IT-Sicherheit in der Russendisko

Wer Spammer, Botnetze oder ähnliche illegale Aktivitäten zurückverfolgen will, landet früher oder später in Russland. Für den Rechercheur ist das manchmal ganz praktisch. Der Satz „Die Spur verliert sich in Russland“ signalisiert dem westeuropäischen Leser sofort: Wir haben das uns bekannte Universum verlassen und es geht irgendwo weiter im Reich der Russen-Mafia, der Öl-Oligarchen und des Wodkas. So ganz genau wollen wir es dann gar nicht mehr wissen – das wohlige Gruseln reicht.

Insofern fand ich die Überschrift „Internet-Sicherheit in der Russendisko“ im CeBIT-Themenservice sehr interessant. Dahinter verbirgt sich aber nicht die dunkle Bedrohung aus dem Osten, sondern schlichtweg der Softwareproduzent Kapersky:

IT-Sicherheit in der „Russendisko“

Im Einsatz gegen Internet-Kriminalität: Was können Unternehmen gegen Cyberspace-Bedrohungen der Zukunft tun? Welche Möglichkeiten haben sie im Kampf gegen Internetkriminalität und Virenangriffe? Informationen darüber gibt es auf dem Stand eines russischen Softwareherstellers der CeBIT 2007.

Ganz besonders heiß wird es auf dem Stand der Sicherheitsexperten am Donnerstag, 15. März, ab 18 Uhr, wenn der Autor und DJ Wladimir Kaminer zusammen mit DJ Yuriy Gurzhi in der „Russendisko“ osteuropäische Musik zwischen Zigeuner-Punk, Balalaika-Rock‘-n‘-Roll und Klezmer-Ska auflegt.

Auf dann.

“Kann ich den Artikel vorher lesen?”

Eine der üblichen Horror-Fragen für Journalisten ist „Kann ich den Artikel vorher lesen?“ Die kurze Antwort ist schlicht „Nein, das ist leider nicht möglich“. Ich versuche hier mal eine längere Antwort zu formulieren.

Nein, leider kann ich Ihnen den Artikel nicht vorher zum Gegenlesen geben. Schon aus rein organisatorischen Gründen funktioniert das einfach nicht. Für einen einfachen Zeitungsartikel muss ich mit vier, fünf, manchmal sogar einem Dutzend Leuten sprechen: Pressesprecher, Fachleute, Behördenvertreter. Wenn ich von jedem das Einverständnis für das Endprodukt einholen müsste, könnte ich keinen Abgabetermin einhalten. Zudem ist es immer noch möglich, dass der Artikel nochmal kurz vor Redaktionsschluss geändert wird, weil sich eine unvorhergesehene Änderung im Layout ergeben hat.

Auch aus anderen Gründen verbietet es sich im unabhängigen Journalismus, Artikel vorher von anderen gegenlesen zu lassen. Denn der Inhalt der Artikel wird von der Redaktion bestimmt. Wenn Firmen genau wissen wollen, was am nächsten Tag in der Zeitung steht, müssen sie schon eine Anzeige schalten. Dann ist die Werbung schön deutlich gekennzeichnet als solche erkennbar. Der Leser weiß, wenn er eine Firmenverlautbarung liest. Für den restlichen Teil der Zeitung verlässt sich der Leser darauf, dass die Berichterstattung weitgehend unabhängig ist. Wo der Vorteil für Sie liegt? Nun: Nehmen Sie sich mal ihre eigene Firmenzeitung oder Unternehmensnewsletter vor und vergleichen Sie sie mal mit ihrer Lieblings-Zeitung. Wenn Sie zufällig nicht in der Firma arbeiten würden, welches Medium würden Sie vorziehen?

Ich recherchiere mit offenem Visier. Ich bin kein Paparazzo, ich arbeite weder für Boulevardzeitungen, noch für Anzeigenblätter. Wenn ich im Artikel Kritik an Ihnen oder ihrem Produkt aufnehmen will, dann sage ich Ihnen das am Telefon. Ich gebe Ihnen Gelegenheit, überlegt auf Kritikpunkte zu antworten, zu argumentieren. Dabei frage ich auch gerne nach, um auf den eigentlichen Punkt zu kommen. Mir liegt nichts daran, das eine schnelle Zitat von Ihnen zu erbeuten und es aus dem Zusammenhang zu reißen. Sie können meinen Namen googlen und werden einige Beispiele meiner Arbeit finden. Machen Sie sich ein Bild davon.

Haussuchung beim Spiegel?

Das Strafgesetzbuch: § 202a Ausspähen von Daten

(1) Wer unbefugt Daten, die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, sich oder einem anderen verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Daten im Sinne des Absatzes 1 sind nur solche, die elektronisch, magnetisch oder sonst nicht unmittelbar wahrnehmbar gespeichert sind oder übermittelt werden.

Spiegel: Hacken für jedermann

Nach einer halben Stunde hat das Programm zwischen 30 und 50 Computer gefunden, die ohne Firewall und andere Vorsichtsmaßnahmen online im Netz stehen. Nun zeigt es in einem Fenster erste Details: Welche Bezeichnung der Besitzer seinem Rechner gegeben hat (Erstaunlich, wie viele PC „Wohnzimmer“ heißen und wie viele Laptops „Läppi“). Es zeigt an, welche Teile der Festplatte und welche Ordner einsehbar sind (oft die Festplatte D, auf der die meisten Windows-Nutzer ihre Daten aufbewahren, häufiger noch den Ordner „Eigene Dateien“). Die fremden Rechner lassen sich bequem durchforsten, so als säße man vor dem eigenen.

Ahja. Journalisten schnüffeln in fremden Daten herum. Nur mal um zu sehen. Ein Experiment. Muss sich der Spiegel also mal wieder auf eine Redaktionsdurchsuchung gefasst machen? Wohl nicht, denn der Spiegel-Redakteur hat eine kleine juristische Firewall in den Artikel eingebaut:

Der Versuchsaufbau, vorgeführt von einem PC-Experten […]

Und damit ist der Urheber der beschriebenen Straftat unbekannt und der Redakteur kann das Zeugnis verweigern. Oder hat eigenes Rumstöbern in Lebensläufen und Briefen an den Scheidungsanwalt weitgehendere strafrechtliche Konsequenzen? Wir dürfen gespannt sein.

Kleine Bosheiten

Redaktionen können in den Texten selbst über die Maßen objektiv und neutral sein, das Layout bietet immer noch allerhand Möglichkeiten kleine Akzente zu setzen. Sicher kann es reiner Zufall sein, wenn Kokain-Statistiken ausgerechnet unterhalb der Meldung platziert werden, dass der 1. FC Köln den Trainer Christoph Daum verpflichtet.

Und ich will auch Golem nichts unterstellen, aber…

Vista und Zeta

…aber unter eine Windows-Vista-Meldung direkt die Verspätung des Mini-Betriebssystems Zeta als Top-Meldung zu setzen, lässt Interpretationen viel Raum.

Beständige Euphorie

Aus meinem Feedreader:

iphone.png

Besonders die älteste Überschrift zeugt von Euphorie, die dann wohl etwas abgemildert werden sollte. Es handelt sich wohlgemerkt um einen einzelnen Feed eines großen deutschen Mediums.

Hauptsache Ford

Der ehemalige US-Präsident Gerald Ford ist tot. Das hat der Infoscreen eben verkündet, als ich am Hauptbahnhof auf die U-Bahn wartete. Bemerkenswert war die Bilderauswahl neben der Meldung: die Ford-Unternehmenszentrale, Szenen aus einer Autofabrik, verschiedene Ford-Modelle…

Bildblog wird persönlich

Ich habe es vor kurzem schon Mal angesprochen: das Bildblog sucht nach neuen Ufern.

Der Diekmann-Fotowettbewerb wurde eifrig durchgekaut, in dem heutigen Beitrag Wie „Bild“ den Kopf aus der Schlinge zieht scheinen die Bildblogger die Samthandschuhe auszuziehen. Statt wie zuvor vorwiegend die Führungsetage anzugreifen, nennt das Blog heute gleich drei Mal den vollen Namen des Bild-Autoren eines – glaubt man der Darstellung der Bildblogger – unglaublichen Lügenmärchens.

(Der Begriff unglaublich ist natürlich relativ, bei BILD glaubt man mittlerweile ja vieles.)

Investigative Gosse

Manche Leute haben wirklich keine Achtung vor Menschen, wenn es ums Geldverdienen geht. Und so benutzen manche Sender das Label „investigativ“, wenn es nur um Schmutz und Entwürdigung geht.

Ein Beispiel scheint mir Carl Monday zu sein, den ich durch diesen Clip der „Daily Show“ entdeckt habe. Ein junger Mann wurde beim Masturbieren in einer Bibliothek erwischt. Carl Monday konfrontiert ihn nicht nur vor einem Millionenpublikum, sondern geht auch die Familie so aggressiv an, bis der Vater handgreiflich wird. Und immer schön die Kamera drauf. Die Daily Show nahm das zum Anlass für einen kleinen Beitrag, indem die Methoden von Monday veralbert werden. Als Höhepunkt lauerte Jason Jones mit einem Kamerateam am Parkhaus auf Monday.

Die Geschichte um Carl Monday hat noch einen weiteren Dreh, denn als investigativer Reporter muss man heutzutage natürlich auch ein Weblog führen, und so berichtet Monday über die Konfrontation und kündigt anschließend sogar stolz den Ausstrahlungstermin an.

Remember, this is Comedy Central so don’t take it too seriously, folks.

(In den Blogruf-Kommentaren habe ich gelesen, dass ein Team von Friedrich Küppersbusch zu Zeiten von „Privatfernsehen“ das Gleiche einmal mit Monica Lierhaus durchgespielt hatte, als die bei Sat1 eine Boulevardsendung moderierte. Allerdings war diese Konfrontation wohl deutlich härter.)

Indien in Köln

Das Kölner Lokalprogramm berichtet über den NRW-Start eines indischen Musicals? Wie stellt man sicher, dass das nichtssagende Interview in Köln und nicht in Bangalore aufgenommen worden ist?

Richtig…

Indien in Köln