Pimpbook

Und wieder mal ein Aufreger in den USA: registrierte Sexualstraftäter bei Facebook. SpOn schreibt:

Blumenthal teilte den Medien mit, die Behörden hätten mindestens drei verurteilte und registrierte Sexualstraftäter auf Facebook ausgemacht. Chris Kelly, der Datenschutzbeauftragte von Facebook, bestätigte, man habe entsprechende „Aktivitäten registriert“.

Bei den aufgespürten Straftätern handle es sich wahrscheinlich nur die „Spitze des Eisbergs“, sagte Blumenthal. Die Verbrecher nutzten Facebook unter ihrem richtigen Namen und seien daher leicht zu entdecken gewesen. Es könnte jedoch noch Tausende weitere Straftäter geben, die unter einem Pseudonym registriert sind. Facebook solle seine Nutzerprofile daher wie MySpace nach denen von Sexualstraftätern durchforsten, forderte Blumenthal.

Nun – vielleicht sollte man noch erwähnen, dass nicht nur finstere Pädophile in solchen Datenbanken registriert werden, sondern auch Leute, die eine Prostituierte aufsuchen wollten und stattdessen auf einen Polizei-Lockvogel hereingefallen sind. Wir kennen das alles aus wahnsinnig lustigen US-Comedy-Serien – für die betroffenen ist es jedoch bitterer Ernst. Es wäre spannend zu erfahren, ob etwa auch Hugh Grant oder George Michael in einer solchen Datei erfasst waren.

Die Gesellschaft muss sich die Frage stellen: sind Netzwerke wie Facebook ein eingezäunter Kinderspielplatz oder Teil der gesellschaftlichen Realität wie ein Geschäftsviertel oder eine Tankstelle? Wenn man ein Portal, das sich zunehmend an Erwachsene richtet, den Regeln des Kinderspielplatzes unterwirft, schließt man Menschen von einem immer wichtigeren Lebensbereich aus. Führt man den Gedanken etwas fort, könnte man die Datenbank der Sexualstraftäter auch an Tankstellen übermitteln – denn der registrierte Sextäter könnte den Treibstoff ja nutzen, um zu einem Kind zu fahren und es zu missbrauchen.

Yigg – das News-Prekariat?

Ich gebe zu: ich verstehe den Sinn der Dutzenden von ach so sozialen News-Portalen nicht. Im Idealfall kann durch eine Community ein interessanter redaktioneller Prozess erzeugt werden – die meisten Anbieter scheinen sich aber nicht darum zu bemühen.

Nehmen wir nur einmal Yigg.de, eine deutsche Adaption von digg.com, die vor zwei Monaten professionell wurde. Was erwartet uns auf der Startseite des News-Portals? Zuerst einmal: erstaunlich wenig neues. Ein Google-Video einer ARD-Reportage über Humor im Dritten Reich, die ich schon vor Monaten gesehen habe oder ein Hinweis auf einen mäßig originellen Carlsberg-Werbespot, der schon vor zwei Monaten auf Youtube zu finden war.

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Wenn es schon mit der Aktualität nicht klappt – wie sieht es aus mit der Aufbereitung der Inhalte? Kurz zusammengefasst: Schrecklich. Der Carlsberg-Werbespot wird angeteasert ohne jeden Hinweis auf Werbung oder den Inhalt – der Leser wird im Glauben gelassen, dass es sich um ein weiteres unterhaltsames Experiment handelt.

Auch bei ernsteren Themen scheinen die Yigg-Autoren kein wirkliches Interesse daran zu haben, Nachrichten korrekt zusammenzufassen. Stattdessen werden Meldungen noch einmal künstlich skandalisiert. Ein Focus-Online-Artikel zur Diskussion um eine Hartz-IV-Erhöhung wird mit der Schlagzeile „Werden Arbeitslose hungern?“ ergänzt – BILD lässt grüßen. Den zugegebenermaßen lächerlich wirkenden Gesetzvorschlag zur Verschärfung des Copyrights in den USA kommentiert der Einreicher mit einer Frage: „Lebenslang ins Gefängnis weil man den Content anderer kopiert hat? Sei wann gibt es für Diebstahl lebenslänglich?“ Hätte er den verlinkten Artikel gelesen, wüsste er, dass die lebenlängliche Strafe nur für Mordversuche oder Verstöße mit Todesfolge vorgesehen ist.

Überhaupt scheint es sehr schwer von der Yigg-Meldung auf den Inhalt zu schließen. Was hinter der Überschrift „Der Versuch Social-Networks auszutricksen scheint nicht immer zu funktionieren“ stecken mag, kann man nur herausfinden, wenn man den Link anklickt. Man könnte einwenden, dass dies der Sinn solcher Newsportale ist – aber in dem Fall könnte man die Links auch mit undifferenzierten Grunzlauten anteasern.

Lange Rede, kurzer Sinn: Zur Information taugt Yigg derzeit noch weniger als eine Boulevardzeitung.

Augenmaß

Wer glaubt, dass Maßnahmen wie Online-Durchsuchungen auch ohne eindeutige gesetzliche Schranken mit Augenmaß angewendet werden, hat den Schuss nicht gehört. So wie der Chef der Bundespolizei in Chemnitz:

Mindestens 50 e-mail-Konten ließ Fritzsch insgesamt filzen. An der gesuchten Rund-Mail, die laut Begleittext möglichst schnell an „Freunde“ weitergeleitet werden sollte, hingen Fotos von Pin-Up-Girls. Der Kettenbrief „belastet unser IT-Netz zusätzlich und verringert die Bearbeitungsgeschwindigkeit“, begründete Amtsleiter Fritzsch in einem Mitarbeiterbrief die Online-Razzia. Drei der geknackten elektronischen Postfächer gehörten Personalräten. Ihre Kontakte zu Kollegen genießen besonderen Vertrauensschutz. Laut einer Dienstvereinbarung von April 2006 ist es zudem allen Bundespolizisten erlaubt, ihre E-mail-Adressen auch privat zu nutzen.