Gut gemeint

Via Lawblog: Die Welt versucht sich heute an einem fundierteren Blick auf die Operation Mikado. Kreditkarten: Der Weg zur Unfreiheit ist mit guten Absichten gepflastert

Leider ist der erste Satz folgender:

Gut, dass die Polizei diese Woche einen Kinderpornoring ausheben konnte.

Ja, es wäre gut gewesen. Leider hat die Polizei keinen „Ring“ ausgehoben. Sie haben Leute gefunden, die mutmaßlich Kinderpornos per Kreditkarte gekauft haben. Bisher habe ich nichts davon gehört, dass sich die Beschuldigten kannten oder Kinderpornos ausgetauscht oder gar produziert hätten. Das mag in dem einen oder anderen Fall so sein – ich weiß es nicht. Primär haben wir es aber wohl mit einem Verkäufer und zirka 300 deutschen Kunden zu tun. Dafür spricht auch die lange Zeit, die sich die Staatsanwaltschaften offenbar bei den Durchsuchungen ließen. Bei einem Kinderporno-Ring muss man zeitgleich zuschlagen, weil sich die Mitglieder sonst gegenseitig warnen würden. Wenn sich die Durchsuchten so wenig kennen wie ich den Amazon-Kunden fünf Straßen weiter, ist eine solche Aktion natürlich unnötig.

Schade ist jedenfalls, dass selbst bei den Bedenkenträgern die Legende des Ermittlungserfolgs unreflektiert übernommen wird.

You must remember this

Neulich wunderte ich mich über einen taz-Artikel. Darin warf die Autorin einer Fernsehsendung doch tatsächlich vor, dass alles geklaut sei. Ich sehe es jedoch als zentrale Eigenschaft von solchen Vorabendserien, dass sie hauptsächlich das zeigen, was der Zuschauer kennt und schon x-mal gesehen hat. Sobald jemand aus der Masse heraussticht und den altbekannten Sujets tatsächlich einen neuen Blickwinkel, einen neuen Dreh verpasst hat, ist das schon wieder eine Sensation und wird in den folgenden Jahren dutzendfach kopiert. Ein ewiger Kreislauf.

Da heute Casablanca im Fernsehen lief, möchte ich auf meine Lieblings-Adaption dieses Klassikers verweisen. Fast jede Familienserie hatte Mal eine Casablanca-Folge, Mal in Schwarz-Weiß und in furchtbar künstlichen Vierziger-Jahre-Kostümen, mit Here’s lookin at you, kid und vielleicht auch mit einem schmierigen Schmuggler.

Meine liebste Adaption des Casablanca-Themas – wer mich kennt, kann es fast erraten – stammt aus der Serie Deep Space Nine. In der Folge Profit ans Loss wurde das Thema mit den vorhandenen Figuren umgesetzt, die sich nicht verbogen, um den Plot haargenau nachzubilden. Der Ferengi Quark in der Rolle des coolen Nachtclubbesitzers, eine Cardassianerin als Ilsa Lund und der altbekannte Kampf des Guten gegen das Böse. Die Anleihen an das Original sind natürlich schamlos, aber das ist Teil des Spiels. Und trotzdem schaffen es die Figuren, der Geschichte ihren Stempel aufzudrücken. Besonders deutlich wird das in der Szene, in der Natima zu Quark kommt, um die Herausgabe der Tarnvorrichtung zu erzwingen Und anders als Ilsa schießt sie tatsächlich auf ihren Ex-Lover. Ein Ferengi ist halt kein Bogart.

BTW:

Sally: You’re wrong.
Harry: I’m not wrong, he wants…
Sally: You’re wrong.
Harry: …he wants her to leave that’s why he puts her on the plane.
Sally: I don’t think she wants to stay.
Harry: Of course she wants to stay. Wouldn’t you rather be with Humphrey Bogart than the other guy?
Sally: I don’t want to spend the rest of my life in Casablanca
married to a man who runs a bar. I probably sound very snobbish to you but I don’t.
Harry: You’d rather be in a passionless marriage.
Sally: And be the first lady of Czechoslovakia.
Harry: Than live with the man you’ve had the greatest sex of you life with, and just because he owns a bar and that is all he does.
Sally: Yes. And so had any woman in her right mind, woman are very practical, even Ingrid Bergman which is why she gets on the plane at the end of the movie.

Bürgeruniversität – Klassenkampf oder wie?

Der Begriff des Bürgers kennt viele Facetten. Den Bürger in Uniform zum Beispiel. Oder den mündigen Bürger. Das Wort Bürger ist auch eine Vokabel des Klassenkampfes – man denke nur an die bürgerlichen Parteien und die bürgerliche Presse. Doch eigentlich ist das doch Schnee von gestern – egal wie schlecht bezahlt oder gebildet wir sind – Bürger sind wir doch alle, oder? Wir zahlen Steuern, wir können wählen, etc pp…

Nicht unbedingt. So differenziert die taz heute zwischen Bürger- und Massen-Universitäten. Ich war auch einer Massen-Universität und fühle mich trotzdem ganz bürgerlich.

Schalldusche

Eigentlich sind Podcasts doch ganz nett. Leider habe ich keine Hardware, um sie unter der Dusche zu hören. Eine Abwechslung beim Kalorienverbrennen sind sie aber schon Mal.

„Großer Sieg für die Kinderporno-Mafia“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die groß angelegte Auswertung von Kreditkartendaten bei Ermittlungen gegen die Kinderpornografie-Szene im Internet verteidigt. „Es wäre ein großer Sieg für die Kinderporno-Mafia, wenn Richter im Nachhinein das Vorgehen der Ermittler als nicht rechtmäßig beurteilen würden“.

Auch eine Perspektive. Wenn sich Polizei und Staatsanwaltschaft sich an Gesetze halten müssen (ob sie es denn getan haben, wird gerade geklärt), haben die Verbrecher gewonnen.

Nur zur Erinnerung: Selbst wenn die Maßnahme für unrechtmäßig erklärt wird, geht den Gerichten kein einziger Beweis gegen die Kinderporno-Käufer verloren. Die Kinderporno-Mafia selbst bleibt so oder so unbehelligt. Denn sonst hätte man die Kreditkarten gar nicht überprüfen müssen, sondern schlicht die Daten beim Zahlungsempfänger abgeschöpft.

Eine Webseite oder doch die Konkurrenz?

Eine manchmal diffizile Angelegenheit im Journalismus ist der Verweis auf die Konkurrenz. Erwähnt man sie, kritisiert man sie, gibt man sie gar als Quelle an? So stolperte ich heute auf sueddeutsche.de über einen Kommentar von Jörg Donner über vermeintliche NSA-Verstrickungen bei Windows Vista.

„US-Geheimdienst kontrolliert Windows Vista“ hieß es am Mittwoch auf einer Webseite oder „Windows Vista – powered by NSA?“. Die Schlagzeilen sind griffig, der Aufschrei in der Bevölkerung absehbar.

Auf einer Webseite steht so etwas? Ach nein. Auf Webseiten steht auch, dass man sich mit Aluminiumhüten gegen Gedankenlesen schützen kann. Also was hat es mit diesen Webseiten auf sich, dass man einen Kommentar dazu verfassen muss? Google offenbart auf welchen Webseiten diese griffigen Schlagzeilen standen. Das erste stammt von den Kollegen von der Welt und Berliner Morgenpost, das zweite von Spiegel Online.

Freilich: in allen Artikeln steht im Prinzip das selbe: die Gerüchte, die bekannten und vermuteten Kooperationen und die Richtigstellungen von Microsoft/NSA.

Beständige Euphorie

Aus meinem Feedreader:

iphone.png

Besonders die älteste Überschrift zeugt von Euphorie, die dann wohl etwas abgemildert werden sollte. Es handelt sich wohlgemerkt um einen einzelnen Feed eines großen deutschen Mediums.

AI-gentor

Die Sache ist eigentlich trivial. Es gibt ein Reiseportal namens AIDU und einen Reiseanbieter namens AIDA. Nun klagt AIDA gegen den AIDU-Betreiber, weil man AIDU und AIDA so einfach verwechseln kann. Stimmt nicht, sagt AIDU. Denn AIDU und AIDA sind grundverschieden. Gar nicht zu verwechseln. Und überhaupt.

Peinlich nur, wenn dann der AIDU-Betreiber in seiner Pressemitteilung genau diesen Fehler macht:

ai-gentor

PS: Der Fehler wurde nach meinem Hinweis korrigiert…