Am Wochenende wurde der dritte Trailer zur StarTrek-Serie auf Amazon Prime veröffentlicht. Wieder überraschen uns die Macher damit, dass sie Figuren aus der TNG-Serie zumindest für ein paar Szenen reaktiviert haben. Einige sind begeistert. Für mich läuft diese PR-Strategie jedoch in der verkehrten Reihenfolge.
Wenn mich eine Serie tatsächlich gewinnen will, möchte ich nicht nur Zuschauer sein. Und ich verkleide mich garantiert nicht als Klingone. Um aber tatsächlich über eine Serie als handwerkliches Produkt zu sprechen, gibt es kaum noch öffentliche Räume. Das große Spoiler-Tabu hat Plattformen wie Twitter und Facebook übernommen. Bei der Star Trek-Serie von Netflix gab es wenigstens im Anschluss an die Folgen noch eine Aftershow. Hier wurde den Leuten die die Folge supergeil fanden ein wenig erzählt, wie die Story denn zustande kam wurde. Leider war die Sendung aufgrund des aufgesetzten Zwangs-Enthusiasmus unerträglich. Wenn ich die Ankündigungen von Netflix richtig verstehe, wird in Zukunft auch das wegfallen. Man überlässt das Feld einfach YouTube-Amateuren, die keine Ahnung haben und keinen Zugang zu den richtigen Informationen.
Das ist ein merkwürdiger Umgang mit kreativer Arbeit. Ich als Kunde mag es sehr, wenn ich in einem Podcast oder in einem Interview von den Machern höre, wie sie dann an einer Vision gearbeitet haben und was sie sich bei der Umsetzung gedacht haben. Dann kaufe ich gerne ein Buch oder eine Serie oder gehe ins Kino.
Das wird jedoch zunehmend selten. Man sah es zum Beispiel bei den ganzen Avenger-Filmen. Es gab Interviews über Interviews, bei denen alle Beteiligten im wesentlichen nur sagen durften, wie viel Spaß sie hatten. Alle Autoren, Schauspieler, sogar die Konstümbildner stehen unter strenger NDA. Stattdessen wird der absolut kleinste gemeinsame Nenner als Trailer abgegeben. Selbst auf stundenlangen Comicon-Panels wird quasi gar nichts mehr erzählt. So hat ein Stoff keine Chance mich reinzuziehen.
Von einer Serie wie Breaking Bad habe ich durch Interviews erfahren, die keine künstlichen Informationssperren enthielten. Während der ersten zwei Staffeln war Vince Gilligan quasi in jedem Podcast, den ich abonniert hatte. Vom neuen Breaking Bad-Film durften wir jedoch erst erfahren, als er schon abgedreht war.
Oder High Maintenance. Die Macher haben ihre Vision klar erklärt und wie sie daran arbeiteten, das Ganze auf ein HBO-Fundament zu setzen. Das fand ich spannend, die Umsetzung war gelungen. Und so habe ich mir die Serien gekauft. Mehr noch: Weil in der Serie dann die Dokumentation „One of Us“ thematisiert wurde, habe ich mir diese auch auf die Liste gesetzt.
Mein Wunsch: Wir müssen von der Spoiler/NDA-Hysterie wieder etwas abrüsten. Kreative sollten über ihren kreativen Prozess erzählen, dass wir teilnehmen können, wenn wir mehr sein wollen als dumpfe Zuschauer, denen das schmeckt was man ihnen vorsetzt oder eben nicht. Wenn das im Milliardengeschäft der Blockbuster nicht klappt, wenn der Konkurrenzkampf der Streaming-Plattformen nur noch auf Masse um jeden Preis setzt, dann sehe ich darin einen kulturellen Rückschritt.
Gerade im Comedy-Bereich scheint es hier eine Gegenbewegung zu geben. Comedians berichten in eigenen oder fremden Podcasts sehr ausgiebig über die Entstehungsgeschichte ihre Comedy-Specials. Und obwohl die Leute dadurch einen guten Teil der Witze schon kennen, bleiben sie nicht weg. Sondern sie wissen das Gesamtprodukt um so mehr zu schätzen.
Wenn man auf Kunden wie mich wert legt: Wagt etwas. Schließt die Zuschauer in euren kreativen Prozess wieder ein. Und tut nicht so als seien wir Siebenjährige, denen man nicht verraten soll, dass es keinen Osterhasen gibt.