Wikipedia’s secret weapon

Cory Doctorow hat für das Make Magazine einen Artikel über das Wikipedia-Dilemma geschrieben.

Ich halte einige seiner Thesen für grundfalsch – zwischen wem zum Beispiel soll vor 2001 ein Konsens bestanden haben, dass ein Projekt wie Wikipedia nicht möglich ist? Vorher hat kaum jemand die Frage gestellt – und die Antworten der wenigen Interessierten waren alles andere als schlüssig. Auch dass Encyclopedia Britannica unbelegt schlicht „the truth“ verkündete, ist wohl mehr feuilletonistisch als analytisch gemeint.

In einem Absatz schreibt er aber etwas sehr Wahres:

And this is Wikipedia’s secret weapon and it’s greatest weakness. The debate about which sources are notable is a lot more manageable than the debate which facts are true (though the former is nevertheless difficult and it consumes many Wikipedia-hours). Moving to a tractable debate about sources makes it possible for millions of people to collaborate on writing the encyclopedia. But this shortcut creates endless frustration.

Übersehen wir mal den logischen Widerspruch zwischen der Grundthese und dem letzten Satz – er hat recht. Vor die Aufgabe gestellt, Wahrheit oder auch Relevanz Stück für Stück individuell und korrekt zu beurteilen, sind Millionen Autoren überfordert – es stehen derzeit schlichtweg keine Werkzeuge bereit, mit deren Hilfe man diese Aufgabe in diesem großen Rahmen bewältigen könnte. Nur über den Umweg über die diversen Metaebenen konnte das Projekt gedeihen und in Rekordzeit die größte Enzyklopädie der Menschheitsgeschichte schaffen.

Ähnliches habe ich vor ein paar Wochen mit sehr viel mehr Worten hier aufgeschrieben.

PS: Wolfgang Rudolph hat für den IT-Podcast des Handelsblattes einige interessante Aspekte zum Thema Wissen im Internet zusammengetragen.

Philosophische Grundlagen

In der Welt ist ein Kommentar zum Wikipedia-Relevanzstreit, der sich viel um philosophische Grundlagen dreht und daher in fast allen Details falsch ist. Besonders niedlich ist die Empfehlung am Schluss des Kommentars:

Philosophische Grundlage für diese Aufgabe könnte die für Administratoren verpflichtende Lektüre von Thomas Glavinic‘ Roman „Das bin doch ich“ sein. Darin behauptet ein Ich-Erzähler namens Thomas Glavinic, er habe einen Wikipedia-Eintrag über sich angelegt, wobei er sein Geburtsdatum absichtlich falsch geschrieben habe, „um sich nicht in den Verdacht zu bringen, sich selbst eingetragen zu haben“. Erst wenn Wikipedianern dieser subtile Zusammenhang zwischen Realität und Fiktion klar ist, sollte es ihnen erlaubt sein, sich an Urteile über Relevanz zu wagen.

Ja, ein toller Tipp. Sowas können Wikipedianer nur aus fiktionalen Texten wissen, die Realität taugt dafür überhaupt nicht.

Relevanz allerorten

Für eine Arztpraxis in der Nähe meiner Wohnung sind bei Google Maps falsche Öffnungszeiten angegeben. Also loggte ich mich ein, um den Fehler zu korrigieren. Crowdsourcing par excellence. Aber ich hab mich zu früh gefreut: die falschen Daten kommen offenbar von Qype und können daher nicht auf Google Maps verändert werden.

Stattdessen kann ich nur ein Feedback-Formular ausfüllen, dass das Relevanzkriterium von Google Maps enthüllt:

maps-relevanz