt. Und ein paar Monate später warf ein nicht besonders verdächtiger Wikipedia-Autor die selbe Spekulation wieder heraus.

Es stellt sich die gleiche Frage: wo ist der Vorwurf?

Startseitenkunde

In der Berichterstattung rund um die Sperrung von wikipedia.de ist einige Verwirrung aufgetreten. So titelt dpa die HNA „Wikipedia lahmgelegt“. Doch jeder Wikipedia-Nutzer reibt sich verwundert die Augen: die Wikipedia ist noch da.

Also – das ist wikipedia.de:

wikipedia.de

Diese Seite wird von Wikimedia Deutschland betrieben. Die Seite sieht bis zum Jahr 2005 leitete die Seite sogar zu einzelnen Wikipedia-Artikeln um.

Die Seite ist ein Suchportal für Wikipedia-Artikel in verschiedenen Sprachen – die Wikipedia selbst ist jedoch woanders. Auf Wikipedia.de befinden sich keine Artikel, es findet keine Artikelarbeit statt und wenn man bei Google nach Wikipedia-Artikeln sucht, wird man nicht auf wikipedia.de stoßen. Der Sinn dieses Portals ist mir nie so richtig klargeworden. Wikipedia-Artikel finde ich bequemer auf anderen Wegen. Sie ist so etwas wie ein Wurmfortsatz für User, deren Internet immer auf .de endet.

Wenn also wikipedia.de aus dem Netz verschwindet, geht die Arbeit bei der Wikipedia selbst ungestört weiter.

Die offizielle deutschsprachige Startseite von Wikipedia sieht hingegen so aus:

de.wikipedia.org
de.wikipedia.org

Schon seit 2002 werden die internationalen Wikipedias unter der Domain wikipedia.org geführt. Hier findet die Artikelarbeit statt, hier sind die Inhalte, die Inhalte werden jeden Monate 10 Milliarden Mal abgerufen. Verantwortlich für diese Seite ist die Wikimedia Foundation mit Sitz in San Francisco.

Wenn die Anwälte erst Mal im Spiel sind

Aprospos PR-Interviews: die Teleschau hat Herrn Albers zu seinem neuen Atze-Schröder-Film befragt. Dabei kommt auch sein Rechtsstreit mit der Wikipedia zur Sprache:

teleschau: Wie kam es zum erbitterten Streit um Ihren Eintrag in der Online-Enzyklopädie ‚Wikipedia‘?

Schröder: Das war eine Geschichte, die sich schnell hochgeschaukelt hat. Da stand von meiner Seite aus kein Plan dahinter. Plötzlich stand bei ‚Wikipedia‘ im Vordergrund, wie mein bürgerlicher Name lautet und wie mein privates Umfeld aussieht. Ich habe auch nichts gegen ‚Wikipedia‘, bin wahrscheinlich sogar einer der eifrigsten Nutzer, doch hätten die mich ja vorher auch mal fragen können. Dann wäre es gar kein Problem gewesen. Dann hat sich die ganze Sache verselbstständigt, und wenn erst einmal die Anwälte im Spiel sind, dann übernehmen die das Ruder. Ich bin aber mit der jetzigen Lösung einverstanden.

Diese Version passt zwar nicht so ganz zu den Fakten – aber verzichten wir mal auf Nachfragen.

Übrigens: Schröder beherzigt die Branchenregeln und lästert nicht über den Film, sondern nur über die letzten drei Staffeln seiner Fernsehserie. RTL wird nicht mehr gebraucht, das Kinopublikum schon.

PS: Ich rechne es ihm hoch an, dass er immer das Autorenteam erwähnt, das die Witze für Atze Schröder schreibt. Andererseits: Ich habe vor Jahren zwei Live-Auftritte von ihm gesehen – ohne Skript ist er einfach nur traurig.

Google Knol: Eher alpha als beta

Mit dem üblichen Understatement startet Knol mit einem simplen Blog-Beitrag. Auf den ersten Blick ist der Google-Neuling etwas unvollständiger als andere Google-Projekte beim ersten öffentlichen Launch.

  • Das Editieren funktioniert schlicht nicht: Zwar konnte ich nach einer Stunde mit dem Import-Tool einen sehr simplen Text hochladen, beim Klick auf den Edit-Button passiert aber nichts weiter.
  • Eine Navigation existiert nicht. Die „Featured Knols“ sind eine lange unübersichtliche Liste. Kategorien scheinen gar nicht vorgesehen. Toilettenreparatur steht neben Lungenkrebs. Oder auch nicht. Der vermeintlich lustige Kommentar auf der Homepage: „Who needs a search engine? Ctrl+F“
  • Die Suche nach dem Wörtchen „the“ bringt grade mal 60 Ergebnisse.
  • Zwar darf und soll man Knols in vielen Sprachen einreichen, die Startseite ist aber plain english. Andere Sprachportale sind bisher nicht sichtbar. Die Namensverifikation ist nur für US-Bürger vorgesehen.

Kurzfazit: Da hat Google noch eine Menge Arbeit nachzuholen.

PS: Mittlerweile kann man editieren. Und Ben Yates hat die Fehler der Knol-Startseite sehr schön visualisiert.

Der Wiki-Kandidat

Noam Cohen schreibt über Barack Obama:

But at the same time, Mr. Obama’s notion of persistent improvement, both of himself and of his country, reflects something newer — the collaborative, decentralized principles behind Net projects like Wikipedia and the “free and open-source software” movement. The qualities he cited to Time to describe his campaign — “openness and transparency and participation” — were ones he said “merged perfectly” with the Internet. And they may well be the qualities that make him the first real “wiki-candidate.”

Schwul, Marine, Taiwan….

Ich habe vor kurzem mit Tim Bartel diskutiert, ob es den Wikipedia-Admin gibt. Ich glaube ja, er glaubt eher nein.

Heute will ich mal die Gegenseite füttern. Schauen wir mal den Artikel über das Erdbeben in China an. Wie sehr oft bietet Wikipedia ein sehr aktuelles und trotzdem fundiertes Bild der Katastrophe. Doch wer sind die Leute, die die Fakten zusammentragen?

Da ist zum Beispiel User Joshii. Auf seiner Benutzerseite verrät er uns mehr, als ich empflehen würde. Er ist stolz ein Brite zu sein, er ist aus der Gegend von Manchester, frisch verliebt und schwul.

EgraS verrrät uns nicht sehr viel, aber er ist stolz ein United States Marine Corps zu sein. Ob er außerhalb von Wikipedia so einfach mit einem homosexuellen Ausländer zusammengearbeitet hätte?

Und da ist noch User Theodoranian, von dem wir ebenfalls nicht viel wissen – außer, dass er aus Taiwan kommt.

Ja, es gibt die Wikipedianer, aber mit den üblichen Kategorien – Geschlecht, Alter, Nationalität – kommt man nicht wirklich weiter.

Rechteinhaber inaktiv

Eigentlich wollte ich grade einen Blog-Eintrag über diesen Artikel machen, in dem Wikipedia die Verbreitung von Pornographie vorgeworfen wird. Wie gut die Vorwürfe belegt sind, zeigt das Bild, das den Artikel illustriert: ein der Wikipedia entnommenes Foto einer nackten Stripperin, ihr Körper durch einen schwarzen Balken verdeckt. Und das können Kinder in Schulbibliotheken sehen. Shocking!

Doch ein Blick auf das Original zeigt, dass dieser schwarze Balken nicht jugendgefährdendes verdeckt. Man sieht zwar, dass die Frau nackt ist, das war es aber auch schon: die Brüste sind durch die langen Haare verdeckt, die Seitenansicht enthüllt auch keine primären Geschlechtsmerkmale. Dem Leser wird aber suggeriert, dass das Foto harte Pornographie zeigt, die Jugendliche gefährdet.

Es wäre schön gewesen, das jetzt bildlich gegenüberzustellen – natürlich mit korrekten Lizenzangaben. Geht aber nicht: in der Wikipedia ist als Autoren-Angabe nur ein Link zu dessen Flickr-Seite gesetzt. Die ist aber nicht mehr vorhanden:

Zappel Jazz ist nicht mehr bei Flickr aktiv.

Ob der User gesperrt wurde, weil er Rechte anderer verletzt hat? Keine Ahnung. Ein Link auf eine tote Seite ist wohl auch kaum im Sinne der GFDL. Der Autor ist unbekannt verreist. Ergebnis: Wir haben ein vermeintlich frei verfügbares Foto, das nicht mehr nutzbar ist. Und deshalb enthält auch dieser Beitrag kein Foto.

Und die Moral von der Geschicht‘: Flickr-Links, die reichen nicht.

eins, zwei, rund fünf, rund zehn…

Auch bei der DPA arbeiten nur Menschen und die Kochen mit Wasser. Fehler passieren. Aber es schmerzt dann doch wenn Meldungen wie diese bei vielen Medien unverändert veröffentlicht werden.

Seit rund fünf Jahren trägt die gemeinnützige Wikipedia Foundation in ihrem Online-Lexikon Einträge zusammen, die von Millionen Nutzern weltweit erstellt werden. Jeder Nutzer kann eigene Beträge aufschalten oder bestehende Einträge ändern oder ergänzen. Allein für die deutschsprachige Ausgabe soll es mehr als 10 000 regelmäßige «Mitarbeiter» geben.

Mal abgesehen von der nicht existenten „Wikipedia Foundation“ – warum seit „rund fünf Jahren“? Die Wikipedia gibt es seit über sieben Jahren, die Wikimedia Foundation etwas weniger als vier. Das Wort „aufschalten“ finde ich wohlklingend nostalgisch, wenn auch etwas irreführend. Völlig rätselhaft sind aber die Anführungszeichen um das Wort Mitarbeiter. Ja, das sind keine bezahlten Angestellten, weshalb das Wort vielleicht etwas irreführend ist. Aber warum sollte man es überhaupt verwenden, wenn man es über die Anführungszeichen abqualifiziert? Ein Zitat ist es jedenfalls nicht.