Wann platzt die Geo-Porno-Blase?

Ein nicht besonders intelligenter Mensch meinte mich heute mit einer Presseaussendung beglücken zu müssen. Er hatte offenbar nach „Porno 2.0“ gegoogelt und war dabei auf meinen Vortrag bei der Re:Publica gestoßen.

In der Mail wurde mir eine überdurchschnittlich abstoßende Porno-Seite empfohlen, die nach Meinung des Betreibers einen „web 2.0 approach“ verfolgt. Von Userbeteiligung ist nichts zu sehen. Der revolutionäre 2.0-Ansatz: man kann mehrere Pornos parallel abspielen… Dass dies das exakte Gegenteil dessen ist, was ich in meinem Vortrag behandelt habe, muss ich wohl nicht betonen.

Natürlich ist die Seite vollgestopft mit Werbung. Adultfriendfinder & Co versprechen Live-Webcams und Live-Sex. Bei einer Millionenstadt wie Köln mag das einigermaßen glaubhaft sein – aber auch in beschaulichen Orten wie Rietberg (28000 Einwohner) werden einem Hunderte williger Frauen empfohlen, die rein zufällig auch in Rietberg sind. Bei jedem Reload sind es andere. Das ist nicht glaubhaft – selbst wenn man ignoriert, dass die meisten Fotos sowieso nach zufällig eingespielten Inhalten eines US-Bilderkatalogs aussehen.

Doch wer kümmert sich um solche Kleinigkeiten, wenn es um Umsätze geht? Und das „Webmaster-Programm“ von Adultfriendfinder verspricht satte Umsätze:

Geld verdienen ist mit unserem Programm „Pro-Mitgliedschaftsbestellung“ ganz einfach. Immer wenn sich ein Mitglied als Premiummitglied anmeldet, verdienen Sie bis zu $130.00.

Sprich: Diese Werbung lohnt sich nur, wenn ein ständiger Nachschub von Personen gewährleitet wird, die wesentlich mehr als 130 Dollar bei Firmen wie Adultfriendfinder lassen. Das Angebot wirbt jetzt schon mit über 20 Millionen Mitgliedern. Ich denke mal, der Markt dürfte zu diesen Preisen so langsam ausgeschöpft sein. Und wenn er ausgeschöpft ist, werden sich YouPorn und Co. plötzlich sehr einsam fühlen.

PS: Auf der Startseite von Adultfriendfinder wird die offensichtliche Usertäuschung eingeräumt – natürlich juristisch verklausuliert:

*Personen welche in Fotos auftauchen, könnten eventuell nicht Mitglieder sein. Andere Daten sind nur zur Illustration beabsichtigt. Adult FriendFinder ist das weltweit größte Sozial- & Sexanzeigennetzwerk für Erwachsene mit über 20.000.000 Mitgliedern.

Auf deutsch: Die meisten Fotos sind Fakes. Ein bemerkenswertes Vorgehen für ein Angebot, dass mit dem Slogan „echte leute. echter sex.“ wirbt. Auf den Webseiten, auf denen das Unternehmen wirbt, fehlt dieser Hinweis.

Re:publica-Nachlese

Die re:publica ist vorbei, Zeit, eine kleine Zwischenbilanz zu ziehen.

  • An erster Stelle möchte ich mich für das positive Feedback bedanken (nicht nur das in Blogs). Nach dem Vortrag hatte ich eine ganze Reihe interessanter Gespräche, die mich motivieren, das Thema weiter zu verfolgen.
  • Ja, mein Vortrag war sicherlich ironisch, oberflächlich und ich konnte nicht sicherlich alle Aspekte abdecken. Ich hoffe aber, ich habe nicht nur unterhalten, sondern auch einige Denkanstöße gegeben.
  • Porno ist kein Witz! Obwohl die Pornographie zweifellos zur Netzkultur gehört, zeigt sich an vielen Stellen, dass nicht alle damit umgehen können. An dieser Stelle ein kleiner Verweis auf die Berichte von SWR2 Wissen (RTF) und Monitor. Die derzeitige Situation ist kein Idealzustand – ich sehe auch keine einfache Lösung.

Danke nochmal an die Organisatoren, die diese Konferenz auf die Beine gestellt haben, um so viele interessante Gesprächspartner auf einem Fleck zu versammeln. Gerne wieder.

Bringen wir Twitter das Vergessen bei

Die Twitter-Auswerte-Dienste nehmen so langsam überhand. Da wäre es doch schön, wenn die versammelte Re:Publica-Besucherschaft sich mal die Lehren aus der ersten Keynote von Viktor Mayer-Schönberger zu Herzen nimmt: Nützliches Vergessen. Muss denn alles aggregiert und ausgewertet werden? Was schert es die anderen, was ich vor drei Wochen, Monaten oder Jahren twitterte? Wo bleibt der Kontext, wo die Privatsphäre?

Was wäre einfacher und sinnvoller, als Twitter das Vergessen beizubringen? Ein kleines Skript, dass es jedem Twitter User einfach ermöglicht, die Beiträge ab einem gewissen Alter wieder vom Server zu löschen.

Was meint Ihr? Freiwillige Coder vor!

Porno-Ausreden – in eigener Sache

Einige Leute haben es schon bemerkt, dass ich bei der nächsten re:publica halten werde. Das Thema lautet: Porno 2.0. Ein solches Thema verlangt nach einigen Disclaimern, auch bekannt als Ausreden.

Re-Publica

  1. Die Standard-Ausrede: Ich guck doch keine Pornos. Naja – ab und zu schon – aber nur weil die so witzig sind! „Warum liegt denn hier Stroh rum?“ Ich könnte mich stundenlang scheckig lachen.
  2. Die Netzkultur-Ausrede: Das älteste Gewerbe der Welt ist bekanntermaßen die Prostitution. Und so ist auch die Pornografie die killer-application der Internets gewesen, Quell technischer Neuerung und eben auch eines guten (oder schlechten?) Teils der Netzkultur.
  3. Die Die-lieben-Kollegen-Ausrede: Es gibt bereits eine wahre Artikelschwemme zum Thema. Youporn und Co sind Medienstars – spätestens seit der Sperre bei Arcor. Doch kaum einer der geschätzten Kollegen guckt sich die Portale tatsächlich an – und wenn sie es tun, fehlt offenbar die professionelle Distanz. Einen ehrlichen Review, was auf diesen neuen Porno-Portalen wirklich los ist, habe ich bisher noch nicht gelesen.
  4. Die Das-Publikum-will-es-Ausrede: Vor anderthalb Jahren habe ich einen kleinen Eintrag zu Youporn verfasst – bis heute ist er der am meisten aufgerufene Artikel dieses Blogs.
  5. Die Aufklärungs-Ausrede: Wenn wir Pornos verschweigen, schadet das der Internet-Sicherheit.
  6. Die Ist-doch-wahr-Ausrede: Internet-User sind doch alle nur biertrinkende Porno-Gucker!

Das Zwo-Null-Glas

Fans der frühen Simpsons erinnern sich sicher noch an das Fluch-Glas. Es ist ein umgekehrtes Trinkspiel: Wer flucht, zahlt einen bestimmten Betrag in das Fluch-Glas. So lernt derjenige eine schmerzliche Lektion, das soziale Umfeld ist dank des Füllstandes des Glases über den Gemütszustand der Fluchenden Bescheid und am Ende hat man genug Geld für eine Anschaffung außer der Reihe. Oder für einen guten Zweck.

Wir sollten das Glas auf allen verdammten Blogger-Startupper-Webdesigner-Avatarsammler-Treffen einführen. Ob beim Webmontag, bei der re:publica oder beim Wikipedia Stammtisch: Jeder der „ZwoPunktNull“ sagt, zahlt zwei Euro in das Glas. So lernen die Leute diese schreckliche Phrase zu meiden, die nun mal alles und nichts heißen kann. Wer über Ajax-Oberflächen redet, soll über Ajax-Oberflächen reden. Wer seine Nutzer einbinden will, soll über Inhalte, Datenbanken und Moderation reden. Und wer 2.0 nur als inhaltslose Marketingphase nutzen will, sollte gefälligst schweigen.

Natürlich brauchen wir noch einen guten Zweck, dem wir die Tausenden von Euro spenden können. Aber eine bessere Verwendung als die Franjo-Pooth-Stiftung für Wirtschaftsethik findet sich immer.

Das Problem von Blogger-Jeopardy

Bei Re:Publica wird es ein Blogger-Jeopardy geben. Es gibt da allerdings ein Problem:

  • Blogger für 100: Dieser Blogger wäre sicher nicht in den Charts, hätte er eine Freundin.
  • Blogger für 200: Dieser Blogger hat sein vielbeachtes Blog im Jahr 2003 eröffnet und hat nach einhelliger Meinung im vergangenen Jahr stark abgebaut.
  • Blogger für 300: Dieser Blogger schreibt zu Rechtsthemen und hat das lustigste Posting zum Thema „Rechtsversicherungen“ verfasst. Werde ich mal abgemahnt, werde ich ihn anrufen.
  • Blogger für 400: Dieser Blogger hatte starke Meinungen, hat sich aber für die Werbung verkauft. Außerdem ist er auf jedem Blogger-Treffen.
  • Blogger für 500: Dieser Blogger ist Mitte 30 – oder schon Anfang 40? – Sternzeichen: Schütze, er ist Vater und er schreibt meistens langweiliges Zeug.

So viele Fragen….