Was ich heute sage, ist heute zutreffend

Nachdem es nicht mehr zu dementieren war, hat jemand dem Polizei-Pressesprecher gesteckt, dass doch einer seiner Polizisten in Autonomen-Verkleidung enttarnt wurde. Obwohl er gestern noch das Gegenteil behauptet hat.

SpOn zitiert ihn:

Nachdem die Polizei heute bestätigte, dass ein getarnter Mitarbeiter vor Ort ermittelte, sagte Claasen zu SPIEGEL ONLINE: „Das ist ein neuer Sachstand. Was ich gestern gesagt habe, war gestern zutreffend. Was ich heute sage, ist heute zutreffend.“

Und was wird wohl morgen zutreffend sein? Steinewerfen als verfassungsgemäße Informationssammlung?

Ich hab ja gestern noch für möglich gehalten, dass es sich bei der ganzen Meldung um eine Ente handelt. Aber wenn der zuständige Sprecher erst falsch informiert und ganze zwei Tage nach dem Ereignis nur das Notwendigste zugibt, dann sind weitere Zweifel angebracht. Wenn man dazu dann noch die versammelten offiziellen Falschmeldungen der letzten Tage dazuzählt, ergibt das ein wirklich trauriges Bild von der Glaubwürdigkeit der Polizei.

Bildungspolitische Impulse

In dem Deutsche-Startups-Blog gibt es ein Interview mit dem Studivz-Mitgründer Michael Brehm:

Sie gießen aber auch immer wieder Öl ins Feuer. Zuletzt beispielsweise mit der umstrittenen Werbeaktionen für “schülerVZ“. Knapp drei Millionen rosafarbene Post-Its wurden dabei an Schulwände geklebt.

Wir machen sicherlich auch Dinge, die eine traditionelle und konventionelle Firma nicht machen würde. Aber wir haben versucht durch diese Aktion auch auf Themen hinweisen, die Schülern wirklich am Herzen liegen. Deswegen wollten wir die Werbeaktion mit etwas Politischem verbinden. Alle Schüler wurden aufgerufen, die Post-Its mit Wünschen und Anregungen zu beschriften und zurückzusenden. Wenn wir auf diese Weise kleine Impulse in Richtung Bildungspolitik geben können ist das vielleicht auch nicht ganz verkehrt.

Mal ganz abgesehen davon, dass die ach so veralteten Krawattenträger- und Schreibtisch-Firmen sehr wohl solche Aktionen machen und dafür zurecht abgestraft werden, woraus soll denn der bildungspolitische Impuls bestehen? An wen gibt Studivz denn handbeschriebene und im Zweifel zerknüllte Zettelchen weiter – wenn sie denn überhaupt in der Unternehmenszentrale ankommen?

Sehen wir es mal ganz physikalisch: Ein Impuls benötigt einen Leiter. Und Schülervz hat keinen Draht zur Bildungspolitik. Die Impulse können höchstens in die Marketing-Abteilung führen.

PS: Wenn man um Probleme nicht herumreden will, sollte man sich vielleicht nicht unbedingt mit dem Roten Kreuz vergleichen. Ebay wäre beispielsweise viel passender, auch Siemens wäre wohl eine mögliche Referenz für die Probleme von Studivz gewesen.

Die Bundeskanzlerin, die Musikindustrie und Udo Jürgens

Die IFPI berichtet in einer neuen Pressemitteilung von einem Treffen der Spitzen des Musikindustrie-Verbandes mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit dabei: Udo Jürgens.

Warum Udo Jürgens? Nun, die Antwort ergibt sich aus diesem Abschnitt:

Zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Musikwirtschaft und zur langfristigen wirtschaftlichen Absicherung plädieren Künstler und Tonträgerhersteller für eine Anpassung ihrer Schutzfristen. Während die Werke von Komponisten und Textdichtern 70 Jahre über deren Tod hinaus geschützt sind, gilt für die Arbeit von Künstlern in Europa nur eine Schutzfrist von 50 Jahren nach Veröffentlichung der Tonaufnahmen. Stellvertretend für 27.000 Künstler aus ganz Europa – die eine entsprechende Petition unterschrieben haben – sagte Udo Jürgens: „Immer mehr Künstler müssen die bittere Erfahrung machen, dass ihre frühen Aufnahmen und ihr geistiges Eigentum ohne ihr Wissen, ihren Einfluss und ohne eine Entschädigung veröffentlicht und kommerziell ausgewertet werden.“

Nun, das erklärt, warum ausgerechnet ein 72jähriger als Repräsentant der sonst so jugendverliebten Musikbranche ausersonnen wurde. Er ist schon seit über 50 Jahren im Musikgeschäft und läuft damit Gefahr keine Tantiemen mehr für seine Anfangswerke zu bekommen.

Obwohl: laut Wikipedia hat Udo Jürgens seine ersten großen Erfolge als Komponist, nicht als Interpret gefeiert – seine Rechte und die seiner Erben sich also noch mindestens 70 Jahre gewahrt. Sein erstes Album hat Jürgens laut seiner eigenen Webseite erst 1965 auf den Markt gebracht. Die Rechte des Interpreten Udo Jürgens am Album „Portrait in Musik“ könnten damit erst im Jahr 2015 auslaufen. Udo Jürgens müsste damit im zarten Alter von 80 Jahren vom Ersparten leben – bzw von den Tantiemen seiner ungezählten weiteren Alben.

Diese schockierende Tatsache wird laut IFPI auch von jüngeren Künstlern mit Entsetzen aufgenommen. Sie verlangen Änderungen mit Augenmaß.

Die Künstler, davon 14.000 aus Deutschland, fordern deshalb eine Angleichung ihrer Schutzfristen von bisher 50 auf 95 Jahre wie in den USA.

Die Freiheitsredner

Wirtschaftslobbies wie IFPI oder INSM machen es vor: Mit Vorträgen und professionell erstellten Unterrichtsmaterialien versuchen sie ihre Überzeugungsarbeit an den Schulen zu beginnen. Dies will jetzt eine Gruppe um den Arbeitspreis Vorratsdatenspeicherung nachmachen. Freiheitsredner sollen kostenlos an Bildungseinrichtungen auftreten und über die Bedeutung der Privatsphäre aufklären.

Leider wird diese Aktion in der jetzigen Form wohl kein Erfolg werden. Dafür sehe ich drei Gründe:

  • Es gibt kein eigenes konsistentes Vortragsmaterial
  • Offenbar wird einfach jeder als Freiheitsredner akzeptiert. Zitat: „Sie brauchen kein Experte zu sein oder Vortragserfahrung zu haben. “ Stell einen ungeübten Redner vor eine schulklasse und du kannst in 95 Prozent ein Debakel erleben.
  • Wie ich die Webseite interpretiere, wartet die Gruppe wohl auf Anfragen von Schulen und Universitäten statt aktiv auf die Zielgruppe zuzugehen.

PS: Mit Markus Beckedahl und Ralf Bendrath sind zwar zwei geübte Redner im Angebot, auf der Webseite sind sie aber bisher nur als blaue Punkte auf einer Deutschlandkarte sichtbar.

Als die Trojaner laufen lernten

Man sagt nicht „Ich hab’s ja gleich gesagt.„. Das klingt überheblich. Aber darf ich ganz bescheiden anmerken, dass ich über dieses Interview beim Deutschlandfunk nicht besonders überrascht bin?

Denn demnach haben die Behörden bei der Umsetzung der Onlinedurchsuchung ziemlich herumgestümpert – und das obwohl sie laut Focus Online Schulungen und Praktika beim BND hinter sich gebracht haben.

Offensichtlich hat das gezielte Ausspähen von Personal Computern und Festplatten nicht funktioniert, und es hat nicht schnell genug funktioniert. In einem Fall sollen Festplatteninhalte von 120 Gigabyte über Wochen hinweg an die Zieladresse des Verfassungsschutzes von einem Trojaner geschickt worden sein. Der betroffene PC-Besitzer, der da online ausgespäht wurde, hat das wohl nach 14 oder 15 Tagen gemerkt, weil er über ausgewertete Systeminformationen mitbekam, dass 120 Megabyte von seinem Rechner aus ins Netz geschickt wurden.

„Ausgewertete Systeminformationen“ klingt etwas kompliziert. In der Praxis äußert sich das in etwa so: Der Belauschte bemerkt, dass sein Internetverbindung extrem langsam ist. Gleichzetiig sieht er eventuell in der Taskleiste rechts unten, dass dauernd Daten hin- und hergesendet werden – obwohl er eigentlich nichts macht. Man kann diesen kleines kleine Netzwerksymbol auch anklicken und erfährt etwas über die transportierten Datenmengen. Wie gesagt: alles kein Kunststück. Für den Rest muss der Belauschte in eine beliebige Computerzeitschrift gucken und ein wenig über Trojaner nachlesen.

Die Rechneranalyse ergab dann, dass ein Trojanisches Pferd Schadsoftware von einem Rechner eines V-Mannes herunter geladen hatte.

…der jetzt wohl kein V-Mann mehr ist.

In einem anderen Fall hat der Besitzer eines online durchsuchten PCs unbestätigten Informationen zufolge den Trojaner gleich beim Einschleusen bemerkt, die Aktivitäten des Bundestrojaners genau analysiert und der Zieladresse dann regelrechten Datenmüll geschickt.

Oh Wunder.

Zu den Verbreitungswegen lesen wir folgendes:

Es gibt allerdings Hinweise, dass der Verfassungsschutz den Bundestrojaner bisher auf zwei Verbreitungswegen in die Zielrechner geschleust hat. Zum einen, das ist sozusagen die sichere Methode, sollen Verfassungsschutzmitarbeiter einfach in Büroräume eingedrungen sein und den Bundestrojaner dann händisch auf die Zielrechner überspielt haben.

Genau wie schon erwähnt. Aber es gibt ja noch eine andere Methode:

Sie sollen mit Trojaner verseuchte CDs verteilt haben. Und das Problem dabei soll gewesen sein: Neben den Zielrechnern, die sie online durchsuchen wollten, sind auch andere Rechner mit diesem Trojaner wohl verseucht worden. Und das soll zur Folge gehabt haben, dass so viele Daten an den Zielrechner geschickt worden sind, dass der Sammelrechner, auf dem die ganzen Durchsuchungsdaten landen sollten, sich offensichtlich wie bei einem Denial of Service Angriff verhalten hat. Das heißt, ob der vielen Daten soll der einfach in die Knie gegangen sein.

Aua!

Ob der BND auch so arbeitet?

Alle dagegen

Jetzt hat sich auch Bundesjustizministerin Zypries gegen eine Internet-GEZ-Gebührausgesprochen. Damit dürften sich alle politischen Kräfte des Landes geäußert haben.

Moment mal… wer hat die Gebühr eigentlich beschlossen?