Fahndungserfolg dank DNA

Das mit dem subjektiven Sicherheitsgefühl ist so eine komische Sache. Zum Beispiel sollte die fortgeschrittene Kriminaltechnik, die dank den Erfolgen von CSI mittlerweile auch in jeden Tatort eingezogen ist, eigentlich das Vertrauen in die Polizeiarbeit steigern. So schreibt Heise über die zirka 800000 Einträge der DNA-Analysedatei des BKA:

Die deutsche DNA-Analysedatei wurde am 17. April 1998 eingerichtet. Bis zum 18. Mai 2009 wurden laut Bundesinnenministerium 709 Tötungsdelikte, 1381 Sexualstraftaten, 4127 Fälle von Raub oder Erpressung und 48.648 Diebstähle über die Datei aufgeklärt. Wie viele dieser Straftaten auch ohne DNA-Analyse beziehungsweise -Datei aufgeklärt worden wären, ist nicht bekannt.

Dem setzen wir Mal eine buntere und anekdotischer Verbrechensmeldung entgegen, die vor kurzem durch die Agenturen schwappte:

Für die Auskunft bedankte sich der 32-jährige Rumäne bei der jungen Frau mit einem Handkuss, der ihm nun zum Verhängnis wurde, denn die Polizei nahm damals eine DNA-Probe von der Hand der 30-Jährigen. Knapp drei Jahre nach der Tat konnte der Mann nun identifiziert werden, weil er im Oktober dieses Jahres in Österreich wegen Betrugs überprüft worden war. Dabei stimmte das DNA-Profil des Mannes mit der damals abgenommenen Probe überein.

Grenzüberschreitender DNA-Abgleich bei einem einfachen Diebstahl. Eigentlich sollte mich als potenzielles Diebstahlsopfer beruhigen. Tut es aber nicht. Ganz und gar nicht.

Ach ja: der Dieb wurde nicht geschnappt.

Darf Hugh Grant einen Facebook-Account haben?

Die Geschichte geht grade durch die Medien. 90000 „sex offender“ wurden aus MySpace verbannt – aus Sorge, dass sie dort Kinder als Opfer suchen. Techcrunch
schließt sich der Jagd an und verfolgt – dank erfolgreicher PR-Arbeit eines Datenbank-Dienstleisters – die Täter auf Facebook.

Sentinel’s technology is the foundation for Sentinel SAFE, the software MySpace uses to identify sex offenders on its site. Sentinel SAFE is a database of more than 700,000 registered sex offenders in the U.S., complete with names, photos, dates of birth, email and IM addresses (when available), and more than a hundred other data points. Cardillo took the 90,000 sex offenders who were removed from MySpace and started looking for them on Facebook.

Klingelt da nicht etwas? „700,000 registered sex offenders“, das sind über zwei Promille der US-Bevölkerung. Entweder sind die Amerikaner ein Volk der Pädophilen oder man fischt im Trüben. So dürfte wohl Hugh Grant ebenfalls in den Dateien stehen, nachdem er mit einer Prostituierten erwischt wurde. Oder der Vierjährige, der eine Frau in Texas sexuell belästigt haben soll.

Ein Glück, dass die Sentinels unsere Kinder vor solchen Triebtätern bewahren.

Klar ins Dschungelcamp!

Jedesmal wenn ich die BILD sehe, bemerke ich etwas Absurdes. Oder etwas Ekelhaftes. Heute kann ich mich nicht entscheiden, was das wohl ist:

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  • Die absurde Deutung: Die BILD möchte Klar als Kandidat für das Dschungelcamp empfehlen. Mit dem Slogan „Ich bin ein Star holt mich hier raus“ hat er ja schon einige Erfahrungen gemacht.
  • Die ekelhafte Deutung: Auf den Rechtsstaat geben wir nichts, ein paar „aufrechte Bürger“ sollten Christian Klar als Zielscheibe für ihren Hass nutzen. In welcher Form auch immer.

PS: Ich sehe grade – es gibt auch eine juristische Variante: Da der Axel Springer Verlag wohl eh zu Schadensersatz verurteilt wird, will er sich gleich für einen Mengenrabatt bewerben.

Kollegiale Hilfe bei der Polizei

Das Opfer wurde durch eine Notoperation grade gerettet, da kommt auch schon der Vorsitzende der Berufsvertretung zur Hilfe. Allerdings kommt der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt nicht etwa dem niedergestochenen Polizeidirektor Alois Mannichl zu Hilfe – er hilft sich lieber selbst und politisiert den Anschlag auf einen Kollegen.

Die tz zitiert Wendt unter Berufung auf die DPA:

Im Strafgesetz sei für den Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nur eine Strafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vorgesehen. “Damit werden Angriffe auf Polizisten im Strafgesetz genauso behandelt wie Fischwilderei“, sagte Wendt.

Das ist einerseits richtig: § 293 und § 113 Absatz 1 des Strafgesetzbuches haben eine ähnliche Strafandrohung. Was Herr Wendt gezielt verschweigt ist der Absatz 2 des Paragraphen 113, der einen wesentlich höheren Strafrahmen vorsieht. Und Herr Wendt lässt unerwähnt, dass selbstredend die Verletzung eines Beamten eine Anzeige wegen Körperverletzung nach sich zieht – im Fall von Alois Mannichl ermittelt die Staatssanwaltschaft wegen eines Tötungsdelikts. Der Strafrahmen ist also nach oben offen: bis hin zu lebenslanger Haft plus Sicherungsverwahrung.

Aber es geht noch weiter. Denn Herr Wendt hat auch eine noch konkretere Forderung:

Einen Angriff außerhalb des Dienstes wie in Passau habe es aber noch nie gegeben. “Dass in die Privatsphäre eines Polizisten eingedrungen wird, haben wir bis jetzt noch nie erlebt.“

Nun müsse umso stärker darauf geachtet werden, Informationen über Polizisten nicht preiszugeben. Der Plan, Beamte in Berlin mit Namensschildern auszustatten, sei daher vollkommen kontraproduktiv. Es müsse alles getan werden, um das Leben der Polizisten zu schützen. “Dazu gehört auch, dass der Dienstherr nicht selbst die Namen bekannt gibt.“ Die Beamten seien von sich aus stets darauf bedacht, ihre Privatsphäre zu schützen und würden beispielsweise als Zeugen in Gerichtsverfahren nie ihre private Adresse nennen.

Ich empfinde das als perfide, weil das eine mit dem anderen nun überhaupt nichts zu tun hat. Ein Polizeidirektor, der im Kampf gegen den Rechtsextremismus eine lange Medienkarriere hinter sich hat, muss nicht durch Namensschilder auf der Uniform enttarnt werden. Hingegen kann eine solche Kennzeichnung bei Verstößen gegen den § 340 StGB höchst sinnvoll sein. Wie zum Beispiel in diesem Fall.

Der Boulevard kennt keine Zweifel

Ein Verbrechen, das die Medien die nächste Zeit noch beschäftigen wird: Der Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl wurde von einem Unbekannten niedergestochen. In Agenturmeldungen kursieren wörtliche Zitate des Angreifers – noch bevor die Staatsanwaltschaft und Innenministerium Details bekannt gegeben haben.

„Viele Grüße vom nationalen Widerstand“, soll der Angreifer gesagt haben. Wer das allerdings zu Protokoll gegeben hat, wird von den Medien nicht überliefert. Eine klassische situation unfolding. Die gesamte Täter-Story kann sich als dicke Ente entlarven.

Also ist erst Mal Vorsicht angesagt. Die These der Neonazi-Attacke sollte in der Überschrift von dicken Fragezeichen, einem „vermutlich“ oder mindestens einem „offenbar“ begleitet werden, das Wort „Verdacht“ wäre auch nicht verkehrt.

Natürlich kann sich nicht jeder Zweifel leisten:

boulevard-vermutlich

PS: N-tv hat auch nicht allzu viel für Abwägungen in der Überschrift übrig. Aber das ist nichts gegen das Ende dieses Artikels. Dort erwartet den Leser diese Bildergalerie:

ntv-lachen-der-nazis

Für YouTube sterben

Tagesschau.de berichtet über einen Angestellten einer Fast-Food-Kette, der einen bewaffneten Räuber mit einer Tasse voll Kleingeld in die Flucht schlug.

Was bewog den Angestellten nun, sein Leben für die Tageseinnahmen zu riskieren? Die Antwort gab Hoffmann der Zeitung „The Record“: „Ich wollte gut aussehen, falls das Überwachungsvideo auf YouTube auftauchen sollte.“ Die Furcht, auf der beliebten Heimvideo-Internetseite als Feigling zu erscheinen, war größer als die Angst vor dem Verbrecher. Zum Glück überlebten der Held und seine treue Tasse den Vorfall ohne größere Blessuren Zwar konnte der Räuber mit 290 Dollar ca. 200 Euro fliehen, Hoffman gelang es aber immerhin, ihm vorher noch seine Baseballmütze zu entreißen und ein paar blaue Flecken zu verpassen.

Das wilde, böse Internet

Wie Heise berichtet macht sich das englische Oberhaus Gedanken um das Internet:

Die Verantwortung für die persönliche Sicherheit dem Einzelnen zu überlassen, wie es die Regierung mache, sei nicht länger realistisch. Das setze eine Sichtweise voraus, die das Internet dem „Wilden Westen“ gleichsetze. Viele Institutionen und Unternehmen, die am Internet beteiligt sind wie Hardware- und Software-Anbieter, Internet Service Provider, Banken, die Polizei und andere hätten die Möglichkeit, die Sicherheit zu verbessern, meint der Oberhaus-Ausschuss. Die Problemlage sei klar, aber nicht unabwendbar. Es sei nun Zeit zum Handeln.
[…]
Dabei sei das Problem schwer fassbar, heißt es in dem Bericht weiter. Das liege unter anderem auch an fehlenden Definitionen für kriminelle Aktivitäten. Im Februar 2006 hätten die Finanzbehörden geschätzt, dass der britischen Wirtschaft jährlich ein Schaden von 1,7 Milliarden Pfund (2,5 Milliarden Euro) durch Identitätsdiebstahl zugefügt werde. Da darin aber auch Kartenfälschungen, Geldwäsche und andere Delikte enthalten seien, sei es schwierig, das Ausmaß des Online-Identitätsdiebstahls realistisch zu fassen. Auch hier müsse die britische Regierung sofort tätig werden.

Realitätsabgleich: Vor ein paar Wochen habe ich im Deutschlandfunk gehört, dass das Online-Banking bei britischen Banken bisher höchst unsicher ist. Kein PIN/TAN, keine Chipkarte, einfach nur eine Nummer oder ein Passwort – und man hat vollen Zugriff auf das Konto. Eine Einladung für Kriminelle.

Kurz: Die Wirtschaft hat schlichtweg nicht ihre Hausaufgaben gemacht. Aber das Internet ist böse.

Pimpbook

Und wieder mal ein Aufreger in den USA: registrierte Sexualstraftäter bei Facebook. SpOn schreibt:

Blumenthal teilte den Medien mit, die Behörden hätten mindestens drei verurteilte und registrierte Sexualstraftäter auf Facebook ausgemacht. Chris Kelly, der Datenschutzbeauftragte von Facebook, bestätigte, man habe entsprechende „Aktivitäten registriert“.

Bei den aufgespürten Straftätern handle es sich wahrscheinlich nur die „Spitze des Eisbergs“, sagte Blumenthal. Die Verbrecher nutzten Facebook unter ihrem richtigen Namen und seien daher leicht zu entdecken gewesen. Es könnte jedoch noch Tausende weitere Straftäter geben, die unter einem Pseudonym registriert sind. Facebook solle seine Nutzerprofile daher wie MySpace nach denen von Sexualstraftätern durchforsten, forderte Blumenthal.

Nun – vielleicht sollte man noch erwähnen, dass nicht nur finstere Pädophile in solchen Datenbanken registriert werden, sondern auch Leute, die eine Prostituierte aufsuchen wollten und stattdessen auf einen Polizei-Lockvogel hereingefallen sind. Wir kennen das alles aus wahnsinnig lustigen US-Comedy-Serien – für die betroffenen ist es jedoch bitterer Ernst. Es wäre spannend zu erfahren, ob etwa auch Hugh Grant oder George Michael in einer solchen Datei erfasst waren.

Die Gesellschaft muss sich die Frage stellen: sind Netzwerke wie Facebook ein eingezäunter Kinderspielplatz oder Teil der gesellschaftlichen Realität wie ein Geschäftsviertel oder eine Tankstelle? Wenn man ein Portal, das sich zunehmend an Erwachsene richtet, den Regeln des Kinderspielplatzes unterwirft, schließt man Menschen von einem immer wichtigeren Lebensbereich aus. Führt man den Gedanken etwas fort, könnte man die Datenbank der Sexualstraftäter auch an Tankstellen übermitteln – denn der registrierte Sextäter könnte den Treibstoff ja nutzen, um zu einem Kind zu fahren und es zu missbrauchen.

Unschöne Parallelen

Bei Google Video findet sich eine erschütternde WDR-Reportage, die der These nachgeht, dass sich bei den Krawallen zum G8-Gipfel in Genua 2001 Politik und Polizei gezielt den Schwarzen Block schützten und koordinierten, während friedliche Demonstranten und Journalisten grundlos zusammengeknüppelt, Beweise gefälscht und Menschen schließlich sogar gefoltert wurden.

(via)