Viral ist auch egal

Moin-Moin Social-Media-Manager der elbkind GmbH,

ich bin ganz sicher, dass ihr Euch viel, viel Mühe gegeben habt bei Eurer ganz, ganz tollen Kampagne für Telekom Recruiting, die ihr mir so fürsorglich per Mail geschickt habt.

Super auch, dass ihr einen „Viral Teaser“ zentral auf die Videoabspielplattform YouTube gestellt habt. Ich bin schon ganz hibbelig, wenn ihr mir ellenlang von dem „überraschenden Schockeffekt“ schreibt und in die Massenmail sogar die URL eines meiner Blogs und meinen Vornamen eingebettet habt. „Sympathische und zielgruppengerechte Ansprache“ nennt ihr das – beim Pitch in der Firmenzentrale in Bonn ist das bestimmt runtergegangen wie Öl. Und dass in dem total tollen Spot auch noch echte Telekom-Mitarbeiter mitspielen: authentischer geht es ja nur wenn auch noch Paul Potts mitspielt.

Es gibt da aber ein kleines Missverständnis. Ein „Viral Teaser“ ist eben nicht „viral“, wenn ihr Pressemitteilungen an Leute verschickt, zu denen ihr offenkundig keine sozialen Beziehungen habt, die ihr nicht kennt und deren Blog ihr nicht gelesen habt. Das ist dann auch keine „Social Media Kampagne“, es verdient wohl nicht Mal den Namen „Kampagne“. Vergleichbar wohl am ehesten mit den netten Damen von den Telekom-beauftragten Callcentern, die mich ständig anrufen, obwohl ich kein Telekom-Kunde mehr bin. Oder kurz gesagt: es ist alberne Zeitverschwendung.

Mit tuffigen Grüßen aus Köln

Kundenkarten sind für Anfänger

Kundenkarten sind toll für Werbetreibende: Man jagt die personalisierten Daten von Millionen Kunden durch Datenbanken, fügt ein wenig Marketing-Voodoo hinzu – und schon kann man die Kunden zielgenau auf ein Produkt steuern. Ein bisschen zumindest.

(Ausschnitt aus Abstruse Goose 250, es gilt die Creative Commons Attribution-Noncommercial 3.0 United States License)

Oder auch nicht? Ein Payback-Kunde bekommt die gleichen Gutscheine wie der andere, die „Heute gibts fünffache Punkte für Produkt X“-Kampagnen scheinen nicht mehr so beliebt zu sein und viele Supermärkte verteilen immer noch ihre eigenen Treuepunkte – zusätzlich zu den anderen Kundenkarten.

Dass es auch ohne Datensammelwut und trotzdem sehr zielgerichtet funktionieren kann, beweist der Supermarkt Globus in Köln Marsdorf. Dort habe ich vor kurzem Kochbeutelreis gekauft – und bekam an der Kasse automatisch zum Kassenzettel auch einen Gutschein ausgedruckt. Bis Juni bekomme ich 50 Cent Rabatt auf eine Packung Kochbeutelreis – natürlich von der Konkurrenzmarke.

Wacht auf, Gamer dieser Erde

So langsam erkennen auch die Computerspieler, dass sie kampagnenfähig werden müssen. Und sie lernen von den Mitteln, die im Kampf gegen das Zugangserschwerungsgesetz eingesetzt wurden.

So haben sie eine eigene E-Petition auf den Weg gebracht, die am ersten Tag schon beachtliche 7000 Mitzeichner gefunden hat, sie haben ihre eigene Leserbriefkampagne und auch ein eigenes Mem ersonnen, das allerdings auf Twitter bisher nicht wirklich einschlägt.

Welche Dynamik diese Kampagne erreichen wird, bleibt abzuwarten. Denn Spieler sind eine sehr junge Gruppe von Netizens, die sehr kommerziell organisiert ist. Und so überrascht es nicht, dass die Unterschriftenaktion zuerst von einer kommerziellen Spieleseite erdacht und promoted wurde und jetzt von der Turtle Entertainment weiter verfolgt wird.