Der grüne Bremer Lokalpolitiker Matthias Güldner wollte auch mal etwas zum Thema Kinderpornografie sagen und durfte bei Welt Online einige der gängigen Missverständnisse wiederholen. Besonders der eine ihn der Debatte gebetsmühlenartig wiederholte Satz stößt bei mir auf Unverständnis:
in Skandinavien wurden schon positive Erfahrungen mit vergleichbaren Gesetzen gemacht.
Welche „positiven Erfahrungen“ sind das denn? Das Internet ist nicht zusammengebrochen und in irgendwelchen Log-Dateien werden nicht weiter nachzuvollziehende Zahlen gesammelt. Nach mehr als fünf Jahren Websperren in Europa müsste es doch irgendwelche greifbaren Erfolge geben. Alleine: ich habe die Befürworter immer wieder gefragt und sie konnten mir keinen einzigen benennen.
Hat die „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ in Skandinavien durch die Sperre abgenommen? Die zuständigen Polizisten sind weit davon entfernt, so etwas zu behaupten.
Haben Produzenten und Verteiler von Kinderpornos durch virtuelle Stoppschilder akute Nachfrageprobleme oder Umsatzrückgänge zu verzeichen? Nichts davon ist bekannt.
Haben Konsumenten von Kinderpornos größere Schwierigkeiten, an Kinderpornos zu gelangen? Untersuchungen dazu liegen nicht vor.
Wird Kinderpornografie ungeachtet jeder Websperre auf ganz anderen Wegen als kommerziellen Webseiten verbreitet? Alle Anzeichen sprechen dafür.
Das beschwichtigende Argument ist ja die Behauptung, dass die Kinderporno-Sperren ja nur die schwächste in einem ganzen Bündel von Maßnahmen sind. Die Realität spricht eine andere Sprache. So demonstriert zum Beispiel die britische Internet Watch Foundation, dass man sich gar nicht mehr darum bemüht, Täter im Ausland zu verfolgen oder dem Phänomen Kinderponografie abseits der vor Jahren festgelegten Parameter aufzuklären. Dass es Filesharing-Netze und Chat-Netzwerke existieren, ist den mit brisanten Zahlen angereicherten Jahresberichten der IWF zum Beispiel nicht zu entnehmen. Sicher: es gibt mittlerweile viele Initiativen gegen Kinderpornografie, doch mit den stattlichen Websperren stehen die in keinem erkennbaren Zusammenhang.
Wenn man akzeptiert, dass die Webseiten-Sperren Symbolpolitik und gar keine konkrete Wirkung haben sollen, könnte die positiven Erfahrungen auch darin bestehen, dass Kinderpornos im Vergleich zu vorher gesellschaftlich mehr geächtet wären. Ein denkbar schwaches Argument für eine solche Maßnahme – aber hat das jemand ernsthaft untersucht? Meines Wissens nicht.