Kundenkarten sind für Anfänger

Kundenkarten sind toll für Werbetreibende: Man jagt die personalisierten Daten von Millionen Kunden durch Datenbanken, fügt ein wenig Marketing-Voodoo hinzu – und schon kann man die Kunden zielgenau auf ein Produkt steuern. Ein bisschen zumindest.

(Ausschnitt aus Abstruse Goose 250, es gilt die Creative Commons Attribution-Noncommercial 3.0 United States License)

Oder auch nicht? Ein Payback-Kunde bekommt die gleichen Gutscheine wie der andere, die „Heute gibts fünffache Punkte für Produkt X“-Kampagnen scheinen nicht mehr so beliebt zu sein und viele Supermärkte verteilen immer noch ihre eigenen Treuepunkte – zusätzlich zu den anderen Kundenkarten.

Dass es auch ohne Datensammelwut und trotzdem sehr zielgerichtet funktionieren kann, beweist der Supermarkt Globus in Köln Marsdorf. Dort habe ich vor kurzem Kochbeutelreis gekauft – und bekam an der Kasse automatisch zum Kassenzettel auch einen Gutschein ausgedruckt. Bis Juni bekomme ich 50 Cent Rabatt auf eine Packung Kochbeutelreis – natürlich von der Konkurrenzmarke.

Kommentatoren, die bellen

Der Aufreger von gestern: Basic Thinking will die RSS-Feeds kürzen, um die Leser zur lukrativeren Webseitenwerbung zu führen. Jürgen Vielmeier gibt sich enttäuscht wegen der Publikumsreaktionen.

Der größere Teil der – zur Stunde – rund 80 Kommentatoren hat hingegen einen Abschied auf nimmer Wiedersehen angekündigt.

Ich hab mal die Probe aufs Exempel gemacht: gestern abend hatte Basic Thinking im Google Reader 10550 Abonnenten. Heute morgen sind es 10562.

(Ich gehöre zu keiner der Gruppen)

Überwachungs-Pause

Da hängt sie nun, die Kamera – knapp unter Google-Streetview-Höhe an einer Fassade im Belgischen Viertel Kölns. Sie ist aus der Verankerung gerissen, baumelt nur noch an dem Kabel vor sich hin. Überwachungs-Pause.

Was ist nur passiert? Wollte sich die Kamera in den Weg eines Verbrechers werfen, der eine unschuldige alte Dame überfallen wollte? Oder war es Vandalismus?

Bestimmt war es einer dieser freiheitsliebenden Jungspunde, der aus fehlgeleitetem Antrieb einen Sprung wagte, um dem tapferen Hüter der Ordnung einen Schlag zu versetzen? Hat er sich mit hasserfülltem Gesicht nach oben katapultiert? Trug er einen Baseballschläger? Oder eine rote Robe?

Vermissen Sie etwas, Herr Herrmann?

Heute tickert über die dpa:

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung mehren sich die Stimmen, die vor Risiken für die Sicherheit warnen. Bis der Gesetzgeber eine neue Regelung auf den Weg gebracht habe, könne der rechtlose Zustand Menschenleben kosten, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.

Wie viel sicherer hat es sich doch im verfassungslosen Zustand gelebt.

Buchhandel: Teure Kundenbindung

Der deutsche Buchhandel hat wieder eine tolle Idee:

Mit E-Books neue Kunden gewinnen: Am 18. März startet libreka! die E-Book-Aktion „E-Tüpfelchen“, bei der Buchhandlungen bundesweit bis zum 9. April kostenfreie E-Books an ihre Kunden verschenken können. „Mit ,E-Tüpfelchen‘ möchten wir den Verkauf von E-Books über das Sortiment ein großes Stück voranbringen“, sagt Ronald Schild, Geschäftsführer der MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH, die libreka! betreibt.

Sprich: der Kunde soll seine E-Books nicht einfach über das Internet suchen und herunterladen. Die 4500 stationären Buchhändler müssen auch einbezogen werden – schließlich sind sie ja im Prinzip Miteigentümer von Libreka. Aber wie läuft die Aktion konkret?

Mit jedem neuen E-Book-Kunden profitiert auch der Buchhändler: Ist er libreka!-Partnerbuchhändler und damit kostenlos als E-Book-Verkäufer in libreka! gelistet, erhält er bei jedem weiteren E-Book-Kauf dieser Neukunden die jeweilige Verkaufsprovision.

Sprich: wenn ich einmal einen Gutschein von Händler X bekommen habe, bekommt er für alle weiteren elektronischen Bücherkäufe eine Provision. Obwohl er mich weder beraten hat, noch ein Buch bestellt oder irgendetwas beigetragen hat zum Buchkauf.

Ob das so tatsächlich im Sinne der Kreativen ist, für deren Schutz doch das Urheberrecht ständig verschärft werden soll? Und die eher selten ein so gesichertes Auskommen haben wie ein etablierter Buchhändler? Aber auch die Buchhändler sollten sich Sorgen machen: wie viele Jahre zahlt Libreka wohl, wenn denn die Kunden nicht mehr in die Läden kommen? Wie lange kann eine überkommene Vertriebsstruktur durch Quersubventionierung aufrecht erhalten werden?

Die Alternative klingt aber auch nicht so toll: die Kunden laden Bücher direkt auf ihren Kindle und Amazon steckt die Provision ein, die sonst der Buchhändler bekommen würde. Und der Preis ist gedeckelt, um den – ebenfalls weitgehend beratungsfreien – Massenverkauf zu fördern.