Google, Datendienstleister

Ich war ein wenig überrascht, über die empörte Diskussion über die Google-Neuerwerbung Nest, die Heizungssteuerungen und Feuermelder für Hipster vertreibt. Sicher: Der Preis ist so hoch, dass Google wahrscheinlich einen Plan hat, wie dieses Startup noch mehr Geld einbringen soll. Einen Paradigmenwechsel sehe ich ausgerechnet dieser Akquisition nicht. Zum einen: Wer kauft diese teuren Nest-Sensoren, wenn beim Lebensmitteldiscounter nebenan seit Jahren elektronische Heizungssteuerungen zum Billigpreis verkauft werden? Die haben zwar keine App, sparen aber mit ein paar vorgefertigten Nutzerprofilen fast genau so viel.

Zum anderen: Google kommt mit Nest nicht in unser Schlafzimmer — wie zum Beispiel Spiegel Online nahelegte — da ist Google längst. Wenn wir wirklich die Prämisse anlegen, dass Google alle unsere Daten sammelt und Querverbindungen herstellt, weiß Google längst Bescheid: Wann immer wir eine Geschwindigkeitsbegrenzung überschreiten, wenn wir eine Affäre haben, wenn wir nach Symptomen einer sexuell übertragbaren Krankheit suchen.

Das ist natürlich eine naive Ansicht — gerade die NSA-Affäre hat gelehrt, dass im Datengeschäft Paranoia ein Erfolgsfaktor ist. Freilich: Der Erfolg des Datengeschäfts bemisst sich derzeit nicht vorrangig nach wirklich korrekt erfassten Sachverhalten oder eingetroffenen Prognosen. Der wichtigste Erfolg ist, dass man ein Ergebnis liefert. Wenn Google Sich als Lebensversicherungsinteressierten Pizza-Junkie identfiziert hat, fließt das Geld. Bist Du keiner, sinkt der Preis mit der Zeit etwas. Aber eine Milliarde Android-Handies gleichen das leicht aus. Gleiches gilt für die NSA und die anderen Schnüffeldienste. Wer Terroralarme produziert, die No-Fly-Listen gut gefüllt hält und ab und an Gesprächsprotokolle hervorzaubert, hat seine Milliarden sicher. Zerschmettert man auf dem Weg noch ein paar Zentrifugen im Iran, sind Ressourcen eigentlich keine Frage mehr. Aber ich schweife ab.

Google weiß alles, aber es petzt nicht?

Zurück zu Google. Sollen wir weitermachen unter der Prämisse: „Google weiß alles, aber es petzt nicht! Zumindest nicht gegenüber meinen Freunden und meinem Chef.“ Oder sollen wir eine andere Prämisse heranziehen? Zum Beispiel: Google ist Datendienstleister. Demnach verarbeitet Google Daten nicht als Selbstzweck, sondern als Dienstleistung. Eine Dienstleistung an die Werbewirtschaft und eine Dienstleistung an uns, den Kunden, die die vielen Dienste von Google nutzen, die Websuche mit „googeln“ übersetzen, die ein Android-Gerät in der Hosentasche tragen und schon bald im Lenkrad.

Doch wenn Google unser Datendienstleister ist, dann gehören die Daten weiterhin uns. Und wir sollten darauf achten, dass sie uns weiter gehören. Absolute informationelle Selbstbestimmung ist dabei illusorisch, denn mit hundertprozentig individualisierten Daten lässt sich nun mal wenig anfangen. Dadurch, dass viele andere ihren Standort ständig an die Google-Zentrale melden, bekomme ich einen recht guten Eindruck von Staus auf Autobahnen und kann meine Ankunftszeit besser kalkulieren. Dadurch, dass alle ein wenig Kontrolle abgeben, können alle profitieren.

Doch in anderen Bereichen ist der Gemeinschaftsnutzen gering, die individuelle Datenlast jedoch enorm. Ich bin wahrhaftig kein Streetview-Bilderstürmer — aber wäre es wirklich zuviel verlangt, wenn jede der kleinen Kameras einen kleinen Objektivdeckel haben müsste? Die EU hat auch durchgesetzt, dass iPods eine gewisse Lautstärke zumindest in der Voreinstellung nicht überschreiten dürfen — ein kleiner lichtundurchdringlicher Schieber vor den Mini-Objektiven wäre in meiner laienhaften Sicht kein größerer Eingriff.

Aggregierte Daten für alle

Wo Datenvermeidung nicht praktikabel ist und die Kontrollen der Weiterverwendung der Daten nicht praktisch durchführbar ist, muss die Allgemeinheit auf ihren Daten bestehen. Nicht nur sollten die aggregierten Daten zum potenziellen Nutzen aller veröffentlicht werden — von den Google-Verkehrsmeldungen sollten auch Nicht-Google-Kunden profitieren. Sie müssen eh mit anderen Informationen abgeglichen werden um wirklich nützlich zu sein.

Wichtiger jedoch: Wir sollten auf die Existenz von offenen Schnittstellen, auf APIs bestehen. Wenn ich ein Android-Handy habe, will ich nicht nur auf Google-Dienste angewiesen sein und wer Google-Dienste nutzen will, sollte dies auch uneingeschränkt auf anderen Geräten machen können. Google hat hier weniger Arbeit vor sich als viele Konkurrenten — schließlich bietet der Konzern über sein Dashbord schon lange die Möglichkeit viele Daten zu exportieren und bietet ebenfalls zahlreiche APIs an. Doch gerade im vergangenen Jahr hat Google die Offenheit teilweise erheblich zurückgefahren. Wer legal Google Maps nutzen will, muss zahlreiche andere Bedingungen erfüllen, der Streit um YouTube für Microsoft-Smartphones war peinlich für beide Seiten. Und das detaillierte Rechte-Management auf Android funktioniert nur noch nach der Methode: Friss oder stirb.

Die gute Nachricht für Google: Sie werden unter verordneter Offenheit weniger zu leiden haben als Apple, Microsoft oder United Internet. Eine nicht so gute Nachricht: Google braucht die Konkuzrrenz. Dringend. Dass Google+ zum Beispiel immer noch keine Optionen zur Sortierung der Timeline anbietet, ist für den Suchmaschinenanbieter peinlich. Ebenso das, was Google Play Music an Playlists produziert. Hier kann der Konzern wirklich eine Infusion von Spotify gebrauchen, wo viele Kunden tatsächlich tolle Playlists angelegt haben, die bisher nur unter Spotify zu gebrauchen sind. Und wenn uns die Playlists wirklich gehören, können wir sie ja auch zu Google Music mitnehmen, anstatt die App nach dem kostenlosen Probemonat wieder zu deinstallieren.

tl;dr Statt Google-Panik zu verbreiten, sollten wir uns ganz pragmatische Regulierungen überlegen, die Datendienstleister in ihrer Rolle halten. Zum Beispiel Objektivdeckel für die vielen Winzkameras und einen gesetzlicher Zwang zu offenen Schnittstellen. 

Österreich und Adblock Plus

Spannende Entwicklung: Die österreichische Wettbewerbesbehörde will gegen den Google ermitteln, weil der Konzern, gegen den schon ein Verfahren bei der EU-Kommission wegen dessen Praktiken in Zusammenhang mit dessen marktbeherrschenden Stellung im Werbemarkt läuft.

Der ORF, dessen Spitze in letzter Zeit sehr offensiv gegen den Werbe-Konkurrenten Google zu Felde zieht und selbst Beschwerde eingelegt hat, fasst die Situation so zusammen:

Konkret geht es um Werbeblocker: Die Wettbewerbshüter vermuten, dass Google mit einem befreundeten Werbeblocker-Unternehmen gemeinsame Sache machen könnte und dadurch nur Werbung von zahlenden Google-Kunden gezeigt wird.

Jein. In der Tat ist es ein offenes Geheimnis, dass Adblock Plus von Google bezahlt wird. Das Unternehmen hinter dem Werbeblocker lässt sich von Werbetreibenden bezahlen, dass sie in eine Ausnahmeliste aufgenommen werden. Das klingt nach einem eindeutigen Fall von Wettbewerbsmissbrauch. Doch gleichzeitig ist diese Aufnahmeliste vor allem an die Bedingung geknöpft, dass die Werbetreibenden nur „nicht-nervende“-Werbung anzeigen: Flash ist verboten, Blinken und Tönen sowieso. Der ORF selbst hätte selbst dann keine Chance seine meist großflächige Bewegtbildwerbung auf seinen Webseiten freischalten zu lassen, wenn er Adblock Plus viel Geld bezahlte. Google hingegen, das weitgehend auf milliardenfach gezielt ausgespielte Textwerbung setzt, kann die Kriterien mit Leichtigkeit erfüllen.

Dennoch würde eine Wettbewerbs-Untersuchung sehr spannend werden. Denn Adblock Plus weigert sich nämlich bisher mit offenen Karten zu spielen. Denn manche Webseitenbetreiber sollen für die Ausnahmeregelung zahlen, andere hingegen nicht. Allenfalls ein paar Zahlen veröffentlicht das Unternehmen hinter dem Open-Source-Werbeblocker. Nur 10 Prozent von 148 Ausnahmen sollen Anfang Oktober gezahlt haben. Wer das ist, kann man sich ungefähr ausmalen, wenn man sich die Liste der Ausnahmen durchliest: Amazon steht drauf, Google, Yahoo, Web.de und GMX. Genau wissen kann man es aber nicht, da Adblock Plus sich hinter Verschwiegenheitsklauseln versteckt. Medien — wie t3n oder Heise — werden laut Adblock Plus kostenlos aufgenommen, können aber meist nur wenige Werbeplätze für die „nicht-nervende“ Werbung reservieren. Gleichwohl wäre Adblock Plus in Erklärungsnot, wenn Nicht-Zahler nicht auf die Ausnahmeliste kommen, obwohl ihre Werbung „nicht-nervend“ ist.

Der BGH hatte einst den Werbeblocker für das Fernsehen erlaubt — allerdings ohne den durchschlagenden Erfolg: Auch fast 10 Jahre danach können TV-Sender ihre Werbung noch ungestört in die Wohnzimmer der Kundschaft senden. Hätte die Fernsehfee damals hingegen von den Sendern Ausnahmelistenplätze verkauft hätte, hätte das Urteil des Bundesgerichtshofs wohl komplett anders ausgesehen, es wäre ein komplett anderes Verfahren gewesen.

Google — der freundliche Monopolist?

Es ist kaum möglich in Deutschland sachlich über Google zu diskutieren. Nicht erst seit dem Leistungsschutzrecht ist die Diskussion für meinen Geschmack zu polarisiert. Entweder man ist für Google oder man ist gegen Google. Je nachdem, wer gerade die Definitionsmacht ergreift, ist Google der Innovator, die Zukunftsmaschine, der freundliche benevolente Diktator, der uns Deutsche in die Wissensgesellschaft führt, nachdem wir grade dem Gilb des bundesdeutsch-vermieften Bildschirmtextes BTX entronnen sind. Oder Google ist der Milliardenkonzern, der sich nicht um unsere rechtsstaatlichen, moralischen oder geldbörslichen Werte schert. Der abkassiert. Der unseren Digitalwirtschaft keine Chance gibt zu konkurrieren. Und der uns zusammen mit Twitter, Facebook und Co zu degenerierten Klicksklaven macht, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen ohne nach E-Mails und Likes zu checken.

Ich stehe da vermeintlich auf beiden Seiten. Wie fast jeder, der über zehn Jahre online ist, bin ich Google-Fan. Die Suchmaschine war ein Quantensprung für das Netz. Das Unternehmen hat so viel richtig gemacht, dass einige Fehltritte kaum ins Gewicht fallen. Google setzt auf Standards. Google lässt mich die Personalisierung der Werbung abschalten. Google hat einen wirklich guten Browser entwickelt. Und Android-Smartphones kann man rooten. Gleichzeitig verschließe ich jedoch nicht die Augen vor den negativen Aspekten. In der Auseinandersetzung um das Netz hat Google mit seiner „Verteidige Dein Netz“-Kampagne skurrilerweise die Gegenseite mit maßgeschneiderten Argumenten bedient, indem der Konzern seine Meinungsmacht auf Tausenden von Webseiten ausspielte. Und auch wenn 200000 für Unterstützung geklickt haben, kam bei der Legislative nichts davon an. Zudem ist die Entwicklung bei den Google-Produkten für mich als Konsumenten nicht ideal: Die Werbung auf YouTube ist mir inzwischen viel zu aggressiv, die Websuche und ihre vielen Schwestern sind viel zu unpräzise für meinen Geschmack.

Patrick Bernau hat eine Diskussion um Monopole angestoßen, was ich sehr richtig und wichtig finde. Wir sollten einen Schritt zurücktreten, die Lage betrachten und uns überlegen, wo wir hinwollen. Das Leistungsschutzrecht ist in meinen Augen ein Reflex, dem Web-Giganten mal so richtig gegen das Schienbein zu treten, um ihm zu sagen „So geht es nicht“. Wie es denn gehen soll — diese Perspektive fehlte. Warum das Gesetz eher das Gegenteil des erwünschten Zustandes herstellen wird, haben ich und andere oft genug aufgeschrieben.

Ist Google, wie Patrick Bernau meint, ein natürlicher Monopolist? Ist es Facebook, Amazon? Vielleicht. Wobei ich nicht die hohen Investitionskosten als ausschlaggebenden Faktor ansehen will, sondern den Netzwerkeffekt. Wir sind bei Facebook, weil andere bei Facebook sind. Wir kaufen bei Amazon, weil man auf Amazon alles kaufen kann. Und man kann so toll alles bei Amazon kaufen, weil alle bei Amazon kaufen. Jeder will bei Google gefunden werden und öffnet die Tore für den Google-Bot weit. Deshalb haben Konkurrenten wie zum Beispiel Bing es schwer dagegen anzukommen. Während die Microsoft-Suchmaschine mit Milliardenmacht crawlt, schenkt der deutsche Nahverkehr Google seine Fahrpläne. Und Millionen Android-Handies erfassen den Verkehrsfluss.

Die Diskussion, was nun mit den Monopolen ist, erscheint mir nicht so spannend, wie man mit Plattformen umgehen. Monopolisten haben Marktmacht. Und sie können ihre Monopolgewinne im einen Bereich dazu nutzen, andere Märkte zu erobern. Siehe Microsoft und Browser-Krieg. Doch das Internet-Explorer-Monopol wurde gestürzt, heute ist der Windows-Standardbrowser der Underdog, der standardkonform und schnell sein will. Der Markt funktioniert also, oder?

Statt Monopole zu betrachten, würde ich lieber einen Blick auf Plattformen werfen. Denn wer eine Milliarde User hat, kann auch ohne Monopole andere Märkte jenseits des Wettbewerbs erobern. Vor und nach dem Börsengang haben Journalisten alle paar Wochen eine neue verwegene These auf den Markt geworfen: Will Facebook den Musikmarkt erobern? Will Facebook den Gutschein-Markt erobern? Wird Facebook schlichtweg den Werbemarkt für alles übernehmen?

Nichts davon wurde wahr, aber die Befürchtungen sind sicher nicht aus der Luft gegriffen. Denn so verhielten sich die Monopolisten, die wir bis dahin kannten. Die neuen vermeintlichen Web-Monopolisten haben sich erstaunlich unmonopolistisch verhalten. Bei der Suche nach „Suchmaschine“ konnte und kann man bei Google als Top-Treffer immer Links zu Konkurrenten finden — ich habe es eben ausprobiert und Google selbst war nicht mal auf der ersten Ergebnisseite. Das wäre der Bundespost oder der Telekom kaum passiert. Google und Facebook haben nie den Ehrgeiz gezeigt, die Daten, die wir ihnen vermeintlich so leichtsinnig anvertrauten, wirklich gegen uns zu verwenden.

Und doch: Google baut fleißig immer weitere Wissensmacht auf. Habe ich vor Jahren noch mit Entgeisterung zugesehen, wie Nutzer teilweise jede einzelne Webadresse in Google eintippten, statt sie direkt in die Browserzeile einzutragen, hat Chrome das Prinzip zum Normalzustand erhoben. Browser und Suchmaschine sind eins geworden. Smartphone und Google sind eins geworden. Und Google profitiert: durch Werbung, durch verkaufte Apps, bald durch die Handy-Geldbörse. Im „Fegefeuer der Eitelkeiten“ wurde das Geschäft eines Wall-Street-Brokers mit jemandem verglichen, der einen riesigen Kuchen zerteilt und von den Krümeln lebt. Google ist Krümel-Milliardär. Ist das schlimm?

Und doch: Die Dominanz der wenigen Konzerne hat handfeste Nachteile. Der Markt funktioniert in Teilen nicht. Google hat wegen der — ob aus Geiz oder wegen der überzogenen Forderungen — keine Musikvideos online? Das wäre doch ein sehr breites Feld für einen Konkurrenten, der mit einem vernünftigen Kompromiss vormachen könnte, wie es geht. Doch wo ist der? Was hält uns Deutschen ab ein GEMA-lizensiertes Musikportal online zu stellen? Wo ist die präzise Suchmaschine, die ich mir wünsche. Sicher gibt es Aufsätze und Kleinkonkurrenten. Die leiden jedoch daran, dass sie doch nicht so viele Seiten so aktuell in ihren Datenbanken haben — oder das gefundene nicht so gut sortieren wie Google.

Ist Google ein Monopolist? Unklar. Hätte ich gerne mehr Konkurrenz? Auf alle Fälle.

Zeitvertreib

‎“Hast Du den Tatort gesehen?“
„Nein, den Fernseher haben wir vor drei Jahren abgeschafft.“
„Kein Problem, auf Twitter hab ich die Mediathek verlinkt“
„Ich boykottiere Twitter, Facebook und Google.“
„Kein Fernsehen? Kein Facebook? Was machst Du denn abends?“
„Sex.“
„Du Armer.“

Google findet Atom-Endlager, Leistungsschutzrecht abgesagt

Mit einem spektakulären Geschäft haben sich der Viele-viele-Milliarden-Konzern Google und die Bundesregierung im Streit um das umstrittene Leistungsschutzrecht geeinigt: Die Regierungskoalition verzichtet auf das Leistungsschutzrecht im Austausch gegen die Benennung eines geeigneten Atom-Endlagers.

„Es war ein glücklicher Zufall“, schildert Google-Sprecher Stefan Keuchel der Nachrichtenagentur dpadpap. „Ich war im HSV-Stadion und traf plötzlich auf den Abgeordneten Thomas Jarzombek, der sich über die vielen E-Mails beschwerte“. Doch angesichts des spektakulären 3:1 gegen Schalke, kamen die Männer ins Gespräch. „Ich sagte: Ihr seid doch so gut darin, Dinge zu finden“, schildert der Abgeordnete Jarzombek (CDU) das Gespräch. „Da müsste sich doch etwas machen lassen.“

Dem Gespräch kam zu Gute, dass der Viele-viele-Milliarden Konzern in den letzten Jahren Deutschland systematisch kartiert hatte — mit Satelliten-Aufnahmen, mit Kamera-Autos, und jedem Hipster, der ein Android-Smartphone in seiner total schicken Lastwagenplanen-Laptoptasche trägt. „Wir haben uns immer gefragt, warum Google seine Autos immer noch patrouillieren lässt, obwohl wir StreetView doch so erfolgreich verhindert haben“, sagte Jarzombek. Die geheime Mission der Googleianer war es, die meistgesuchten Orte und Dinge Deutschlands zu finden. So wurde im Google-Büro München neulich das legendäre Bernsteinzimmer aufgebaut, und in der Betriebskantine gibt es Einhorn-Ragout.

Die wichtigste Entdeckung hatte Google aber erst gemacht, nachdem der Viele-viele-Milliarden-Konzern mit der so genannten Indoor-Kartierung begonnen hatte, bei dem nicht nur Umrisse und Fassaden, sondern auch die internen Pläne von Gebäuden erfasst werden. „Deshalb war ich auch im HSV-Stadion“ erklärt Keuchel heute. „Dass der HSV an dem Tag Schalke 04 so spektakulär den Hintern versohlt hat, war ein glücklicher Zufall.“

Unterdessen hat der HSV eine Internetkampagne gegen die Pläne gestartet, Atomabfälle in seinen Spielerkabinen unterzubringen. „Eine freie und offene Welt braucht freien und offenen Fußball“, sagte Reiner Calmund, der zwar nichts mehr mit Fußball zu tun hat, aber gerade sowieso vor einer Kamera stand. Der HSV ruft seine Fans auf, ihre Abgeordneten anzuschreiben. Abgeordneter Jarzombek macht dem Verein jedoch wenig Hoffnung: „Sie glauben mit ein paar E-Mails die Zukunft verhindern zu können? Ach bitte…“

10 Punkte für Erfolg auf Twitter, Facebook und Orkut2

    • War mal ein Punk-Musiker. Damit hast Du Rhythmus, Timing und Deine Leber trainiert. Und: Wer sich schon einmal den Weg von der Bühne herunter freiprügeln musste, ist durch einen Shitstorm nicht zu erschüttern.
    • Sei ein Egomane. Diese Einerseits-Andererseits-Typen nerven.
    • Sei authentisch. Lass Dir ein halbnacktes Model auf den Rücken schnallen, wenn man Dich fotografiert.
    • Schwimm nicht mit dem Strom. Schwimm vor dem Strom. Wenn er anders strömt, wende graziös.
    • Sei streitbar. Aber streite mit den richtigen Leuten.
    • Streite nur um Dinge, die das Publikum nicht überfordern. Das von Mario Barth.
    • Sei nett zu den richtigen Leuten. Die meiste Zeit.
    • Gestehe Fehler ein. Aber nicht zu oft.
    • Alle sechs Monate muss eine Fleißarbeit kommen. Häng Dich rein. Und dann verlinke immer wieder darauf, so dass es niemand vergisst.
    • Oft genug ignoriert: Sei Britney Spears.

    Wir brauchen ein Faktenschutzrecht!

    Alarmierende Entwicklung — wieder einmal. Google hat semantische Techniken in seine Suche integriert. Das heißt: Der ohnehin schon parasitäre Suchkonzern begnügt sich nicht mehr nur mit Links und Snippets. Google presst den Seiten auch ihr Wichtigstes ab — ihr Wissen. Unser Wissen.

    So bekommen Google-Besucher bei der Suche nach Marie Curie direkt angezeigt, wann sie geboren wurde, wen sie geheiratet hat und welche Elemente sie so erfunden hat. Früher mussten die Google-Besucher für solche Infos auf Links klicken. Und mit 10-prozentiger Wahrscheinlichkeit landeten sie nicht bei Wikipedia, sondern bei uns, den Seitenbetreibern mit humanistischer Grundbildung, den Besserwissern, die das Web von einer Pornowüste in einen Platz der Aufklärung verwandelt haben.

    Das kostet uns nicht nur Werbeeinnahmen. Sondern auch die Genugtuung, dass jemand auf unser Wissen angewiesen war. Tagtäglich prüfen wir unsere Zugriffsstatistiken, um zu sehen, wem wir weiterhelfen konnten, wer sich an der Brust unserer Weisheit gesäugt hat. Das ist einer der wesentlichen Faktoren im Publikationgewerbe. Hätte Axel Springer, hätte Marion von Dönhoff nur das Geld im Sinn gehabt — sie hätten Atomstrom produziert oder ein verdauungsregulierendes Nutella. Publizisten sind Besserwisser! Was wir fordern, ist das totale Fehlen feststehender Fakten! Zumindest auf Google! Und für den Rest wollen wir Geld sehen!

    Ihr lacht über uns Berufsdenker? Da lacht ihr aber zu früh. Denn glaubt ihr, Eure offensichtlichen Pointen seien vor Google auf ewig gefeit. Eure Röttgenwitze hätte Google in 0,001 Sekunden gemacht. Und Eure Tatort-Tweets. 30000 davon. Und alle besser als Eure. Also schließt Euch uns an im Kampf gegen den elektronischen Moloch, gegen das Google des Verderbens. Und — so ganz nebenbei — habt Ihr ein paar Euro für uns?

    Torsten
    Vrumfondel
    Magikweis

    Netzrealpolitik

    Wir hören immer wieder die Definitionskämpfe um den Begriff Netzpolitik. Netzpolitik ist wichtig. Netzpolitik ist gut. Und ich bin viel Netzpolitiker als Du.

    Doch wie ist die Realität?

    Netzrealpolitik bedeutet mit dem Fuß aufzustampfen und zu behaupten, dass der andere die gesellschaftlichen Umwälzungen Umwälzungen nicht begreift.

    Netzrealpolitik heißt, Meme zu finden, die man gegen die anderen in Stellung bringen kann. Kinderpornografie, Zensur, Katzentatzen — was auch immer wirkt. Sachinhalte sind nicht so wichtig, in drei Tagen ist es eh vergessen.

    Netzrealpolitik heißt, Kontakte zu knüpfen, als ob man einen Klout-Rekord brechen will. Followe mir, ich folge Dir zurück. Aber das heißt nicht, dass ich Dir zuhöre. Jedenfalls nicht, wenn Dein Klout-Score zu gering ist.

    Netzrealpolitik ist eine Fortsetzung der Inszenierung. Ein getwittertes Abendessen ist manchmal mehr wert als ein halber Gesetzentwurf.

    Netzrealpolitik ist es den Unternehmen zuzuhören, die einem am nächsten stehen.

    Netzrealpolitik ist Google. Für Google. Gegen Google. Mit Google. Auf Google Plus.

    Netzrealpolitik ist Facebook. Auf Facebook. Gegen Facebook.

    Netzrealpolitik ist klicken, klicken, klicken.

    Netzrealpolitik ist Transparenz zu fordern. Und an ihr zu verzweifeln.

    Netzrealpolitik braucht instant gratification. Besonders für mich.

    Netzrealpolitik ist Realpolitik.