Ist Bild.de das neue NeunLive?

Im Juli hat die die niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) dem Sender RTL die Ausstrahlung der SKL-Show verboten:

Die niedersächsische Anstalt beruft sich darauf, dass die Werbung für öffentliche Glücksspiele im Fernsehen nunmehr untersagt ist. Das sehen die neuen Vorschriften vor, die seit Anfang 2008 gelten. Sie wurden von den Bundesländern verfügt, die das Glücksspiel in Deutschland regeln.

Da die Show ordentlich Geld in die Kassen der Gewinner Länder spülte, gab es einige Rettungsversuche, aber vergebens:

Es wird also, wenn man vom Studiopublikum mal absieht, niemand sehen können, wie Günther Jauch als Moderator dem auch diesmal mit Hellmuth Karasek, Marcel Reif und Katharina Witt wieder prominent besetzten Rateteam in gewohnter Manier Fragen stellt und letztlich den Gewinner von 5 Millionen Euro kürt. Die SKL verspricht aber eine begleitende, redaktionelle Berichterstattung in allen Medien, also Print, TV, Internet und Hörfunk.

Also will kein Sender diese plumpe Werbe-Show ausstrahlen – offenbar konnte niemand ein Konzept überlegen, die Jauch-Show in etwas ähnliches wie ein redaktionelles Format zu verwandeln. Aber zum Glück gibt es Medien, die mit solchen Erwägungen weniger Probleme haben:

Aber keine Bange, bild.de weiß natürlich, was verboten ist, ein Klick führt zu keinem Video-Portal von Springer, sondern direkt zur Webseite der SKL. Das bunte Treiben auf der bild.de ist natürlich knallhart redaktionelle Berichterstattung.

Ob die Nutella-Show bald folgen wird? (bild.de fragt dann vermutlich: „Kevin Kuranyi, hat Nutella Sie zum Fußball-Star gemacht?“).

Lange Rede, kurzer Sinn: Ist bild.de das neue NeunLive – eine Abspielstation ohne spießige Regeln und Gewissensbisse?

Wann platzt die Geo-Porno-Blase?

Ein nicht besonders intelligenter Mensch meinte mich heute mit einer Presseaussendung beglücken zu müssen. Er hatte offenbar nach „Porno 2.0“ gegoogelt und war dabei auf meinen Vortrag bei der Re:Publica gestoßen.

In der Mail wurde mir eine überdurchschnittlich abstoßende Porno-Seite empfohlen, die nach Meinung des Betreibers einen „web 2.0 approach“ verfolgt. Von Userbeteiligung ist nichts zu sehen. Der revolutionäre 2.0-Ansatz: man kann mehrere Pornos parallel abspielen… Dass dies das exakte Gegenteil dessen ist, was ich in meinem Vortrag behandelt habe, muss ich wohl nicht betonen.

Natürlich ist die Seite vollgestopft mit Werbung. Adultfriendfinder & Co versprechen Live-Webcams und Live-Sex. Bei einer Millionenstadt wie Köln mag das einigermaßen glaubhaft sein – aber auch in beschaulichen Orten wie Rietberg (28000 Einwohner) werden einem Hunderte williger Frauen empfohlen, die rein zufällig auch in Rietberg sind. Bei jedem Reload sind es andere. Das ist nicht glaubhaft – selbst wenn man ignoriert, dass die meisten Fotos sowieso nach zufällig eingespielten Inhalten eines US-Bilderkatalogs aussehen.

Doch wer kümmert sich um solche Kleinigkeiten, wenn es um Umsätze geht? Und das „Webmaster-Programm“ von Adultfriendfinder verspricht satte Umsätze:

Geld verdienen ist mit unserem Programm „Pro-Mitgliedschaftsbestellung“ ganz einfach. Immer wenn sich ein Mitglied als Premiummitglied anmeldet, verdienen Sie bis zu $130.00.

Sprich: Diese Werbung lohnt sich nur, wenn ein ständiger Nachschub von Personen gewährleitet wird, die wesentlich mehr als 130 Dollar bei Firmen wie Adultfriendfinder lassen. Das Angebot wirbt jetzt schon mit über 20 Millionen Mitgliedern. Ich denke mal, der Markt dürfte zu diesen Preisen so langsam ausgeschöpft sein. Und wenn er ausgeschöpft ist, werden sich YouPorn und Co. plötzlich sehr einsam fühlen.

PS: Auf der Startseite von Adultfriendfinder wird die offensichtliche Usertäuschung eingeräumt – natürlich juristisch verklausuliert:

*Personen welche in Fotos auftauchen, könnten eventuell nicht Mitglieder sein. Andere Daten sind nur zur Illustration beabsichtigt. Adult FriendFinder ist das weltweit größte Sozial- & Sexanzeigennetzwerk für Erwachsene mit über 20.000.000 Mitgliedern.

Auf deutsch: Die meisten Fotos sind Fakes. Ein bemerkenswertes Vorgehen für ein Angebot, dass mit dem Slogan „echte leute. echter sex.“ wirbt. Auf den Webseiten, auf denen das Unternehmen wirbt, fehlt dieser Hinweis.

Wählt Obama…und mich!

Ich bin kein Fan davon dass der deutsche Wahlkampf immer mit dem US-Wahlkampf verglichen wird. Obama, McCain und Co mögen ja alle ihre Facebook-Accounts haben – das ist aber eher ein Zeichen für ein Defizit bei der Parteienfinanzierung als für einen Vorsprung in Punkto Partizipation. Und wenn ich mir die viel zitierte politische Blogosphäre in den USA ansehe, überkommt mich öfter der Würgereiz als Bewunderung. Wahlkampf ist der Ausgang des Menschen aus seiner unverschuldeten Mündigkeit.

Richtig peinlich finde ich jedoch, wenn die Obamanie auch von deutschen Parteien ausgeschlachtet wird. So hatte ich in München Grüne-Plakate mit dem Slogan „We can do it“ gesichtet, in einem Akt ungewöhnlicher Selbsterkenntnis Webseite der Hammer Oberbürgermeister-Kandidatin Monika Simshäuser dieses entdeckt:

Change?

Copy & Paste!

Leerstunde in Krisen-PR

Stefan Niggemeier hat eine PR-Agentur aufs Korn genommen, die damit warb, Beiträge im Auftrag von Subway in diversen „Wissensmagazinen“ platziert zu haben. Natürlich dementiert die Agentur. Nun hat Niggemeier auf der Webseite der Agentur einen Text gefunden, der die Glaubwürdigkeit des Dementis sehr in Zweifel zieht.

Die Antwort der PR-Agentur lässt nicht lange auf sich warten. In den Kommentaren schreibt jemand unter dem Namen des geschäftsführenden Gesellschafters der Agentur dies:

Sehr geehrter Herr Niggemeier,

wir haben den aktuellen Blog von Ihnen gelesen.

Aufgrund dessen, was Sie dort aus unserem internen Content Management System von foleys, welches wohl einen technischen Fehler zu haben scheint, veröffentlicht haben, haben wir die komplette Website vom Netz genommen, um diesen technischen Fehler durch unseren Technikdienstleister beheben zu lassen. Denn es ist weder richtig was dort steht, noch wurde es bewusst veröffentlicht noch hätte es jemals veröffentlicht werden sollen.

Wir möchten es erneut betonen: foleys PR hat keinerlei Schleichwerbung betrieben geschweige denn sonst eine illegale Handlung vollzogen. Auch nicht im Namen seiner Kunden.

Sie selbst kommen mit moralischen Argumenten. Diese verstehen wir und sind auch voll und ganz bei Ihnen. Aber jetzt frage ich Sie:
Ist es moralisch, ohne Beweise (denn es waren – wie bereits erläutert – Missverständnisse und so nicht beabsichtigte Aussagen wie Sie von Ihnen dargestellt werden!) eine kleine PR-Agentur systematisch kaputt zu machen, die nichts Illegales getan hat, sich für evtl. missverstandene Ausdrucksweisen entschuldigt hat, Sie nicht einmal persönlich oder per Email mit dieser Agentur gesprochen haben (obwohl wir Sie angemailt und darum gebeten haben), Zitate/Stellungnahmen nur zum Teil wieder gegeben werden (siehe FAZnet Artikel), Falschaussagen getroffen werden (z.B. hat es nie eine Pressemitteilung von foleys gegeben) etc.? Auf eine Bitte um ein persönliches Gespräch haben Sie bis dato nicht einmal reagiert! Wir haben es gestern telefonisch über FAZnet probiert und heute früh per Email.

Gibt es in Deutschland einen öffentlichen Pranger und Vorverurteilung? Haben wir hierfür nicht Regeln und Mechanismen? Oder dürfen Medienvertreter erst einmal alles schreiben, bis man ihnen das Gegenteil bewiesen hat? Auch Sie haben Verantwortung. Denn wie schon gesagt: Wir haben uns auf unserer Website, die rein zur Eigenwerbung gegenüber Neukunden dient, auf welcher wir auch nie eine Pressemeldung veröffentlich haben, evtl. missverständlich ausgedrückt. Diese Punkte haben wir sofort von uns aus zurückgezogen. Des Weiteren haben wir uns öffentlich dafür entschuldigt. Was wollen Sie noch? Wir bitten Sie daher hiermit auch öffentlich, diese Propaganda einzustellen und stehen Ihnen selbstverständlich weiterhin gerne für ein persönliches Gespräch zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Axel Roggmann

YouTube – ein Furz für die Sponsoren

Eben bin ich über eine Google-Anzeige auf den Youtube-Channel „Siemens Answers“ gestoßen. Ein voller Erfolg, wenn man die Medaille links als Maßstab nimmt:

Die Abrufzahlen sind jedoch lächerlich: Das meistgesehene Video wurde grade mal 286 Mal abgerufen. Auch bei den anderen „Sponsoren“ sieht es nicht besser aus: Allesamt haben weniger Abonnenten als für die Marketing-Abteilungen der Firmen arbeiten.

Was die YouTube-Nutzer lieber sehen wollen, erfahren die Siemensianer übrigens direkt im Anschluss an ihren ideenlosen und langweiligen Hochglanz-Werbefilm:

Big farting. Könnte es symbolträchtiger sein?

Der Trick mit der Kündigungsfrist

Grade beim Zappen drüber gestolpert. Eine mir bisher unbekannte Deutsche Familienversicherung AG macht Werbung für eine angeblich konkurrenzlos günstige KombiVersicherung 5 plus. Besonders hervorgehoben wird die tägliche Kündigungsmöglichkeit.

In den Versicherungsbedingungen liest sich das denn so:

9.1. Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Als Versicherungsperiode gilt ein Monat.
9.2. Sie haben das Recht, den Vertrag täglich zu kündigen. Für die Kündigung ist der von Ihnen angegebene Zeitpunkt,
frühestens der Zugang Ihrer Kündigungserklärung bei uns maßgeblich.
9.3. Wir haben das Recht, den Vertrag jederzeit mit einer Frist von 1 Monat zum Schluss einer Versicherungsperiode zu
kündigen.

Bei den Flatrate-Tarifen haben wir ja erst vor ein paar Monaten gesehen, welchen Zweck solche kurzen Vertragsfristen haben: sobald ein Kunde teuer wird, wird er abgesägt. Will ich wirklich eine Versicherung, die ohne Begründung quasi jederzeit kündigen kann?