ConTrain zum Stadion

Der Alltag deutscher Fußball-Fans ist mir fremd. Wenn ich diesen Artikel im Kölner Stadtanzeiger lesen, wird mir jedoch die Empörung vieler Fans verständlich.

Wie im vergangenen Jahr werden die Bahnen der KVB von Polizeifahrzeugen bis zum Rhein-Energie-Stadion in Müngersdorf eskortiert. Deshalb ist die Aachener Straße stadtauswärts nur einspurig befahrbar. Kurz nach 14 Uhr ist auch der zweite Sonderzug in Ehrenfeld angekommen. Laut Polizei ist die Stimmung unter den Fußballfreunden vor dem Spiel bisher friedlich.

Wohlgemerkt — das ist Alltag. Spezielle Spürhunde privater Sicherheitsdienste, Sektorentrennung der Fans, Alkoholverbote. Mit Blaulicht werden die zusammengepferchten Fans in ein Stadion gebracht und dann so schnell wie möglich rausgeschleust.

Sind Fußballfans inhärente Gewalttäter, kann man Menschen in Massen nicht trauen? Oder wird der Normalmensch immer mehr zum Störer, zum Gefährder, zum unkalkulierbaren Risiko?

Humorverfall

Kurze Durchsage: Vuvuzela-Witze mussten bereits vor zehn Tagen aus dem Handel genommen werden – und das allerletzte Verfallsdatum für Oktopus-Witze ist Montag mittag.

Angewandter Sexismus zur WM

Wenn Du nicht viel Zeit hast – stell Dich nicht beim männlichen Kassierer an. Geh lieber zu der Kassiererin nebenan! Die Schlange mag länger sein, aber ihr liegt das Kassieren im Blut. Und dass mehr als eine Kasse von einem Mann besetzt ist, das kommt nicht vor.

Und: wenn das WM-Spiel läuft, sind Männer nur chirurgisch vom Bildschirm zu trennen. Und sie tragen kein Makeup. Zumindest kein dekoratives.

Das zumindest mag Globus glauben:

Weltmeisterlich

Der Billig-Bäcker verkauft „Deutschland-Brezeln“, der Rewe nebenan „Weltmeisterstangen“ – ungelenke WM-Anspielungen allerorten.

Aber den absoluten Höhepunkt liefert aber die Handelskette Globus:

Für die, die es nicht erkennen: es ist ein Fußball spielendes Fleischkäsebrötchen.

GEZailout

Herr Hoeneß hat einen Traum.

Woher sollen die TV-Mehreinnahmen kommen? ARD und ZDF werden nicht mehr zahlen und Ihr wichtigster Geldgeber, der Bezahlsender Premiere, schreibt rote Zahlen?

Ich habe immer noch die Hoffnung, dass jemandem einfällt, wie man Pay-TV in Deutschland profitabel betreiben könnte. Leo Kirch hat es probiert und ist vom Bundeskartellamt zurückgepfiffen worden. Jetzt versucht es Rupert Murdoch mit Premiere. Am besten wäre es allerdings, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender alle Fußballrechte kaufen und dem Bürger Fußball quasi gratis nach Hause senden würde.

[…]

Damit würden Sie Fußball-Desinteressierte ein zweites Mal gegen deren Willen abkassieren…

Moment, ich werde doch auch monatlich abkassiert, obwohl ich nur Nachrichten, Sport und politische Diskussionen anschaue. Meine große Hoffnung ist, dass die Leute irgendwann bereit sind, zwei Euro im Monat für Fußball zu bezahlen. Das ist nicht mal eine halbe Schachtel Zigaretten oder ein kleines Bier in der Kneipe.

Von jedem der 37 Millionen TV-Haushalte?

Ja, das wären im Monat rund 75 Millionen Euro, im Jahr gut 900 Millionen. […]

Bailout per GEZ. Eine tolle Idee. So toll, dass wir damit nicht nur den Fußball, sondern quasi alles retten können. Zwei Euro für den Fußball, einen Euro für die Wagner-Festspiele – und sind zehn Euro pro Monat für Opel wirklich zu viel verlangt? Selbst den Qualitätsjournalismus könnte man mit dem Gegenwert von ein paar lumpigen Schachteln Zigaretten retten. Und zu viel Bier ist eh ungesund.

Garantiert!

Reuters schreibt:

DFL-Partner Leo Kirch[KRCH.UL] will sich bei einem endgültigen Aus für eine spätere Sportschau aus der Vermarktung der Fußball-Bundesliga zurückziehen. „Dann bricht die Grundlage für das Modell weg. Dann sind wir auch nicht mehr in der Lage, 500 Millionen Euro zu garantieren“, sagte Kirch-Manager Dieter Hahn, der den Vermarktungsvertrag mit eingefädelt hatte, dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“.

Als nächstes garantiert er der Uhrenindustrie Milliardenumsätze. Wenn Gott sich weigert, die Rotationsgeschwindigkeit der Erde zu ändern, kann Kirch ja nichts dafür.

EM ist…

…wenn im Aufklärungsunterricht die Abseitsregel durchgenommen wird.

Historische Parallelen

Ein historisches Datum in Köln. Obwohl der 1. FC Köln in die erste Liga aufgesteigen ist, bleibt Trainer Christoph Daum im Amt.Solche weltbewegenden Entwicklungen verlangen natürlich nach ausführlicher Herzklopfen-Berichterstattung.

So vergnügte uns der Express mit einem Online-Liveticker, der der Tragweite des Ereignisses gerecht wird: von besetzten Telefonleitungen ist die Rede, die beobachtete und vermutete Fahrstrecke der Vereinsfunktionäre ist aufgelistet und die Verpflegung der herumlungernden Journalisten (Hanuta und Bier).

Dann die Erlösung:

23:06 Uhr […] Daum tritt vor das Geißbockheim und erklärt: ICH BLEIBE!

Natürlich wäre das ein wenig enttäuschend. Wie kann man dem Leser die emotionale und weltgeschichtliche Dimension des Ereignisses klar machen? Richtig: mit einer historischen Parallele. Welche hat der Express wohl gewählt?

a) Wie Kaiser Nero beim Brand Roms!
b) Wie bei Genscher in Prag 89!
c) Wie George Bush auf der USS Lincoln!

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