Am Wochenende fiel mir mal wieder eine Ausgabe der Rhein-Zeitung in die Hände: meine Heimatzeitung, bei der ich einst mein erstes Lokal-Praktikum absolvierte. Dabei sind mir zwei Artikel besonders aufgefallen.
Der erste war eine Lokalposse erster Kategorie: der CDU-Kandidat für das Amt des Oberbürgermeisters in Landau hatte sich fälschlich als Doktor ausgegeben und sich anschließend mit einem Hirntumor herausgeredet – ebenfalls eine Lüge. Der zweite war eine Geschichte aus dem Lokalteil: Unbekannter diffamiert Zeller. Offenbar fühlt sich ein Zugezogener im Moselstädtchen Zell nicht wohl und hat seinem Ärger in einem WordPress-Blog sehr unfein Luft gemacht.
Die Artikel fielen mir nicht auf, weil sie besonders aufsehenerregend oder journalistisch überragend waren – mir erschienen sie aber als perfektes Spielfeld für den vielzitierten Bürgerjournalismus.
Man stelle sich vor: Ein leibhaftiger Hochstapler, der Wahlkampf macht. Der verlogene Politiker von nebenan. Ein Traumthema für den aufgeklärten Blogger. Er kann schildern, welchen Einfluss diese Blamage auf die Lokalpolitiker hatte, wie er dem vermeintlichen Doktor auf dem Marktplatz begegnet ist. Wieso die lokale CDU einen Berliner importieren musste, um überhaupt einen Kandidaten zu haben. Aber in Landau scheint es keinen Blogger zu geben – zumindest keinen, der sich im entferntesten für Lokalpolitik interessiert. Alles was sich findet: ein paar wenige hämische Bemerkungen von Ortsfremden, die sich samt und sonders auf Agenturberichte beziehen.
Auch der zweite Artikel ist eigentlich Blogger-Thema Nummer Eins. Wegen Beschwerden wurde ein Blog einfach gelöscht. Zensur!!! Die Polizei sucht nach Anwohnern, die den anonymen Blogger anzeigen wollen. Selbst wenn das Blog nur aus einem Eintrag bestand, selbst wenn das Blog nicht wie die Rhein-Zeitung berichtet von der Denic gelöscht worden ist – es wäre immer noch ein Thema. Zur Not könnte man auch darüber schreiben, dass ein Mensch, der an der Mosel Weinstöcke „wegen des Ungeziefers“ entfernen will, einfach keine Freunde findet. (Nachzulesen auch in „Der Generalstreik“ von Giovanni Guareschi.) Aber in diesem Fall schweigt die Blogosphäre einfach ganz und gar. In Zell scheint es keine Blogger zu geben. Und das, obwohl es hier nur eine Monopol-Zeitung gibt.