Zukunft revisited

Bei den Zukunftsprognosen für das Jahr 2009 lag ich in sieben von zehn Fällen richtig. Da ich keine wachsweichen nebulösen Trendaussagen gemacht habe, ist das in meinen Augen keine schlechte Quote.

Meine Fehler: Es gibt kein offizielles LastFM-Plugin für iTunes, Twitter hat (noch) keine Werbung eingeführt und die unselige Messgröße page impressions wurde noch immer nicht begraben.

Scannen Sie den?

Nackt! Scanner! Nein! Nicht! Niemals! Privat! Sphäre!

Aber über Körperscanner müssen wir doch mal reden dürfen?

Ein Hoch auf Datenbanken

Ein Flugzeug-Passagier aus Nigeria soll versucht haben kurz vor der Landung in Detroit ein „Device“ zu entzünden. Die ersten Berichte klingen mehr nach einem armen Irren als nach einem Top-Terroristen. Aber nicht nur die Flughafen-Sicherheit scheint etwas übersehen zu haben.

While the suspect was “not designated on a no-fly list, he was in a database for having Al Qaeda connections in Nigeria” that came up immediately once his name was known, King said.

Quotentipp

Nicht die richtigen Fakten sind entscheidend, der richtige Gegner ist viel wichtiger.

Ob Du ein revolutionäres Medikament entwickelt hast, ist zweitrangig – solange Du nur gegen die milliardenschwere Pharma-Konzerne antrittst. Ob Du ein ideenloser Spammer bist, ist egal – solange Du gegen die allmächtige Wikipedia antrittst. Ob das neue Gadget wirklich taugt, wird erst entschieden, nachdem es als iPhone- und Windows-Killer angepriesen wurde.

Fahndungserfolg dank DNA

Das mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl ist so eine komische Sache. Zum Beispiel sollte die fortgeschrittene Kriminaltechnik, die dank den Erfolgen von CSI mittlerweile auch in jeden Tatort eingezogen ist, eigentlich das Vertrauen in die Polizeiarbeit steigern. So schreibt Heise über die zirka 800000 Einträge der DNA-Analysedatei des BKA:

Die deutsche DNA-Analysedatei wurde am 17. April 1998 eingerichtet. Bis zum 18. Mai 2009 wurden laut Bundesinnenministerium 709 Tötungsdelikte, 1381 Sexualstraftaten, 4127 Fälle von Raub oder Erpressung und 48.648 Diebstähle über die Datei aufgeklärt. Wie viele dieser Straftaten auch ohne DNA-Analyse beziehungsweise -Datei aufgeklärt worden wären, ist nicht bekannt.

Dem setzen wir Mal eine buntere und anekdotischer Verbrechensmeldung entgegen, die vor kurzem durch die Agenturen schwappte:

Für die Auskunft bedankte sich der 32-jährige Rumäne bei der jungen Frau mit einem Handkuss, der ihm nun zum Verhängnis wurde, denn die Polizei nahm damals eine DNA-Probe von der Hand der 30-Jährigen. Knapp drei Jahre nach der Tat konnte der Mann nun identifiziert werden, weil er im Oktober dieses Jahres in Österreich wegen Betrugs überprüft worden war. Dabei stimmte das DNA-Profil des Mannes mit der damals abgenommenen Probe überein.

Grenzüberschreitender DNA-Abgleich bei einem einfachen Diebstahl. Eigentlich sollte mich als potenzielles Diebstahlsopfer beruhigen. Tut es aber nicht. Ganz und gar nicht.

Ach ja: der Dieb wurde nicht geschnappt.

Wikipedia’s secret weapon

Cory Doctorow hat für das Make Magazine einen Artikel über das Wikipedia-Dilemma geschrieben.

Ich halte einige seiner Thesen für grundfalsch – zwischen wem zum Beispiel soll vor 2001 ein Konsens bestanden haben, dass ein Projekt wie Wikipedia nicht möglich ist? Vorher hat kaum jemand die Frage gestellt – und die Antworten der wenigen Interessierten waren alles andere als schlüssig. Auch dass Encyclopedia Britannica unbelegt schlicht „the truth“ verkündete, ist wohl mehr feuilletonistisch als analytisch gemeint.

In einem Absatz schreibt er aber etwas sehr Wahres:

And this is Wikipedia’s secret weapon and it’s greatest weakness. The debate about which sources are notable is a lot more manageable than the debate which facts are true (though the former is nevertheless difficult and it consumes many Wikipedia-hours). Moving to a tractable debate about sources makes it possible for millions of people to collaborate on writing the encyclopedia. But this shortcut creates endless frustration.

Übersehen wir mal den logischen Widerspruch zwischen der Grundthese und dem letzten Satz – er hat recht. Vor die Aufgabe gestellt, Wahrheit oder auch Relevanz Stück für Stück individuell und korrekt zu beurteilen, sind Millionen Autoren überfordert – es stehen derzeit schlichtweg keine Werkzeuge bereit, mit deren Hilfe man diese Aufgabe in diesem großen Rahmen bewältigen könnte. Nur über den Umweg über die diversen Metaebenen konnte das Projekt gedeihen und in Rekordzeit die größte Enzyklopädie der Menschheitsgeschichte schaffen.

Ähnliches habe ich vor ein paar Wochen mit sehr viel mehr Worten hier aufgeschrieben.

PS: Wolfgang Rudolph hat für den IT-Podcast des Handelsblattes einige interessante Aspekte zum Thema Wissen im Internet zusammengetragen.