„Polizeilich erforderlich“

Der AK Vorratsdatenspeicherung übt sich derzeit in einer merkwürdigen Informationspolitik: um einer vermeintlichen „BKA-Propaganda“ entgegenzutreten, lesen die Internetaktivisten aus wenig bis gar nicht aussagekräftigen Zahlen das Gegenteil dessen heraus, was denn die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung behaupten.

Nach einer ausführlichen Analyse unsererseits sind die BKA-Zahlen „irrelevant“ und belegen „keine blinde Flecken in der Verbrechensbekämpfung oder Schutzlücken“. Auch Dr. Michael Kilchling vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg kritisierte: „Für eine seriöse wissenschaftliche Stellungnahme fehlt jede Basis“. Dennoch ist ausgerechnet die Bundesjustizministerin dem unhaltbaren, vom Bundesinnenminister im Rahmen einer politischen Kampagne in Auftrag gegebenen BKA-Bericht aufgesessen.

Der Widerspruch liegt auf der Hand: wenn das Material keine wissenschaftlich fundierten Aussagen erlaubt, sind sowohl die Aussagen der Befürworter als auch die Aussagen der Gegner einer Vorratsdatenspeicherung gleichermaßen unfundiert. Die „Propaganda“ des einen ist die „Analyse“ des anderen.

Dabei ist der AK Vorrat auf eine argumentative Goldgrube gestoßen: Die sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung ist eben auch nur sehr eingeschränkt effektiv:

Die vom Justizministerium offenbar übernommene Behauptung des Bundeskriminalamts, 72,82% nicht beantworteter Auskunftsersuchen beträfe „die Straftatbestände Verbreitung, Erwerb oder Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften“, ist auf abenteuerliche Art und Weise zustande gekommen: Beispielsweise lagen 209 der vom BKA ergebnislos angefragten Internetverbindungen länger als 10 Tage zurück, die Anfragen waren wegen der dem BKA bekannten, kürzeren Speicherfristen der Provider von vornherein sinnlos. 147 weitere angefragte Internetverbindungen lagen sogar länger als sechs Monate in der Vergangenheit!

Die hier nicht erwähnten Schlussfolgerungen sind:

  • Die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung wird weniger positive Effekte haben als dargestellt und
  • nach der Einführung einer sechsmonatigen Speicherung wird es auch wieder Forderungen nach einer Ausweitung der Speicherfrist geben.

Der AK Vorrat nimmt dies zum Anlass die Vorratsdatenspeicherung mit der kompletten Kriminalstatistik aufzurechnen, was allenfalls Spielerei ist — selbst Herr Ziercke hat nirgends behauptet, dass er mit der Vorratsdatenspeicherung zum Beispiel die einfache Diebstähle verhindern oder die Aufklärung derselben erhöhen könnte.

Aber ein genauerer Blick in das vom AK Vorrat verlinkte offizielle BKA-Dokument offenbart Mängel in der Darstellung – mögen sie auf Schludrigkeit oder Absicht zurückgehen.

Auf Seite 12 heißt es:

g.) Polizeilich erforderlicher Zeitraum der Speicherung
Abschließend wurde bezüglich der negativ beschiedenen Auskunftsersuchen erhoben, für
welchen Mindestzeitraum eine Speicherung der Verkehrsdaten aus polizeilicher Sicht
erforderlich gewesen wäre.
Die Verteilung betreffend des aus polizeilicher Sicht für erforderlich erachteten
Mindestspeicherzeitraums stellt sich wie folgt dar:
In

  • 24,09 % der Fälle (212 Anschlüsse, davon 211 IPs) wäre ein Mindestspeicherzeitraum
    von einem Monat,
  • 49,55 % der Fälle (436 Anschlüsse, davon 404 IPs) wäre ein Mindestspeicherzeitraum
    von zwei bis fünf Monaten und in
  • 26,36 % der Fälle (232 Anschlüsse, davon 215 IPs) wäre ein Mindestspeicherzeitraum
    von sechs Monaten

erforderlich gewesen.

Lange Rede, kurzer Sinn: mit der sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung wäre der „polizeilichen Erforderlichkeit“ voll Genüge getan.

Auf dem Erhebungsbogen Seit 49 und 50 der PDF-Datei findet sich jedoch zum Beispiel dieser Fall:

Umfangreiches Ermittlungsverfahren der brasilianischen Bundespolizei gegen mehrere brasilianische Tatverdächtige mit internationalen Bezügen wegen Besitzes und Verbreitung von kinderpornographischem Material über das Filesharing-Netzwerk von Gigatribe. Über den BKA-VB Brasilia wurden 147 IP-Adressen und 17 Gigatribe-Nicknames zu potentiellen deutschen Tatverdächtigen übermittelt. Anhand der festgestellten IP-Adressen, denen zur jeweiligen Tatzeit die von den Tatverdächtigen verwendeten Gigatribe-Pseudonyme (Nicknames) zugeordnet waren, wurden auch Bezüge nach Deutschland hergestellt. Die Zeitstempel der IP-Adressen (Tatzeiten) bewegen sich zwischen dem 29.05.2009 und dem 11.09.2009. Die diesbezüglich am 25.05.10 – sofort nach Eingang der Informationen aus Brasilien – bei den betreffenden deutschen sechs Providern durchgeführten Anschlussinhaberfeststellungen verliefen negativ.
Eine eindeutige Täteridentifizierung hinsichtlich der von der brasilianischen Polizei mitgeteilten Nicknames war nicht möglich, da Pseudonyme in Gigatribe nicht zwingend (vor allem über einen längeren Zeitraum hinweg) personenbezogen sind.
Insofern wären Täteridentifizierungen zu dem von der brasilianischen Polizei mitgeteilten Sachverhalt nur über eine IP-Anschlussinhaberfeststellung unter Angabe der relevanten
Tatzeiten über die entsprechenden deutschen Provider möglich gewesen. Diese Daten liegen aufgrund des BVerfG-Urteil nicht mehr vor.

Darüber heißt es:

Polizeilich wäre eine Speicherung der Verkehrsdaten für folgende Dauer erforderlich gewesen: 6 Monate

Hier hat der Beamte offenkundig zwei Mal die Unwahrheit im Erhebungsbogen vermerkt: Die Daten lagen nicht „aufgrund des BVerfG-Urteils“ nicht mehr vor – sie hätten auch vor dem Urteil nicht vorgelegen.

Aus Formular-Sicht eine Vorratsdatenspeicherung von über einem Jahr „polizeilich erforderlich“ gewesen um die Täter zu überführen. Wenn man das Formular beiseite lässt und den gesunden Menschenverstand einschaltet, wäre hingegen eine bessere internationale Zusammenarbeit der Polizeibehörden erforderlich gewesen.

Wikipedianer verschenken Millionen

Wikipedia ist keine Demokratie. Ich kann das so oft wiederholen wie ich will – es werden immer wieder Medien finden, die das Gegenteil behaupten. Aber, wie Gründervater Jimmy Wales immer wieder betont: Wissen ist keine Verhandlungssache. Wenn es demokratisch zuginge, wären zum Beispiel historische Darstellungen des Propheten Mohammed längst verschwunden, die Evolutionstheorie wäre nur eine von vielen Hypothesen, wie der allmächtige Gott seinen Plan verwirklichen wollte, Sarah Palin zur Präsidentin zu machen.

Wikipedia ist keine Demokratie, weil die Online-Enzyklopädie dazu viel zu offen ist. Jeder kann sich hinter verschiedensten IP-Adressen und Accounts verstecken – und oft genug tun sie es auch. Tagtägliche gibt es bei Tausenden von Artikeln Streitfälle, die sich nicht auf die Regeln runterbrechen lassen, oder die das teilweise konfuse Regelwerk ad absurdum führen. Ruf nicht nach Abstimmungen, nach Umsturz, sondern Sei Mutig! schrieben die altehrwürdigen Früh-Wikipedianer ihren Nachfolgern ins Stammbuch – und verabschiedeten sich ins Elysium von Berufstätigkeit und höheren Aufgaben.

Wikipedia ist keine Demokratie. Und doch gibt es Wahlen. Und Abstimmungen. Eine kleine Schar von Autoren, die sich dem großen Ganzen verpflichtet fühlen, die von den Entscheidungen anderer genervt fühlten oder die sonst in einem Sportverein wären ohne selbst Fußball zu spielen, kommt immer wieder zusammen, um über den Zukunftskurs und die Herausforderungen die Wikipedia zu bestimmen. Eine dieser Entscheidungen, die zu treffen wäre, ist mir grade wieder ins Auge gefallen.

Seit Jahren steht die Beteiligung an dem METIS-System der Verwertungsgesellschaft VG Wort immer Mal wieder auf der Agenda des Verein Wikimedia Deutschland. Kurz zusammengefasst: Die VG Wort sammelt Geld von uns allen ein, um Autoren für die vielen unbezahlten Verwertungen von Texten zu entschädigen. Bei Wikipedia ist in den vergangenen zehn Jahren eine ganze Menge Text zusammen gekommen, was die VG Wort dazu bewegte bei Wikimedia Deutschland anzufragen, wohin man das Geld denn überweisen könne. Doch es gibt Schwierigkeiten: die Software von Wikipedia ist nicht wirklich zu dem Zweck gerüstet, die VG Wort würde gerne ihre Zählpixel installieren und überhaupt: will man überhaupt bei einem solchen System mitmachen? Für Wikimedia wäre das System lukrativ – schließlich wird auch ein Anteil des Geldes an den Plattform-Betreiber ausgeschüttet.

Nach jahrelanger ergebnislosen Vereinsberatungen wurde nun die Community um Rat gefragt. Obwohl die Umfrage noch bis zum 25. Februar laufen soll, scheint das Ergebnis bisher eindeutig: gerade Mal 12 Befürworter stehen 120 Gegner gegenüber, 16 schwankende Nutzer hätten gerne ein Gutachten zum Thema. Die Statements zum Thema gehen sehr oft ums Prinzip, es geht um Verteilungsgerechtigkeit, Freies Wissen und die Angst, wie das Geld die zuweilen fragile Gemeinschaft der bisher unbezahlten Autoren untergraben würde:

–† Alt ♂ 02:24, 26. Jan. 2011 (CET) Das gierige Funkeln, das stellenweise jetzt schon in einigen Kommentaren aufscheint (was wir damit alles machen könnten!) verursacht bei mir extreme Magenschmerzen. Wenn wir hier Geld fürs Schreiben bekämen, würde sich verdammt viel ändern und es ließe sich wohl auch nicht mehr zurückdrehen.

–Jogo.obb Disk 21:34, 27. Jan. 2011 (CET) Was bekommen die, die im Hintergrund ackern, um zu verhindern das aus der WP ein Müllhaufen wird? Wer bekommt die Vergütung für Autoren bei einem Artikel mit X Autoren? Wer soll prüfen, ob ein Autor wirklich etwas für den Artikel geleistet hat oder ob er bloß ein Stückchen vom Kuchen haben will? Wer sorgt dafür, das nachher nicht sämtliche wichtige Artikel gesperrt werden, dass sich die Admins den Batzen allein verteilen können? Wie werden die Belohnt, die sich um Illustrationen kümmern? Wenn dann müsste das Geld komplett an die Stiftung fließen, das heißt Autoren müssten einer Verzichtserklärung auf ihre Ansprüche zustimmen, das wäre bei 26.715 aktiven Benutzern bereits ein enormer Aufwand, es müssten jedoch auch alle anderen der 1.156.568 angemeldeten Benutzer zustimmen.

–Andys / ☎ 12:54, 29. Jan. 2011 (CET) Ich lehne das geltende Urheberrechtsgesetz eh ab, das in weiten Teilen überholt und hoffnungslos veraltet ist. Da kann ich mich nicht zu dessen Nutznießer machen. Ich lasse mich nicht korrumpieren.

Es wird viel spekuliert über hive minds und verschwörerische Kungelrunden, die geheimen Agenden der Wikipedia-Oberen – METIS ist nur ein Kapitel von vielen, was diese einfachen Erklärungsmuster ad absurdum führt. Natürlich gibt es in der Wikipedia wie in jedem anderen Lebenraum Politik und Intrigen – wer jedoch sich nur auf das konzentriert, was ihm gefällt oder was ihm gerade nicht gefällt, wird Wikipedia nie verstehen.

Krieg der Winterjacken

Wenn ich durch die Kölner Fußgängerzonen gehe, habe ich eine Schrecksvision. Was ist, wenn die Leute, die Jack Wolfskin tragen, sich gegen die die The North Faceler verbünden? Oder umgekehrt?

Ein Bruderkrieg in Winterjacken: Reißverschluss gegen doppelte Naht, Softshell gegen Hardshell, Goretex getränkt in Blut und Bionade! Väter werden Söhne in Kühlhäuser sperren und Söhne ihre Elternhäuser in Saunas verwandeln! Wasserwerfer fahren auf und läuten die Monsunzeit ein, bis das Microfleece gerinnt. Nur ein sportlich-aktiver Lebensstil kann gewinnen!

Und dann kommt der Frühling.

Obama: Bring back the Internet!

Na endlich – U.S.-Präsident Obama fordert vom ägyptischen Machthaber Mubarak das, was für das Twitter-Publikum am wichtigsten ist:

I also call upon the Egyptian government to reverse the actions that they’ve taken to interfere with access to the Internet, to cell phone service and to social networks that do so much to connect people in the 21st century.

Ich bin Mal gespannt, was sich das ägyptische Regime vorstellt. Gerade für ein Land, das so abhängig vom internationalen Tourismus ist, ist eine Internetblockade immer auch ein Schnitt ins eigene Fleisch. Wie lange meinte Mubarak diese Sperre aufrecht erhalten zu können? Oder wartete er nur darauf, bis die Technik bei ihm eingesetzt werden kann, die in Tunesien für so viel Aufsehen sorgte? Will er Facebook- und E-Mail-Accounts von Aktivisten hacken lassen und so wieder Kontrolle über die Massen erlangen, deren Aufstände er seit Jahrzehnten immer wieder niederschlägt?

Allerlei Revolutionen

Warum reden Leute dauernd von Facebook und Twitter-Revolutionen, aber niemand von dem Handy-Umsturz?

Nicht amerikanische Internetdienste, sondern zuerst der Mobilfunk hat die Kommunikation in Entwicklungsländern revolutioniert.

Fließbandurteile zu P2P?

Michael Seidlitz macht auf eine interessante Variante der Filesharing-Rechtsprechung aufmerksam. Ein Familienvater wurde von einer Spielefirma auf Unterlassung verklagt, weil von seinem Anschluss aus ein Computerspiel in eine P2P-Börse hochgeladen worden sei. Der verteidigt sich damit, dass er so etwas in seiner Familie ausdrücklich verboten habe und außerdem nur Port 80 an seinem Modem freigegeben habe (was auch effektiv Online-Banking und E-Mail-Clients blocken würde).

Das Landgericht Köln meinte jedoch, dass diese Maßnahme nicht ausreichte, der Mann war schlichtweg nicht sorgfältig genug:

Er hätte auch weiterhin wirksame Maßnahmen zur Verhinderung der Rechtsverletzungen ergreifen müssen. Hierzu war er als Inhaber des Internetanschlusses auch unzweifelhaft in der Lage. So hätte ein eigenes Benutzerkonto mit beschränkten Rechten eingeräumt werden können. Des Weiteren wäre auch die Einrichtung einer wirksamen „firewall“ möglich und zumutbar gewesen, durch die die Nutzung einer Filesharing-Software verhindert werden kann (vgl. auch LG Hamburg ZUM 2006, 661). Auch andere technische Möglichkeiten, wie die Nutzung bestimmter Modems hat der Beklagte nicht dargelegt (vgl. hierzu insgesamt bestätigend, zuletzt, OLG Köln, Beschluss vom 11.09.2009, Az. 6 W 95/09). Der Vortrag des Beklagten, es sei lediglich der Port 80 des Modems freigegeben gewesen, führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis, da der Beklagte nicht hinreichend dargelegt hat, dass diese Freigabe lediglich durch ihn zu ändern gewesen wäre.

Wie sorgfältig das Landgericht Köln den Fall geprüft hat, offenbart auch eine nur flüchtige Lektüre des Urteils:

Am 15.12.2009 um 10:08:14 Uhr MEZ ermittelte die von der Klägerin beauftragte Firma L… AG – nach dem bestrittenen Vortrag der Klägerin -, dass das Computerspiel „R… o…“ durch einen Nutzer mit der IP-Adresse … im Rahmen eines Filesharing-Systems im Internet zum Herunterladen verfügbar gemacht wurde. Hierbei ermittelte die Firma L…, insoweit ebenfalls nach dem streitigen Vortrag der Klägerin, dass aufgrund eines Abgleichs des Hash-Wertes der Originalspielfilm zum Abruf bereit gestellt wurde.

Hiernach hätte es dem Beklagten nicht nur oblegen, den zugangsberechtigten Dritten ausdrücklich und konkret zu untersagen, Musik mittels Filesharing-Software aus dem Internet herunterzuladen.

Aber wer will es den Richtern verübeln, dass sie bei einer solchen Schwemme von P2P-Verfahren ihre Urteile aus Textbausteinen zusammensetzen? Es wäre aber nett, wenn die Bausteine auf den Tatbestand passen.

P.S.: Noch ein schönes Beispiel findet sich bei Anwalt24 um den Urheberrechtsstreit über das Filesharing eines Produktes des Brockhaus-Verlags.

Das Amtsgericht Magdeburg machte mit dem Anschlussinhaber kurzen Prozess: Es gab der Klage der Rechteinhaberin mit Urteil vom 12.05.2010 in vollem Umfang statt (Az. 140 C 2323/09) und verurteilte diesen zur Zahlung von insgesamt 4.128,58 € zuzüglich Prozesszinsen. Der zuständige Richter gab dabei für die Bemessung des hohen Streitwertes eine wenig überzeugende Begründung ab. Er verwies lediglich darauf, dass das Werk hier einer unbegrenzt großen Personenzahl zur Verfügung gestellt worden sei, ohne auf die näheren Umstände des Einzelfalles einzugehen. Hinsichtlich der Schadensersatzforderung in Höhe von über 3.000,- € hatte er keine Bedenken. Es sei aufgrund der Verbreitung an eine unbestimmt große Personenzahl nicht zu beanstanden, dass die Rechtsinhaberin den doppelten Verkaufspreis als Schadensersatz fordert.

4128,58 Euro sind für eine doppelte Brockhaus-Enzyklopädie wahrhaftig günstig. Die 30-bändige Ausgabe kostet immerhin 3270 Euro. Jedoch ging es nicht um diese Luxus-Print-Ausgabe, sondern eine vergleichsweise billige DVD-Ausgabe „„Der Brockhaus multimedial 2006“. Die aktuelle Premium-Ausgabe kostet gerade einmal 99,95 Euro.

Beteiligung um der Beteiligung willen?

Für die SPD-Fraktion ist es ein Schwarzer Tag für mehr Demokratie im 21. Jahrhundert, die Opposition macht einstimmig — wie soll es auch anders sein? — die CDU verantwortlich, Christian Scholz, der sich wohl am ehesten als „18. Sachverständiger“ verdient gemacht hat, sieht den Tag gekommen, an dem die Internet-Enquete baden ging. Was ist passiert? Nun, die “Kommission für den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechniken und -medien“ hat den Einsatz des Tools Adhocracy abgelehnt.

In Wahrheit ist diese Initiative schon vor Monaten gestorben. Wie ich höre, begründet die IuK-Kommission die Ablehnung damit, dass die Software nicht in Gang gesetzt werden kann, bevor die Enquete-Kommission ihren Zwischenbericht schreibt. Sprich: Selbst wenn ganz plötzlich die gesamte Netzgemeinde plötzlich ihre Leidenschaft für konstruktive Arbeit in politischen Gremien entdecken würde, statt per Twitter darüber zu lästern – in ihrer begrenzten Laufzeit könnte die Enquete-Kommission mit den einströmenden Vorschlägen nicht mehr viel anfangen.

Ein wesensfremdes und kaum erprobtes Tool wie Adhocracy in die Parlamentsarbeit zu integrieren, wäre ein politischer Kraftakt gewesen. Dazu hätte es politischer Schwergewichte gebraucht, die der Enquete-Kommission angehören und sich dieser Lösung verpflichten. Das Tool hätte innerhalb von wenigen Wochen stehen müssen, um irgendeine Traktion zu gewinnen. Zehn Monate nach der Einsetzung der Enquete ist jedoch noch keine greifbare Lösung vorhanden. Es ist nicht mal eine Lösung in Sicht, wie sich die Nutzer identifizieren sollten, um die vorgesehenen Abstimmungen durchzuführen. Nicht die IuK-Kommission hat den Einsatz verhindert, sie haben es schlichtweg offen ausgesprochen: das direktdemokratische Feigenblatt wird nicht kommen.

Man kann nun die CDU und die Bundestagsverwaltung der Verzögerungstaktik beschuldigen, die allein aus dem sinistren Grund den Bürger dumm und machtlos zu halten, die Initiative sabotieren. Doch wer jemals in einer Talkshow mit Spitzenpolitikern war, kennt die Claqueure aus den Orts- und Jugendverbänden, die ihre eigenen Parteikameraden öffentlich hochleben lassen. Ob Vorratsdatenspeicherung oder Websperren – es wären mit Leichtigkeit möglich gewesen Bürger zu organisieren die den Konsens der kleinen deutschen netzpolitischen Gemeinde ablehnen und den vermeintlich sicheren Triumph in eine bittere Niederlage verwandeln. Nein, diese Erklärung ist mir zu einfach.

Was mir bisher fehlte, war die positive Vision von Adhocracy. Ich nutze gerne soziale Tools um Hinweise zu geben, um Fragen zu stellen – doch hätte ich einen relevanten Teil Lebenszeit investiert, um der Enquete-Kommission bei der Erstellung eines Papiers zu helfen, das im Nachhinein umgedeutet und ignoriert wird? Ein großer Teil der Leute, die sich so engagieren, sitzen bereits in der Kommission oder haben einen direkten Draht zu ihnen.

Die Frage, die ich mir stelle: hätte Adhocracy beigetragen, diese Arbeit wirklich nachhaltig zu bereichern? Es gibt einige Gründe, die dagegen sprechen:

  • Nur ein sehr kleiner Teil der Bürger käme mit einem solchen neuen Tool zurecht. Nicht Mal die Piratenpartei schafft es eine wirklich breite Basis zur Mitarbeit in Liquidfeedback zu bewegen – wie sieht es dann erst aus, wenn weniger netzaffine Menschen für etwas arbeiten sollen, was keinerlei konkrete Auswirkungen hat? Letztlich wäre Adhocracy ein Tool für eine sehr kleinen Gruppe von Menschen – diese Gruppe hat aber auch so kaum Probleme, die Sachverständigen zu erreichen.
  • Netzpolitische Fragen sind hoch komplex, wenn man tiefer greift als „Gegen Zensur“ oder „Pro Netzneutralität“. Eine der Aufgaben der Kommission ist herauszufinden: Was bedeuten diese Worte konkret? Und: wie könnte man sie implementieren? Die Anzahl der Beiträge, die dazu pro Jahr erscheinen, kann man bisher ohne Probleme mit einem Fax in die Bundestagsverwaltung schicken.
  • Wenig genutzte Systeme sind anfällig für unfreundliche Übernahmen. Wieder etwas Polemik: Würde ein Esoteriker-Kreis das Bundestags-Adhocracy entdecken, stände nachher im Enquete-Bericht vielleicht ein Kapitel zu Mineralien, die gegen Bildschirmstrahlung helfen sollen.
  • Bestehende Projekte sind nicht ermutigend. Der Showcase von Adhocracy zeigt eine Menge Karteileichen, aber kein funktionierendes Vorzeige-Projekt. Wäre es nicht besser, erst einmal eines der vielen Bürgerhaushalte-Projekte zu implementieren, als direkt im Bundestag anzufangen und darauf zu hoffen, dass es hier schon irgendwie klappen wird?
  • Bestehende Projekte wie Wikipedia oder Mailinglisten zeigen: die Netzcommunity ist prima darin sich gegenseitig zu blockieren. Wenn es darum geht, schwammig geschriebene Manifeste zu unterschreiben oder Millionen auszugeben, ist jeder gerne dabei, es fehlt aber an Leuten, die es auch umsetzen, die Prinzip A gegen Prinzip B abwägen und daraus Konsequenzen ziehen.
  • Die Enquete ist schlichtweg nicht brisant genug: das Abschlussdokument hat keine direkten Auswirkungen auf Realpolitik. Dass die EIDG ein nutzbares Konzept, einen Rahmen, eine gemeinsame Vision hervorbringen wird, glaubt in meinen Augen niemand. Ein Kommission zur Erschaffung warmer Worte. Mit Arbeitsgruppen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Mehr Bürgerbeteiligung ist dringend wünschenswert. Das Problem: wir haben derzeit weder wirklich nutzbare Software-Tools noch die gesellschaftlichen Strukturen, die ein solches Experiment ausgerechnet im Deutschen Bundestag zum Erfolg werden lassen können.

Die Grenze zum Überwachungsstaat

Thomas Stadler kritisiert das Eckpunkte-Papier von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:

Man muss die Diskussion daher anders führen und auf die zentralen Fragen zuspitzen, die lauten: Wollen wir dem Staat erlauben, die Verbindungsdaten aller Bürger – und zwar ohne jeden konkreten Anlass – für längere Zeit zu speichern, damit er anschließend die Möglichkeit hat, diese Daten für strafrechtliche Ermittlungen zu benutzen. Oder wird damit vielmehr die Grenze zum Überwachungsstaat bereits überschritten?

Was mich etwas verwundert, ist die Entweder-Oder-Haltung. Denn wenn wir uns zehn Jahre zurückerinnern in eine Zeit, in der es keine Flatrates gab, war die IP-Speicherung beim Provider zu Abrechnungszwecken Pflicht der Provider — aus Gründen des Kundenschutzes. Schließlich sollte der Anbieter nachweisen können, was er seinem Kunden in Rechnung stellt. Im Mobilmarkt gibt es auch heute keine Flatrates ohne Volumenbegrenzung. Auch hier muss daher gespeichert werden und auch hier kann der Staat Auskunft verlangen. Netcologne nutzt die kurzfristig gespeicherten IP-Daten dazu, Kunden zu warnen, deren Rechner von einer Schadsoftware übernommen wurde. Die Einführung von IPv6 wird das Ganze nochmal wesentlich verändern. Die Grenze, die viele Datenschützer derzeit in den Sand zeichnen, wird rechts und links überschritten ohne dass sich irgendwer daran zu stören scheint.

Die Konzentration auf IP-Adressen verdeckt auch den Blick auf noch brisantere Wunschzettel der Strafverfolger: Bewegungsprofile stehen ganz oben auf der Liste. Für Ermittler mag das furchtbar praktisch sein, auf Anfrage herauszubekommen welche Bürger auch nur in der Nähe eines Tatorts waren. Wenn die Datenschutzbewegung das Thema entdeckt wird wahrscheinlich das Meme wahrscheinlich „Die Fußfessel für alle Deutschen“. Nicht zu Unrecht. Ich persönlich habe kein Zutrauen zu Menschen, die ohne ausreichende Überwachung an gigantischen Datenbanken herumspielen — egal ob sie Beamte oder Mark Zuckerberg sind.

Die widerstreitenden Interessen zu Überwachung und Datenschutz sind kein Paradox, sondern eins der vielen Spannungsfelder der Politik. Umweltschutz oder Arbeitsplätze? Sozialstaat oder Marktwirtschaft? Der Staat kann keine Entweder-Oder-Entscheidungen treffen, er muss sich zwischen den Extremen platzieren. Jedes Grundrecht hat seine Schranken. Ab und an muss man zwei Schritte Abstand nehmen, um zu erkennen, wo das eine Grundrecht aufhört und das nächste anfängt, wie sich ein Gesetz auswirkt. Das hier soll weiß Gott kein Plädoyer für die Vorratsdatenspeicherung sein – eher eine Aufforderung gelegentlich die Perspektive zu erweitern. Wir brauchen eine Diskussion, die sich nicht nur auf den Ist-Zustand konzentriert, die nicht von einem Extrem ins andere umschlägt. Eine Diskussion, die eine Technikgeneration überleben kann.

„Mein Internet“

Große data-epi-spacing Ereignisse data-epi-spacing werfen data-epi-spacing ihre data-epi-spacing Schatten data-epi-spacing voraus data-epi-spacing – data-epi-spacing und data-epi-spacing so data-epi-spacing trifft data-epi-spacing die data-epi-spacing Ankündigung data-epi-spacing des data-epi-spacing CSU data-epi-spacing Netzkongresses data-epi-spacing gerade data-epi-spacing auf data-epi-spacing Twitter data-epi-spacing auf data-epi-spacing freudige data-epi-spacing und data-epi-spacing gespannte data-epi-spacing Erwartung.

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Gerade wird in Berlin vorgestellt, wie sich die Bundesregierung einen digitalen Radiergummi vorstellt. Wie Kristian Köhntopp beschreibt ist das Ganze eine Art DRM, das jedes Mal beim Keyserver anfragt, ob es denn eine Datei anzeigen kann. Ein aus meiner Sicht nicht sehr praktikables Konzept.

Und es ist nicht Mal neu: Bereits 2002 war das Problem mit zunehmendem Alter peinlich oder gar schädlich werdenden Inhalten bekannt. Allerdings konzentrierte man sich damals noch auf e-Mails wie zum Beispiel dieser AP-Bericht zeigt:

In addition to Authentica, Atabok Inc., SafeMessage Americans Inc. and Omniva Policy Systems have systems designed to keep embarrassing or incriminating messages from surfacing years later. In essence, they allow e-mail to self-destruct.

Many of these services can also restrict what recipients do with messages – such as bar them from forwarding, copying or printing email. These digital-rights management tools work much like copy-protection systems being developed for music, movies and e-books.

Der Schwachpunkt des Ganzen:

Even if the self-shredding software disables printing, copying and screen-capture functions, nothing will stop a determined person from photographing the screen or jotting down the information by hand.

Und vor allem: dies waren alles proprietäre Techniken, die voraussetzten, dass Sender und Empfänger das gleiche Produkt zur Ver- und Entschlüsselung benutzten. Es wurde dann auch nichts aus der Idee der selbstkompostierenden E-Mail. Statt E-Mails zu shreddern, shredderten sich die Anbieter selbst — in Rekordzeit.

Aber wartet Mal: eine unpraktische proprietäre Lösung mit staatlichem Stempel? Die Technik könnte doch einfach bei De-Mail eingebaut werden und so die notwendige Marktpenetration erreichen. (Anmerkung: die Prämisse dieses Arguments ist rein hypothetisch. Dass De-Mail jemals eine Marktpenetration erreicht, die irgendwas bewirken könnte, glaube ich vorerst nicht.)

Aber nein, nicht Mal das klappt, wie man bereits 2002 wusste:

Though a 2000 federal law gives electronically signed documents the same legal standing as paper documents, electronic documents can’t be considered equal to paper if senders can shred them by remote control.

Senders get unprecedented powers over decisions normally left to the recipients. So it becomes up to the recipient to go back to the sender to request a paper or permanent electronic copy – and count on the sender’s cooperation.

Wenn man elektronische Botschaften Rechtssicherheit verleihen will, können Selbstvernichtungsmechanismen nicht angewandt werden.

Was bleibt also: eine uraltes Konzept, das sich aus guten Gründen nicht durchgesetzt hat und jetzt auf in einem neuen Bereich angewendet werden soll, der sich noch weniger für die Idee eignet als das vorangegangene Szenario. Denn seien wir ehrlich: wer peinliche Bilder auf Facebook hochlädt, wird nicht gerade viel Energie in Verfallsmechanismen investieren.