Agent Provocateur oder nicht?

Bei SpOn findet sich ein lesenswerter Artikel zu der verwirrenden Informationslage in Heiligendamm. Demnach herrscht nicht nur unter den bunt zusammengewürfelten Demonstranten-Gruppen ein Wirrwarr von Gerüchten, auch die offiziellen Informationen scheinen auf eine Art Stille-Post-Kaskade zurückzugehen.

So weiß man auch einen Tag nach der vermeintlichen Enttarntung eines agent provocateur der Polizei nichts Genaues.

Ulf Claassen ist Sprecher der Polizei-Sondereinheit „Kavala“. Auch er habe inzwischen Informationen zu dem Vorfall mit dem „sogenannten Zivil-Polizisten“ vorliegen, sagt Claassen SPIEGEL ONLINE, einen offiziellen Bericht dazu aus der zuständigen Einheit aber nicht. „Tatsache ist, dass wir keinen Beamten vermissen, es handelt sich also um keinen Kavala-Polizisten“, sagt der Polizeisprecher. So etwas gehöre seiner Meinung nach auch „nicht in einen Rechtsstaat, das wäre inakzeptabel und unverhältnismäßig“. Allerdings, was beispielsweise der Verfassungsschutz tue, darüber sei er nicht informiert. Ein Dementi klingt anders.

PS: Wo kaufen echte Autonome eigentlich ihre gebrauchte schwarze Kleidung? Und weisen sie sich untereinander aus? (Ja, ich schließe nicht aus, dass es gar kein Polizist war)

Anwaltlicher Notdienst rettet Polizei-Vandalen

Die Meldungslage in Heiligendamm lässt heftige Dementis erwarten, aber der obligatorische Verdacht der Autonomen, dass sich Polizisten als Provokateure betätigen hat reichlich Futter bekommen. Die Nachrichtenagentur ddp berichtet:

Am Sicherheitszaun um den G8-Gipfelort Heiligendamm ist die Situation am frühen Mittwochabend kurzzeitig eskaliert. Am Blockadepunkt Galopprennbahn wurde eine Person von mehr als einem Dutzend vermummter Demonstranten angegriffen. Möglicherweise handelte es sich um einen Polizisten, der in der Autonomen-Kleidung unter den Blockierern war.

Der Mann wurde von Kräften des anwaltlichen Notdienstes der Demonstranten aus der Notlage befreit und zur Linie der Polizisten gebracht, die ihn in ihre Reihen zogen. Wie ein Sprecher des Notdienstes bestätigte, hatten mehrere Demonstranten den Mann als Polizisten erkannt. Dieser sei der Auforderung, sich auszuweisen, nicht nachgekommen. Zu möglichen Verletzungen des Mannes wollte sich der Sprecher nicht äußern.

Und wieder einmal Terroralarm

Ich gucke CNN nicht wirklich oft – aber es ist auffällig, wie oft es um Terroralarme und Flugzeuge geht, wenn ich einschalte.

Heute wurden wohl vier Leute verhaftet, die einen Anschlag auf den New Yorker JFK-Flughafen geplant haben sollen. Die Pläne wurden nach CNN-Informationen nicht wirklich konkret, die US-Heimatschützer dementieren irgendeine Gefährdung, aber seit immerhin 20 Minuten hat CNN das aktuelle Programm unterbrochen und lässt sich von immer neuen Korrespondenten nichts Neues erzählen.

Mal wieder ist die Gruppe nach monatelangen Observationen verhaftet worden, mal wieder haben die Möchtegern-Terroristen (O-Ton FBI) absolut nichts zu Stande gebracht, und wieder einmal wurde rein zufällig ein Polizei-Informant als Mit-Verschwörer rekrutiert. So ein Zufall.

Endlich

Udo Vetter berichtet über eine Bahn-Dienstanweisung, wonach Reisegruppen zu melden sind – auch wenn sie nicht als Randalierer oder G8-Gegener zu identifizieren kann. Bei der Tagesschau steht es in martialischem Beamtendeutsch:

«Möglichem Gefahrenpotenzial» sei durch «polizeiliche bzw. betriebliche Maßnahmen frühzeitig und konsequent entgegenzuwirken».

Als Bahnfahrer kann ich da nur sagen: Bravo. Endlich tut jemand etwas gegen die lästigen Kegelvereine.

(Und ja: Frauen-Kegelvereine sind drei Mal schlimmer als Männer.)

Das Internet und die Konsequenzen

Bundesanwältin Monika Harms hat dem Spiegel ein Interview gegeben und sich dabei argumentativ relativ gut geschlagen. Allerdings haben die Argumentationsketten durchaus große Löcher.

Islamistische Terroristen kommunizieren über das Internet, und deshalb sollten wir in bestimmten Fällen heimlich in die Computer schauen dürfen.

Also für mich bedeutet es zunächst einmal, dass man Beamte braucht, die erstens mit Computern umgehen können und zweitens die entsprechende Ausstattung haben. Als ich das letzte Mal ein Polizeirevier betreten habe, wurde die Anzeige noch mit Schreibmaschine aufgenommen, weil der historisch durchaus interessante Rechner mal wieder den Dienst versagte.

Auch eine andere Stelle weckt Bedenken:

Deshalb bin ich überzeugt davon, dass die Online-Durchsuchung notwendig ist – nicht, um etwa Wirtschaftsstraftaten aufzuklären, sondern in einem engumgrenzten Deliktfeld wie beispielsweise dem islamistischen Terrorismus.

Klingt beruhigend – aber wie soll man das denn gesetzlich beschränken? Weiter oben hat Harms noch ausgeführt, dass die Brandstifter und Farbbeutelwerfer von Hamburg und Berlin gesetzlich nicht so einfach von den Mördern der Al Quaida zu trennen sind. Hofft Frau Harms etwa auf eine freiwillige Selbstbeschränkung der Ermittlungsbehörden und Innenpolitiker?

Die Idioten fliegen tief

Und schon wieder wurde ein illegales Straßenrennen gestoppt.

Die DPA schreibt:

Die Polizei habe bereits Anfang der Woche Kenntnis von dem illegalen Rennen erhalten und sich entsprechend vorbereitet, hieß es am Donnerstag. Den Veranstaltern sei bereits am Montag mitgeteilt worden, dass es sich um eine illegale Veranstaltung handelt, die in Deutschland nicht möglich sei. Vier Rennteilnehmer wurden am Donnerstagmorgen an einer Kontrollstelle am Rastplatz Königsberg auf der Autobahn 44 gestoppt. Die Fahrer hätten sich teils uneinsichtig gezeigt, ihre Autos wurden sichergestellt. Nach Polizeiangaben können die Besitzer ihre Wagen erst am Samstag wieder in Empfang nehmen. Sie müssen außerdem mit einer Anzeige und mit einem Fahrverbot rechnen.

Großes Auto – kleines Hirn?

„Großer Sieg für die Kinderporno-Mafia“

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die groß angelegte Auswertung von Kreditkartendaten bei Ermittlungen gegen die Kinderpornografie-Szene im Internet verteidigt. „Es wäre ein großer Sieg für die Kinderporno-Mafia, wenn Richter im Nachhinein das Vorgehen der Ermittler als nicht rechtmäßig beurteilen würden“.

Auch eine Perspektive. Wenn sich Polizei und Staatsanwaltschaft sich an Gesetze halten müssen (ob sie es denn getan haben, wird gerade geklärt), haben die Verbrecher gewonnen.

Nur zur Erinnerung: Selbst wenn die Maßnahme für unrechtmäßig erklärt wird, geht den Gerichten kein einziger Beweis gegen die Kinderporno-Käufer verloren. Die Kinderporno-Mafia selbst bleibt so oder so unbehelligt. Denn sonst hätte man die Kreditkarten gar nicht überprüfen müssen, sondern schlicht die Daten beim Zahlungsempfänger abgeschöpft.