Bei der Bundestagswahl 2009 erhielten die Piraten in NRW noch 158.585 Stimmen
Bei der Landtagswahl 2010 waren es 119.581 Stimmen.
Pointers & Pointen
Bei der Bundestagswahl 2009 erhielten die Piraten in NRW noch 158.585 Stimmen
Bei der Landtagswahl 2010 waren es 119.581 Stimmen.
Die Hoffnungen der Gegner von Websperren und Voratsdatenspeicherung ruhen derzeit auf der FDP. Dass die sich komplett durchsetzen kann, ist kaum zu vermuten – zumal die Liberalen in den letzten Jahren auch eher andere Schwerpunkte gesetzt und in den unterschiedlichen Landesregierungen ein sehr zwiespältiges Bild abgeliefert haben.
Deshalb wäre es vielleicht gut, wenn man eine Ersatzforderung einbringt. Wenn die falschen Entwicklungen der letzten Jahren nicht sofort beseitigt werden können, sollte die Politik sich nach den Wahlen endlich Mal den Grundlagen widmen und fundierte wissenschaftliche Untersuchungen initiieren. Denn viele Fragen werden bisher nur ideologisch oder von anderen Interessen geleitet beantwortet.
Als da wären:
Die Liste kann man lange fortsetzen…
Liebe Piraten,
es hat nicht geklappt. Keine fünf Prozent, keine drei Prozent, nicht einmal zwei. Aber ihr habt nicht wirklich an den Einzug in den Bundestag geglaubt? Oder daran, dass die Abstimmungen bei StudiVZ irgendwas mit dem amtlichen Endergebnis zu tun haben? Aber immerhin: Eins Komma ein paar Gequetschte sind beeindruckend, wenn die Wahlarithmetik Stimmen für Euch im Lager Schwarz-Gelb verbucht.
Jetzt ist es Zeit, nach vorne zu sehen. Ich bin mir sicher, dass am Wahlabend bittere Verschwörungstheorien auftauchen werden, die das Ergebnis erklären sollen – so etwas wie ein vorgeblicher Medienboykott. Macht die Augen auf: die Piraten haben größere und positivere Medienaufmerksamkeit bekommen als jede andere neu gegründete Partei in den letzten 10 Jahren.
Die Piraten haben allerhand erreicht. Natürlich hat es die üblichen Geburtswehen gegeben, aber 9000 Mitglieder sind beeindruckend. Wenn davon die Hälfte tatsächlich aktiv werden, dann habt ihr eine Basis für Netzpolitik. Fangt damit an.
In den nächsten Jahren heißt es: die außerparlamentarische Politik zu erobern. Damit meine ich nicht „Und alle so Yeah“, es geht um tatsächliche Politik. Mit 9000 Leuten kann man allerhand erreichen, auch ohne eine Stimme in den Parlamenten (okay: Stadtratsmandate ausgenommen). Wenn man im Wahlkampf mal eben mehr als 70000 Euro für einen (überraschend guten) Werbespot mobilisieren kann, wie viele Kongresse und Lobby-Aktionen lassen sich damit finanzieren?
Aber vorher ist viel zu erledigen. Einer der Punkte auf der To-Do-List: sich über die eigenen Ziele gewiss werden. Denn selbst in der manchmal so homogen erscheinenden Netz-Gemeinde gibt es sicher politische Grabenkämpfe. Ist das Auto ein Gadget und sollte daher möglichst frei fahren können oder ist es ein Umweltverschmutzer für Leute, die mehrere Stunden am Stück auf das Internet verzichten können? Sind Waffen ein Gadget? Haben Arbeitslose nur Pech oder sollten sie Unkraut jäten? Wo soll der Strom für den Quadro-Core-Prozessor herkommen und wer soll dafür bezahlen? Oder etwas näher an der Lebenswirklichkeit: Wie kann man effektiv dem Spam Einhalt gebieten ohne Meinungs- und Gewerbefreiheit zu gefährden?
Ein anderer Punkt: Funktionäre heranziehen, die Politik lernen. Leute, die jenseits der Inszenierung die poltischen Entscheidungsmechanismen kennen. Die wissen, was die Junge Freiheit ist. Die auch mal charismatisch sein können. Die Konzepte entwickeln, die über „Nein, das da wollen wir nicht“ hinausgehen. Netzneutralität, Meinungfreiheit und öffentlicher Rundfunk, um ein paar Beispiele zu nennen. Eine überzeugende Lösung im Bereich Urheberrecht erwarte ich von Euch nicht, aber darum drücken sich auch die anderen herum.
Eine weitere Herausforderung: Sucht Frauen. Es ist kein Zufall, dass die Piraten eine Frauenquote unterhalb von Gayromeo hat. Wie will man die Gesellschaft beeinflussen, wenn man nicht mal die Geschlechtergrenze überwinden kann?
Ich bin mir nicht sicher, wo die Piraten in vier Jahren sein werden. Aber es stehen interessante Zeiten an. Enjoy the ride.
Wenn bei meinem Beitrag gestern der Eindruck entstanden sein könnte, dass ich von Umfragen nicht viel halte, dann liegt es daran, dass ich von Umfragen nicht viel halte.
Die inflationäre Obsession mit der Meinung von Leuten, denen das grundlegende Faktenwissen fehlt, ist mir absolut rätselhaft. Verbände und Firmen schicken mir jeden Tag Umfrageergebnisse ins Haus, die zeigen sollen, wie notwendig ein Produkt ist, wie beliebt eine Person oder Maßnahme doch ist oder wie die Deutschen so denken. Dank einer auf Aufträge angewiesenen Call-Center-Industrie ist das erstaunlich billig. Die meisten Umfragen sind jedoch keinen zweiten Blick wert.
Ein Beispiel von heute morgen – der Branchenverband BITKOM hat ein Mittel gegen Politikverdrossenheit gefunden: Online-Wahlen.
„Online-Wahlverfahren ermöglichen es jedem Bürger, seine Stimme ortsunabhängig und mit geringem Aufwand abzugeben. Die Mobilisierung der Wähler würde durch Online-Wahlen deutlich erleichtert.“ Nach den Ergebnissen der BITKOM-Umfrage hätte die sehr niedrige Wahlbeteiligung bei der letzten Europawahl durch den Einsatz der Online-Wahl signifikant gesteigert werden können. 11 Prozent der Befragten gaben an, dass sie gewählt hätten, wäre Ihnen die elektronische Stimmabgabe per Internet ermöglicht worden. Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2009 hätte von 43 Prozent auf 54 Prozent steigen können.
Oho! Toll! Mehr Demokratie! – Natürlich setzt das voraus, dass die Leute bei guten Vorsätzen immer ehrlich und konsequent sind. 11 Prozent der Leute waren zu verpeilt, um ihre Stimme per Briefwahl abzugeben. Sie sind aber sehr optimistisch, dass sie mit einem anderen Wahlverfahren ganz sicher gewählt hätten. Könnte man auf solche Erklärungen nur halbwegs vertrauen, hätten wir in Deutschland keine Raucher mehr.
„Die Umfrage zeigt, dass viele Bürger online wählen wollen, es aber auch Bedenken gibt“, sagte Scheer. An erster Stelle stehen nach den Ergebnissen der BITKOM-Untersuchung Sicherheitsbedenken und die Sorge vor einer Manipulation der Wahlergebnisse. Scheer: „Wir müssen elektronische Wahlverfahren einsetzen, die für jeden Bürger verständlich und mindestens ebenso sicher sind, wie die Stimmabgabe im Wahllokal und die Briefwahl.“ Dann könnten Online-Wahlen zu einem wichtigen Instrument der Demokratie werden.
Der Haken: dieses Wahlverfahren gibt es schlichtweg nicht. In Deutschland sind zwar seit einigen Jahren Online-Wahlen für private Instititutionen und Vereine möglich, die Technik ist aber kompliziert und teuer. Selbst wenn jeder in Deutschland einen RFID-Ausweis, ein Lesegerät und die notwendige Verschlüsselungssoftware lauffähig auf seinem PC hätte – das Ergebnis wäre für den Wähler nicht wesentlich einfacher als die Briefwahl, es wäre für den einzelnen nicht nachvollziehbar und teuer.
Was bleibt übrig? 1005 repräsentativ ausgewählte Bürger wurden in ihrem Tagesablauf gestört um am Telefon Fantasie-Fragen zu beantworten, die niemand wirklich interessieren. Und dabei hatten sie Glück, dass der Anrufer ihnen nicht ein Zeitschriften-Abo oder einen neuen Telefontarif verkauft hat. Wie viele von Euch finden das toll? Ruft nicht an, hebt einfach nur die Hand. Jetzt.
Danke, dieses Ergebnis habe ich erwartet.
Piraten-Pauli: Gabrile Pauli will mit einer neuen Partei das System verändern, während die Piratenpartei trotz unerwartetem Wahlerfolg bei der Europawahl immer noch händeringend Unterschriften sammeln um überhaupt zugelassen zu werden. Eine politische Ehe auf Zeit scheint sinnvoll – im Parteiprogramm der Piraten ist jedenfalls noch viel Platz.
Unabhängigstenste Aufsichtsfunktionsträger: Nachdem der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar die Internet-Sperrliste nicht beaufsichtigen will, muss sich die Große Koalition eiligst um ein anderes Aufsichtsorgan bemühen, bevor das überaus sorgfältig durchdachte Sperrgesetz in knapp 30 Stunden die letzten Hürden im Bundestag übernimmt. Ich nominiere den ZDF-Fernsehrat, der mit bewährtem Proporz und einem Gespür für die Komplexität der sich schnelllebigen Medienwelt sicherlich auch nicht vor dieser Verantwortung zurückschreckt.
Was bringt wohl der xkcd-Wahlaufruf für Obama? Mehr als der von Lessig?
Ich oute mich als leidenschaftlicher Arte-Zuschauer. Sprich: ich gucke es selten genug, um mich noch gut dabei zu fühlen. Aber heute Abend habe ich eingeschaltet, als es um den Internet-Wahlkampf in Frankreich ging. In der Reportage gab es sehr interessante und aktuelle Einblicke in den Wahlkampf. Und spannende Dialoge. Zum Beispiel:
„Das ist Propaganda!“
[…]
„Sagen wir: das ist Kommunikation im Dienste eines Kandidaten.“
Und ARTE will Vorbild sein: die interessante Dokumentation ist eine Woche lang im Netz zu sehen. Greift zu.
Craig Morris schreibt in Telepolis über aggressive Wahlkampf-Spots im US-Wahlkampf.
Interessanter ist folgende kleine Szene aus einem taz-Artikel zum gleichen Thema. Adrienne Woltersdorf berichtet verwirrte Wähler, die nicht einmal mehr wissen, wer ihr Abgeordneter ist und lieber den des Nachbar-Wahlkreises wählen wollen.
Die Wählerin kommt aus der Kabine und fragt, wo sie für Patsy Madrid ankreuzen muss.
Lamb: „Madrid? Aber Sie wählen doch im Wahlkreis Nummer drei, Madrid kandidiert doch gar nicht hier.“
Wählerin: „Verarschen Sie mich nicht!“
Lamb: „Entschuldigung, aber Ihre Kandidaten heißen Tom Udall, der Demokrat, der Sie seit vier Amtsperioden im Kongress vertritt, und sein republikanischer Herausforderer heißt Ron Dolin.“
Wählerin: „Was sagen Sie, ich darf nicht Madrid wählen? Das ist doch unverschämt. […]
Das erinnert mich ein wenig an den Eddie-Murphy-Film Ein ehrenwerter Gentleman.