Happy Heise

Heise Online wird heute 20 Jahre alt — das ist doch Mal ein Grund zum Feiern. Ich bin nun auch fast 15 Jahre dabei: 2001 erschienen meine ersten Texte in Telepolis, kurz danach auf heise online und in der c’t.

In all der Zeit habe ich die Zusammenarbeit als höchst positiv erlebt: So kennt der Verlag keine Rücksichtnahme, wenn die Berichte Werbekunden betreffen und stellt sich hinter seine Autoren. Während man in anderen Medien nicht damit rechnen kann, in fünf Jahren noch mit dem gleichen Redakteur zusammenzuarbeiten, sind meine Gesprächspartner aus der ersten Stunde immer noch bei Heise. Statt jedes Jahr die Redaktionen mal in einen neuen Newsroom, mal in eine externe Gesellschaft mit niedrigeren Tarifen zu stecken, ist um Heise Online eine Art Familie gewachsen. Die umfasst auch die Leser. Heise-Redakteure brauchen keine Buzzfeed-Statistiken um zu erfahren, was Admins, Coder, Ingress-Spieler, iPhone-Nutzer oder Cyborgs interessiert. Denn sie selbst leben die IT. Und die Leser leben mit heise online.

Als ich damals(TM) die Verhaftung von Kim Schmitz melden konnte, hat sich ein Leser bei mir gemeldet, der das Ereignis feiern wollte und mir zu Hause Herrentorte und Eistee vorbei brachte. Eine kleine Party war das Ergebnis. Als eine Bande von Abmahnungs-Abzockern endlich von der Justiz hochgenommen wurde, füllte sich in Köln spontan ein mexikanisches Restaurant mit fröhlich feiernden Leuten. Die Zeiten waren noch einfacher: Es gab nur eine Handvoll IT-Bösewichter, die diese Rolle teilweise auch gerne übernahmen.

Heute ist die Welt komplexer. IT hat unser Leben durchdrungen — und das Leben die IT. Politik ist die Folge, mit allen Vor- und Nachteilen. Statt gegen den einen Abmahnanwalt geht es nun gegen Abkürzungen mit drei oder vier Buchstaben, die kein einzelnes Gesicht mehr haben. Konnten wir uns vor zehn Jahren noch die Illusion erhalten, unsere Systeme unter Kontrolle zu haben, haben Snowden, BadUSB und NSA, das ständige Versagen von Closed und Open Source diese Gewissheit zerstört. Facebook und Google bestimmen unser Leben und haben dabei leider nicht die Arroganz der Comic-Bösewichte, sondern die ehrliche Überzeugung, das Leben für alle besser machen zu können. Oder für die meisten. Oder zumindest für sich selbst.

(Vorsicht, Selbstbeweihräucherung!) Diese Komplexität verlangt von Journalisten einen langen Atem, damit wir erklären können, wie die ständigen Neuigkeiten einzuordnen sind, wohin die IT uns steuert. Wir müssen von unseren Schreibtischen aufstehen, um nicht nur ständig zu berichten, was grade auf Twitter als Skandal vermarktet wird. Wir müssen den Leuten ins Gesicht sehen, wenn sie erklären, wie sie das Leben von uns allen verändern wollen, und wir müssen selbst Gesicht zeigen. Und da ist es gut, wenn man sich auf seine Familie verlassen kann.

Auf 20 weitere Jahre, heise online.

Die neue BahnCard 100

Heise berichtet über Gedankenspiele zum Kampf gegen die Bus&Bahn-Brutalität und die Allzweck-Phrase von der subjektiven Sicherheit:

Polizisten in Uniform, die in seinem Land kostenlos die Bahn benutzen dürfen, seien bereits in rund 1000 Fällen eingeschritten. „Wir wollen darum, dass die Polizisten in ganz Deutschland die Bahn und den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen können“, sagte Herrmann. „Allein die Uniform schreckt ab – und natürlich greifen die Beamten im Ernstfall auch ein.“

Was kostet eigentlich eine Polizeiuniform?

Der mündige Nutzer

Diese Meldung war der einzige Lichtblick gestern:

Nach zahlreichen, von Lexware offenbar unbeantworteten Hilferufen im Anwenderforum machte dort am vergangenen Freitag der Aufruf zu einer Protestaktion die Runde, der sich binnen vier Tagen nicht weniger als 485 registrierte Programmbenutzer angeschlossen haben. Im Mittelpunkt der Aktivitäten steht ein konstruktiv gehaltenes Beschwerdeschreiben, das Lexware als erstes zu einem offenen Dialog mit den Anwendern auffordert.

Es gibt ihn also noch: den mündigen Nutzer, der sich nicht nur rummosert, sondern Initiative ergreift. Vielleicht ein böses Vorurteil meinerseits: gerade in einem Lexware-Forum hätte ich nicht danach gesucht.

Heise: Ende des Linksrucks

Heise.de hat sein Layout umgestellt – sehr zum Unwillen besonders der User, die hohe Bildschirmauflösungen nutzen. Dort klebte der Text plötzlich ganz am linken Rand, was gerade bei längerer Lektüre anstrengend sein kann. Jürgen Kuri antwortet nun:

Eines wollen wir auf jeden Fall ändern: Wir basteln gerade daran, dass die Seite zumindest bei maximierten Fenstern und im Kiosk-Modus (F11 bei Browsern unter Windows) zentriert wird – und zwar so, dass auf die eigentliche Seite zentriert wird, nicht auf die Werbung, bzw. die möglichen Anzeigen am rechten Rand.

The day the routers died

heise online am 13. Juni:

Trojaner, die Router manipulieren, gab es bislang nur in Gedankengemälden von Sicherheitsspezialisten. Nun ist eine besondere Variante des Schädlings Zlob der Leinwand entstiegen und verbiegt von infizierten Windows-PCs aus die DNS-Einstellungen handelsüblicher Router

Golem.de am 13. Juni:

Ein Novum dürfte die Remote-Control-Software darstellen, mit der Linksys-Kundendienstmitarbeiter zur Not die Konfiguration aus der Ferne einstellen können.

Heise-Foren-Fantasy

„Kaffee Bitte“, sagte der Terrorist höflich zu der Mitarbeiterin im Internet-Kaffee.

„Möchten Sie Zucker?“ fragt die Bedienung.

„Nein, danke. Heute pur-schwarz“, erwidert er.

Dann suchte er sich über die Gelben Seiten die Adresse des nächsten
Heimwerkermarktes…

…nahm ein Bissen des beiligenden Plätzchens und nippte an dem tiefschwarzen Kaffee. – Schlagartig zuckte er zusammen, aber er freute sich. Hatte er etwa das gefunden was er suchte?

Kunstdünger las er interessiert. Preisgesenkt.

„Rufen Sie mir bitte ein Taxi“ sagt er zu der Bedienung. „Gerne“ erwiderte diese und wählte die Nummer eines etablierten Taxiunternehmens.

Er zog ein Bündel Banknoten aus der Tasche. Die Bedienung war nett. Er konnte ihr ein großzügiges Trinkgeld geben. Um die Finanzierung musste er sich keine Sorgen machen. Das Geld wurde in kleinen Mengen aus dem angrenzenden Frankreich ins Land gebracht.

IVW-Orden am Bande

Online-Journalismus ist gar nicht so einfach. Immer und zu jeder Zeit wollen die Leser etwas neues haben. Diesem Bedürfnis können Redaktionen nicht immer alleine beikommen – erst recht nicht am Wochenende. Es gibt zwar ein paar Tricks: man kann die Startseite alle paar Minuten dynamisch umgruppieren – aber irgendwann will der Leser doch neuen Content haben.

Zum Glück gibt es Agenturen. Heute hat die ddp zum Beispiel eine Meldung herausgebracht, wie man einen Trickfilm dreht. Das ist ein lustiges Thema, wenn auch nicht ganz frisch: die Meldung ist eine Kurzzusammenfassung eines c’t-Workshops. Aber immer noch ein spannend genug, um das Sommerloch etwas zu füllen.

Wenn man meint, damit seit die Arbeit getan und man könne die Meldung einfach auf seine Webseite stellen, arbeitet für kein Qualitätsmedium. Die Kollegen von Focus Online haben immerhin einen eigenen Vorspann gebastelt und den Link zum c’t-Artikel und einige weitere Links herausgesucht.

Deutlich kreativer und erfolgsorientierter ist Spiegel Online: Statt den Artikel einfach am Stück abzunudeln, hat ihn der Wochenend-Dienst auf sechs verschiedene Seiten verteilt. Warum? Nicht um das Ganze übersichtlicher zu machen: So wird die Planung des Filmprojekts wie das Schreiben des Drehbuchs erst an vierter Stelle abgehandelt, gleich nach dem Probelauf mit sämtlichen Trickfilmfiguren. Könnte es sein, dass hier der Wunsch im Vordergrund stand mit einer Agenturmeldung einfach gleich sechs statt nur einem Klick zu generieren?