Twitter und social news

Ich probiere grade das Tracking-Feature von Twitter aus. Wird ein bestimmter Begriff in einem „Tweet“ erwähnt, bekomme ich eine Nachricht per Instant Messenger. Offenbar sind die Twitterer dem Autoren Terry Pratchett besonders zu getan. Seit gestern bekomme ich näcmlich alle paar Minuten eine Meldung über den Gesundheitszustand des Autoren.

(10:45:39) twitter@twitter.com: (kokadiskoo): Terry Pratchett lijdt aan zeldzame vorm van alzheimer. Dat heeft de schrijver zelf bekendgemaakt, aldus donderdag de BBC.

(10:51:22) twitter@twitter.com: (artywah): Author Terry Pratchett is suffering from a rare form of early Alzheimer’s disease :( http://news.bbc.co.uk/2/hi/entertainment/7141458.stm

(10:52:05) twitter@twitter.com: (twodesign): Sending our best to Mr Pratchett. An ‚embuggerance‘ indeed.

(11:15:13) twitter@twitter.com: (thelondonpaper): Author Terry Pratchett has Alzheimer’s : Terry Prachett, author of hilarious and surreal Discworld.. http://tinyurl.com/2z4qm5

(11:15:29) twitter@twitter.com: (ATNews): Terry Pratchett leidet unter seltener Alzheimer-Variante (orf.at) http://tinyurl.com/35ugbc

Einstellig bescheiden

Aus einer Pressemitteilung:

Das Auftragsvolumen liegt im einstelligen Millionen Euro-Bereich.

Wie wärs mit „siebenstellig“? Klingt das zu protzig? Wie wäre es dann mit einer genauen Zahl?

Self fullfilling Pressemitteilung

Heute bekomme ich eine Pressemitteilung des Berliner Spam-Spezialisten eleven.

Immer häufiger verlieren Unternehmen wichtige E-Mails, weil sie von Spam-Filtern fälschlich aussortiert werden. Das ergab eine Umfrage des Berliner E-Mail-Sicherheits-Spezialisten eleven unter IT-Verantwortlichen deutscher Unternehmen im Oktober 2007.

Das hat sich mein Provider direkt zu Herzen genommen und markiert die Pressemitteilung vorsorglich als Spam.

X-Nemesis-Spam = rulefilter
X-SpamScore = 4.4
tests= HTML_MESSAGE MIME_QP_LONG_LINE RCVD_NUMERIC_HELO

Trackback auf Umwegen

Im Welt-Podcast von Thomas Kausch bin ich auf ein Detail gestoßen, das mir bisher noch nicht aufgefallen war:

Trackback-Umleitung bei welt Online

Wenn ich das recht verstehe: man soll also nicht Welt Online direkt einen Pingback schicken, sondern einen Service namens Twingly nutzen. Auf dessen Webseite wird das Prinzip grafisch erläutert:

Twingly

Schön. Dafür dass man seine Blogeinträge von einem Drittanbieter sortieren lässt, bekommt man einen kleinen Orden verliehen – respektive einen Link von der Nachrichten-Webseite. Noch genauer: einen Link von den Blogs einer Nachrichten-Webseite – die „normalen“ Artikel von Welt-Online haben dieses Feature zumindest derzeit nicht aktiviert.

Der tiefere Sinn erschließt sich mir nicht. Dient das Ganze der Spam-Kontrolle? Ausgelagerte Foren-Moderation auch an Sonn- und Feiertagen? Mysteriös ist auch der Twingly Screensaver. Aus der Produktbeschreibung:

Der Bildschirmschoner von Twingly visualisiert die globale Blog-Aktivität in Echtzeit. Vergessen Sie RSS-Reader, bei denen Sie nur sehen, was Sie interessiert.

Wenn ich sehen will, was mich nicht interessiert kann ich gleich Pro7 einschalten.

Kreative Zitatverwendung

Managergehälter sind mal wieder ein tolles Thema. Da lohnt ein Blick über den großen Teich, dachte sich die Redaktion von Tagesschau.de. NDR-Korrespondent Carsten Schmiester schrieb denn auch einen Bericht zum Thema. Problem: Was macht man, wenn die milliardenschweren CEOs sich nicht zu ihren Gehältern äußern?

Im vergangenen Jahr war laut „Forbes“-Magazin „Apple“-Chef Steven Jobs Spitzenreiter unter den Konzernbossen mit stolzen 646 Millionen Dollar. „Es ist unglaublich“, so Jobs, der sich damit zwar auf die Leistung eines neuen „Apple“-Computers bezog, genausogut aber sein Gehalt gemeint haben könnte.

PS: Wenn schon, denn schon. Ich hätte man ja mit Bill Gates und „640K is enough“ weiter gemacht. Aber das wäre wirklich zu fies.

Relativieren in wenigen Worten

Report Mainz hat mal wieder einen Scoop zu melden:

Voigt hatte in einem Gespräch mit iranischen Journalisten, aus dem „Report Mainz“ zitierte, zur Zahl der im Holocaust ermordeten europäischen Juden gesagt: „Sechs Millionen kann nicht stimmen. Es können maximal 340.000 in Auschwitz umgekommen sein. Dann sagen zwar die Juden immer: Auch wenn nur ein Jude umgekommen ist, weil er Jude ist, ist das ein Verbrechen. Aber es ist natürlich ein Unterschied, ob wir für sechs Millionen zahlen oder für 340.000. Und dann ist auch irgendwann die Einmaligkeit dieses großen Verbrechens – oder angeblich großen Verbrechens weg.“

Ich sehe schon die empörten Kommentare von Nachwuchsfaschisten, die sich vorgeblich um die Meinungsfreiheit in Deutschland sorgen und in allem nur eine große Medienverschwörung sehen, um das Verbotsverfahren gegen die NPD in Gang zu bringen. Man wird ja wohl noch rechnen dürfen?

Da ist es schön, wenn bei tagesschau.de dann in ganz ganz einfachen Worten steht, was denn von solchen Äußerungen zu halten ist.

Die Zahl von sechs Millionen ermordeten Juden gilt allerdings in der seriösen Geschichtswissenschaft als unstrittig. Zumal Auschwitz – auf das Voigt Bezug nimmt – keineswegs das einzige der zahlreichen deutschen Konzentrations – und Vernichtungslager war. Die Einmaligkeit des Holocaust schließlich erklärt sich weniger aus der Höhe der Opferzahlen, sondern vielmehr aus der Systematik der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik.

Schön wäre es auch gewesen, hätte man den verlinkten Hintergrundartikel anders betitelt hätte. Die Überschrift „Das präzedenzlose Verbrechen“ mag im Feuilleton gut passen, schreckt aber diejenigen ab, die sich einfach nur informieren wollen. Wie wäre es mit „Ein einmaliges Verbrechen„?

China schützt Innovationen

Aus der Netzeitung

Die zuständigen Behörden in Peking und Xi’an berichteten am Montag, weder eine Ausstellung in Hamburg noch eine Ausfuhr der 2200 Jahre alten Tonkrieger nach Deutschland genehmigt zu haben, obwohl dies vorgeschrieben wäre. Das staatliche Amt für die Verwaltung von Kulturgütern in Peking schloss daraus, dass es sich bei den Exponaten um illegale Kopien handeln müsse: «Hier scheint es ein Problem mit dem Schutz von Urheberrechten zu geben.»

Urheberrechte nach 2200 Jahren? Damit dürfte China zum neuen Traumland der IFPI werden.

Besonders sinnlose Email-Verschlüsselung

Wer seine Emailadresse auf einer Webseite veröffentlichen will ohne dass Spammer die Adresse auslesen können, kann zu einem kleinen Trick greifen: Die Mailadresse wird verschlüsselt in den HTML-Quelltext geschrieben und über ein kleines JavaScript-Programm entschlüsselt.

Heute habe ich diesen Trick erstmals in einer Email gesehen – natürlich war das nötige JavaScript-Programm zur Entschlüsselung nicht enthalten. Ergebnis: die Emailadresse war zwar im Klartext angegeben, für Outlook-Besitzer aber nicht anklickbar.

Wer benutzt eine solch sinnlose Signatur? Der Pressesprecher eines IT-Verbandes.

Wikipedia und die Herausforderungen

Vor fast zwei Jahren habe ich bei Telepolis fünf Herausforderungen für die Wikipedia formuliert. Zeit für eine Zwischenbilanz.

Herausforderung 1: Organisation

Vor zwei Jahren war die Wikimedia Foundation organisatorisch denkbar schlecht aufgestellt. Eine Handvoll Angestellte, die mit den gewaltigen Aufgaben einer weltumspannenden Organisation überfordert waren. Es gab zu wenige Entwickler, niemanden der sich professionell mit Finanzen auskannte, dafür einen Visionär an der Spitze der Organisation, der hochfliegende Pläne, aber keinen wirklichen Spaß an Büroarbeit und Verwaltung hatte.

Seither hat sich einiges verändert, sowohl zum Guten wie zum Schlechten. So gab Brad Patrick, der als Interims-Manager eigentlich die Wikimedia neu organisieren sollte, im März frustriert auf. Die Geschäfte wurden danach von dem ehrenamtlichen Vorstand geleitet, der keinerlei Erfahrung im Management internationaler Organisationen hatte und zudem über die ganze Welt verstreut war.

Die neue Vorsitzende Florence Nibrat-Devouard mühte sich zwar redlich, die Organisation zu stärken und zum Beispiel die Arbeit auf Arbeitskreise zu verteilen oder neue Länder-Organisationen einzubinden. Aber einen radikalen Umschwung konnte sie nicht erreichen.

Der Befreiungsschlag soll jetzt aber kommen. Sue Gardner wurde kürzlich als erste reguläre Geschäftsführerin der Wikimedia Foundation engagiert – und sie hat jetzt die spannende Herausforderung das Exeriment Wikipedia in eine Non-gouvernmental Organisation zu verwandeln. Die Wikimedia Foundation wird ihren Hauptsitz von Florida nach Kalifornien verlegen und dort zumindest teilweise einen Neuanfang machen.

Herausforderung 2: Lizenzproblematik

Die Lizenzproblematik ist ein historisches Problem. Hätte die Creative-Commons-Lizenz bereits im Jahr 2001 existiert, wäre die Wikipedia wahrscheinlich aus dem Schneider. Stattdessen wurde die GFDL gewählt, eine Lizenz die für die Erstellung und Verbreitung von Software-Dokumentationen entwickelt wurde. Bei der Verbreitung von Weltwissen ist diese Lizenz ein nicht zu unterschätzender Hemmschuh – so ist es beispeilsweise unmöglich Wikipedia-Texte lizenzgemäß in einer Zeitung oder Zeitschrift abzudrucken.

Auch diese Herausforderung ist in Arbeit – die GFDL soll mit einer Creative-Commons-Lizenz verschmolzen werden. Wie weit diese Bemühungen gediehen sind, ist nicht ganz klar. Zwar haben Jimmy Wales und Lawrence Lessig schon Erfolge verkündet, die entsprechende Bestätigung der Free Software Foundation steht aber noch aus. Zudem stellt sich die Frage, ob die CC-Lizenz nicht etwas zu frei ist. Genügt es einfach, eine URL zu der Versionshistorie beizusteuern, um die Rechte der Autoren wirklich zu erfüllen? Man stelle sich vor, die Foundation verliert aus irgendwelchen Gründen die Domain wikipedia.org – sind dann alle Rechte hinfällig? Wie können Autorenrechte in einer Umgebung gewahrt werden, in der die Autoren anonym oder synonym auftreten? Hier sind auch Software-Lösungen gefragt, um zum Beispiel den Export und Re-Import von Inhalten zu ermöglichen, ohne die Versionsgeschichte zu entwerten.

Herausforderung 3: Der Kampf mit der Transparenz

Der Kampf mit der Transparenz ist in meinen Augen ein ungelöstes Problem. Auf der einen Seite geben Wikipedia-Autoren in bedenklichem Maße Daten von sich preis, die für jedermann jederzeit abrufbar sind.

Auf der anderen Seite sind die Entscheidungsvorgänge innerhalb der Wikipedia extrem intransparent. Ein Neuling wird immer gegen irgendwelche Regeln verstoßen die irgendwann einmal von irgendwem beschlossen wurden und sich hinter lustigen Abkürzungen wie „BNS“ oder „WNI“ verbergen. Im Prinzip können Interessierte vorangegangene Diskussionen komplett nachlesen – in der Realität verliert man angesichts immer neuer Diskussionsabschnitte, inkonsistenten Archivierungen und der Verteilung von Diskussionen auf immer neue Projektseiten recht schnell den Überblick.

Herausforderung 4: Das Einbinden von Fachleuten

Auch hier muss man eine gemischte Bilanz ziehen. Denn trotz Werbemassnahmen hat Wikipedia zum Beispiel an Universitäten noch keinen tollen Ruf – viele Lehrer und Professoren sehen in der Wikipedia eine Seite, die zum Abschreiben benutzt wird. Auch die Mitarbeit von Firmenmitarbeitern wird durch die Existenz des Wiki-Scanners nicht gerade gefördert.

Auf der anderen Seite arbeitet die Foundation und insbesondere Deutschland hart an einer Akzeptanz durch Fachleute. So spricht Jimmy Wales immer wieder an Universitäten, der Verein richtet zusammen mit Universitäten Konferenzen und Wettbewerbe aus – zuletzt sogar in Südafrika.

Innerhalb der Wikipedia selbst macht die Einbindung von Fachleuten nur wenig Fortschritte – einem Professor oder Ingenieur würde ich die direkte Mitarbeit in der Wikipedia nur empfehlen, wenn sie Usenet-Erfahrung haben. Immerhin gibt es nun in einigen Bereichen funktionierende Redaktionen, die notwendige Arbeiten vorantreiben und Aufgaben verteilen.

Herausforderung 5: Flagge zeigen im feindlichen Umfeld

Es ist beeindruckend, dass Wikipedia noch nicht auf Millionen Dollar Schadensersatz verklagt wurde – jede andere Web 2.0-Seite dürfte mit größerem juristischen Ärger umzugehen haben. In Deutschland wurde Wikipedia gleich mehrfach verklagt und konnte durchweg als Gewinner aus der Sache hervorgehen.

Weniger beeindruckend hingegen ist, wenn Jimmy Wales die chinesische Firma Baidu wegen systematischer Lizenzverstöße nur von Taiwan aus kritisiert und dort behauptet die Foundation könne nicht aktiv gegen Baidu tätig werden. Denn sie könnte natürlich ohne weiteres Autoren finden, deren Rechte missachtet wurde und die im Kampf um ihre Rechte unterstützen.

Fazit:
Im Wesentlichen sind die Herausforderungen von vor zwei Jahren immer noch akut. Immerhin gibt es viel versprechende Lösungsansätze. Um es mit Wikimedia-Board-Mitglied Erik Möller auszudrücken: oft fehlt nur der entscheidende Push, um die entsprechenden Entwicklungen in Gang zu bringen. Und dieser Push muss von der Wikimedia Foundation kommen.