Lieber Gott,
wenn mich ein verrückter Extremist erschießt, lass es bitte nicht umsonst gewesen sein. Ich will, dass mir wenigstens auf der Titelseite eines Schmutzblatts 1000 Kilometer von meiner Heimat, meinem Grab entfernt gedacht wird. Schließlich können die tapferen Journalisten nicht unbegrenzt den blonden Teufel, den Teufels-Killer auf die Seite 1 drucken. Und bitte belästige meine Eltern nicht. Ich hab ja die passenden Fotos auf Facebook hochgeladen.
Amen.
Presseinformation des Presserats vom 22. Mai 2009:
Den hier festgehaltenen besonderen Begleitumständen der Tat von Winnenden hat der Presserat in einigen Fällen jedoch Rechnung getragen. So zeigten mehrere Zeitungen und Zeitschriften Bildergalerien der Opfer, vorwiegend als Porträtbilder. Der dezente Umgang in diesen Bildergalerien ohne sensationelle Aufmachung und unangemessene Formulierungen, sondern lediglich mit dem Hinweis, dass es sich im Folgenden um die Opfer des Amoklaufs handelt, hält der Presserat für mit dem Pressekodex vereinbar.
Andererseits hat der Presserat Fälle sanktioniert, bei denen Fotos und Namen der Opfer lediglich zur Illustration einer Geschichte benutzt wurden. Hier haben Redaktionen Opferfotos als sensationelles Element zweckentfremdet, um auf die Story aufmerksam zu machen. Der jeweilige Kontext der Verwendung war für den Ausschuss hier ausschlaggebend. Als Symbolfoto können Opferfotos nicht benutzt werden.
[…]
Generell stellt der Presserat fest, dass das Mediennutzungsverhalten der Gesellschaft sich durch das Internet sehr gewandelt hat. Visualisierung ist wichtiger geworden, der Umgang der Menschen mit eigenen Daten wie Fotos etc. hat sich stark verändert. Dies hat auch Folgen für die Art der Berichterstattung und die Spruchpraxis des Presserats.