Wikipedia ist keine Demokratie

Wikipedia ist keine Demokratie. Wikipedia ist kein Staat mit stimmberechtigten Bürger. Bei Wikipedia kann jeder mitmachen. Und da jeder Dutzende Accounts anlegen kann, hat jeder keine Stimme. Außer er reißt sie an sich.

Der Entscheidungsprozess der Online-Enzyklopädie ist der eines gewaltigen Hive-Minds mit Persönlichkeitsstörungen, Selbsthass und einem chronischen Bauchgrimmen. Und jedes Mal wenn sich das Hivemind ärgert, verpuppt es sich. Doch statt sich Flügel wachsen zu lassen, taucht das Hive-Mind jeweils mit einem Kopf mehr auf: Bürokraten. Arbitration Committees. Community-Ausschüsse. Die an sich flache Hierarchie der Jeder-Kann-mitmachen-Enzyklopädie ist über zehn Jahre metastasiert und kann jeden Flowchart-Autoren in den Wahnsinn treiben.

Die Quintessenz ist: wer macht, entscheidet. Oder gibt auf. Wikipedia ist nicht nur eine Enzyklopädie, sondern eine politische Operation. Es gibt da nur ein Problem: die spontane bürokratisch-technokratische Unverbindlichkeit funktioniert nicht mehr, neue Autoren bleiben aus und wohin der Mega-Tanker Wikimedia steuert, weiß niemand mehr so recht — trotz strategischer Visionen und Fünfjahresplänen. Oder gerade deswegen?

Wikimedia will nun diesen gordischen Knoten durchschlagen. Da aber selbst Jimbo Wales im vergangenen Jahr seinen Schwert-Arm chronisch verstaucht hat, versuchen die verschiedenen Wikimedia-Instanzen stattdessen ein bisschen an dem Knäuel herumzunibbeln. So will Wikimedia Deutschland e.V. die Community mehr einbinden, um mehr Legitimität für ihr ansehliches Spendenbudget zu gewinnen. Sie haben die Community gefragt, in welche Projekte sie investieren wollen. Das war gleich eine zweifache Pleite. Die gewählten Community-Vertreter konnten – trotz Mehrfachstimmen – nicht Mal die Unterstützung von 70 Wikipedianern gewinnen. Die Wikipedia-Gemeinde ist zwar klein, aber nicht wirklich so klein. Und dann zerstritten sich Vereinsvorstand und Communitybudgetausschuss in so eindrucksvoller Weise, dass sämtliche Bundestagsfraktionen vor Neid erblassen müssten. Zumindest wenn sie davon erfahren hätten. Wikipedia-Politik findet weitgehend ohne Öffentlichkeit statt. Obwohl sich quasi jeder für die gewaltige publizistische Macht der Wikipedia interessiert, wenden sich die meisten nach kurzer Zeit angewidert ab. Wer übrigbleibt, ist Bestandteil des Systems.

Die Wikimedia Foundation hat nun eine Abstimmung über ein neues Filter-Tool angesetzt – nein: gar ein Referendum. Das Problem daran: die Wikipedianer dürfen nicht wirklich abstimmen. Das Referendum ist als unverbindliche Umfrage konzipiert, bei dem die Teilnehmer auf einer Skala von eins bis zehn markieren dürfen, wie wichtig sie verschiedene unscharf formulierte Aspekte des Filters finden. Die Wahlbeteiligung liegt schon jetzt bei weitem höher als bei den Wahlen für das Board der Wikimedia Foundation. Und wenn ich die Diskussionsseiten richtig interpretiere, liegt das daran, dass ein guter Teil der Wikipedianer die Einrichtung eines Filters für Wikipedia-Inhalte strikt ablehnen. Doch wirklich dagegen stimmen können sie nicht.

Dies zeigt wieder einmal: es ist relativ einfach Leute gegen etwas zu organisieren. Doch wenn es darum geht, Alternativen und gemeinsame Konzepte zu entwickeln, sind wir allzu oft ratlos. Wozu einen Kompromiss eingehen, wenn man mit einem Klick auf einer anderen Plattform ist. Oder wenn man über Jahre polemisieren kann, wie dumm die Entscheidung war, die man nicht unterstützt hat. Ob es besser wird, ist zweitrangig. Ich hatte recht.

Für September hat Wikimedia Deutschland einen neuen Versuch angesetzt. Der Verein wird einen Entwurf seines Ausgabenplans online stellen und dann in einer Deutschland-Tour in Hamburg, München, Frankfurt, Köln und Berlin den Erntwurf vorstellen und Rückmeldungen annehmen. Das Problem: daran: die Teilnehmer brauchen keinerlei Legitimation und deshalb haben sie auch keine. Vereinsmitglied oder nicht, Wikipedia-Autor oder nicht — egal. Und deshalb ist auch egal, was die sagen. Es werden sich hinterher immer zehn Mal so viele Menschen finden, die die Ideen blöd, falsch und geradezu gefährlich finden.

Die Suche nach dem Rückkanal, zu dem Entscheidungsprozess mit dem man möglichst viele Menschen einbinden und zu konkreten Schritten bewegen kann, ist frustrierend. Aber auch spannend. Und nochmal frustrierend.

<share> – oder: Regulieren wir den Datenschutz doch lieber selbst

Groß ist die Aufregung um den Facebook-Button und Herrn Weichert. Ein tolles Sommer-Thema: jeder hat eine Meinung und empört sich wahlweise über naseweise Landes-Bürokraten, über das Datenmonster Facebook, über die unreflektierten egogeilen Webmaster, über die datenvergessenen User, die durchblicksfreien Politiker oder über einfach alle.

Ich hab nie eingesehen, warum ich hier einen Like-Button einbauen sollte. Auch nicht, als es noch del.icio.us-Buttons waren. Wer ein soziales Netzwerk tatsächlich nutzt, soll doch bitte den Button in seinem Browser einbauen. Oder ein Bookmarklet. Die Installations-Schwelle ist nicht wirklich hoch.

Aber ich sehe schon: das erfordert ein paar Klicks mehr. Wenn ich gar eine URL von einem Tab in Google Plus kopiere und dort noch das entsprechende Bild aussuchen muss und vielleicht noch drei eigene Worte dazutippe, komme ich auf 20 Klicks und Tastendrücke. Mindestens. Das ist natürlich unzumutbar.

Also machen wir es doch einfach so: Bauen wir einen Dummy-Button für alle sozialen Netzwerke gleichzeitig ein. Unter jeden Beitrag packe ich einfach einen Tag wie zum Beispiel diesen:

<share>

Im Browser des Users wird daraus der ultimative Share-Knopf. Ist er bei Google-Plus eingeloggt, wird die URL bei Klick sofort zu Google Plus geschickt. Oder Facebook. Oder Myspace. Oder delicious. Oder Tumblr. Oder alle zusammen.

Also arbeiten wir eine Idee, ein Konzept für den Tag aus. Natürlich müssen wir dazu alle APIs studieren. Überlegen, ob wir dem Webmaster die Gestaltung des Buttons überlassen. Wir müssen die Regel festlegen, dass vor dem Klick auf den Button keine Daten übertragen werden. Wer das doch will, kann ja Rockmelt installieren.

Nach einem offenen Diskussionsprozess von maximal zwei Jahren haben wir sicher einen vorzeigbaren Standard, den wir dann dem W3C vorlegen können. Dort landet er dann auf dem Tisch einer Arbeitsgruppe, in der die größten Konzerne ihre Abgesandten platziert haben. Sie werden hier etwas streichen, dort eine Datenschleuse einbauen und sich dann beim nächsten Treffen über gar nichts mehr einig sein. So geht es drei Jahre weiter, die 3D-Fähigkeit des Buttons wird zu Zerwürfnissen führen und jemand rechnet aus wie viel CO2-Ausstoß der Button kosten wird. Die nächste Arbeitsgruppe wird gegründet und – nachdem Google Facebook übernommen hat oder Apple Microsoft werden die Karten neu gemischt. HTML 11.0 steht dann an.

Lange Rede kurzer Sinn: in acht bis zehn Jahren haben wir eine Lösung! So lange muss sich Herr Weichert schon gedulden können, oder?

Das Verdienst von Wikileaks

Ich wurde heute von einem Studenten zu Wikileaks interviewt. Er wollte wissen, wie Journalisten zu Wikileaks stehen und was ich glaube, was Wikileaks dürfe oder machen sollte. Gleichzeitig habe ich in ungezählten Artikeln zu Openleaks das Bedauern wahrgenommen, dass es ja nun gar keine Möglichkeiten für Whistleblower gebe, weil ja weder OpenLeaks noch Wikileaks derzeit neues Material veröffentlichen.

Das ist natürlich bullshit. Heute ist es einfacher als je zuvor vermeintlich geheime Dokumente an die Öffentlichkeit zu bringen. In 99 Prozent der Fälle kann man sogar US-Dienste wie Google oder Amazon nutzen, um Dokumente zu veröffentlichen. Dank Tor, Proxies und Internet-Cafés kann man den meisten digitalen Spürnasen mit vertretbarem Aufwand entgehen. Falls Google das Dokument löscht, haben es genug andere User gespiegelt, sofern man vorher ein wenig Werbung dafür gemacht hat.

Die Produktion neutraler brauner Umschläge wurde nicht eingestellt. Wenn ihr etwas habt, das unbedingt an die Öffentlichkeit sollte: packt es in einen solchem Umschlag und schickt es einem Journalisten oder einer NGO, der ihr vertraut. Wenn ihr paranoid seid, zieht Handschuhe an und hinterlasst keine Speichelspuren auf der Briefmarke. Mailt es. Faxt es. Schickt es per Buschtrommel. Und ruft Mal an, damit man Euch wichtige Fragen stellen kann. Oder damit ihr eventuell erfahrt, wenn das Material nicht verwendet werden kann.

Wesentlich problematischer für Whistleblower: die Kollegen wissen, wie man tickt und welche Dokumente man auf dem Schreibtisch hatte. Daher: die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung wird durch eine Leaking-Plattform nur marginal verringert — und auch das nur, wenn sie ihren Job kompetenter macht als Wikileaks.

Der Verdienst von Wikileaks ist nicht, dass sie das Leaken erfunden haben. Das haben sie nicht. Oder den Informantenschutz. Sie haben auch bei weitem nicht alles ungefiltert veröffentlicht. Aber — Achtung: Chauvinismus! — sie hatten die Eier, brisante Dokumente auf einem altersschwachen Server im Ruhrgebiet zu veröffentlichen! In Deutschland! Und niemand hat ihren Bluff aufgedeckt. Ich hätte das nie im Leben gemacht. Und sonst eigentlich auch niemand. Hier trauen sich nicht mal die Hauptnachrichten Beiträge im Internet zu senden, wenn nicht alle Rechte restlos geklärt sind.

Wikileaks ist keine technische Entwicklung. Der Hauptbestandteil des Erfolgs ist PR. Wie erschaffe ich ein Medienbild, das meiner Mission dient? Wie schaffe ich es, dass mir Leute zuhören? Das hat Wikileaks in meisterhafter Weise geschafft. Und hat damit allerhand Gutes bewirkt: Verlage und Sender, die sich immer mehr damit begnügten Sprechblasen von widerstreitenden Parteien in einem ewig währenden Sommerloch aufeinander treffen zu lassen, wurden daran erinnert, wie wichtig es doch ist, Themen an die Öffentlichkeit zu bringen. Risiken einzugehen. Sich neue Techniken zu überlegen, mit diesem gewaltigen Wissensschatz Internet umzugehen.

Dafür: Danke, Wikileaks.

Diesseits des Rechtsstaates

Fall 1:

Die Verkehrsbetriebe von San Francisco (BART) schalten den Handyempfang ab, um Aktivisten daran zu hindern, einen Protest zu koordinieren. Weil: Proteste am Bahnsteig sind gefährlich. Und die Bahnsteige sind für zahlende Gäste und Angestellte vorbehalten. Proteste können gerne in dafür vorgesehenen Arealen abgehalten werden.

Ein grober Verstoß gegen die Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit oder wenigstens gegen die Richtlinien der Telekommunikations-Aufsichtsbehörde FCC? Wahrscheinlich nicht, denn nicht die Mobilfunkunternehmen haben den Empfang abgeschaltet, sondern BART hat einfach die Signalverstärker in den eigenen Tunneln und Bahnhöfen deaktiviert. Also keine staatliche Unterdrückung des legitimen Protests nach einem gewaltsamen Todesfall, sondern lediglich eine vernünftige Hausrechts-Umsetzung eines staatseigenen Betriebs.

Fall 2:

Nach der Randale in Großbritannien wollen die gebeutelten britischen Bürger und die attackierten Kommunen Genugtuung. Die Jugendlichen, die aufbegehrten, brandschatzten und Konsumgüter gierig nach Hause trugen, sollen zahlen. Dem Rat des Londoner Bezirks Wandsworth geht es gar nicht schnell genug. Die Bezirksoberen haben einer Frau den Räumungsbescheid für ihre Sozialwohnung zugestellt. Denn ihr 17jähriger Sohn war an der Randale beteiligt. Zumindest ist er dessen angeklagt.

Sippenhaft? Vorverurteilung? Aber nein! Denn um eine Sozialwohnung zu bekommen, musste die Frau unterschreiben, dass sie nichts unternehmen würde, was ihre Sozialwohnung gefährden würde. Und diese Unterschrift galt nicht nur für sie, sondern für den geamten Haushalt. Und außerdem: Falls die Räumung nicht rechtens sein sollte, kann die Frau ja den Rechtsweg beschreiten.

Liebe Bürgerrechtsaktivisten. Gehen Sie weiter. Hier gibt es nicht zu sehen. Wenn Sie doch etwas zum Klagen haben, findet sich bestimmt ein nettes Fleckchen. Irgendwo. Melden Sie sich bei dem Bürgerkontaktbüro.

Rechtsstaaten dürfen das

James David Cameron sorgt grade für Furore, weil er Randalierer und Krawallbrüder nicht nur aus Sozialwohnungen, sondern auch aus sozialen Netzwerken werfen will. Noch besser: Er will im Krisenfall soziale Netze gleich ganz abschalten. Wie kann man so etwas nur wenige Monate nach dem Sturz von Mubarak und Ben Ali ernsthaft fordern?

Meine Fern-Fern-Fern-Diagnose: Es kommt ihm gar nicht Sinn, das eine mit dem anderen zu vergleichen. So fragte ich irgendwann vor 10 Jahren den damaligen Regierungspräsidenten Jürgen Büssow, was denn der Unterschied zwischen denen von ihm geplanten (später durchgesetzten und gerichtlich bestätigten) Netzsperren und den in China durchgesetzten Netzsperren sei. Seine Antwort — ohne Witz oder Ironie — lautete: „Wir haben Verwaltungsgerichte.“

Die volle Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit heißt oft auch Meinung frei von Fakten, frei von Vernunft, frei von Respekt vor der Meinungsfreiheit.

Also meinen Sie ruhig Herr Friedrich, Herr Wagner, Herr Uhl. Drücken sie sich aus, so gut sie es vermögen.

Und ich denke mir meinen Teil.

Openleaks: Technik ist nicht die Antwort

Nun ist es also endlich soweit: Openleaks geht mit einem halben Jahr Verspätung in den Testbetrieb. Daniel Domscheit-Berg stellt das Modell kurz vor:

On our site, the informant has more choices in determining what happens with his material: he can, for example, give it to a partner of his choosing, for instance, to a newspaper he trusts and where he knows that they have the resources and are also working with material that others leave to the side. In contrast to Wikileaks, Openleaks will not publish any documents itself. We won’t even be able to read the material ourselves – because everything will immediately be locked with codes from our partners.

Lange Rede, kurzer Sinn: OpenLeaks beschränkt sich im wesentlichen darauf, Informationen zu Partnern durchzuschleusen. Aber das wird in meinen Augen den Whistleblowern nicht wirklich helfen. Ein soziales Problem mit Technik zu lösen, hat bisher nur selten geklappt.

Ich bin zwar kein „investigativer Journalist“ der in Parkhäusern Informanten trifft, oder der millardenschwere Betrugsfälle auf dem Tisch hat. Aber ab und an bekomme ich Material zugespielt und Menschen verlassen sich darauf, dass ich ihre Identität wahre oder nicht ausplaudere, was genau sie mir gesagt haben. Und aus diesen Erfahrungen ziehe ich ein paar Schlussfolgerungen:

  • Die Geheimhaltung der Identität vor Journalisten ist nicht das zentrale Problem von Whistleblowern. Statt ein kryptographisch super ausgefeiltes System zu nutzen, kann ein Whistleblower Akten auf ein öffentlich zugängliches Fax legen und in eine beliebige Redaktion schicken. Oder eine E-Mail vom Wegwerfaccount im Internet-Cafe 50 Kilometer weiter. Die Methode ist nicht wesentlich unsicherer als OpenLeaks. Denn:
  • Nicht die Datenübermittlung ist der riskante Part, der soziale Kontext ist es. Organisationen wissen, wer Zugang zu bestimmtem Material hat. Menschen sprechen miteinander und viele Leute haben eine Ahnung was der Kollege zwei Tische oder Türen weiter für ein Typ ist. Also: wenn über OpenLeaks die Geheimunterlagen von Konstruktionsbüro X oder Dienststelle Y auftauchen, wird der Verdacht recht schnell auf den Leaker fallen. Und falls nicht: wer kann schon einen riesigen Skandal auslösen und dann der Versuchung widerstehen, darüber zu reden. Ohne Rückmeldung, was denn mit ihren Daten passiert ist, neigen Whistleblower zu Dummheiten. Siehe Bradley Manning. Siehe Daniel Ellsberg. Eventuell werden sie durch Openleaks in falscher Sicherheit gewiegt.
  • Journalisten brauchen in den allermeisten Fällen Zugang zu ihren Quellen, wenn sie ordentliche Arbeit machen sollen. Man stelle sich vor, man bekommt 5000 interne E-Mails auf den Schreibtisch. Wie stellt man sicher, dass die Daten nicht manipuliert wurden? Wie weiß man überhaupt in welchem Kontext die Nachrichten stehen? Ein Leaker kann Missverständnisse verhindern und viel Arbeit ersparen, in dem er Zusammenhänge erläutert und weitere Quellen nennt.
  • Journalisten können Leaker schützen, indem sie ihnen bewusst machen, wie einfach sie entdeckbar wären. Sie können Publikationen zurückhalten, bis die Quelle aus der Schusslinie ist. Manchmal raten sie der vermeintlichen Quelle auch ab, weil das Ergebnis für die Person so viel gravierender ist als der zu erwartende Gewinn. Noch häufiger sagen sie jedoch ab, weil sie schlicht zu viel auf dem Schreibtisch haben und das angebotene Thema nicht wirklich die Investition zu rechtfertigen scheint. Oder sie wissen nicht ob die Konkurrenz mit der Story nicht schon eine Woche vorher rauskommt. Journalisten können Anker, Ratgeber sein. Natürlich solche mit einem Eigeninteresse und natürlich sind auch sie nicht vor Spionage-Attacken gefeit.
  • Leaken ist kein einfacher Prozess. Nur wenige Menschen können konsequent zwischen Fakt und ihrer Überzeugung, ihren Schlussfolgerungen unterscheiden. Hier hilft Openleaks schlichtweg nicht weiter.

Kurz: der einzige reale Effekt, den ich von OpenLeaks erwarte, ist PR. Redaktionen können sich mit dem Openleaks-Briefkasten schmücken und vielleicht werden ein paar Leute mehr ihr Gewissen entdecken und Skandale aufdecken.

P.S. Der Deutschlandfunk zitiert mich so:

Der Blogger Torsten Kleinz hält das Konzept des anonymen Leakens generell für fragwürdig. Sein Einwand: „Nicht die Datenübermittlung ist der riskante Part, der soziale Kontext ist es.“

Das ist in dieser Zuspitzung falsch. Ich halte das derzeitige Konzept von OpenLeaks für begrenzt sinnvoll — unter anderem weil es keinen Rückkanal beinhaltet. Anonymes Leaken generell lehne ich jedoch keinesfalls ab.

Das Problem mit Wikipedia-Politik

Als Wikimedia Deutschland 200.000 Euro zur Verfügung stellte, die für die „Community“ ausgegeben werden sollten, wurden mehrere Community-Vertreter gewählt, die über die Vergabe der Gelder mit bestimmen sollte. Keiner der Kandidaten konnte auch nur 50 Wikipedianer als Unterstützer gewinnen.

Beim ins Krawallige driftenden Streit ob man lateinische Schreibweisen gebräuchlicheren eingedeutschten Versionen im Artikel-Lemma bevorzugen sollte, sprechen sich 94 Wikipedianer für ein Meinungsbild aus, 71 lehnen es ab. 109 stimmen für einen Änderungsvorschlag der Regeln, 75 dagegen, 15 enthalten sich.

Anti-Gerücht.

Es hält sich das Gerücht — oder ist es mehr eine Haltung? — dass wenn ein Bösewicht, ein Unsympath oder ein Merkbefreiter etwas sagt, nur das genaue Gegenteil richtig sein kann. Sagt er Weiß, ist es Schwarz. Sagt er Terror, ist es Freiheitkampf. Sagt er poTAtoe, schmeckt die POtatoe besonders gut.

Das stimmt nicht. Nur übelmeinende oder beschränkte Menschen können so etwas ernsthaft annehmen. Das genaue Gegenteil ist richtig.