Terroristen haben kein Facebook Connect

dpa meldet:

Passagiere auf deutschen Flughäfen sollen nach einem Vorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière die umstrittenen Körperscanner freiwillig benutzen. […] Jeder Fluggast sollte die Wahl haben, ob er bei Kontrollen in den Scanner gehe oder sich vom Personal abtasten lasse. De Maizière rechnet damit, dass die Geräte vom Sommer an eingesetzt werden können.

Irgendwie fehlt mir da die dritte Alternative. Wie wäre das: wer die Privatsphäreeinstellungen bei StudiVZ auf Null schraubt oder die HomelandSecurity-App auf seinem Facebook-Profil installiert, darf einfach durch die Sicherheitsschleuse gehen. Denn diese Leute laufen eh die ganze Zeit nackt herum – datennackt.

Permanent record

Grade auf CNN.com:

The sentence stipulates that if Ellis stays out of trouble for a year, the charges will be sealed and the arrest won’t be on her permanent record.

Wer braucht in einem Jahr noch eine Gerichtsakte oder ein Führungszeugnis, wenn die Details des Falls mit vollem Namen der Angeklagten und Videobericht auf CNN zu finden sind?

Der Boulevard in der Nachbarschaft

Ein Jahr lang war sie medial verschollen – jetzt ist sie wieder da: die BILD berichtet unter Berufung auf „Die Neue“ ausgiebig über Gaby Köster. Zwar weiß das Boulevardblatt nicht wirklich viel, fabuliert aus ein paar Faktenfetzen einen „Liebesurlaub“ zusammen.

Die seltsam lückenhafte Klatschgeschichte ist nicht überraschend – wahrscheinlich mussten die Autoren um Einstweilige Verfügungen herum schreiben. Kösters Anwalt wird es aber nicht allzu schwer haben, neue Verfügungen zu beantragen:

Doch seit der Rückkehr aus dem Urlaub zeigt sich Gaby Köster ganz behutsam wieder in der Öffentlichkeit!

Nachbarn und Passanten in ihrer Kölner Wohngegend erleben eine lebensfrohe Fernsehfrau, die sich nicht versteckt und versucht, die täglichen Angelegenheiten des Lebens ohne Hilfe zu regeln.

Merke: Wenn die Nachbarn jemanden sehen können, ist das für BILD „Öffentlichkeit“. Und wenn man ein Jahr nicht mehr im Fernsehen zu sehen war, ist man eben zu Hause eine „Fernsehfrau“. Mal sehen, wie lange der Artikel dem Blick eines Richters standhält.

PS: Da lag ich wohl daneben: der Artikel ist weiterhin online.

Embracing Post Privacy – Datendienstleister

Ich hab mir eben per Stream plomlompoms Vortrag Embracing Post Privacy angehört. Grundthese: Die Privatsphäre ist nicht mehr zu retten – das sollten wir jedoch als Chance sehen und die neuen Möglichkeiten der allumfassenden Information. Ganz nette Ideen – manche vielleicht etwas sehr naiv, alle leider viel zu theoretisch.

Schon heute lernen wir immer mehr Möglichkeiten, ungehobene Datenschätze zu nutzen. Warum zum Beispiel aufwändige Verkehskontrollsysteme installieren, wenn quasi jeder Autofahrer einen Peilsender – ob Handy oder Bordcomputer – bei sich hat, der als Abfallprodukt Auskunft über Verkehrsflüsse geben kann?

Wenn wir schon Daten konsequent nutzen, ist es Zeit für ein neues Berufsfeld. Der Datendienstleister. Und zwar ein Dienstleister, der nicht nur im Auftrag von Versicherungen und Direktmarketing-Unternehmen arbeitet, sondern für mich, den Kunden. So könnten zum Beispiel die aussterbenden Videotheken in diese Lücke vorstoßen. Statt nur physische Datenträger zu bevorraten könnte sich jede Videothek einen Datenschrank einbauen, der meine Kundendaten verwertet und mir andere Daten zugänglich macht. Simples Beispiel: Wir haben immer mehr Musik ohne physischen Datenträger. Ein Blitzeinschlag zur falschen Zeit und Tausende Euro an Informationen sind weg. Wenn ich hingegen die Musiksammlung bei meiner Videothek um die Ecke sicher verwahren kann, wäre das eine interessante Dienstleistung.

Ich sehe großes Potenzial in dezentralen oder lokal verankerten Datendienstleistert. Last.FM beweist, das das Verknüpfen möglichst vieler oberflächlicher Daten eben nicht zum ultimativen Musikgenuss führt. Nebeneffekte wie die Kleinigkeit der Finanzierung solcher Dienste spielen natürlich auch eine Rolle. Ich zahle in der Regel lieber direkt als über versteckte Provisionen.

Wie wäre es also, wenn man lokal seinen Multi-Media-Dienstleister hat? Man zahlt pro Monat wie im Fitness-Club – dafür kann man zu den Öffnungszeiten hineinschneien und fragen wie das Lied mit dem „laaalaaalaaa love youuuuuu – siewissenschon“ heißt. Und bei dem sich die Tatort-Fans versammeln können, die dann – dank Koordination des Datendienstleisters – jeden Sonntag abend eine Premiere-Bar erobern und dort das Erste einschalten. Der Vorlieben erkennen kann und sie jenseits einer SQL-Datenbank verknüpfen kann.

Bringen wir Twitter das Vergessen bei

Die Twitter-Auswerte-Dienste nehmen so langsam überhand. Da wäre es doch schön, wenn die versammelte Re:Publica-Besucherschaft sich mal die Lehren aus der ersten Keynote von Viktor Mayer-Schönberger zu Herzen nimmt: Nützliches Vergessen. Muss denn alles aggregiert und ausgewertet werden? Was schert es die anderen, was ich vor drei Wochen, Monaten oder Jahren twitterte? Wo bleibt der Kontext, wo die Privatsphäre?

Was wäre einfacher und sinnvoller, als Twitter das Vergessen beizubringen? Ein kleines Skript, dass es jedem Twitter User einfach ermöglicht, die Beiträge ab einem gewissen Alter wieder vom Server zu löschen.

Was meint Ihr? Freiwillige Coder vor!

StudiVZ – Mal was positives

Um nicht in den Ruf eines Mecker-Bloggers zu geraten: ich sehe durchaus auch positive Entwicklungen.

So hat StudiVZ seine Privatsphären-Optionen überarbeitet. Um personalisierte Werbung abzuschalten, muss man nur noch die Privatsphären-Einstellungen aufrufen, dort auf den Kartenreiter ganz rechts klicken, sich das Kleingedruckte sehr genau durchlesen, den untersten Link klicken und anschließend gegen den subtil formulierten Ratschlag von StudiVZ handeln. (Wenn man auf den vorletzten Link klickt, kann man auch den Emails mit den Botschaften der StudiVZ-Werbepartner widersprechen.)

Neue Werbeeinstellungen bei StudiVZ

Das klingt nicht besonders positiv, meint Ihr? Nun, vorher sah es so aus.

StudiVZ-Mitglieder klaglos oder ahnungslos?

Eben ist folgende Meldung hereingeschwappt.

Die breite Masse von Social-Community-Mitglieder hat gegen die Vermarktung ihrer persönlichen Daten nichts einzuwenden. Es war offenbar nur ein Sturm im Wasserglas, den einige Protestanten Ende vergangenen Jahres gegen die neuen AGB bei der Studentencommunity StudiVZ da auslösten. Die Mehrheit der StudiVZ-Mitglieder macht die neuen Werbestrategie jedoch sang- und klanglos mit.

Zur Realitätskontrolle habe ich mich mal bei StudiVZ eingeloggt. Zwar muss man nun die neuen AGB akzeptieren, über die neue Verwendung der persönlichen Daten erfährt der Nutzer erst nach ausgiebiger Lektüre etwas. Und wie man das Ganze abschaltet, steht auch nicht oben in den FAQ, sondern unten, im Kleingedruckten.

StudiVZ AGB-Einstellungen

Nach 10 Minuten ausführlichen Suchens konnte ich die in erwähnte Option „Einstellungen zur Verwendung meiner Daten“ nicht finden. Weder auf der Startseite, nicht im eigenen User-Profil, auch nicht unter dem Punkt „Privatsphäre“ oder „Datenschutz“.

Erst Google brachte mich weiter: In dem Blog Suchtwolke habe ich eine Klick-für-Klick-Anleitung zum Auffinden der Werbeeinstellungen gefunden:

1. Einloggen

2. Ganz unten in der Leiste, die mit “Presse” beginnt und mit “Verhaltenskodex” endet, auf “Datenschutz” klicken.

3. Dort dann auf [ Datenschutz-Erklärung ] klicken.

4. Ganz unten auf [ Einstellungen zur Verwendung meiner Daten ] klicken.

5. Alle Häckchen ausstellen und die Sache speichern – fertig.

Sprich: Die Einstell-Möglichkeit wurde gezielt versteckt. Wer die Datenschutzerklärung findet, muss erst zwei Seiten nach unten scrollen um dort den ganz kleinen Link auf die Einstellungs-Seite zu finden.

Das Unternehmen glaubt offenbar nicht daran, den User selbst entscheiden zu lassen und baut darauf, dass die Kommunikation auf der Plattform denkbar schlecht ist. Wäre es anders, hätten sie die Optionen schlichtweg in die Privatsphären-Einstellungen integriert oder wenigstens in den FAQ einen Link auf die Einstellmöglichkeiten gesetzt.

Dass die Strategie funktioniert, ist dennoch deprimierend. Vielleicht auch für die Werbekundschaft – wer auf solche Tricks reinfält, wird nie zum zahlungskräftigen Kunden werden.